Transkript
Journal Club
Fortgeschrittenes Prostatakarzinom
Endokrine plus Radiotherapie halbiert die Mortalität
Bei lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom kann eine Strahlentherapie die Ergebnisse der endokrinen Therapie deutlich verbessern. Die kombinierte Behandlung halbierte die Prostatakrebs-spezifische Zehn-Jahres-Mortalität und verringerte die Rezi divrate um fast das Dreifache. Dies zeigte eine kürzlich publizierte randomisierte Phase-III-Studie, welche die endokrine Behandlung mit und ohne lokale Bestrahlung verglich. Die Studienleiter empfehlen diese Strategie als neuen Standard.
Jahrzehntelang waren die alleinige Strahlen- oder die endokrine Therapie bei Prostatakarzinompatienten mit Hochrisiko akzeptable Strategien. In mehreren neueren Studien hat die Kombination aus endokriner Behandlung und Strahlentherapie Überlebensvorteile gegenüber der alleinigen Bestrahlung gezeigt; allerdings blieb die Effektivitätsbestimmung dieser Strategie unklar.
Fast 900 Männer mit T3N0M0 nahmen teil
Eine skandinavische Studiengruppe führte zur Klärung eine Phase-III-Studie durch, die die Rolle der lokalen Radiotherapie in Kombination mit endokriner Behandlung bei Hochrisikopatienten untersuchte (1). 875 Patienten mit lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom (Klassifikation: T3N0M0) aus 47 Zentren in Norwegen, Schweden und Dänemark wurden in die randomisierte offene Studie eingeschlossen. Das Durchschnittsalter betrug 66 Jahre, der Allgemeinzustand war gut. Die 439 Patienten der Gruppe A erhielten eine endokrine Therapie – eine totale Androgenblockade während drei Monaten, gefolgt von kontinuierlicher Flutamid-Therapie. In Gruppe B mit 436 Patienten wurde diese endokrine Thera-
pie mit einer konfokalen Bestrahlung (50 Gy auf Prostata und Samenblase plus 20 Gy auf die Prostata) kombiniert. Primärer Endpunkt der Intention-totreat-Analyse war das Prostatakarzinomspezifische Überleben.
Rezidive werden auf ein Drittel gesenkt
Nach durchschnittlich 7,6 Jahren waren 79 Patienten der Gruppe A (nur endokrine Therapie) und 37 Patienten der Gruppe B (Kombinationsbehandlung) gestorben. Daraus ergab sich eine krebsspezifische Zehn-Jahres-Mortalität von ▲ 23,9 Prozent (nur endokrine Thera-
pie) versus ▲ 11,9 Prozent (kombinierte Therapie). Das Prostatakarzinom-spezifische Mortalitätsrisiko konnte unter der Kombinationstherapie somit um mehr als die Hälfte gesenkt werden (relatives Risiko 0,44; 95%-KI 0,30–0,66). Die kumulative Gesamtmortalität nach zehn Jahren betrug unter der alleinigen endokrinen Therapie 39,4% und unter der Endokrin- plus Radiotherapie 29,6 Prozent (relatives Risiko 0,68; 95%-KI 0,52–0,89). Noch deutlicher waren die Unterschiede bei den Rezidivraten: Die kumulative PSA-Zehn-Jahres-Inzidenz war
▲ in der endokrin behandelten Gruppe mit 74,7 Prozent fast dreimal so hoch wie
▲ in der Kombinationsgruppe mit 25,9 Prozent (p< 0,0001, Hazard Ratio 0,16).
Harnwegs-, Darmprobleme sowie sexuelle Störungen waren unter der Kombinationsbehandlung nach fünf Jahren nur geringfügig häufiger als in der Vergleichsgruppe.
Fazit: Kombination
wird als neuer Standard
empfohlen
Die Autoren betrachten aufgrund dieser
signifikanten Studienergebnisse die
Kombination aus endokriner und Strah-
lentherapie als neue Standardbehand-
lung für das fortgeschrittene Prostatakar-
zinom. Diesem Statement schliesst sich
auch der Kommentator Chris Parker (2)
vom Institute of Cancer Research in Sut-
ton/GB an, auch wenn die gewählte en-
dokrine Studienmedikation nicht dem
heutigen Standard entspricht und die
Autoren die Toxizität der Radiotherapie
möglicherweise etwas zu günstig beur-
teilt haben könnten.
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Bärbel Hirrle
Quellen:
1. Widmark A. et al.: Endocrine treatment, with or without radiotherapy, in locally advanced prostate cancer (SPCG-7/SFUO-3): an open randomised phase III trial. Lancet 2009; 373 (9660): 301–309.
2. Tan A., Parker Ch.: Radiotherapy in locally advanced prostate cancer. Lancet 2009; 373 (9660): 274–275.
28 ONKOLOGIE 2/2009