Transkript
Forum
«Oncology Update 07: Innovationen in der Onkologie» (Symposium), Bern, 6. September 2007
Prof. Richard Herrmann, Chefarzt der Klinik für Medizinische Onkologie, Universitätsspital Basel, und Prof. Martin Fey, Chefarzt der Klinik für Medizinische Onkologie, Inselspital an der Universität Bern,
zeigten Standpunkte, Stellenwert und Herausforderungen der medizinischen Onkologie auf.
Onkologie 2015: Visionen
In einer interaktiven Fallbesprechung auf dem diesjährigen «Oncology Update» entwarfen Prof. Richard Herrmann und sein Kollege Prof. Martin Fey zusammen mit dem Auditorium Zukunftsszenarien über ihre Fachdisziplin und deren medizinischen und standespolitischen Stellenwert. Sie griffen dabei provokative Szenarien zur Diskussion heraus.
Wie entwickelt sich die medizinische Onkologie? Drei zentrale Fragen wurden in der Einleitung der Berner Fortbildung aufgeworfen und diskutiert. Die Positionen in der Zusammenfassung:
1. Wird die medizinische Onkologie von anderen Fachdisziplinen konkurrenziert sein?
Schon heute sind immer mehr Medikamente der Krebsheilkunde in oraler Form verfügbar. Folglich könne beispielsweise jeder Praxisurologe Patienten, welche an fortgeschrittenen Nierenzellkarzinomen leiden, mit bestimmten Tabletten behandeln, so skizzierte Herrmann ein Szenarium. Der Urologe ginge nach Herstellerangaben auf dem Beipackzettel vor. Sei dies wünschenswert? Gefährlich? Sollte dies verhindert werden? Fey unterstreicht entschieden: «Bei der medizinischen Onkologie handelt es sich um eine eigene Fachdisziplin, die sich medizinisch ganzheitlich definiert und nicht einfach über einzelne Medikamente. Sie versteht sich nicht aus der Summe verschiedener medizinischer Fachdisziplinen.» Herrmann: «Die medizinische Onkologie muss beweisen, dass bei ihr die spezielle und zentrale Kompetenz liegt, Krebspatienten zu behandeln – beispielsweise Brustkrebspatientinnen mit ihren komplexen gesundheitlichen Begleiterschei-
nungen respektive Begleiterkrankungen. Die breite internistische Weiterbildung und die onkologische Spezialisierung sind entscheidende Grundvoraussetzungen.» Aktuell erscheine es in der Schweiz aber (noch) nicht so, als würden medizinische Onkologen in den Spitälern von niedergelassenen Fachärzten bei der Behandlung von Krebspatienten konkurrenziert, resümierten beide Onkologen ihre Erfahrungen. In Einzelfällen handle sich um Ausnahmen.
2. Wird die private Onkologiepraxis überleben?
Niedergelassene Onkologen aus dem Auditorium beschrieben, dass sie in einem engen Netzwerk mit Kollegen verschiedener Fachgebiete wie Chirurgen, Radiologen, Internisten und Hausärzten (u.v.m.) arbeiten. Der regelmässige Austausch sei wesentlich für die Behandlung ihrer Patienten. Herrmann: «Ich bewundere Kollegen, die in onkologischen Einzelpraxen arbeiten. Die heute schon enorme und immer mehr wachsende Informationsfülle macht es zunehmend schwerer, für alle Krebsarten das notwendige, aktuelle Wissen parat zu haben.» Herrmann und Fey halten es für denkbar, dass in Zukunft onkologische Subspezialisierungen entstehen, beispielsweise «FMH Medizinische Onkologie, speziell
gastroenterologische Onkologie» (u.v.m.). Bereits heute sei es in einer onkologischen Klinik eines Universitätsspitals so, dass sich leitende Oberärzte als Experten für einzelne Krebsarten auszeichneten. «Die Subspezialisierung ist nicht mehr aufzuhalten», so Herrmann. Eine parallele Entwicklung sei bereits seit etwa 1990 bei den Internisten in privater Praxis zu beobachten – so Stimmen aus dem Auditorium. Die Informationsfülle und immer grössere werdende Teilgebiete der Inneren Medizin haben zu diesen Veränderungen geführt. Niedergelassene Internisten fühlten sich heute überfordert, Patienten mit Krebsleiden zu behandeln; sie seien heute vielmehr «mitbetreuend» tätig, so ein Internist aus Bern.
3. Wie ist sicherzustellen, dass die Informationen zu den neuesten (v.a. evidenzbasierten) Diagnostik- und Therapiemodalitäten der einzelnen Tumorentitäten beim medizinischen Onkologen ankommen?
Eine Position aus dem Auditorium: Mithilfe der optimierten Informationstechnologie sollte es möglich sein, alle Infos zu onkologischen Therapiemodalitäten nach aktuellem State of the Art per PC abrufen zu können. Fey und Herrmann zeigten sich diesbe-
32 ONKOLOGIE 5/2007
Forum
«Oncology Update 07: Innovationen in der Onkologie» (Symposium), Bern, 6. September 2007
züglich sehr skeptisch, denn: Die Erfahrung und das Spezialwissen des behandelnden Arztes haben ihrer Meinung nach einen grossen Stellenwert. Dies gilt vor allem bei der riesigen Spannweite onkologischer Erkrankungen und der grossen Individualität der Fälle. Bereits heute sei ein «minimaler Case-load» an Patienten mit bestimmten Krebsarten (z.B. bei Brustkrebs und Prostatakarzinom) notwendig, damit die betroffenen Patienten optimal behandelt werden könnten, so die Onkologen. Herrmann ergänzte:
«Die Subspezialisierung unter Onkologen ist sinnvoll, ja notwendig.» Wesentlichen Handlungsbedarf sieht der Onkologe aus Basel in der Filterung von wichtigen, aktuellen, evidenzbasierten und neuen Fragestellungen. «Dies muss und wird an Experten mit solcher Subspezialisierung klinikintern delegiert werden.» Eine weitere wesentliche Aufgabe sieht Herrmann darin, die Informationsflut für Patienten und Angehörige zu filtern. Dies müsse von einer unabhängigen Institution übernommen werden.
Last but not least ...
Und schliesslich – so waren sich Fey,
Herrmann und das Auditorium einig –
muss auch 2015 neben der Bewältigung
der Informationsflut, dem unabdingba-
ren Austausch sowie den Subspezialisie-
rungen genug Zeit für die eigentliche
Behandlung und Betreuung der Patien-
ten übrig bleiben.
▲
Bärbel Hirrle
Prisma
Fortbildungskalender 2008: Onkologie
Januar: 18.01 und 19.01.2008 Cannes/Frankreich
25.01 bis 28.01.2008 Orlando (FL)/USA
5th European Congress: Perspectives in Gynecologic Oncology
Gastrointestinal Cancers Symposium ASCO
Februar: 19.02.bis 24.02.2008 Berlin/Deutschland
29. Deutscher Krebskongress (DKK) 2008
März: 06.03. bis 08.03.2008 St. Gallen
30.03. bis 02.04.2008 Florenz/Italien:
5th International Conference on Cancer Prevention
34th Annual Meeting of the European Group for Blood and Marrow Transplantation (EBMT)
April: 15.04. bis 19.04.2008 Berlin/Deutschland:
23.04. bis 26.04.2008 Genf
Mai: 30.05. bis 03.06.2008 Chicago, USA
Juni: 03.06. bis 07.06.2008 Lugano
03.06. bis 07.06.2008 Madrid/Spanien
European Breast Cancer Conference (EBCC)
IASLC/ESMO European Lung Cancer Conference
44th Annual Meeting of the American Society of Clinical Oncology (ASCO)
9th International Conference on Malignant Lymphoma (ICML) 10th World Congress of Psycho-Oncology (IPOS)
Fortsetzung auf Seite 45
Info/Internet: www.imedex.com www.asco.org Info/Internet: www.imedex.com www.asco.org
Info/Internet: www.krebsgesellschaft.de/krebskongress_2008 www.congress-support.com
Info/Internet: http://www.oncoconferences.ch/2008/ home/index.htm Info/Internet: www.uicc-congress.org/index.html www.akm.ch
Info/Internet: www.fecs.be Info/Internet: http://www.iaslc.org
Info/Internet: http://www.asco.org
Info/Internet: www.lymphcon.ch Info/Internet: www.mascc.org
ONKOLOGIE 5/2007
33