Transkript
Im Fokus: Bronchialtumoren
Lungenkrebs im Kanton Zürich
Inzidenz, Mortalität, ärztliches Management bei Frauen und Männern
Im Kanton Zürich bestätigt sich der weltweite Trend in der Krebsstatistik: An Lungenkrebs (Neubildungen der Bronchien/Lungen) erkranken und sterben immer mehr Frauen. Dagegen manifestiert sich bei Männern, die insgesamt weitaus mehr betroffen sind, seit den Siebzigerjahren ein Rückgang. Inzwischen ist das Adenokarzinom der häufigste histologische Typ, interessanterweise unabhängig von Geschlecht, Alter und Raucheranamnese. Bemerkenswert ist ferner, dass Frauen tendenziell häufiger eine Primär- und auch eher eine Kombinationstherapie als Männer erhalten.
MICHELA CESCHI, NICOLE PROBST-HENSCH, BÄRBEL HIRRLE
Diese Resultate ergab ein Modellprojekt des Zürcher Krebsregisters im Jahr 2005, in dem Daten zur Lungenkrebsstatistik frühzeitiger und vertiefter als in den Jahren zuvor ermittelt und ausgewertet wurden. Die Studie ist jetzt publiziert worden (1) und wird hier mit den wichtigsten Daten und Resultaten zusammengefasst.
räume für spezifische Tumorlokalisationen die Unterstützung der Ärzteschaft für die Erhebung von Zusatzdaten vorhanden ist. Eine solche Routineerhebung mit detaillierten Daten ist für ein modernes Krebsregister notwendig, weil sie wertvolle neue Erkenntnisse liefert und bezüglich des Aufwands realisierbar ist.
Hintergrund und Ziel der Studie
Die bevölkerungsbezogene Krebsepidemiologie misst und überwacht die Krebsbelastung in einer Bevölkerung, versucht, Risikogruppen zu definieren, Mechanismen in der Krebsentstehung zu beschreiben und die Qualität von Krebsdiagnose und Therapie zu überwachen. Dadurch können Präventionsund Früherfassungsstrategien zusammen mit dem medizinischen Versorgungssystem effizienter geplant und auch evaluiert werden (vgl. Kasten 1 und 2). Mit dem Modellprojekt hat das Krebsregister des Kantons Zürich für das Jahr 2005 eine frühzeitige und vertiefte Lungenkrebsstatistik erstellt. In die Datenerhebung wurden sowohl betreuende Familienärzte als auch Lungenkrebsspezialisten einbezogen. Die neuen Erfassungsmethoden wurden im Hinblick auf deren Einführung in die Routineabläufe der Registrierung evaluiert. Die Erhebung hat die Vollständigkeit der mittels Routineabläufen erfassten Krebsfälle durch das Krebsregister bestätigt. Die Studie zeigt zudem, dass mit zusätzlichen personellen und finanziellen Ressourcen über ausgewählte Zeit-
Vertiefte Datenerfassung 2005
Erfasst wurden alle primären Lungenkrebs- und Pleuratumorfälle (Inzidenzfälle), die in der Wohnbevölkerung des Kantons Zürich zwischen dem 1. Januar und dem 31. Dezember 2005 diagnostiziert wurden. Hauptgrundlage waren Pathologieberichte aus öffentlichen und privaten Instituten. Ergänzt werden diese durch den Abgleich mit krebsrelevanten Auszügen aus Spitalstatistiken, welche alle Spitäler für das Bundesamt für Statistik erstellen und dem Krebsregister übermitteln. Weil diese Routineverfahren für das Register unvollständig und mit grosser zeitlicher Verzögerung verfügbar sind, wurden im Studienzeitraum alle im Kanton Zürich tätigen Grundversorger in fünf Anfrageserien gebeten, dem Krebsregister alle von ihnen behandelten Lungen- und Pleuratumorpatienten und -patientinnen zu melden. Um Verlaufsdaten, zusätzliche Patientendaten, Angaben zur Tumordiagnose und Therapie zu erfassen, wurde ein zweiter Fragebogen jeweils sechs Monate nach der Diagnosestellung an die Familien- respektive Spezialärzte versandt.
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Im Fokus: Bronchialtumoren
Kasten 1:
Nationales Institut für Krebsepidemiologie und Registrierung (NICER)
(bisher: Vereinigung schweizerischer Krebsregister [VSKR])
In der Schweiz existieren zehn regionale oder kantonale Register, welche insgesamt 14 (ZH, TI, VD, VS, GE, SG, GR, AI, AR, BS, BL, GL, NE, FR) der 26 Kantone und 4,2 Mio. Einwohner (58% der Schweizer Gesamtbevölkerung) abdecken. Die Register liefern auf jährlicher Basis ihre Daten an die VSKR respektive NICER, welche eine interkantonale Datenbank führt und nationale Krebsinzidenz- bzw. Mortalitätsstatistiken publiziert (www.vskr.ch).
Zahlen und Aufgaben Die jährliche Anzahl neuer Krebsfälle in der Schweiz beträgt rund 18 000. 2003 hat die VSKR neue Richtlinien zur Datenregistrierung erstellt mit dem Ziel, die Erfassung in den verschiedenen Registern zu vereinheitlichen und zu erweitern. Damit soll eine Basis für die Planung und Evaluation des neuen nationalen Krebsbekämpfungsprogramms 2005 bis 2010 entstehen (www.oncosuisse.ch).
Kasten 2:
Das Zürcher Krebsregister: aktuelle Herausforderungen
Mit einer Bevölkerungszahl von rund 1,2 Mio. EinwohnerInnen und einer jährlichen Erfassung von rund 6000 neu auftretenden bösartigen Tumoren ist das Zürcher Register das grösste Register der Schweiz. Mehrere Aspekte stellen das Krebsregister Zürich vor grosse Herausforderungen: Die Wohnbevölkerung des Kantons Zürich nimmt stetig zu; seit den Achtzigerjahren (Beginn der Tätigkeit des Krebsregisters: 1980) ist sie um rund 12% gewachsen. Parallel dazu erweitert sich die Anzahl der neu auftretenden Krebsfälle; die Zunahme seit Mitte der Achtzigerjahre beträgt rund 24%. Im Vergleich zu den ersten Erhebungsjahren werden im Kanton Zürich heute zirka 1000 zusätzliche Fälle pro Jahr registriert. Die Komplexität der Krebsbehandlung und die Anzahl diagnostizierender und behandelnder Stellen sowie der entstehende «Aktenberg» wachsen. Das Fehlen eines gesetzlich abgesicherten Zugangs für die umfassende, zeitgerechte und effiziente Datenerhebung erschwert die Arbeit des Krebsregisters Zürich seit Jahren. Dies soll sich jetzt im Rahmen des neuen Gesundheitsgesetzes des Kantons Zürich ändern.
Ermittelt wurden ▲ Soziodemografische Daten: Alter,
Geschlecht, Zivilstand, Nationalität der Patienten sowie Rauchgewohnheiten (kumulative Dosis, ausgedrückt in Pack Years) ▲ Angaben zur Tumordiagnose: Inzidenzdatum, Morphologie, Topografie, Seite, klinisches und pathologisches Stadium, Fernmetastasen und ihre Lokalisation ▲ Angaben zu diagnostischen Massnahmen: Anlass zur Diagnose, erste Massnahme zur mikroskopischen Diagnosebestätigung ▲ Primärtherapie (ja, nein, Begründung) ▲ Modalität der Primärtherapie: Operation, Operation und Radiotherapie, Operation und Chemotherapie, Trimodaltherapie, Radio- und Chemotherapie, Radiotherapie, Chemotherapie, keine Behandlung
▲ Ergebnis der Primärtherapie: Vollremission, Teilremission, keine Veränderung, Progression, nicht beurteilbar.
Resultate: Lungenkrebs mit geschlechtsspezifischen Unterschieden
Im Jahr 2005 wurden bei der Wohnbevölkerung im Kanton Zürich 598 Neubildungen der Bronchien/Lungen (Primärtumoren) und 35 maligne Tumoren der Pleura registriert. Gut ein Viertel (25,4%) meldete der Familienarzt; 16,3% waren dem Register zum Zeitpunkt der Ärztemeldung noch nicht bekannt. Von 761 Verlaufsbögen, die zu Familien- und Spezialärzten verschickt worden waren, sind 63,1% zurückgekommen. Nach Abschluss der systematischen Datenerhebung mussten 34% der Fälle wegen Unvollständigkeit in Spitälern nachregistriert werden.
19,4% der Lungenkrebspatienten hatten mindestens eine andere Tumordiagnose. 95% der Fälle wurden mikroskopisch bestätigt, davon rund 68% histologisch und 27% nur zytologisch. Die nachfolgend dargestellten Resultate beziehen sich auf Neubildungen der Bronchien und Lunge.
Frauen erkranken häufiger als vor 20 Jahren ... In 37,5% der Fälle waren Frauen erkrankt (62,5% Männer). Im Verlauf der letzten 20 Jahre hat die Zahl der dokumentierten jährlichen Lungentumoren bei Frauen zugenommen. Bei den Männern zeichnet sich hingegen ein leichter Rückgang ab (Abbildung 1).
... und in jüngeren Jahren Im Durchschnitt waren die Patienten 66 Jahre alt (28,6 bis 94,7). Frauen waren bei der Diagnosestellung bis zum 70. Lebensjahr jünger als Männer (vgl. Abbildung 2) Rund die Hälfte der Frauen und Männer waren bei der Lungenkrebsdiagnose im Jahr 2005 zwischen 50 und 69 Jahre alt (54 vs. 48%). Bei den Männern ist dieser Anteil seit den Neunzigerjahren konstant geblieben. Hingegen sind Frauen im Vergleich zu den Inzidenzjahren 1993 bis 1996 bei der Diagnose heute jünger (46 vs. 56% in der Altersgruppe 50 bis 69 Jahre). Männer waren häufiger verheiratet als Frauen (65 vs. 38%); ein grösserer Anteil der Frauen war verwitwet (24 vs. 9%).
Raucheranteil und Tabakdosis: bei Frauen geringer Gemäss dem Schweizerischen Tabakmonitoring, einer repräsentativen Umfrage der schweizerischen Wohnbevölkerung über Tabakkonsum, ist der Raucheranteil sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen in den letzten fünf Jahren leicht gesunken. 2005 rauchten in der Schweiz 35% der Männer und 26% der Frauen. Zudem waren 22% der Männer und 20% der Frauen ehemalige Raucher. Wie erwartet ist der Anteil von Rauchern und Exrauchern bei Lungenkrebspatienten im Kanton Zürich, deren Erkrankung im Jahr 2005 diagnostiziert worden ist, höher als in der Gesamtbevölkerung. 94% der Männer und 82% der Frauen ga-
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Im Fokus: Bronchialtumoren
Anzahl Fälle
450 400 350 300 250 200 150 100
50 0
1986–89
1990–93 1994–97 1998–01 2002–05 Jahr
Abbildung 1: Anzahl jährlicher Neuerkrankungen der Lunge Diagnosejahr im Kanton Zürich (VSKR 2007)
Frauen Männer
20% 15% 10%
5% 0% < 50 50–54 55–59 60–64 65–69 70–74 75–79 < 80
Alter Abbildung 2: Bösartige Neubildungen der Bronchien, Wohnort Zürich, 2005 Diagnosealter nach Geschlecht
Frauen Männer
ben an, jemals geraucht zu haben. Unter den Rauchern haben Männer durchschnittlich mehr geraucht als die Frauen (55 vs. 37 Pack Years).
Inzidenz und Mortalität entsprechen den (inter-)nationalen Raten Die ermittelte altersstandardisierte (EUBevölkerung) Inzidenzrate von Lungenkrebs in Zürich im Jahr 2005 beläuft sich auf 47,2 Neuerkrankungen pro 100 000 Personen und Jahr in der Gesamtbevölkerung. Bei den Frauen beträgt die Inzidenz 27,1/100 000, bei den Männern 51,1/100 000. Die Grösse der Inzidenzraten sowie deren zeitliche Entwicklung seit den Achtzigerjahren sind mit den nationalen Daten vergleichbar. Während bei den Männern die Lungenkrebsdiagnose seltener wird, steigt sie bei den Frauen nach wie vor an. Der internationale Vergleich zeigt, dass Lungenkrebs weltweit die häufigste Tumorart ist. Bei Männern werden die höchsten Inzidenzraten in Nordamerika und Osteuropa gemessen, bei Frauen in Nordamerika, Australien und Nordeu-
ropa (Globocan, 2002). In der Schweiz liegen die Inzidenzraten im mittleren Feld der europäischen Länder. Wegen der hohen Letalität von Lungenkrebs ist die Mortalität ein deutlicher Indikator der Erkrankungslast in der Bevölkerung, ihre Entwicklung entspricht weitgehend jener der Inzidenz. 2005 zeigte sich bei den Männern im Kanton Zürich eine altersstandardisierte Mortalitätsrate von 47,8/100 000 Personen, bei den Frauen von 17,5/100 000. In den meisten industrialisierten Ländern nehmen die Sterberaten der Männer seit den Siebzigerjahren ab, umgekehrt steigen sie bei den Frauen kontinuierlich an. In der Schweiz liegt die Lungenkrebsmortalität bei den Männern im unteren Mittelfeld der europäischen Regionen und bei den Frauen im Mittelfeld.
Adenokarzinome überwiegen 2005 waren rund 80% aller Neubildungen der Lungen/Bronchien nichtkleinzellige Karzinome (NSCLC: grosszellige Adeno-, Plattenepithelkarzinome, nichtkleinzellige o.n.B.). 15% waren kleinzellige Karzinome
und 1,5% Karzinoidtumoren. Dabei war das Adenokarzinom der häufigste histologische Typ mit einem Anteil von 42% aller neuen Fälle. Dieser Anteil war bei Nichtrauchern (68%) und bei Frauen (54%) höher als bei Rauchern (39%) oder Männern (36%). Etwas weniger als 60% der Fälle waren in der rechten Lunge lokalisiert. Der Oberlappen war mit 46% der Fälle häufiger als jede andere Lungenpartie befallen. Es zeigt sich kein geschlechtsspezifischer Unterschied. Bei der Diagnose hatten rund die Hälfte (49,7%) der NSCLC-Patienten bereits Fernmetastasen (TNM-Stadium IV). Die Stadienverteilung war weder durch Geschlecht noch Alter oder Nationalität beeinflusst. Bei Nichtrauchern war ein Diagnosestadium IV häufiger als bei Rauchern (63 vs. 49%). Drei Viertel der Metastasen waren in Lungen, Knochen, Leber, Hirn oder Nebenniere lokalisiert, in rund der Hälfte bestanden Ableger in mehr als einer Lokalisation.
Anlass zur Diagnostik: Tumorsymptome ausschlaggebend Drei Viertel der Fälle sind wegen Tumorsymptomen abgeklärt worden. Rund 20% der Fälle sind als Zufallsbefunde im Rahmen der Abklärung einer anderen Erkrankung oder eines anderen Tumors diagnostiziert worden. Frauen zeigten etwas häufiger Tumorsymptome als Männer (79 vs. 73%). Bei Nichtrauchern waren Tumorsymptome häufiger Anlass zur Diagnose als bei Rauchern (87 vs. 74% der Fälle). Hingegen kam man bei Rauchern häufiger auf die Tumordiagnose im Laufe der Untersuchung wegen anderer Erkrankungen/Tumoren (24 vs. 13%, p = 0,054). Rund 40% der operablen (Stadien I–IIIa) Lungenkrebsfälle sind im Anschluss an eine Untersuchung wegen anderer Erkrankungen/Tumoren diagnostiziert worden. Bei Stadium IIIb respektive IV waren dies lediglich 21 respektive 14%. Die Diagnose des Primärtumors konnte beim Lungenkrebsverdacht bei rund 60% der Fälle zytologisch bestätigt werden. Kein grosser Unterschied bezüglich diagnostischer Massnahmen bestand zwischen Frauen und Männern.
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Im Fokus: Bronchialtumoren
Primärtherapie: bei Frauen früher und eher als Kombination Insgesamt haben 74% der Männer und Frauen mit neu diagnostiziertem Lungenkrebs eine Primärtherapie erhalten. Bei den Frauen betrug dieser Anteil 79%, bei Männern 71%. Während rund 90% der Patienten, die jünger als 50 Jahre waren, eine Primärtherapie erhalten haben, betrug dieser Prozentsatz nur 34% bei den über 80-Jährigen. Eine Primärtherapie ist bei 72% der fernmetastasierten versus 89% der NSCLC-Fälle im Stadium I bis IIIa (operable Tumoren) erfolgt. 80% der Frauen mit nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom (NSCLC) im Stadium I bis IIIa wurden operiert (67% der Männer im gleichen Stadium). Bei 39% der Frauen war die Operation mit einer Chemotherapie kombiniert (Männer: 37%). In den Stadien IIIb und IV haben 59% der Frauen und 52% der Männer eine Chemotherapie erhalten, in rund 57% in Kombination mit Radiotherapie bei Frauen und nur in 38% bei Männern. Bei Männern war die Chemotherapie zu 58% eine Monotherapie, bei Frauen nur zu 37% (Abbildung 3). Analog zu den NSCLC haben Männer mit kleinzelligen Karzinomen häufiger als Frauen keine Primärtherapie erhalten (33 vs. 10% der Fälle). Bei den bereits ausgebreiteten hat man häufiger auf eine Therapie verzichtet (25 vs. 6%) oder eine Chemomonotherapie durchgeführt (40 vs. 11%). Nach Abschluss der Primärtherapie erreichten rund 31% aller NSCLC-Patienten eine Vollremission, dabei zeigten sich keine geschlechtsspezifischen Unterschiede. Bei rund einem Viertel der operablen Tumoren, der Hälfte der Stadium-IIIb-Fälle und bei drei Vierteln der Patienten mit Fernmetastasen sprach die Therapie nicht an. Die Ergebnisse der Primärtherapie unterschieden sich nicht nach Raucherstatus.
80%
Relative Häufigkeit
60%
40%
20%
0%
PrimärtherOappieeration
Frauen ChemotheRraapdiieotherapKieo*mbinatioMnsäthnenraeprie
Abbildung 3: Primärtherapie bei NSCLC in den Stadien I bis IIIa nach Geschlecht (Wohnbevölkerung im Kanton Zürich, 2005).
Pleuratumoren 2005 sind im Kanton Zürich insgesamt 35 Pleuratumoren neu diagnostiziert worden. 83% der Betroffenen waren Männer. Seit den Achtzigerjahren hat die Anzahl der jährlichen Neuerkrankungen der Pleura stetig zugenommen (altersstandardisierte Inzidenzrate 3,9/100 000). Bei 60% der Patienten war eine Asbestexposition bekannt, allerdings ist dieser Anteil möglicherweise höher, weil bei 30% der Fälle der Expositionsstatus unbekannt war. Rund 70% der asbestexponierten Patienten haben geraucht.
Schlussbemerkungen
In mehr als der Hälfte der Fälle erfolgt die Diagnose Lungenkarzinom in einem nicht mehr operablen Stadium. Die Inzidenz nimmt insbesondere bei Frauen weiterhin zu, und die Prognose ist, trotz der Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze, nach wie vor sehr schlecht. Deshalb bleibt die Tabakprävention die effektivste Massnahme zur Reduktion der Krankheitslast in der Bevölkerung. Trotz insgesamt abnehmender Raucherprävalenz in der Bevölkerung westlicher Länder ist die Zunahme des Tabakkonsums unter Teenagern alarmierend, denn hierdurch entsteht ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko im 20. bis 30. Lebensjahr, wie
eine amerikanische Studie gezeigt hat. Die bevölkerungsbezogene Überwachung des Erkrankungs- und Sterberisikos und die Untersuchung von Einflussfaktoren sowie die Evaluation und Qualitätssicherung von Früherkennungs- und Therapiemassnahmen durch die Krebsregistrierung bleibt ein unerlässliches Instrument für die Gesundheitspolitik. Allerdings ist eine hohe Datenqualität nur gewährleistet, wenn die Krebsregister durch adäquate strukturelle und finanzielle Ressourcen gestärkt werden. ▲
PD Dr. phil. II Nicole Probst-Hensch (Korrespondenzadresse) Krebsregister des Kantons Zürich Institute für Sozial- und Präventivmedizin/ Klinische Pathologie UniversitätsSpital Zürich Vogelsangstrasse 10 8091 Zürich E-Mail nicole.probst@usz.ch
Quelle:
Ceschi, M., Kofler, A., Staedele, P., Lowy, A., Honegger, H.P., von Briel, Th., Probst-Hensch, N.: Lungenkrebs im Kanton Zürich 2005. (http://www. krebsregister.usz.ch/german/LehreUndForschung/ Berichte.htm).
Schweizerisches Krebsbulletin, März 2008, Nr. 1: Probst-Hensch N., Noseda G., Bouchardy Magnin C.: Nationales Institut für Krebsepidemiologie und Registrierung (NICER).
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