Transkript
Aus der Forschung
Pfizer Forschungspreis 2008 (Teil 2)
Knochenmetastasen:
Prostatakrebs zerstört die Bremse der Knochenbildung
Pfizer Forschungspreis 2008 für Medizin
Mit einer Preissumme von 360 000 Schweizer Franken ist der Pfizer
Forschungspreis einer der bedeutendsten Forschungspreise für Medizin
Für neue Erkenntnisse über die ossäre Metastasenbildung bei Prostatakrebs erhielt Dr. med. Cyrill Rentsch, Bern, einen der neun Forschungspreise, die das Unternehmen Pfizer in diesem Jahr zum 17. Mal an junge Wissenschaftler für herausragende Arbeiten vergab. Das Team um Rentsch fand heraus, dass speziell die fehlende Produktion des
nist Dickkopf-1 (DKK-1) korreliert. Weiter fehlen zur Ausbildung der Osteosklerose wichtige der initial genannten Faktoren, die einen Knochenabbau begünstigen würden (parathormone related pep-
in der Schweiz. Prämiert wurden Forschungsarbeiten der Fachbereiche Herzkreislauf, Rheumatologie, Immunologie und klinische Immunologie, Infektiologie, Neurowissenschaften und Erkrankungen des Nervensystems, Urologie, Nephrologie sowie erstmalig Onkologie. Die prämierten Arbeiten entstanden in Basel, Bern, Zürich und Lausanne. Neben dem Preisgeld erhalten die PreisträgerInnen als zusätzliche Ehrung die Bronzeplastik «Der Forscher», die Kurt Laurenz Metzler in limitierter Auflage für den Pfizer Forschungspreis geschaffen hat.
Hemmstoffes Noggin verantwortlich für die tide, colony stimulating
speziellen Mechanismen der Knochenmeta- factor-1 und Interleukin 8). Im Gegensatz dazu veau, andererseits reduziert sich die Anzahl
stasenbildung bei Prostatakrebs sei. Das Re- produzieren die Krebszelllinien, die zu einer knochenauflösender Zellen am Ort der Meta-
sultat revolutioniert die bisherige Meinung lokalen Osteolyse führen, die genannten Ge- stasierung. Dieser duale Effekt von Noggin
und ist wegweisend für neue spezifische The- genspieler (Noggin und DKK-1) und zumin- könnte, wie bei den Bisphosphonaten, zu ei-
rapieansätze.
dest einen der Faktoren, die die Osteolyse nem verminderten Auftreten von Knochen-
begünstigen.
frakturen bei betroffenen Patienten führen.
Anders als bei anderen Krebsarten entstehen
Zudem gibt es Hinweise aus anderen Studien,
Knochenmetastasen beim Prostatakarzinom Neuer Ansatz: induzierte Produktion des
dass Noggin das Krebszellwachstum direkt
durch überschiessendes Knochenwachstum. fehlenden Noggins
hemmt. Die Antagonisierung spezifischer
Die Wechselwirkung der Tumorzellen mit dem Aufgrund der fehlenden Produktion des BMPs stellt daher eine neue Strategie in der
Knochenumbau führt beim Prostatakrebs BMP-Gegenspielers Noggin in osteoskleroti- Behandlung von osteosklerotischen Kno-
meist zu einer lokalen Reaktion mit über- schen Krebszellen hat das Team um Rentsch chenmetastasen dar.
schiessender Knochenbildung (Osteoskle- eine humane Prostatakrebszelllinie, die im
rose), beim Brustkrebs dagegen zu einem lokalisierten Knochenschwund (Osteolyse). Die Erforschung der Wechselwirkung zwischen Krebs und Knochen, ist daher im Hinblick auf
Tiermodell zu einer Osteosklerose führt, gezwungen, diesen Gegenspieler wieder zu produzieren. Die Noggin-produzierenden Krebszellen wurden anschliessend in Unter-
Forschungsarbeit: R. Schwaninger, C.A. Rentsch, et al.: Lack of noggin expression by cancer cells is a determinant of the osteoblast response in bone metastases. Am. J. Pathol. 170: 160–175 (2007)
neue Therapieoptionen von grosser Wichtig- schenkelknochen von nackten Mäusen im-
keit.
Ursachen für die überschiessende Knochenbildung
plantiert. Die Messung der Knochenreaktion ergab, dass die überschiessende, osteosklerotische Knochenbildung durch Noggin auf ein normales Niveau reduziert werden
Weitere Informationen: Dr. med. Cyrill Rentsch, MD-PhD
Urologische Universitätsklinik Inselspital 3010 Bern
E-Mail: cyrill.rentsch@dkf.unibe.ch
Bisher war man der Meinung, dass Krebszel- kann. Zusätzlich ergab
len beim Prostatakrebs Faktoren produzieren, sich im Vergleich zu Kon-
die direkt die überschiessenden Knochenbil- trolltieren ein Rückgang
dung stimulieren. Untersuchungen an Men- der knochenauflösenden
schen mit überschiessender Knochenbildung Zellen.
zeigen jedoch, dass dafür ein Mangel an Ge- Die Arbeit des Berner
genspielern eine Rolle spielen. Das Team um Teams zeigt einen neuen
Rentsch hat deshalb die Expression dieser Mechanismus der Entste-
Gegenspieler zusammen mit bekannten hung von osteoskleroti-
knochenregulierenden Faktoren, die zu schen Knochenmetasta-
osteosklerotischen und osteolytischen Kno- sen auf. Zwingt man diese
chenmetastasen führen im Prostata- und Krebszellen zur Produk-
Brustkrebszelllinien untersucht.
tion des fehlenden Nog-
Im Tiermodell zeigte sich, dass die Osteoskle- gins, ergibt sich einerseits
rose mit der fehlenden Produktion der Gegenspieler Bone morphogenetic protein (BMP)-Antagonist Noggin und WNT-Antago-
eine Reduktion der überschiessenden Knochenbildung auf normales Ni-
Dr. med. Cyrill A. Rentsch, Urologische Universitätsklinik, Inselspital Bern, hier als Operateur, erforscht die Entstehung von Knochenmetastasen
ONKOLOGIE 3/2008
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