Transkript
Journal Club/Interview
Fortgeschrittenes kastrationsresistentes Prostatakarzinom
Cabazitaxel als Option in der Zweitlinie
Als Taxan der neuen Generation hat sich der Mikrotubuli-Inhibitor Cabazitaxel (Jetvana®) in Kombination mit Prednison zur Behandlung bei metastasiertem, hormonrefraktärem Prostatakarzinom (mHRPC) als sehr vielversprechend erwiesen. Eine doppelblinde Vergleichsstudie zeigte, dass bei betroffenen Patienten, die nach einer Docetaxel-haltigen Chemotherapie progredient waren, das relative Mortalitätsrisiko statistisch um 30% reduziert war.
Die doppelblinde, randomisierte Vergleichsstudie der Phase III (TROPIC) untersuchte Wirksam- und Verträglichkeit von Cabazitaxel plus Prednison versus Mitoxantron plus Prednison bei Docetaxelvorbehandelten Männern mit mHRPC. Primärer Endpunkt war das mediane Gesamtüberleben, zu den sekundären Endpunkten gehörten progressionsfreies Überleben sowie Sicherheit. Es handelte sich um eine Intention-to-treat-Analyse. 146 Zentren in 26 Ländern nahmen teil.
Signifikante Erhöhung von OS und PFS Bei den eingeschlossenen 755 Männern (1:1-Randomisierung), deren Daten in die ITT-Analyse eingeflossen sind, zeigte sich eine klinisch relevante Verbesserung des medianen Gesamtüberlebens von 15,1 gegenüber 12,7 Monaten (Studien- vs. Vergleichsgruppe). Bei Patienten unter Cabazitaxel und Prednison zeigte sich zudem eine signifikante Erhöhung des medianen progressionsfreien Überlebens (2,8 vs. 1,4 Monate; HR = 0,74; 95%-KI: 0,64–0,86). Ausserdem war die Rate des Tumoransprechens bei Patienten im
Cabazitaxel-Kombinationsarm signifikant
höher (14,4 vs. 4,4%). Ferner gab es eine
signifikante Verbesserung der medianen
Zeit bis zur Tumorprogression (8,8 vs.
5,4 Monate; HR = 0,61; 95%-KI: 0,49–0,76).
Die häufigsten hämatologischen Neben-
wirkungen Grad 3 oder höher waren
Neutropenie (82 vs. 58% Patienten), Leu-
kopenie und Anämie. Die häufigsten uner-
wünschten Reaktionen, die in der Caba-
zitaxel-Gruppe zu Therapieabbrüchen
führten, waren Neutropenie und Nieren-
insuffizienz. Zu Therapieabbrüchen auf-
grund unerwünschter Arzneimittelreaktio-
nen kam es bei 18% der Patienten, die
Cabazitaxel, und bei 8% der Patienten, die
Mitoxantron erhielten. Diarrhö war mit 6%
(vs. 1%) relativ häufig.
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Quelle:
De Bono JS et al.: Prednisone plus cabazitaxel or mitoxantrone for metastatic castration-resistant prostate cancer progressing after docetaxel treatment: a randomised open-label trial. Lancet 2010; 376(9747): 1147–54.
Urologe Dr. Urs Huber, Zürich, zur TROPIC-Studie:
«In relativ kurzer Zeit ein Zugewinn der Lebensqualität»
SZO: Herr Dr. Huber, wie beurteilen Sie die Resultate der TROPIC-Studie für das Überleben der Patienten? Dr. med. Urs Huber: Vor der TROPICStudien-Auswertung, bis Anfang 2010, gab es für Patienten, bei denen das Prostatakarzinom unter oder kurz nach der primären Chemotherapie mit Docetaxel weiter fortgeschritten war, keine weitere Therapieoption mit einem erwiesenen Überlebensvorteil. Daher ist es in meinen Augen sehr erfreulich, dass wir mit Cabazitaxel eine neue Option anbieten können. Aufgrund der Studienergebnisse haben Patienten mit Cabazitaxel im Schnitt einen Überlebensvorteil von knapp 3 Monaten. Dies
entspricht sogar dem gleichen Zeitgewinn, den wir in der Erstlinien-Chemotherapie mit Docetaxel beim metastasierten, kastrationsresistenten Patienten beobachten.
SZO: Wo sehen Sie Grenzen der Studie? Huber: Die Studie wurde in 26 Ländern durchgeführt – genau hier sehe ich eine Grenze der Studie, da die Substanz in sehr unterschiedlichen Gesundheitssystemen, Ost und West, mehr oder weniger entwickelt und nota bene ohne die Schweiz, rekrutierte. Fatale Nebenwirkungen waren demnach deutlich häufiger in Ländern aufgetreten, wo man das Handling oder die Ver-
fügbarkeit von Blutzellwachstumshormonen nicht optimiert hat. Bemerkenswert ist zudem, dass Mitoxantron im Vergleichsarm benutzt
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wurde, eine aktive Substanz, die wir bis anhin mangels Alternativen oft in der zweiten Linie beim Versagen der Standardchemotherapie mit Docetaxel verwendet haben.
SZO: Welches sind Ihre Erfahrungen bezüglich der Nebenwirkungen? Huber: Meine ersten Erfahrungen mit Cabazitaxel haben gezeigt, dass die Substanz in der klinischen Praxis wirksam und einfach zu handhaben ist. Die Nebenwirkungen scheinen geringer zu sein, als ich aufgrund der Daten der TROPIC-Studie erwartet hätte. Beeindruckt hat mich vor allem, dass ein Grossteil der Patienten schon kurze Zeit nach Start der Therapie mit Cabazitaxel einen Lebensqualitätsgewinn hatten, zum Beispiel schmerzfrei wurden. Diese
Erfahrungen werden durch vorläufige Resultate eines Cabazitaxel Compassionate Use Program bestärkt. In diesem Programm, welches «Real-life-Patienten» untersucht hat, war die Rate von febrilen Neutropenien weniger als halb so hoch wie in der TROPIC-Studie. Mögliche febrile Neutropenien lassen sich zudem durch die Verabreichung von G-CSF gut verhindern, sodass die Infektanfälligkeit minimal ist. Eine gelegentlich auftretende Diarrhö ist durch die Gabe von Loperamid, eventuell auch mit Tinctura opii, gut angehbar.
SZO: Halten Sie das neue Taxan Cabazitaxel auch in der Erstlinientherapie für einsetzbar? Huber: Die Phase-III-Studie FIRSTANA, die Cabazitaxel in der Erstlinienthera-
pie beim metastasierten Prostatakarzinom evaluiert, ist bereits angelaufen. In dieser Studie wird die Wirksamkeit von Cabazitaxel im Vergleich zu Docetaxel untersucht, leider können wir in der Schweiz an dieser Studie nicht teilnehmen. Da Cabazitaxel spezifisch dafür entwickelt wurde, die Taxanresistenz zu überwinden, kann ich mir gut vorstellen, dass es in der ersten Linie eingesetzt eine höhere Wirksamkeit als Docetaxel zeigt, und warte gespannt auf die Resultate.
Herzlichen Dank für das Interview!
Interessenkonflikte: Der Artikel entstand im Anschluss an ein Medienevent, organisiert von Sanofi Aventis und der Agentur H&O im November 2011.
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