Transkript
Im Fokus: Gynäkologische Tumoren
Die Nachsorge bei gynäkologischen Tumoren
Empfehlungen nach der Primärtherapie bei typischen Beschwerden und Risiken
Die Rekonvaleszenz nach gynäkologischen Tumoren braucht Geduld, eine engmaschige Überwachung hat sich als sinnvoll erwiesen. Im Folgenden werden für das Ovarial-, das Zervix-, das Vulva- und das Endometriumkarzinom krankheitsspezifisch der Umgang mit typischen Beschwerden und die Schwerpunkte der Untersuchung in der Nachsorge besprochen.
CHRISTINA SCHLATTER GENTINETTA
In den ersten zwei Jahren nach einer gynäkologischen Tumorerkrankung werden dreimonatliche Nachkontrollen empfohlen. Neben der Suche nach Rezidiven und Metastasen soll aktiv nach therapiebedingten Störungen gefragt werden. Trotz weitgehend fehlender Evidenz für eine Verbesserung von Morbidität oder Mortalität durch Routinekontrollen zeigt die Erfahrung, dass Patientinnen die Kontrollen als beruhigend empfinden (1). Nach gynäkologischen Tumoren ist das Risiko für thromboembolische Krankheiten erhöht. Aus diesem Grund wird heute eine verlängerte Thromboseprophylaxe bis vier Wochen postoperativ empfohlen (2). Auch im weiteren Verlauf ist eine risikogestützte Prophylaxe wesentlich.
Psychische Implikationen
Eine Krebserkrankung – besonders im Bereich der Genitalien – hat bedeutende Auswirkungen auf das eigene Körperbild, auf das alltägliche Erleben und die Paarbeziehung. Das betroffene Paar muss aufgrund des veränderten Frauenkörpers das gemeinsame psychische und physische Erleben neu ausrichten. Nicht nur der Körper ist von Narben gezeichnet, auch psychisch ist die Frau vulnerabel geworden. Die ärztliche Beziehung kann Zuversicht und Stabilität vermitteln, soll aber der Frau auch Gelegenheit geben, von den belastenden Seiten ihrer Krankheit zu berichten. Bei der Thematisierung der krankheitsspezifischen Prognose scheint es sinnvoller, die Übermittlung der medizinischen Fakten der Sprache der Patientin anzupassen, anstatt Prozentzahlen eines allgemeinen Kollektivs zu zitieren. Auf Voraussagen bezüglich der noch zu erwartenden Lebensdauer sollte verzichtet werden.
Für die Gesprächsführung bei krebskranken Frauen schlage ich ein Konzept vor, das hier zusammengefasst vorgestellt wird.
1. Geschichte aufnehmen Die gynäkologische Anamnese fragt gezielt nach bestimmten Symptomen (Gewichtsverlust, Wallungen, Zunahme des Bauchumfanges), nach persönlichen Ressourcen und dem sozialen Umfeld. Beim hier vorgeschlagenen Verfahren «Geschichte aufnehmen» wird im Gegensatz zur herkömmlichen Anamnese zunächst eine offene Frage gestellt. Der Arzt oder die Ärztin hört der erzählenden Patientin zu, ohne sie zu unterbrechen. Neben dem geschilderten Inhalt ist die narrative Struktur von Interesse: Wo weist die Erzählung Brüche respektive Inkohärenzen auf? Wo äussern sich unwillkürlich Emotionen in der Mimik der Patientin? Wo lenken Widerstände von unangenehmen Erinnerungen ab? Oftmals weisen averbale Gesten auf das zugrunde liegende Unaussprechliche.
2. Ängste ansprechen Jede krebskranke Frau wird zeitweise von existenziellen Ängsten heimgesucht. Psychoonkologische Studien bei Patientinnen mit gynäkologischen Tumoren zeigen, dass es verschiedene emotionale Reaktionsmuster gibt. Beachtenswert ist, dass diejenigen Frauen, die zwischen extremen Emotionen schwanken, im Vergleich zu denjenigen Patientinnen, welche die Krankheit gleichmütig verdrängen, längerfristig nicht nur psychisch stabiler sind, sondern auch somatisch einen besseren Verlauf zeigen (3). Mit anderen Worten: Es ist für das Wohlbefinden und die Bewälti-
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gung der Aufgaben im Alltag wichtig, sich mit Angstgefühlen auseinanderzusetzen und sie nicht nur zu verdrängen. Oftmals sind die Angehörigen selbst überfordert, neben ihren eigenen Ängsten die existenziellen Ängste der Patientin aufzufangen. In dieser Situation bietet die ärztliche Sprechstunde Gelegenheit, in einem sicheren Umfeld Angstgefühle anzusprechen. Hierzu braucht es nicht eine Stunde Zeit, aber den Mut, auch einmal eine Minute Schweigen auszuhalten. So wird der Patientin ermöglicht, irgendein Zeichen auszusenden, das der Ärztin ein gezieltes Nachfragen nach Ängsten erlaubt. Die Patientin soll spüren, dass es vor dem Arzt oder der Ärztin keine Tabus gibt, dass sie in der Sprechstunde über alles, auch über irrationale Ängste, sprechen darf. Andererseits ist es aber auch wichtig, dass sich der Arzt/die Ärztin nicht selbst überfordert, sondern bei Bedarf die Patientin weitervermittelt an eine Seelsorgerin oder eine Psychoonkologin.
3. Konstruktion der individuellen Wirklichkeit Die Wirklichkeit der Patientin deckt sich weder mit statistischen Risikoberechnungen noch mit den Realitätsvermutungen der behandelnden Ärztin (4). Häufig hat die Patientin ganz andere Vorstellungen von Krankheitsursachen und Abwehrstrategien. Ärztliche Empfehlungen, welche ihrem eigenen Konzept widersprechen, scheitern an der praktischen Umsetzung. Nur mit der Kenntnis persönlicher Überzeugungen und Werte der Patientin kann die notwendige Vertrauensbeziehung geschaffen werden für eine adäquate Beratung und gemeinsame Strategieplanung. Zudem muss transparent gemacht werden, von welcher Wirklichkeit jeweils gesprochen wird. Die allgemeine Ebene der medizinischen Empfehlungen soll klar abgegrenzt werden von der individuellen Situation der Patientin.
4. Gemeinsam Ziele formulieren und Wege beschreiben Die Krankheit wird im Leben einer Frau oftmals als Zäsur empfunden. Für die Ärztin ist von Interesse, was sich seit der Diagnose im Leben der Patientin ereignet hat. Nicht selten werden Verlagerungen der sozialen Beziehungsschwer-
punkte oder berufliche Neuorientierungen beobachtet. Solche Veränderungen brauchen Zeit. Von zu hohen Ansprüchen mit geringen Realisierungschancen soll abgeraten werden. Auch allzu allgemeine Ziele wie ein langes krankheitsfreies Überleben sind nicht weiter hilfreich. Vielmehr geht es darum, kleine realistische Ziele zu setzen, die den Fortschritt messbar machen. Ein solches Ziel wäre zum Beispiel, dass eine kombiniert operierte und bestrahlte Patientin nach einem Zervixkarzinom wieder schmerzfreien Geschlechtsverkehr haben kann. Für eine andere Frau mag es wichtig sein, wieder den steilen Weg zu ihrem geliebten Ferienhaus hochgehen zu können. Auf dem Hintergrund solcher klar formulierter Ziele kann die Beratung pragmatisch ausgerichtet werden. Die Patientin soll auch wissen, wie sie sich dem Arbeitgeber gegenüber prognostisch zu äussern hat. Das Wissen über Ursache und Prognose der Defizite erleichtert die Neuordnung des Alltags. Trotz der Mühsale und Ängste, die mit jeder Krebserkrankung verbunden sind, gilt es, die Patientin zu ermuntern, ihr Begehren wach zu halten. Sie soll dabei unterstützt werden, das zu machen, was ihr wichtig ist.
Krankheitsspezifische Empfehlungen
Die nachstehenden Angaben orientieren sich an den Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Onkologie AGO der SGGG (5). Die Empfehlungen sind in den Tabellen 1 bis 4 zur Übersicht darstellt.
Ovarialkarzinom Therapiebedingte Störungen: Viele Patientinnen leiden weit über den Abschluss der Chemotherapie hinaus an einer multifaktoriell zu interpretierenden Müdigkeit, die auf zugrunde liegende psychosoziale Störungen hinweisen kann und gleichzeitig erschwerend für die Rehabilitation ist. Die ausgedehnte Operation mit Entfernung der Lymphknoten führt gelegentlich zu unspezifischen Bauchbeschwerden und Stuhlunregelmässigkeiten. Diese harmlosen Beschwerden stellen für die Ärztin oft ein diagnostisches Problem, weil sie sich kaum von Rezidivsymptomen unterschei-
den. In Zweifelsfällen soll grosszügig die Indikation zu einer Computertomografie gestellt werden.
Rezidiv- und Metastasensuche: Bei 75 bis 80% aller Patientinnen mit kompletter Remission nach adjuvanter Chemotherapie kommt es zu einem Rezidiv. Das mediane Zeitintervall beträgt nur 10 bis 18 Monate. Auch für Patientinnen mit minimalem Resttumor nach der Primäroperation ist das mediane Überleben mit 40 Monaten schlecht (5). Mittels der rektovaginalen Palpation und der Kolposkopie wird insbesondere die Kolpotomie im Hinblick auf ein Lokalrezidiv untersucht. Die vaginale Sonografie hat für die Suche nach Aszites und nach pelvinen Raumforderungen eine hohe Aussagekraft. Relativ häufig werden jedoch auch harmlose Peritonealzysten gefunden, die bei Grössenkonstanz nicht weiter abgeklärt werden müssen. Allenfalls kann eine Punktion hilfreich sein. Falls präoperativ der Tumormarker CA 125 erhöht war, kann eine Tumormarkerbestimmung als Screening mit der Patientin diskutiert werden, ein Benefit konnte jedoch bisher nicht nachgewiesen werden (5). Während ein negativer Wert alle Beteiligten beruhigt, sind die Konsequenzen bei einem erstmaligen Anstieg des Wertes unklar. In Abwesenheit von Symptomen erfolgt in diesem Fall eine erneute Bestimmung 1 bis 3 Monate später. Die Belastung durch die Ungewissheit für die Patientin darf hierbei nicht unterschätzt werden.
Krankheitsspezifische Massnahmen: Bei kaum einer anderen Krankheit ist es so dringend, die Patientin zu ermuntern, wichtige Ereignisse (Versöhnung mit Familienmitgliedern, Reisen) nicht hinauszuschieben, sondern die schönen Momente im Leben bewusst zu geniessen. Vergleiche Tabelle 1.
Zervixkarzinom Therapiebedingte Störungen: Sowohl nach einer Wertheim-Operation als auch nach perkutaner Bestrahlung sind Blasenstörungen im Sinne von imperativem Harndrang oder Harnverhalt häufig. Fast immer liegt eine gewisse Dysfunktion des Darmes (Obstipation und/oder Diarrhö, Inkontinenz, Blähun-
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Tabelle 1:
Nachsorgeschema für das Ovarialkarzinom (modifiziert nach den AGO-Empfehlungen)
Ovarialkarzinom
Jahr 1–3 Jahr 4–5 Jahr 5–10
Rektovaginale Palpation, Kolposkopie alle 3–4 Monate alle 6 Monate jährlich
Zytologie Tumormarker der Vagina CA 125
Vaginale Sonografie
nein (ev. alle 3–4 Mt.) alle 3–4 Monate
nein
(ev. alle 6 Mt.)
alle 6 Monate
nein
(ev. jährlich)
jährlich
Tabelle 2:
Nachsorgeschema für das Zervixkarzinom (modifiziert nach den AGO-Empfehlungen)
Ovarialkarzinom
Jahr 1–3 Jahr 4–5 Jahr 5–10
Rektovaginale Palpation, Kolposkopie, Vulvoskopie alle 3–4 Monate alle 6 Monate jährlich
Zytologie Tumormarker der Vagina SCC
alle 3–4 Mt. alle 6 Mt. jährlich
(ev. alle 6 Mt.) (ev. alle 6 Mt.) (ev. jährlich)
Vaginale Sonografie
alle 6 Monate alle 6 Monate jährlich
gen, Krämpfe) vor. Auch Frischblutauflagerungen auf dem Stuhl sind in den ersten Monaten nach Bestrahlung häufig. Diese sind meist durch die postaktinische Proktitis bedingt und müssen nur bei Progredienz endoskopisch abgeklärt werden. Nach Doppeltherapie mit radikaler Operation und perkutaner Bestrahlung ist die Prognose in Bezug auf die Dauer der posttherapeutischen Beschwerden schlecht. Diesen Patientinnen wird geraten, ihr Leben auf die veränderte Situation neu auszurichten. Die meisten Frauen gewöhnen sich mit der Zeit aber recht gut an die neue Körperwahrnehmung. Einfache Massnahmen, wie zum Beispiel die Einnahme von Imodium® vor einem wichtigen Termin, können hilfreich sein. Besonders störend und leider auch hartnäckig sind Lymphödeme der unteren Extremitäten. Eine Physiotherapie in Intervallen durch eine speziell geschulte Therapeutin sowie das Tragen von Stützstrümpfen schaffen Erleichterung. Nach Brachytherapie ist ein Trockenheitsgefühl der Vagina die Regel. Regelmässige Dilatationen durch Geschlechtsverkehr, digital oder mit einem Plexiglasstab sind während der ersten Monate wichtig, um eine Vaginalstenose zu verhindern. Häufig klagen die Frauen zudem über starke Libidoverminderung,
die zum Teil durch eine Dyspareunie noch verstärkt wird. Als Gleitmittel haben sich fettende Cremes besser bewährt als Gelees auf Wasserbasis, die häufig austrocknend wirken.
Rezidiv- und Metastasensuche: 82% der Rezidive werden in den ersten drei Jahren nach Behandlung diagnostiziert, 94% innerhalb der ersten fünf Jahre (6). Das Augenmerk der Untersuchung richtet sich vorwiegend auf die Kolpotomie (Kolposkopie, Zytologie, rektovaginale Palpation), da das zentrale Rezidiv potenziell heilbar ist mit einem Fünf-Jahres-Überleben von 20 bis 40%. Die Palpation im bestrahlten Becken ist wegen der ausgeprägten Sklerosierung des Gewebes nicht einfach. Rezidive zeigen sich als unregelmässige Knötchen im indurierten Gewebe. Die Zytologie aus dem Scheidendom wird alle sechs Monate empfohlen. Falls vor der Primärtherapie das SCC-Antigen (= SCC: squamous cell carcinoma) erhöht war, kann dieses halbjährlich bestimmt werden, wobei die gleichen Vorbehalte gelten wie beim Ovarialkarzinom. Trotz schwierigen Untersuchungsverhältnissen wird ausser der Vaginalsonografie keine routinemässige Bildgebung empfohlen. Computertomografien bei asymptomatischen Pati-
entinnen führen oft zu falschpositiven oder unsicheren Befunden mit der Konsequenz von teuren Zusatzuntersuchungen und einer unnötigen Beunruhigung der Patientin.
Krankheitsspezifische Massnahmen: Da in der bestrahlten Vagina auch die Zytologie erschwert beurteilbar ist, führe ich persönlich gerne ein Jahr nach Therapieabschluss oder bei unsicheren zytologischen Befunden eine HPV-Bestimmung durch. Allerdings gilt auch hier wieder der Grundsatz, dass ein negativer Befund beruhigt, ein Nachweis von Highrisk-Viren jedoch ausser einem verkürzten Untersuchungsintervall und einer Beunruhigung der Patientin keine unmittelbaren Konsequenzen hat. Vergleiche Tabelle 2.
Vulvakarzinom Therapiebedingte Beschwerden: Kombiniert operativ und radiotherapeutisch behandelte Patientinnen leiden häufig an Lymphödemen der Beine und kosmetisch störenden Ödemen am Mons pubis. Auch die dadurch verursachten Beschwerden sind durch eine speziell geschulte Physiotherapeutin angehbar. Durch die veränderte Anatomie kommt es oft zu einer lästigen Harnstrahlablenkung. Das fehlende Gewebepolster über den Knochen verursacht zudem gelegentlich Schmerzen beim Sitzen. Das kosmetische Resultat an der Vulva bedarf für die betroffene Frau, aber auch den Partner, einer Gewöhnung. Dyspareunie und Vaginalstenose können die Beziehung zusätzlich belasten. Andererseits gibt es Frauen, die trotz ausgedehnter Operation an der Vulva eine befriedigende Sexualität leben können, insbesondere, wenn die Klitoris erhalten ist.
Rezidiv- und Metastasensuche: 27% der Patientinnen rezidivieren. Regelmässige Kontrollen erfassen ein Drittel der Rezidive in einem asymptomatischen Stadium. Die früh erkannten Rezidive sind wohl kleiner als die im Intervall entdeckten, dennoch zeigt dieser Zeitgewinn keinen messbaren Effekt auf Morbidität/Mortalität (7). Obwohl die meisten Rezidive innerhalb von zwei Jahren auftreten, kommt es in 10% erst nach
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Tabelle 3:
Nachsorgeschema Vulvakarzinom (modifiziert nach den AGO-Empfehlungen)
Vulvakarzinom
Jahr 1–3 Jahr 4–5 Jahr 5–10
Vulvoskopie, rektovaginale Palpation und Palpation der Inguinae alle 3–4 Monate alle 6 Monate jährlich
Zytologie der Portio oder Vagina, ev. der Vulva
jährlich jährlich jährlich
Tabelle 4:
Nachsorgeschema endometrioides Endometriumkarzinom
(modifiziert nach den AGO-Empfehlungen)
Endometrioides Endometriumkarzinom Jahr 1–3 Jahr 4–5 Jahr 5–10
Rektovaginale Palpation, Kolposkopie alle 3–4 Monate alle 6 Monate jährlich
Zytologie der Vagina alle 6 Mt. alle 6 Mt. jährlich
Vaginale Sonografie alle 3–4 Monate alle 6 Monate jährlich
einem Rezidiv, davon werden auch bei intensiver Kontrolle 85% nicht bei einer Routinekontrolle entdeckt, sondern aufgrund ihrer Symptomatik (12). 70% der Rezidive treten innerhalb der ersten drei Jahre auf. Zu beachten: Vaginale Rezidive sind bei früher Erkennung heilbar (Fünf-JahresÜberleben 40–50%) (13). Die Nachsorge stützt sich auf die bimanuelle Untersuchung und die Kolposkopie zum Ausschluss von Vaginalmetastasen. Das Abtasten ist oft erschwert bei Adipositas und der postaktinischen Sklerosierung des Gewebes. Bei unsicherer Palpation ist die Vaginalsonografie hilfreich. Tumormarkerkontrollen und zusätzliche Bildgebung bringen keinen therapeutischen Vorteil. Bei prätherapeutisch erhöhten Werten kann in Absprache mit der Patientin alle sechs Monate das CA 125 bestimmt werden.
fünf Jahren zum Rezidiv. Deswegen ist eine Langzeitnachsorge wichtig (8). Bei der Untersuchung werden Lymphabflusswege, insbesondere Inguinae und Femorallogen, sorgfältig abgetastet. Hierfür ist die Steinschnittlagerung auf dem gynäkologischen Stuhl weniger geeignet als die Palpation im Stehen oder im flachen Liegen. Bei unsicheren oder suspekten Befunden soll eine Ultraschalluntersuchung und allenfalls eine Feinnadelpunktion durchgeführt werden, wobei zu beachten ist, dass insbesondere nach Doppeltherapie die therapeutischen Möglichkeiten begrenzt sind und deshalb der Früherkennung des Lymphknotenrezidivs kein allzu grosser Stellenwert zukommt. Es folgt die Kolposkopie von Vulva, Vagina, Perineum und After. Hilfreich zur Detektion von Präkanzerosen oder Rezidiven ist die Applikation von zweiprozentiger Essigsäure. Zytologien von Vagina und Vulva können sechsmonatlich durchgeführt werden. Bei suspekten oder unsicheren Befunden soll grosszügig eine Stanzbiopsie entnommen werden. Das SCC-Antigen bringt als Screeninguntersuchung keinen Benefit.
Krankheitsspezifische Massnahmen: Zur Prävention von Rhagaden und Trockenheitsbeschwerden wird die zwei-
mal tägliche Applikation fettender Cremes an der Vulva und am Introitus empfohlen. Vergleiche Tabelle 3.
Korpuskarzinom, spezielle Histologien (inkl. Karzinosarkom) Diese Krankheiten werden aufgrund der Ähnlichkeit ihres Verhaltens zum Ovarialkarzinom hier nicht separat besprochen.
Endometrioides Endometriumkarzinom Therapiebedingte Störungen: Der therapiebedingte Hormonentzug führt zu schwierig behandelbaren Entzugserscheinungen und vaginaler Trockenheit, nach erfolgter Brachytherapie zusätzlich zu einer die Untersuchung erschwerenden Stenosierung. Da häufig Komorbiditäten bestehen, fallen die Beschwerden oft besonders ins Gewicht. Gegen die Wallungen hilft körperliche Aktivität, auch das pflanzliche Präparat Cimicifuga kann eingesetzt werden. Zur Prävention der Vaginalstenose sind regelmässige Dilatationen nötig.
Rezidiv- und Metastasensuche: Eine Metaanalyse zeigt keinen Nutzen der routinemässigen Nachsorge einschliesslich bildgebender Diagnostik gegenüber symptomorientierter Nachsorge (9–11). In den Stadien I und II kommt es in 15% zu
Krankheitsspezifische Massnahmen: Wegen des erhöhten Brustkrebsrisikos werden jährliche Mammografien empfohlen. Auch präventive Koloskopien sind sinnvoll. Vergleiche Tabelle 4. ▲
Dr. med. Christina Schlatter Gentinetta Klinik für Gynäkologie Dept. Frauenheilkunde UniversitätsSpital Zürich Frauenklinikstrasse 10 8091 Zürich E-Mail: Christina.Schlatter@usz.ch
Merkpunkte
▲ Heile mit Weile – die Rekonvaleszenz nach gynäkologischen Tumoren braucht Geduld!
▲ Die psychosoziale Belastung durch das veränderte Körperbild und allfällige Sexualstörungen, aber auch die Gewöhnung an körperliche Veränderungen und therapiebedingte Beschwerden dauern in der Regel 2 bis 3 Jahre.
▲ Während dieser Zeit – in welcher auch die meisten Rezidive auftreten – sind 3- bis 4-monatliche Kontrollen indiziert.
▲ Das Schwergewicht der Nachsorge liegt auf dem Gespräch und der klinischen Untersuchung.
▲ Routinemässige Bildgebung und Laborbestimmungen haben keinen Einfluss auf die Prognose.
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Quellen:
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ch/downloads/NEU%20Empfehlungen%20Nachso rge%20AGO.pdf
6. Rotman M et al.: A phase III randomized trial of postoperative pelvic irradiation in Stage IB cervical carcinoma with poor prognostic features: follow-up of a gynecologic oncology group study. Int J Radiat Oncol Biol Phys. 2006; 65(1): 169–76.
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