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Im Fokus: Prostatakarzinome
Strahlentherapie des Prostatakarzinoms
Die neuen Ansätze im Überblick
Die rasante Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten in der Radio-Onkologie hat in der kurativen Radiotherapie des Prostatakarzinoms vor allem dazu geführt, dass umliegendes gesundes Gewebe besser geschont werden kann. Neben einer Verminderung von Akut- und Langzeitnebenwirkungen erweitert sich dadurch der Spielraum für eine Erhöhung der applizierten Strahlendosis mit dem Ziel, die Tumorkontrollraten weiter zu verbessern. Die wichtigsten innovativen Bestrahlungstechniken werden vorgestellt und ihr klinischer Einsatz diskutiert.
PIRUS GHADJAR, DANIEL M. AEBERSOLD
Die Bestrahlung von Prostatakarzinomen in kurativer Absicht wurde erstmals durch die Einführung von Kobaltgeräten und später von Beschleunigern möglich, welche es erlaubten, tief ins Gewebe eindringende Megavolt-Photonen therapeutisch zu verwenden. Die Therapieergebnisse bezüglich lokaler Kontrolle und Metastasierung waren zunächst unbefriedigend, was durch die lange Zeit als Standard akzeptierten Dosen von weniger als 70 Gy erklärt wird, welche in konventioneller Technik damals ohne Risiko applizierbar waren, sich nach langen Beobachtungszeiten jedoch als unzureichend erwiesen. Entscheidend für die heutige Akzeptanz der perkutanen Strahlentherapie als eine effiziente, kurative Therapieoption des Prostatakarzinoms war die Möglichkeit, genügend hohe, tumorwirksame Dosen zu applizieren – bei gleichzeitiger Reduktion der Strahlendosis im Bereich der umliegenden Risikoorgane, insbesondere im Rektum und in der Harnblase. In den letzten 20 Jahren hat eine Verbesserung der Bildgebung zusammen mit präziser und leistungsfähiger Planungssoftware zur Entwicklung der dreidimensional-konformierenden Radiotherapie (3D-CRT) und – noch kürzer zurückliegend – zur intensitätsmodulierten Radiotherapie (IMRT) geführt. Die Einführung neuer radioaktiver Isotope sowie Verwendung des transrektalen Ultraschalls (TRUS) führten zur Etablierung der Brachytherapie, welche heute eine attraktive, interventionelle Form der Strahlentherapie beim Prostatakarzinom darstellt. Im vorliegenden Artikel werden die wichtigsten technologischen Fortschritte zusammengefasst und deren therapeutische Anwendung diskutiert. Zudem sollen zukünftige Entwicklungen aufgezeigt werden.
Perkutane Bestrahlungstechniken
3-D-konformierende Radiotherapie Die zurzeit am häufigsten angewendete Methode der perkutanen Bestrahlung ist die 3-D-konformierende Radiotherapie. Diese wird mittels eines im Planungs-CT erfassten 3-D-anatomischen Datensatzes geplant. Das Zielvolumen kann im Datensatz direkt eingezeichnet werden, Dosisverteilung und Feldform werden durch die Wahl der Einstrahlungsrichtungen beziehungsweise mittels Ausblockungen optimiert. Dadurch kann die Strahlenbelastung von Harnblase und Rektum bereits wesentlich reduziert werden, was zu einer verminderten Toxizitätsrate führt (1). Die bessere Schonung der Risikoorgane schaffte einen Freiraum, der es erlaubte, mit vertretbarem Risiko die Dosis im Zielvolumen zu erhöhen, um eine Verbesserung der Tumorkontrolle zu erreichen. Tatsächlich wurde in zahlreichen sowohl retrospektiven als auch randomisierten Studien gezeigt, dass eine erhöhte Zieldosis, auch Dosiseskalation genannt, mit einer verbesserten biochemischen Kontrollrate einhergeht (2). In einer vom M.D. Anderson Cancer Center initiierten und inzwischen viel zitierten randomisierten Studie wurde die Bestrahlung von T1- bis T3-Prostatakarzinomen mit 70 Gy respektive 78 Gy verglichen. Durch diese Dosiseskalation verbesserte sich die biochemische Kontrolle von 64 auf 70% (3). Allerdings wurde in der mit höherer Dosis bestrahlten Patientengruppe eine Zunahme der Rektumtoxizität beobachtet (12% versus 26% Toxizität ≥ Grad 2), was die Limitierung der 3-D-konformierenden Radiotherapie bezüglich weiterer Dosiseskalation aufgezeigt hat.
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Abbildung 1: Verbesserte Konformität der Dosisverteilung durch intensitätsmodulierte Radiotherapie: Gute Übereinstimmung des Verlaufs des 95%-Dosis-Levels (blaue Einfärbung) mit dem Zielvolumen (rote Linie); die beiden Pfeile markieren implantierte Goldmarker zur Positionskontrolle.
Intensitätsmodulierte Radiotherapie Die intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT) stellt eine Weiterentwicklung der perkutanen Strahlentherapie dar. Im Gegensatz zur 3-D-konformierenden Radiotherapie werden keine homogenen Felder verwendet, vielmehr werden gezielte Inhomogenitäten innerhalb eines Strahls produziert, was bei der Dosisverteilung zusätzliche Freiheitsgrade erlaubt. Die zu erreichenden Zielwerte für die Dosisabdeckung des Zielvolumens und der zu schützenden Risikoorgane können angegeben werden. Vom Computer wird dann die optimale Inhomogenität der verwendeten Strahlen berechnet, was auch als inverse Planung bezeichnet wird. Die Kombination solch intensitätsmodulierter Strahlen führt dann zu der gewünschten Dosisverteilung im Patienten (Abbildung 1). Die verbesserte Konformität der Dosisverteilung ermöglichte es, die applizierte Dosis weiter zu erhöhen – bei gleichzeitiger Schonung der Risikoorgane. In einer vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center durchgeführten Studie in einem Patientengut mit intermediärem Risikoprofil (PSA > 10 oder Gleason Score ≥ 7 oder Tumorkategorie ≥ cT2b) respektive hohem Risikoprofil (mindestens 2 der genannten Parameter vorhanden) konnte bei beiden Risikogruppen eine sukzessive, signifikante Verbesserung der bio-
chemischen Kontrollrate erreicht werden, wenn die Dosen auf 75,6 respektive über 80 Gy gesteigert wurden: Bei Patienten mit intermediärem Risiko betrug die Kontrollrate 87% und bei Patienten mit hohem Risiko 69% (4). Bemerkenswerterweise konnte trotz der Dosissteigerung auf über 80 Gy eine im Vergleich mit 3-D-konformierender Radiotherapie deutlich verringerte rektale Toxizitätsrate beobachtet werden (2,2% rektale Toxizität ≥ Grad 2). Die urogenitale Toxizität war vergleichbar mit den Resultaten nach 3-D-konformierender Radiotherapie (12,1% urogenitale Toxizität ≥ Grad 2).
Hormontherapie
Der hemmende Effekt des Androgenentzugs beim Prostatakarzinom beruht auf einer Reduktion der Tumorzellproliferation oder gar Auslösung einer Apoptose (programmierter Zelltod) der Tumorzellen. Die Kombination der Hormontherapie mit Radiotherapie stellt eine attraktive Möglichkeit dar, den therapeutischen Effekt von Strahlentherapie zu erhöhen – ohne respektive mit nur minimaler Steigerung toxischer Nebenwirkungen. Umfangreiche prospektive randomisierte Studien, welche den Einsatz von neoadjuvanter und konkomittierender Hormontherapie plus Radiotherapie mit Radiotherapie alleine verglichen,
konnten zeigen, dass die Kombination von Hormon- und Radiotherapie zu einer Verbesserung sowohl der biochemischen als auch der lokalen und systemischen Tumorkontrolle sowie teilweise auch des Gesamtüberlebens führt (5). Der optimale zeitliche Einsatz der Hormontherapie (vor, während und/oder nach Radiotherapie sowie Dauer der Behandlung) ist Gegenstand laufender Studien, Ergebnisse werden in naher Zukunft erwartet (6). Bei der Interpretation der Ergebnisse ist die Tatsache zu berücksichtigen, dass in den erwähnten grossen, randomisierten Studien nur konventionelle Bestrahlungstechniken mit Dosen von 70 Gy verwendet wurden. Retrospektive Analyse legen die Vermutung nahe, dass mit höherer Strahlendosis der Effekt des Androgenentzugs reduziert wird (4, 7).
Interstitielle Brachytherapie
Mittels Brachytherapie kann am besten eine hohe Strahlendosis direkt in die Prostata appliziert werden. Radioaktive Quellen werden direkt transperineal (Abbildung 2) in das zu bestrahlende Gebiet eingeführt. Der sehr steile Dosisabfall bei zunehmendem Abstand von der Quelle (vgl. «Abstands-Quadrat-Gesetz») wird therapeutisch genutzt. Die Brachytherapie hat bei der Behandlung von Prostatakarzinomen eine lange, wenn auch initial nicht sehr erfolgreiche Geschichte. Sie erreichte mit der Entwicklung von leistungsfähigen Planungssystemen, welche – analog zur perkutanen 3-D-konformierenden Radiotherapie – mittels eines 3-D-Datensatzes die Dosisverteilung innerhalb des Zielvolumens und der Risikoorgane dokumentieren können, wieder den Einzug ins moderne Arsenal des Strahlentherapeuten. Es werden grundsätzlich zwei Formen der Brachytherapie unterschieden: ▲ die häufigere Low-Dose-Rate-(LDR-)-
Brachytherapie mit radioaktiven Seeds (meist mit Jod-125 oder Palladium-103): Dabei werden typischerweise etwa 75 bis 125 Stück in die Prostata eingeführt, verbleiben dort definitiv und emittieren je nach Radioisotop während 4 bis 10 Monaten ihre Strahlendosis. ▲ die im Afterloading-Verfahren durchgeführte High-Dose-Rate-(HDR-)Bra-
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chytherapie mit Iridium-192: Dabei wird die radioaktive Quelle durch zuvor implantierte Plastikhohlschläuche (sog. Applikatoren) in das Zielorgan eingeführt und verlässt nach wenigen Minuten den Patienten wieder. Bei beiden Formen der Brachytherapie kann die Dosisverteilung durch geeignete Wahl der Position der Quelle optimiert werden. Bei der HDR-Brachytherapie mit Iridium besteht eine weitere Form der Optimierung, nämlich durch die Definition unterschiedlicher Verweildauern an den vorgesehenen Verweilpositionen. Aus der Summe der Verweilpositionen und den Verweildauern der Iridiumquellen ergibt sich dann die optimierte Dosisverteilung. Ausserdem besteht durch Verwendung des Afterloading-Verfahrens bei der HDRBrachytherapie keinerlei Strahlenbelastung für Personal und Angehörige der Patienten. Brachytherapie kann bei Prostatakarzinomen in zwei unterschiedlichen Konzepten zum Einsatz kommen:
Kombination der Brachytherapie mit perkutaner Radiotherapie («Boost») Brachytherapie kann dazu verwendet werden, die Strahlendosis in der Prostata zu erhöhen (sog. Boost) bei maximaler Schonung, insbesondere des Rektums. Hier wird die Brachytherapie mit perkutaner Strahlentherapie kombiniert, vor allem unter Einsatz der HDR-Brachytherapie. Zur Anwendung kommt dieses Konzept bei Prostatakarzinomen mit intermediärem und hohem Rückfallrisiko. Die bisherigen Studienresultate lassen darauf schliessen, dass ähnlich hohe biochemische Kontrollraten erzielt werden wie bei Dosiseskalation mit IMRT (8). Entscheidend wird neben einer möglichen Verbesserung der Tumorkontrolle die Klärung der Frage sein, ob mit einer Dosiseskalation mit Brachytherapie die Langzeittoxizität – verglichen mit perkutaner Dosiseskalation – vermindert werden kann.
Alleinige Brachytherapie Brachytherapie als alleinige Form der Strahlentherapie kommt bei Prostatakarzinomen mit niedrigem Risikoprofil zum Einsatz. Hier liegen umfangreichere Erfahrungen mit der Seeds-Brachytherapie vor. Die Attraktivität der Brachytherapie
Abbildung 2: Schematische Darstellung der transperinealen Implantation von Hohlnadeln (Applikatoren) bei der Brachytherapie
als Monotherapie liegt vor allem in der Kürze der Behandlungsdauer: Sowohl bei der Seeds- als auch bei der HDRBrachytherapie ist eine einmalige Implantation der Applikatoren notwendig, die in den meisten Fällen im Rahmen einer Kurzhospitalisation vorgenommen wird. Zudem wird mit der Brachytherapie der Anspruch verknüpft, eine im Vergleich mit perkutaner Radiotherapie weitere Reduktion von Langzeitnebenwirkungen, insbesondere bezüglich der Rate an posttherapeutischer erektiler Dysfunktion, zu erzielen. Die Impotenzrate von initial potenten Männer nach Brachytherapie ist in verschiedenen Studien beschrieben worden und reicht von 14 bis 53% (9).
Neuere Entwicklungen
Bildgesteuerte Radiotherapie Die modernen perkutanen Bestrahlungsformen wie IMRT haben die Möglichkeiten der konformalen Applikation hoher Strahlendosen auf die Prostata verbessert. Eine Gefahr dieser hochkonformalen Bestrahlung besteht in inadäquaten Sicherheitssäumen bei beweglichen Zielorganen wie der Prostata. Abhängig von Blasen- und Rektumfüllung sowie von anderen Parametern wie Atmung und Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur, kann diese Bewegung bis zu 2 cm betragen und auch eine rotatorische Komponente sowie eine elastische Organverformung umfassen. Dies zwingt
den Strahlentherapeuten, einen Sicherheitssaum zusätzlich zum eigentlichen Prostatavolumen einzuplanen, um die Prostata in jeder möglichen Position sicher zu treffen. In den letzten Jahren sind Techniken entwickelt worden, welche erlauben, die Bewegungen der Prostata täglich zu verfolgen, um am Bestrahlungsgerät die Patientenposition entsprechend zu korrigieren. Gelingt dies, kann der Sicherheitssaum reduziert werden, sodass die Harnblase und das Rektum zusätzlich geschont werden können. Eine Technik besteht darin, röntgendichte Goldmarker in die Prostata zu implantieren, die dann am Beschleuniger mit Detektoren erfasst werden können (Abbildung 3). Die relative Abweichung zur initialen Position während der Bestrahlungsplanung kann damit millimetergenau berechnet und der Patient entsprechend verschoben werden. Die Integration von hochauflösender Bildgebung in die Patientenpositionierung zusammen mit automatisierten Realtime-Korrekturalgorithmen wird auch als «Image-guided Radiotherapy (IGRT)» bezeichnet und findet zunehmend Eingang in die Bestrahlungsroutine.
Molekulare Bildgebung Die Einführung der CT als Basis der Bestrahlungsplanung ermöglichte es, anatomische Daten für die Anfertigung des Bestrahlungsplans zu berücksichtigen. Bekanntlich ist allerdings die Auflösung von
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Abbildung 3: Digital rekonstruiertes Röntgenbild als Referenz für die Sollposition der Goldmarker (A). Berechnung der Positionskorrektur der Prostata durch ein Bild der Goldmarker am Linearbeschleuniger (B).
Weichteilkontrasten in der CT limitiert, was häufig die exakte Abgrenzung der Prostata gegenüber Blase und Rektum erschwert. Die Integration der Magnetresonanztomografie (MRT) in die Bestrahlungsplanung schafft hier Abhilfe und findet zunehmend Anwendung. Gelegentlich kann auch der Sitz des eigentlichen Prostatatumors und dessen Ausdehnung in der MRT erkannt werden, allerdings noch nicht mit genügender Sicherheit. Werden CT und MRT durch das Bestrahlungsplanungsprogramm übereinander projiziert, können die Vorteile des jeweiligen Bildgebungsverfahrens bei der Definition des Zielvolumens sowie der Risikoorgane vorteilhaft genutzt werden. In Entwicklung sich befindende neue Verfahren der sogenannten molekularen Bildgebung wie Magnetresonanzspektroskopie (MRS) oder Positronenemissionstomografie (PET) haben das Ziel, biologische Aktivitäten von Tumoren zu visualisieren. Durch den Einsatz von IMRT und Brachytherapie ergibt sich daraus für die Strahlentherapie die Möglichkeit, die Dosissteigerung auf die bildgebend erfassten Tumoranteile zu fokussieren und somit umliegendes Normalgewebe noch besser zu schonen. Dieses Konzept wird die Radiotherapie in ihrem Ziel, das therapeutische Fenster in der Behandlung von Prostatakarzinomen noch zusätzlich zu vergrössern, weiter voranbringen. Zukünftig könnten auf diese Weise Lokalrezidive oder einzelne befallene Lymphknoten gezielt mit hoher Dosis bestrahlt werden.
Wahl der geeigneten Therapie
Angesichts der Vielfalt möglicher radiotherapeutischer Optionen ist es keine leichte Aufgabe, allgemeine Empfehlungen zur Indikationsstellung aufzustellen. An vorderer Stelle der Parameter, die für die Indikationsstellung zu berücksichtigen sind, steht die Frage nach der Sicherheit der Methode hinsichtlich der Tumorkontrolle. Da es keine randomisierten Studien gibt, die radiotherapeutische Verfahren mit der radikalen Prostatektomie vergleichen, ist man bei der Beurteilung dieser Frage auf retrospektive Analysen mit Risikostratifizierung nach den gängigen Prognosekriterien (PSA, Gleason-Score, T-Stadium) angewiesen (10, 11). Diese Daten lassen darauf schliessen, dass die Tumorkontrollraten von bestrahlten Patienten mit Niedrig-Risiko-Karzinomen vergleichbar sind mit chirurgischen Ergebnissen und deutlich über 90% liegen. Mit der Prostatektomie vergleichbare Resultate sind auch bei Patienten mit intermediärem bis hohem Rückfallrisiko festzustellen unter der Voraussetzung, dass dosiseskalierte Formen der Radiotherapie verwendet wurden. Der relative Stellenwert der kombinierten Androgenblockade bei dosiseskalierter Radiotherapie ist Gegenstand laufender Studien. In der Beratung von Patienten hinsichtlich der für sie optimalen Behandlung ist die Diskussion möglicher Nebenwirkungen mitentscheidend. Durch die Applika-
tion neuer Bestrahlungstechniken, insbe-
sondere der IMRT und Brachytherapie,
kann die rektale Toxizität in Form von
Proktitis und Blutungen weitgehend re-
duziert werden. Stärker als rektale Kom-
plikationen fallen mögliche urogenitale
Langzeitnebenwirkungen wie Urge-Sym-
ptomatik, Dysurie und Obstruktion ins
Gewicht. Insbesondere für die Brachy-
therapie sollten Patienten sorgfältig se-
lektioniert und nur jene behandelt wer-
den, welche vor Beginn der Therapie
keine oder nur minimale Miktionsprob-
leme angeben (12).
Analog zu Entwicklungen in anderen Ge-
bieten der Medizin unterliegt auch die
Radiotherapie weiterhin einem raschen
technologischen Wandel. Die damit ver-
bundenen Chancen und Risiken be-
dürfen einer sorgfältigen individuellen
Beratung. Es ist die Aufgabe des spezia-
lisierten Behandlungsteams, dem Pa-
tienten angesichts der Vielzahl mögli-
cher Therapieoptionen die wichtigsten
Entscheidungsgrundlagen vertrauensbil-
dend zu vermitteln.
▲
Prof. Dr. med. Daniel M. Aebersold (Korrespondenzadresse) Klinik und Poliklinik für Radio-Onkologie Inselspital Bern Freiburgstrasse 3010 Bern E-Mail: daniel.aebersold@insel.ch
und
Dr. med. Pirus Ghadjar Klinik und Poliklinik für Radio-Onkologie Inselspital Bern
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Quellen:
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Merksätze
▲ Eine perkutane Radiotherapie in kurativer Absicht sollte dosiseskaliert durchgeführt werden. ▲ Die intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT) ist der Goldstandard der perkutanen Therapie. ▲ Brachytherapie ist wirksam als Boost zur perkutanen Therapie bei fortgeschrittenen Karzinomen
und zeigt als Monotherapie bei niedrigem Risikoprofil vergleichbare Tumorkontrollraten zur perkutanen Therapie. ▲ Die Prostata ist beweglich, eine bildgesteuerte Radiotherapie (IGRT) vermag die Toxizitätsrate weiter zu senken.
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