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EDITORIAL
D as vorliegende Schwerpunktheft der Schweizer Zeitschrift für Onkologie (SZO) befasst sich mit 4 der 5 wichtigsten urologischen Tumoren. Das Prostatakarzinom, der häufigste Tumor des Mannes – in der Krebsepidemiologie der Schweiz heute an erster Stelle stehend – wurde bereits in einer separaten Ausgabe besprochen (vgl. SZO 1/2008). Das Harnblasenkarzinom stellt in der westlichen Welt nach Tumoren der Prostata, der Lunge, der Mamma und des Dickdarms das fünfthäufigste Karzinom dar. In den USA sind im Jahr 2007 rund 67 200 Neuerkrankungen gemeldet worden (1); bei uns erkranken gemäss Krebsliga Schweiz rund 1100 Menschen jährlich an Blasenkrebs.
Plädoyer für eine evidenzbasierte Uro-Onkologie
Das Nierenzellkarzinom folgt nach den Non-Hodgkin-Lymphomen an siebter Stelle mit zirka 51200 neuen Fällen in den USA. Dieser Tumor hat aber eine deutlich höhere Mortalität als Karzinome der Harnblase und vor allem der Prostata. Der Hodentumor ist insgesamt selten, bei jüngeren Männern aber einer der häufigsten malignen Tumoren. Die Prognose ist – bei guter interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Urologen, Pathologen, Radio-Onkologen und medizinischem Onkologen sowie bei striktem Einhalten der evidenzbasierten Therapie- und Nachsorgeschemata – gut. Das Peniskarzinom betrifft ältere Männer und ist bei frühzeitiger Diagnosestellung mehrheitlich ebenfalls heilbar.
EAU-Leitlinien global geltend Studien mit hoher Evidenz fliessen in aller Regel in Leitlinien ein. In den letzten Jahren hat allerdings eine wahre Inflation von Leitlinien eingesetzt: Jede medizinische Gesellschaft und gar jedes Land stellt ihre eigenen Leitlinien auf – und dies zu gleichen Themen. Trotz der kulturellen, sozialen und politischen Vielfalt in Europa ist es der Europäischen Urologengesellschaft (EAU) aber gelungen, eine gemeinsame Basis zu schaffen (2). Die insgesamt 19 englischsprachigen Leitlinien decken das ganze Spektrum der Urologie ab. Sie werden laufend ak-
tualisiert, jährlich neu publiziert und sind praxisorientiert. Ihr Erfolg spiegelt sich auch darin, ▲ dass sie in 16 weitere Sprachen übersetzt wer-
den, ▲ dass insbesondere in Osteuropa die Weiter-
bildung der jungen Urologen darauf abstützt und ▲ dass sie häufig in der Fachliteratur zitiert werden. Die Leitlinie zum Prostatakarzinom ist sogar der am meisten genannte Artikel in allen urologischen Zeitschriften (3).
Fundierte Daten für die Praxis In diesem Sinne stellen die vier Artikel in dieser SZO-Ausgabe den aktuellen Stand des gesicherten Wissens zu den vier urologischen Karzinomen dar. Wie generell für Leitlinien gilt für diese Übersichtsarbeiten das Bonmot von Hansjörg Danuser und Philipp Baumeister in der Einleitung ihres Artikels zum Blasenkarzinom: «Echt neue Erkenntnisse sind noch nicht evaluiert, und neue evaluierte Erkenntnisse sind nicht mehr brandneu.» Leitlinien ermöglichen es, wissenschaftlich fundierte Daten in die klinische Praxis zu überführen.
Prof. Dr. med. Hans-Peter Schmid Klinik für Urologie Kantonsspital St. Gallen
Quellen: 1. Jemal A., Siegel R., Ward E., et al.: Cancer statistics, 2008. CA Cancer J Clin 2008; 58: 71–96. 2. Aus G., Chapple C., Hanus T., Irani J., Lobel B., Loch T., Mitropoulos D., Parsons K., Plass K., Schmid H.-P.: The European Association of Urology (EAU) guidelines methodology: a critical evaluation. Eur. Urol. in press. 3. Heidenreich A., Aus G., Bolla M., Joniau S., Matveev V.B., Schmid H.-P., Zattoni F.: EAU guidelines on prostate cancer. Eur. Urol. 2008; 53: 68–80.
ONKOLOGIE 3/2009
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