Transkript
Im Fokus: Lungenkarzinome
Palliative Radiotherapie beim NSCLC
Indikationen und Verfahren
Die palliative Radiotherapie stellt eine wirkungsvolle Behandlungsmöglichkeit bei Symptomen wie pulmonalen Blutungen, Knochenschmerzen, oberer Einflussstauung und Obstruktionen dar, welche im Verlauf einer Lungenkarzinomerkrankung häufig auftreten. Im Folgenden werden Indikationen und das strahlentherapeutische Management besprochen.
PAUL MARTIN PUTORA, RUTH HORSTKEMPER, LUDWIG PLASSWILM
Paul Martin Putora
Ruth Horstkemper
Ludwig Plasswilm
Ziele einer palliativen Behandlung sind das Lindern von Symptomen und die Verbesserung der Lebensqualität. Daher bedarf es auch in dieser Situation immer einer Abwägung zwischen Nutzen und möglichen Nebenwirkungen der Therapie. Dies sollte im Vordergrund der interdisziplinären Diskussion der verschiedenen Therapiemöglichkeiten stehen.
Klinische Symptome
Mehr als die Hälfte aller Bronchialkarzinome werden im Stadium IV erstdiagnostiziert. Zudem benötigen auch die in niedrigeren Stadien erstdiagnostizierten Patienten – wegen des meist fortschreitenden Krankheitsverlaufes trotz Therapie – häufig eine palliative Behandlung (1, 2). Klinische Symptome für ein fortgeschrittenes Tumorstadium sind Husten, Hämoptysen, Dyspnoe und Schmerzen. Zu den Allgemeinsymptomen zählen: Appetitlosigkeit, ungewollter Gewichtsverlust, allgemeine Abgeschlagenheit und Schwäche. Einige Symptome sind lokalisationstypisch. Ein apikaler Sulkustumor kann unter anderem die typischen «Pancost-Symptome» verursachen wie Schulter-Arm-
ABSTRACT
Palliative radiotherapy in NSCLC-patients
The goal of palliative treatment is relieving symptoms; palliative treatment of lung cancer requires careful evaluation and consideration of treatment alternatives. Radiotherapy represents a potent treatment modality for symptoms including pain, bleeding, airway obstruction or superior vena cava syndrome. In many situations several treatment modalities are available and may sometimes be used in combination (systemic therapy, endoscopic intervention). Palliative dose fractionation schedules are variable, typically limited to two weeks and are usually well tolerated. Radiotherapy plays a central role in the treatment of bone and brain metastases. An interdisciplinary discussion should precede any palliative treatment decision.
Keywords: radiotherapy, palliative, lung cancer.
Schmerzen und Sensibilitätsdefizite durch Infiltration des Plexus brachialis. Ebenfalls ist die Hornertrias (Enophtalmus, Ptosis, Miosis) ein typisches klinisches Zeichen für einen Pancost-Tumor (3). Heiserkeit als klinisches Symptom kann durch eine Rekurrensparese bedingt sein, die zum Beispiel durch eine Lymphadenopathie im aortopulmonalen Bereich und anatomisch bedingt vor allem bei linksseitig lokalisierten Karzinomen auftritt. Dyspnoe, bedingt durch Lähmung des ipsilateralen Diaphragmas, hat seine Ursache zumeist bei der tumorbedingten Infiltration des N. phrenicus der entsprechenden Seite. Dysphagie (Beschwerden beim Schlucken) oder Odynophagie (Schmerzen beim Schlucken) können durch eine Ösophaguskompression durch den Tumor selbst oder vergrösserte Lymphknoten entstehen. Eine Infiltration des rechtsseitigen Mediastinums kann ein Vena-cava-superior-Syndrom zur Folge haben. Ein endogenes Cushing-Syndrom (durch ektope ACTH-Sekretion bedingter Hyperkortisolismus), SIADH (Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion) mit klinischer Hyponatriämie, Lambert-Eaton-Syndrom mit Myasthenia-gravis-ähnlicher Schwäche und eine durch eine ektope Parathormonproduktion bedingte Hyperkalzämie zählen zu den paraneoplastischen Syndromen (3). Daher sollte bei Auftreten dieser Syndrome auch immer an eine mögliche Lungenkarzinomerkrankung gedacht werden. Die häufigsten Organmetastasen beim Bronchialkarzinom finden sich in der kontralateralen Lunge, der Leber, dem Gehirn und im Skelett (3).
Radiotherapeutische Verfahren
Bei der Radiotherapie lassen sich zwei Applikationsarten unterscheiden:
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▲ die Tele- und ▲ die Brachytherapie. Die Teletherapie (tele = fern) respektive perkutane Strahlentherapie bezeichnet definitionsgemäss eine Radiotherapie mit einem Fokus-Haut-Abstand von mindestens 10 cm, die Strahlenquelle befindet sich ausserhalb (fern) des Körpers. Die Applikation erfolgt über Linearbeschleuniger in Form von hochenergetischer Photonenstrahlung. Bei der Brachytherapie (brachys = nah) besteht zwischen der Strahlenquelle, beispielsweise endobronchial, und dem klinischen Zielvolumen weniger als 10 cm Abstand. Gesundes Gewebe muss somit auf dem Weg der Strahlung zum Zielvolumen nicht durchstrahlt werden, jedoch ist die Reichweite einer solchen Bestrahlung nicht sehr gross (4). Somit eignet sich diese Technik, als endobronchiale Brachytherapie, insbesondere bei einem intraluminalen Tumorprozess mit entsprechender Symptomatik.
Abbildung 1: Linearbeschleuniger
Technik Im Linearbeschleuniger wird durch das Auftreffen von mit nahezu auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigten Elektronen auf ein Target hochenergetische Photonenstrahlung erzeugt. Durch Multileaf-Kollimatoren (MLC), die bereits im Bestrahlungskopf integriert sind, kann das Bestrahlungsfeld individuell angepasst werden, um somit eine maximale Schonung des tumorumgebenden gesunden Gewebes zu erreichen (4). Abbildung 1 zeigt einen Linearbeschleuniger, in Abbildung 2 ist das Prinzip des MLC angezeigt.
Dosis Lungenkarzinome zeichnen sich durch eine deutlich schnellere und häufigere Zellteilung als viele Normalgewebe aus. Das Hauptziel der Bestrahlung ist eine direkte oder indirekte Schädigung der DNA der Tumorzellen. Die effektiveren Reparaturmechanismen von gesunden Zellen (Normalgewebe) erlauben eine bessere Reparatur der durch die Strahlentherapie bedingten Zellveränderungen; dies begründet das Prinzip der Fraktionierung einer Radiotherapie. Mit zunehmender Gesamtdosis einer Bestrahlung nimmt die Wahrscheinlichkeit überlebender Tumorzellen ab, gleichzeitig steigt aber auch das Risiko für Nebenwirkungen. Die optimale Gesamtdosis ergibt sich somit aus der therapeutischen Breite von gewollter Zellschädigung des Tumors und möglichen Nebenwirkungen im Normalgewebe. In palliativen Situationen ist häufig nur eine Tumorreduktion notwendig, um das Ziel – eine Verbesserung der Lebensqualität – zu erreichen, hierfür sind daher meist kleinere Gesamtdosen notwendig als bei einer kurativen Intention.
Radiotherapiespezifische Vorbereitung Zur Vorbereitung einer Radiotherapie gehören typischerweise auch zusätzliche Untersuchungen wie
Abbildung 2: Multileaf-Kollimator (MLC), mithilfe der Lamellen lässt sich das Strahlenfeld an das Zielvolumen (Tumor) anpassen.
weitere Bildgebung oder eine Lungenfunktionsprüfung. Nach der CT- oder Simulations-gestützten Bestrahlungsplanung und gegebenenfalls der Überprüfung der geplanten Bestrahlungsfelder unter Durchleuchtung kann mit der Radiotherapie begonnen werden. Um das zu bestrahlende Volumen so klein wie möglich zu halten, muss eine reproduzierbare Positionierung des Patienten für jede einzelne Bestrahlung erreicht werden. Zu diesem Zweck werden Positionierungshilfen wie Markierungen auf der Haut verwendet. In manchen Situationen kann eine Immobilisierung beispielsweise durch Masken für Hirnbestrahlungen notwendig sein. Vor der Behandlung kann mithilfe eines am Behandlungsgerät angebrachten CT (cone-beam CT) eine dreidimensionale Aufnahme der Tumorregion angefertigt werden. Nach Vergleich der zur Planung verwendeten mit den aktuellen Aufnahmen kann bei Abweichung eine Korrektur mithilfe der Behandlungstischverschiebung erreicht werden (vgl. Abbildung 3 und 4).
Indikationen für eine intrathorakale palliative Radiotherapie
Obstruktionen, Atelektasen Bei der Behandlung von endobronchialen oder endotrachealen Tumoren stehen vor allen die Sicherung der Atemwege beziehungsweise die Verhinderung der vollständigen Obstruktion, welche zu poststenotischen Pneumonien und Atelektasen führen
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Abbildung 3: Planungs-CT
Abbildung 4: Strahlentherapie-Simulator
können, im Vordergrund. Bei dringlichem Handlungsbedarf ist ein endoskopisches Vorgehen mit Stenteinlage im betroffenen Abschnitt initial die Therapie der Wahl. Häufig ist eine teilweise Entfernung des endoluminalen Tumors durch beispielsweise YAG-Laser, Argon-Plasma-Koagulation oder Kryotherapie möglich. Die Radiotherapie findet ihren Einsatz sowohl in der primären als auch in der adjuvanten Situation. Gewöhnlich wird zunächst eine perkutane Bestrahlung und gegebenenfalls im Anschluss über eine Brachytherapie eine Dosisaufsättigung durchgeführt. Auch wenn die Brachytherapie aufgrund der Bestrahlung des Tumors aus direkter Nähe in der Theorie eine sehr effektive Methode darzustellen scheint, gibt es keine eindeutigen Daten für ein besseres Gesamtüberleben bei brachytherapeutisch behandelten Patienten. Dieser Tatsache trägt auch die American Society for Radiation Oncology (ASTRO) Rechnung, indem sie in ihren Guidelines keine eindeutige Empfehlung für alleinige oder kombinierte Brachytherapie ausspricht (5). Abhängig von Erfahrung und Zugänglichkeit wird jedoch die Brachytherapie in individuellen Therapiekonzepten von Bedeutung sein. Ein typisches Behandlungsschema einer perkutanen Radiotherapie sind 10 Fraktionen à 3 Gy (30 Gy) in zwei Wochen oder 5 Fraktionen à 4 Gy in einer Woche (1, 5, 6).
Obere Einflussstauung, Vena-cava-superior-Syndrom Abhängig von der Tumorausdehnung, der Tumorinfiltration und der Grösse der pathologischen Lymphknoten kann es zu einer Kompression der Vena cava superior mit konsekutiver teilweiser oder gesamter Verlegung des venösen Blutrückflusses aus der oberen Körperhälfte kommen. Dies führt zur Erweiterung der Venen im Bereich des gestörten Blutabflussgebietes (Kopf, Hals, Arm) und somit zu einer klinisch sichtbaren Schwellung in der betroffenen Körperregion (7). Die Dringlichkeit der Therapie richtet sich nach Symptomen, Entwicklungsverlauf und Histologie des Tumors. Während bei kleinzelligen Lungenkarzinomen (SCLC) oder Lymphomerkrankungen eine zeitnah eingeleitete Chemotherapie eine schnelle Besserung der Symptome erreichen kann, ist bei Patienten mit nicht kleinzelligen Lungenkarzinomen (NSCLC) eine Radiotherapie indiziert. Die Bedeutung einer Steroidtherapie bei Patienten mit NSCLC-Histologie wird kontrovers diskutiert, eine Behandlung mit Diuretika kann zu einer Verbesserung der Symptome führen (8). Obwohl es kein standardisiertes Vorgehen gibt, kann eine prophylaktische Antikoagulation mit Heparin erwogen werden. Bei sehr dringendem Handlungsbedarf kann auch eine SVC-Stenteinlage evaluiert werden (9). Die Strahlenbehandlung der oberen Einflussstauung kann mit 10 Fraktionen à 3 Gy (30 Gy) erfolgen (10).
Blutungen Blutungen sind eine schwere und potenziell akut lebensgefährliche Komplikation von intrabronchial gelegenen Tumoren. Zusätzlich ist die psychologische Belastung auch eines nicht bedrohlichen Bluthustens nicht zu unterschätzen. Bei Hämoptysen ist eine Bronchoskopie erstrebenswert, um die Blutungsquelle zu lokalisieren. Im Falle von schweren Blutungen und drohendem Ersticken ist die Sicherung der Atemwege (ggf. Intubation) zu gewährleisten (11). Durch invasive Methoden wie YAG-Laser, ArgonPlasma-Koagulation und/oder Stenteinlage können Blutungen direkt gestoppt werden. Im Vorfeld kann ein diagnostisches CT über die Lokalisation und Erreichbarkeit der Blutungsquelle Auskunft geben. Bei diffusen Blutungen oder für intrabronchiale Methoden nicht erreichbare Lokalisationen stellt die Radiotherapie eine wirksame Option dar. Das Zielvolumen wird anhand von Bildgebung und der endobronchialen Befunde definiert. Die Fraktionierungsschemata können je nach Lokalisation und Gesamtsituation von einer Einmalbestrahlung bis hin zu längeren Bestrahlungsschemata reichen (5).
Re-Bestrahlung Obwohl die Radiotherapie eine effektive Therapiemodalität darstellt, kann es im Verlauf zu einem Wie-
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derauftreten von Beschwerden durch erneutes Tumorwachstum respektive durch neue Metastasierung in der zuvor bestrahlten Lokalisation kommen. Abhängig von der zuvor verabreichten Dosis, dem Zeitintervall seit der ersten Radiotherapie und der durch die Vorbestrahlung erfolgten Belastung von Normalgewebe, speziell von Lunge und Myelon, kann eine erneute Bestrahlung erfolgen.
Nebenwirkungen der Radiotherapie
Akute Nebenwirkungen Unter Radiotherapie kann es zu einer Fatigue kommen, die von leichter Müdigkeit bis hin zu Einschränkungen im gewohnten Tagesablauf reichen kann. Jedoch ist nicht allein die Radiotherapie Ursache für diese Müdigkeit; lange Anfahrtszeiten, Veränderungen im Tagesablauf, Appetitlosigkeit und die psychisch belastende Situation tragen ebenfalls dazu bei. Typischerweise ist diese Müdigkeit zum Ende der Radiotherapie hin am stärksten ausgeprägt und kann gelegentlich Wochen anhalten. Bei Bestrahlung des Neurocraniums wegen Hirnmetastasierung kommt es, abhängig von der verabreichten Dosis, zu einer meist temporären Alopezie. Meistens beginnt diese zum Ende der Radiotherapie oder auch einige Wochen nach Abschluss der Therapie. Hautreizungen im Bestrahlungsgebiet sind eine häufig auftretende Nebenwirkung, sie sind jedoch bei den üblichen palliativen Dosierungen meist unproblematisch. Zu den häufigsten Formen der dermalen Reaktion gehören neben der Rötung Hauttrockenheit, Juckreiz und im Verlauf eine Hyperpigmentierung. Erst beim Auftreten von Anzeichen einer dermalen Reaktion sollte mit einer Behandlung (Hautcreme) begonnen werden. Bei Bestrahlungen, die das Mediastinum einschliessen, kann es unter Radiotherapie zu einer Ösophagitis kommen, die sich als Dysphagie oder Odynophagie manifestiert. Die Symptome bilden sich typischerweise innerhalb weniger Wochen nach Abschluss der Bestrahlung vollständig zurück. Aufgrund des häufig durch vorangegangene Therapien supprimierten Immunsystems sollte auch immer an eine durch Pilze verursachte Ösophagitis gedacht und dementsprechend therapiert werden.
Späte Nebenwirkungen Eine strahlenbedingte Pneumonitis kann ebenfalls auftreten, typischerweise ab 6 bis 10 Wochen nach Abschluss der Radiotherapie. Bei palliativen Dosen ist das Risiko gering. Typische Symptome sind trockener Husten, Verschlechterung des Allgemeinzustandes und Fieber. Zur Abklärung sollte eine Bildgebung der Lungen durchgeführt werden. Eine medikamentöse Therapie umfasst unter anderem Kortison (ggf. unter Antibiotikaabdeckung).
Indikation für extrathorakale palliative Radiotherapie
Hirnmetastasen Das Bronchialkarzinom ist die häufigste Ursache für Hirnmetastasen (3). Bei symptomatischen Metastasen stellt die fraktionierte Radiotherapie des Ganzhirns (mit z.B. 10 x 3 Gy), gegebenenfalls nach vorherigem neurochirurgischem Eingriff, die Therapie der Wahl dar (12). Akute Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Fatigue und vorübergehender Haarausfall können unter Radiotherapie auftreten. Hirnödembedingte Symptome lassen sich mit einer Dexamethasonmedikation (z.B. 4–12 mg/Tag) gut behandeln. Die Medikation sollte spätestens bei Abschluss der Radiotherapie langsam wieder ausgeschlichen werden. Spätnebenwirkungen wie Konzentrationsstörungen oder Beeinträchtigung der Merkfähigkeit sind nach Ganzhirnbestrahlung beschrieben worden, jedoch darf nicht der Einfluss der Gesamterkrankung und vorangegangener Therapien übersehen werden. Bei weniger als vier Hirnmetastasen und insbesondere bei solitärer Hirnmetastase stellt auch eine stereotaktische Radiotherapie oder eine Operation eine Behandlungsoption dar. Der neurochirurgische Eingriff kann auch zur Gewinnung einer Histologie sowie bei einem metastasenbedingten Masseneffekt mit entsprechender Symptomatik indiziert sein.
Knochenmetastasen Knochenmetastasen sind assoziiert mit Schmerzen, erhöhter Frakturgefährdung und, bei Infiltration ins Nervengewebe, mit neurologischen Symptomen. Häufige Fraktionierungsschemata bei der Bestrahlung von Knochenmetastasen sind 5 x 4 Gy oder 10 x 3 Gy. Auch eine 1-x-8-Gy-Bestrahlung zeigt bei fehlender Weichteilinfiltration eine gute Linderung der Schmerzen. Als akute Nebenwirkungen kann es vor allem zu Beginn der Bestrahlung durch Anschwellung des Gewebes zu einer Schmerzverstärkung kommen. Dies muss dem Patienten im Vorfeld erklärt und es soll eine geeignete Bedarfsschmerzmedikation verordnet werden. Nebenwirkungen am Normalgewebe hängen von der Lokalisation der Knochenmetastase und dem umgebenden Gewebe ab. Bei palliativen Behandlungsschemata sind die zu erwartenden Nebenwirkungen allerdings gering und meistens gut tolerabel. Bei akuter Frakturgefährdung mit möglicher Schädigung des Spinalkanals sollte ein primäres neuro- respektive orthopädisch-chirurgisches Vorgehen mit einer postoperativen Bestrahlung abgeklärt werden. Eine gleichzeitige Systemtherapie sollte für die Zeit der Radiotherapie, wenn vertretbar, pausiert werden, um eine Verstärkung von Nebenwirkungen zu vermeiden. Auch sollte bedacht werden, dass es je nach Lokalisation und Grösse des Bestrahlungsvolumens
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(insb. grössere Radiotherapiefelder im Bereich des
Beckens) beziehungsweise des Knochenmarks zu
Blutbildveränderungen unter anderem in der Hämato-
poese kommen kann.
▲
Dr. med. Paul Martin Putora (Korrespondenzadresse) E-Mail: paul.putora@kssg.ch
Dr. med. Ruth Horstkemper und PD Dr. med. Ludwig Plasswilm
Klinik für Radio-Onkologie, Kantonsspital St. Gallen 9000 St. Gallen
Merkpunkte
▲ Die interdisziplinäre Evaluation ist immer sinnvoll. ▲ Die Radiotherapie stellt für Patienten mit einer
NSCLC-Erkrankung in der palliativen Situation eine Therapiemöglichkeit bei vielen karzinombedingten Symptomen dar.
▲ Ein typisches palliatives Radiotherapieregime
dauert 2 Wochen (10 Fraktionen à 3 Gy), je nach Indikation und Allgemeinzustand kann hiervon deutlich abgewichen werden.
▲ Häufig präsentiert sich ein Patient mit verschiede-
nen Symptomen. Eine ausführliche Abklärung im Vorfeld ermöglicht es oft, eine zeitgleiche Radiotherapie an verschiedenen Stellen durchzuführen. Dies soll eine möglichst kurze Gesamttherapiedauer und eine lange therapiefreie Zeit ermöglichen.
Quellen:
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