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Im Fokus: Gynäkologische Tumoren
Das Endometriumkarzinom
Epidemiologie, Präkanzerosen, Diagnostik,Therapie und Nachsorge
Das Endometriumkarzinom, hierzulande die häufigste maligne gynäkologische Erkrankung, ist ein heterogener Tumor. Zwei histologische Subkategorien mit unterschiedlichen Prognosen und Aggressivitätspotenzialen werden differenziert, was in Therapie und Nachsorge zu berücksichtigen ist. Die folgende Übersicht fasst die gängigsten Diagnoseoptionen sowie das prä-, peri- und postoperative Management der verschiedenen Karzinomformen zusammen.
PATRICK IMESCH, DANIEL FINK
Für die Zukunft wird eher mit einem Anstieg der Häufigkeit der Erkrankung an Endometriumkarzinom als mit einer Abnahme gerechnet, insbesondere weil die Prävalenz des wichtigsten Risikofaktors, der Adipositas, in den entwickelten Ländern weltweit steigt.
Epidemiologie und Risikofaktoren
Mit einer Inzidenz von 5,8% ist das Endometriumkarzinom hinter dem Mammakarzinom, dem Kolonkarzinom und mittlerweile auch dem Bronchialkarzinom das vierthäufigste Karzinom bei der Frau – bezogen auf den Genitaltrakt aber die häufigste maligne Erkrankung. In der Schweiz erkranken jedes Jahr zirka 920 Frauen an einem Endometriumkarzinom, 201 Frauen sterben jährlich an dessen Folgen (1,3% aller Krebstodesfälle/Jahr gemäss Krebsliga Schweiz). Die Erkrankungshäufigkeit nimmt mit steigendem Alter zu, der Erkrankungsgipfel liegt bei 65 bis 70 Jahren. Erkrankungen vor dem 40. Lebensjahr machen nur einen Anteil von 5% aus. Ungefähr 85% der Neoplasien sind Adenokarzinome; Plattenepithelkarzinome und Sarkome sind deutlich seltener. Histologisch werden gemeinhin zwei Typen des Endometriumkarzinoms unterschieden: ▲ das östrogenabhängige Typ-I-Karzinom (endo-
metrioider Typ), welches etwa 80% der Endometriumkarzinome betrifft ▲ das östrogenunabhängige Typ-II-Karzinom (seröses, serös-papilläres und hellzelliges Karzinom). Das Typ-I-Karzinom resultiert aus atypischen Hyperplasien, welche durch Östrogenexzesse verursacht werden (1). Die Frauen, die an dieser Form des Endometriumkarzinoms erkranken, sind häufig etwas jünger (frühe Menopause), zeigen ein niedrigeres Erkrankungsstadium und ein insgesamt günstigeres
Grading bei Diagnosestellung als Frauen mit Typ-IIKarzinom. Typische und gesicherte Risikofaktoren, die zur Ausbildung von Typ-I-Endometriumkarzinomen beitragen, sind die längerfristige Einnahme von Östrogenen ohne Gestagenzusatz, das metabolische Syndrom mit Adipositas, Nulliparität, frühe Menarche und späte Menopause, ein PCO-Syndrom mit anovulatorischen Zyklen, Tamoxifentherapie sowie eine insgesamt erhöhte endogene Östradiolproduktion, wie man sie beispielsweise auch bei östradiolsezernierenden Tumoren (z.B. Granulosazelltumoren) sieht. Der wichtigste Risikofaktor scheint Adipositas zu sein. Epidemiologische Untersuchungen aus Ländern mit verschiedenen Adipositasraten untermauern dies. So sind nur zirka 3% der japanischen Frauen adipös im Gegensatz zu 40% der US-amerikanischen Bevölkerung. Die Prävalenzrate des Endometriumkarzinoms ist in den USA nahezu siebenmal höher als in Japan (2). Dennoch zeigen sich nur bei 50% der Patientinnen wirklich identifizierbare Risikofaktoren (3). Im Weiteren lässt sich festhalten, dass Multiparität und körperliche Aktivität das Endometriumkarzinomrisiko senken können. Beim Typ-II-Karzinom ist das Endometrium häufig atroph. Frauen mit einem Typ-II-Karzinom sind meist etwas älter (späte Menopause) und zeigen typischerweise ein höheres Erkrankungsstadium bei Diagnosestellung. Mit zunehmend molekularem Aufschlüsseln der Endometriumkarzinome lassen sich nun auch genetische Differenzen zu den phänotypischen Unterschieden beschreiben. So zeigen Typ-I-Karzinome gehäuft PTEN-(= Phosphatase and Tensin homolog)-Mutationen sowie Mutationen in den ras- und beta-catenin-
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Genen. Bei den serösen Tumoren werden dagegen gehäuft Mutationen des p53-Gens beobachtet. Weitere häufig beobachtete Mutationen in den Typ-IIKarzinomen zeigen sich in den ERBB2-, p16- und E-Cadherin-Genen (4). Einen zusätzlichen Risikofaktor des Endometriumkarzinoms stellt das autosomaldominant vererbte HNPCC-Syndrom (= hereditary non-polyposis colorectal cancer syndrome) dar. Neben dem Auftreten von Kolonkarzinomen kommt es bei betroffenen Frauen überdurchschnittlich häufig auch zum Auftreten von Endometriumkarzinomen. Bis zum Alter von 70 Jahren beträgt das Risiko für die Entwicklung eines Endometriumkarzinoms bei Frauen mit HNPCC-Syndrom bis zu 39%, wobei das Durchschnittsalter bei Diagnose mit 45 Jahren relativ niedrig ist. Dem Syndrom liegt eine Mutation im DNA-Mismatch-Repair-System zugrunde, was sich sekundär in fehlerhafter DNA-Replikation manifestiert (5).
Früherkennung und Screening
Das klassische Symptom des Endometriumkarzinoms ist die postmenopausale Blutung. Bei der prämenopausalen Patientin sind Blutungsanomalien im Sinne von rezidivierenden Meno-Metrorrhagien wegweisend. Etwa 90% der Patientinnen mit Endometriumkarzinomen zeigen eine abnorme uterine Blutung. Da die vaginale Blutung im postmenopausalen Stadium ein zuverlässiges Frühsymptom ist und die Patientinnen deshalb in den meisten Fällen den Arzt aufsuchen, kann ein Grossteil der Endometriumkarzinome in einem frühen Erkrankungsstadium diagnostiziert werden. So findet man in rund 70% der Fälle das Endometriumkarzinom auf den Uterus beschränkt. Postmenopausale Blutungsstörungen haben vielerlei Ursachen; in bis zu 11% werden sie aber durch ein Karzinom verursacht. In weiteren 20 bis 40% sind Hyperplasien und endometriale Polypen ursächlich. In den verbleibenden 50 bis 70% lassen sich keine organischen Ursachen ausmachen, und die Blutung wird als Folge von vaginaler oder endometrialer Atrophie gesehen (6). Eine sonografisch gemessene Endometriumsdicke von > 4 mm ist bei der post-
menopausalen Patientin ohne Hormonsubstitution mit Blutungsstörungen suspekt (7). Bei der prämenopausalen Patientin ist die alleinige Messung der Endometriumsdicke diagnostisch nicht verwertbar. Ein generelles Screening mittels endovaginalen Ultraschalls und Zytologie kann bei asymptomatischen Frauen gegenwärtig nicht empfohlen werden. Auch bei Hochrisikopopulationen gibt es keine Belege, dass ein Screening die Mortalität mindern kann. Mit den gängigen Screeningmethoden werden selbst in den Hochrisikokollektiven nur 50% der asymptomatischen Karzinome entdeckt. Der Goldstandard in der Diagnostik des Endometriumkarzinoms nach sorgfältiger Anamnese, klinischer Untersuchung und transvaginaler Sonografie ist die diagnostische Hysteroskopie mit fraktionierter Kürettage. Bei einem klinisch eindeutigen Karzinom kann allenfalls auf die Hysteroskopie verzichtet werden. Weniger invasive Methoden zur Diagnosesicherung sind die Pipelle-de-Cornier-, Tao-Brush- oder Vabra-Aspiratoren, welche allesamt in der Diagnostik von Karzinomen und Atypien hilfreich sein können und insbesondere bei polymorbiden, mit Operationsrisiken behafteten Patientinnen verwendet werden können. Mit einer
Sensitivität von 81 bis 88% und einer Spezifität von 100% kann die Pipelle de Cornier durchaus als brauchbares Diagnoseinstrument angesehen werden. Diese Methode kann allerdings nur Malignität beweisen, sie aber nicht ausschliessen.
Präoperative Abklärungen
Seit 1988 gilt ein operatives Staging nach der FIGO-Klassifikation als verbindlich (Tabelle 1: FIGO-Klassifikation). Präoperative Untersuchungen umfassen ein Thoraxröntgen und die Bestimmung des Tumormarkers CA 125, der speziell bei extrauterinem Befall erhöht sein kann. Eine Computertomografie kann indiziert sein bei Verdacht auf das Vorliegen von extrauterinen Tumormanifestationen.
Therapie
Beim Vorliegen von Hyperplasien ohne Atypien kann bei der prämenopausalen Patientin ein konservatives Management gewählt werden, indem man eine zyklische Gestagenbehandlung durchführt. Das Entartungsrisiko bei der Hyperplasie (einfach oder komplex) ohne Atypien wird mit 1 bis 3% beziffert. Liegt ein PCO-Syndrom zugrunde, ist die Verabreichung eines oralen Kontrazeptivums sinnvoll. Eine Kontrolle nach drei
Tabelle 1:
Stadieneinteilung des Endometriumkarzinoms
FIGO-Stadium 0 Carcinoma in situ I Tumor auf Corpus uteri beschränkt Ia Tumor auf Endometrium beschränkt Ib Myometriuminfiltration < 50% Ic Myometriuminfiltration > 50% II Tumorausdehnung auf Cervix uteri IIa Endozervikaler Drüsenbefall IIb Invasion des Zervixstromas III Tumorausbreitung jenseits des Uterus, auf das kleine Becken
beschränkt IIIa Tumor infiltriert Serosa und/oder Adnexe und/oder positive
Peritonealzytologie IIIb Vaginale Metastase IIIc Befall pelviner/paraaortaler Lymphknoten IVa Infiltration von Blasen- oder Rektumschleimhaut,
Tumor überschreitet Grenze des kleinen Beckens IVb Fernmetastasen
TNM-Stadium Tis T1 T1a T1b T1b T2 T2a T2b T3 und/oder N1
T3a
T3b T3c T4
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bis sechs Monaten mit Sonografie und gegebenenfalls Hysteroskopie mit Kürettage muss empfohlen werden. Die Hyperplasie mit Atypien ist der Präkursor für das endometrioide Endometriumkarzinom. Mit einem Entartungsrisiko von bis zu 30% sollte deshalb bei der postmenopausalen wie bei der prämenopausalen Patientin mit abgeschlossener Familienplanung die Hysterektomie empfohlen werden. Ein Versuch einer konservativen Behandlung soll nur bei Kinderwunsch erwogen werden und erfordert eine hohe Compliance der Patientin (8).
Chirurgische Therapie Der Eckpfeiler in der kurativen Therapie des Endometriumkarzinoms stellt die Operation dar. Sie sollte über eine mediane Längslaparotomie erfolgen, sodass auch bei allenfalls extrapelviner Tumormanifestation genügend Raum für eine komplette Tumorentfernung besteht. Beim Typ-I-Karzinom ist auch ein laparoskopisches Vorgehen möglich. Ähnlich wie beim Ovarialkarzinom profitieren auch Patientinnen mit einem Endometriumkarzinom von der vollständigen Entfernung aller Tumormanifestationen. Nach sorgfältiger Inspektion und Palpation der Abdominalorgane muss eine Spülzytologie entnommen werden. Das weitere systematische Staging besteht aus der Hysterektomie mit Adnexektomie beidseits sowie pelviner und paraaortaler Lymphonodektomie. Wenn sich ein Befall der Zervix zeigt, sollte die radikale Hysterektomie mit Entfernung der Parametrien erfolgen. Bei allerdings nur mikroskopisch nachweisbarem zervikalem Befall ist eine radikale Hysterektomie nicht indiziert. Die Lymphonodektomie sollte nicht nur in Form eines Samplings erfolgen, sondern muss die systematische Entfernung der pelvinen sowie der paraaortalen Lymphknoten bis zum Nierenstiel umfassen. Zur systematischen Untersuchung sollten mindestens 15 pelvine und 10 paraaortale Lymphknoten entfernt werden. In den Stadien pT1a respektive pT1b, G1 oder G2 mit endometrioider Histologie ist die Lymphonodektomie allerdings nicht indiziert. Eine pelvine Metastasierung zeigt sich in solchen Fällen in weniger als 3 bis 5% der Fälle. Es gilt im Weiteren zu be-
Tabelle 2:
Indikationen für eine adjuvante Bestrahlung
Tumorstadium pT1a, G1/G2 Nx, cN0 pT1a, G3, pN0 pT1a, G3, Nx, cN0 pT1b, G1, Nx, cN0 pT1b, G2, Nx, cN0, pN0 pT1b, G3, pN0 pT1b, G3, Nx pT1c, G1, pN0 pT1c, G1, Nx pT1c, G2, pN0 pT1c, G2, Nx pT1c, G3, pN0 pT1c, G3, Nx pT2, Nx/cN0 pT2, pN0 pT3, pT4, Nx/cN0, pN0 oder pN1 Seröse und klarzellige Karzinome
Therapieoption keine adjuvante Therapie Brachytherapie der Vagina Brachytherapie der Vagina keine adjuvante Therapie Brachytherapie der Vagina Brachytherapie der Vagina Brachytherapie der Vagina + perkutane Bestrahlung Brachytherapie Brachytherapie + perkutane Bestrahlung Brachytherapie Brachytherapie + perkutane Bestrahlung Brachytherapie Brachytherapie + perkutane Bestrahlung Brachytherapie +/- perkutane Bestrahlung Brachytherapie der Vagina Brachytherapie +/- perkutane Bestrahlung und/oder Chemotherapie Brachytherapie +/- perkutane Bestrahlung und/oder Chemotherapie
denken, dass auch bei freien pelvinen Lymphknoten ein paraaortaler Lymphknotenbefall in bis zu 4% beschrieben ist (9). Ob die operative Entfernung von Lymphknotenmetastasen aber auch mit einer Prognoseverbesserung einhergeht, wird gegenwärtig noch kontrovers diskutiert. Zeigt sich in der Hysteroskopie und fraktionierten Kürettage ein seröses oder klarzelliges Karzinom, sollte zusätzlich zu oben genanntem Vorgehen eine Omentektomie sowie die Entnahme multipler Peritonealbiopsien erfolgen. Auf eine pelvine und paraaortale Lymphonodektomie sollte in diesen Fällen nicht verzichtet werden. Ein operatives Vorgehen kann auch in nicht kurablen, fortgeschrittenen Stadien eine Therapieoption darstellen, insbesondere im Sinne einer Blutungsprophylaxe. Auch kann dadurch die Effektivität möglicher anderer palliativer Massnahmen verbessert werden. Zunehmend werden in der operativen Behandlung von Typ-I-Endometriumkarzinomen auch laparoskopisch assistierte, teilweise roboterassistierte Verfahren eingesetzt. Dies scheint nach ersten Resultaten eine moderne Alternative darzustellen mit signifikant weniger Blutverlust, weniger postoperativem Schmerz
und kürzerer Hospitalisationsdauer im Vergleich zur Laparotomie. Inwieweit sich die Langzeitprognose verändert, wird zurzeit in Studien geklärt (10).
Radiotherapie Trotz der relativ hohen Prävalenz des Endometriumkarzinoms gibt es bis anhin keine einheitlichen und klaren Konsensus-Guidelines bezüglich der adjuvanten Radiotherapie. Grundsätzlich stehen drei Optionen der Bestrahlung zur Verfügung: 1. die perkutane Bestrahlung zur Mini-
mierung von Beckenwandrezidiven 2. die intravaginale Brachytherapie mit
dem Ziel der Verminderung von Scheidenstumpfrezidiven 3. die Kombination beider Verfahren. Die Indikation zur adjuvanten Radiotherapie richtet sich nach dem geschätzten Risiko für ein Rezidiv. Ein erhöhtes Risiko für ein lokoregionäres Rezidiv stellt unter anderem eine myometrane Infiltration von > 50%, eine Lymphangiose sowie eine schlechte Differenzierung (G3) des Tumors dar. Mehrere Studien konnten in der Low-risk-Situation zwar eine signifikante Reduktion von lokoregionären Rezidiven nach perkutaner Radiotherapie demonstrieren, nicht aber einen Benefit hinsichtlich des Langzeitüberlebens (11,
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12). Eine einzige retrospektive Serie konnte eine Verbesserung des Gesamtüberlebens im Stadium pT1c nachweisen. In der High-risk-Situation scheint die adjuvante Radiotherapie allerdings sowohl das rezidivfreie Intervall wie auch das Gesamtüberleben verlängern zu können. Nach erfolgter systematischer Lymphonodektomie liegen bis jezt keine grossen prospektiv randomisierten Studien vor, welche die adjuvante Radiotherapie hinsichtlich des lokoregionären Rezidivrisikos und des Gesamtüberlebens untersuchen. Eine alleinige Brachytherapie der Vagina in Situationen mit einem geringen Rezidivrisiko und nachweislicher pN0Situation scheint ausreichend zu sein. In allen anderen Fällen muss die Indikation zur Radiotherapie in Abhängigkeit der Tumorausbreitung indiziert werden. Ein möglicher Algorithmus zur Indikation der postoperativen adjuvanten Radiotherapie ist in Tabelle 2 abgebildet. Die primäre Strahlentherapie, meist als kombinierte Radiotherapie, ist eine mögliche Therapieoption bei inoperablen, polymorbiden Patientinnen. Bei sehr alten Patientinnen mit relativ kleinen Tumoren kann gegebenenfalls auch nur die alleinige Brachytherapie durchgeführt werden.
Merkpunkte
▲ Der Eckpfeiler in der kurativen Therapie des Endometriumkarzinoms stellt die Operation dar.
▲ Das systematische Staging besteht aus der Hysterektomie mit Adnexektomie beidseits sowie pelviner und paraaortaler Lymphonodektomie.
▲ Einzig in den Stadien pT1a bzw. pT1b, G1 oder G2 mit endometrioider Histologie ist die Lymphonodektomie nicht indiziert.
▲ Die laparoskopische Vorgehensweise wird bei Typ-I-Karzinomen zunehmend eingesetzt.
▲ Die Indikation zur adjuvanten Radiotherapie richtet sich nach dem geschätzten Risiko für ein Rezidiv.
▲ Eine adjuvante Chemotherapie wird zunehmend in fortgeschrittenen Erkrankungsstadien zusätzlich zur Bestrahlung eingesetzt.
Chemotherapie und endokrine Therapie Die adjuvante Chemotherapie wird in fortgeschrittenen Stadien zunehmend zum Standard. Die beim Endometriumkarzinom wirksamsten Substanzen sind dabei Anthrazykline, Platinderivate und Taxane. Eine adjuvant durchgeführte Chemotherapie vermag, ein hohes Rezidivrisiko zu senken. In der metastasierten Form kann eine intensive Chemotherapie das Überleben verlängern. Kombinationen sind dabei in den meisten Studien hinsichtlich der Ansprechrate der Monotherapie überlegen. Durch das zunehmend bessere Verständnis des molekularen Aufbaus der verschiedenen Endometriumkarzinomtypen könnte in Zukunft die Therapie mit zytotoxischen Substanzen aber noch mehr an Gewicht gewinnen. Die adjuvante endokrine Therapie mit Gestagenen hat nach heutigem Wissen keinen therapeutischen Effekt, allerdings können Gestagene oder Tamoxifen in der rezidivierten oder metastasierten Form eine Therapieoption sein, insbesondere wenn eine Operation oder eine weitere Bestrahlung nicht mehr infrage kommt. Voraussetzung ist hier natürlich das Vorhandensein von Östrogen- und Progesteronrezeptoren, wobei der Rezeptorgehalt mit dem histologischen Differenzierungsgrad korreliert (13). In der Tat sind es vorwiegend die wenig differenzierten und somit häufig rezeptornegativen Karzinome, welche rezidivieren und metastasieren. Diese Tatsache gilt es, bei der Indikation zur Hormontherapie zu bedenken. Verwendete Substanzen sind dabei Medroxyprogesteronacetat in einer Dosierung von 200 mg/Tag oder Megestrolacetat (160 mg/Tag) oder auch Tamoxifen (14).
Nachsorge
Ungefähr 25% aller Patientinnen mit einem Endometriumkarzinom erleiden im Verlauf der Erkrankung (in allen Stadien) ein Rezidiv oder entwickeln Fernmetastasen. 17% der Rezidive fallen dabei auf die Vagina, 32% auf das Becken, in 51% tritt das Rezidiv in Form von Fernmetastasen auf. Der Grossteil der Rezidive (bis 90%) tritt innerhalb der ersten beiden Jahre nach Abschluss der Primärtherapie auf. Der überwiegende Anteil der Rezi-
dive (83%) wird zudem aufgrund von Be-
schwerden und der klinischen Untersu-
chung diagnostiziert (15). Es empfiehlt
sich deshalb, während der ersten drei
Jahre vierteljährlich klinische Kontrollen
durchzuführen. Alle sechs Monate sollte
eine Zytologie aus dem Scheidendom
entnommen werden. Ebenfalls kann eine
Kontrolle des CA 125, falls vor Primärthe-
rapie erhöht, alle sechs Monate kontrol-
liert werden. Ein vaginaler Ultraschall
zum Ausschluss von Raumforderungen
an der Kolpotomie alle drei Monate run-
det die Nachsorge ab.
Im vierten und fünften Jahr nach der Er-
krankung kann die Nachsorge mit kli-
nischer Kontrolle, Zytologie und Sono-
grafie alle sechs Monate stattfinden,
anschliessend sind jährliche Kontrollen
ausreichend (Empfehlungen auf der
Homepage der swiss-AGO). Das seröse
und klarzellige Endometriumkarzinom ist
in der Nachsorge gleich wie ein Ovarial-
karzinom zu behandeln.
▲
Dr. med. Patrick Imesch (Korrespondenzadresse) Klinik für Gynäkologie UniversitätsSpital Zürich Frauenklinikstrasse 10 8091 Zürich E-Mail: patrick.imesch@usz.ch
Quellen:
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