Transkript
Aus der Forschung
Hematological Malignancies Award 2008
Myeloproliferative Erkrankungen: Einsichten in Geno-Phänotypen
Die Basler Forschungsgruppe um Prof. Radek Skoda ist für ihre Arbeit über die Pathogenese myeloproliferativer Erkrankungen mit dem 2008 erstmals ausgeschriebenen Hematological Malignancies Award ausgezeichnet worden. Das Unternehmen Bristol-Myers Squibb Switzerland stiftet den Preis im Wert von 100 000 Franken fortan alle zwei Jahre zur Förderung von Schweizer Spitzenforschung auf dem Gebiet der HämatoOnkologie.
Während der Preisverleihung Ende September in Bern überreichte Professor Dr. med. Andreas Tobler, Past-President der Schweizer Gesellschaft für Hämatologie und Vorsitzender der fünfköpfigen Jury, die hochdotierte Auszeichnung an den Basler Biomediziner und würdigte die Grundlagenarbeit.
Studie entschlüsselt Fragen über die Prognose Skoda stellte die unter seiner Leitung entstandene Arbeit «Ratio of mutant JAK2V617F to wild-type Jak2 determines the MPD phenotypes in transgenic mice» erstmals der Öffentlichkeit vor. Die Forschungsgruppe hatte als Ausgangspunkt gesehen, dass die Mehrzahl aller Patienten mit myeloproliferativen Erkrankungen eine erworbene somatische Mutation des JAK2-Gens (JAK2V617F) aufweist. Zu den myeloproliferativen Erkrankungen (MPD) zählen die essenzielle Thrombozythämie (ET), die Polycythaemia vera (PV) und die primäre Myelofibrose (PMF) respektive die chronische myeloische Leukämie (CML). Eine der noch offenen Fragen ist, wie die JAK2-V617F-Mutation drei unterschiedliche klinische Phänotypen – ET, PV und PMF – hervorrufen kann. Die Forscher fanden einen ersten Erklärungsansatz in ihrer experimentellen Studie: Danach ist das Verhältnis des mutierten JAK2- zum Wildtyp-Gen ausschlaggebend für die Manifestation des Phänotyps. Bei transgenen Mäusen konnte die Entwicklung des Phänotyps von der es-
senziellen Thrombozythämie (ET) zur Polycythaemia vera (PV) nachgewiesen werden. Ein ähnliches Verhältnis wurde bei Patienten mit myeloproliferativen Erkrankungen (MPD) gefunden. Die Studie bietet ein plausibles Modell für weitere Forschungen zum Verhältnis von Geno-Phänotyp bei Patienten mit der JAK2V617F-Mutation. Das ist bedeutsam für MPDPatienten, weil sich die Prognose mit dem graduellen Übergang von der essenziellen Thrombozythämie (ET) bis zur primären Myelofibrose drastisch verschlechtert. Zudem besteht das Risiko, dass diese Erkrankungen in eine akute myeloische Leukämie (bzw. myeloische Blastenkrise) übergehen.
Internationale Netzwerke und Kooperationen für den Fortschritt Gerade bei den relativ seltenen Krebserkrankungen wie der CML ist die Organisation von Multizenterstudien und Netzwerken im grossen, internationalen Kontext bedeutsam für die Verbesserung von Diagnostik und Therapiestrategien. Die European Investigators on CML (EI-CML) und das European LeukemiaNet (ELN) mit 147 Zentren in 28 Ländern, denen insgesamt 10 000 Leukämiestudienpatienten angegliedert sind, liefern durch Studien entscheidende Erkenntnisse. Professor Dr. med. Rüdiger Hehlmann, Medizinische Fakultät Mannheim, betonte die Notwendigkeit, alle verfügbaren Synergien wie die Kooperationen mit der pharmazeutischen Industrie zu nutzen. Bei der CML habe diese neue Arbeitsweise schon deutliche Erfolge gezeigt. Innovative Therapieansätze können diese Leukämieform bei den meisten Patienten nach derzeitigen Erkenntnissen über Jahre hinweg zum Stillstand bringen und ermöglichen dem Patienten in dieser Zeit einen normalen Alltag. Zu diesem Erfolg haben im Wesentlichen zielgerichtete medikamentöse Krebstherapien beigetragen. Darüber hinaus bleibt die Transplantation hämatopoetischer Stammzellen eine wichtige Zweitlinienoption bei CML.
Prof. Dr. med. Radek C. Skoda, Leiter Experimentelle Hämatologie am Universitätsspital Basel.
Mit der Vergabe des Hematological Mali-
gnancies Award von Bristol-Myers Squibb
Switzerland sollen die klinische Forschung
und die Grundlagenforschung auf dem Ge-
biet der Hämato-Onkologie gefördert wer-
den. Der Award soll vor allem jüngere For-
scher/Forscherinnen und Forscherteams in
ihrer Arbeit motivieren und unterstützen. Zu-
gleich soll der Stellenwert der Hämato-
Onkologie als wichtiger Forschungszweig in
der Schweiz erhöht werden.
▲ hir
Referenzarbeit:
1. Tiedt R, Hao-Shen H, Sobas MA, Looser R, Dirnhofer S, Schwaller J, Skoda RC: Ratio of mutant JAK2-V617F to wild-type Jak2 determines the MPD phenotypes in transgenic mice. Blood. 2008 111(8): 3931–3940.
Prof. Dr. med. Radek C. Skoda (Korrespondenzadresse) Departement Biomedizin Universitätsspital Basel Hebelstrasse 20 4031 Basel
E-Mail: radek.skoda@unibas.ch
Quelle und weitere Informationen zum Preis:
Symposium anlässlich der Preisverleihung des Hematological Malignancies Award 2008, Bern, 25. September 2008.
http://www.hematologic-malignancies-award.ch
ONKOLOGIE 5/2008
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