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Update
Mit Rauchen aufhören – aber wie?
Ärztliche Hilfsmassnahmen bei der Tabakentwöhnung Die «neuen Raucher» sind vor allem junge Frauen: Unter den 14- bis 19-Jährigen rauchen heute mehr Mädchen als Jungen. Was anfangs ein «cooles Gruppengefühl» bedeutet, wird schnell zur Tabakabhängigkeit und lässt sich später – wenn die Gesundheitsrisiken bewusst werden – äusserst schwer absetzen. Viele Raucherinnen und Raucher versuchen im mittleren Alter, weniger zu rauchen oder ganz aufzuhören, nur ein Bruchteil schafft es auf Dauer. Neue Studien zeigen, dass ärztliche Begleitung und therapeutische Unterstützung enorm wichtig sind und die Erfolgsrate für Nikotin-Abstinenz deutlich steigern.
BÄRBEL HIRRLE
Laut epidemiologischen Untersuchungen sind es junge Frauen, vor allem aus sozial schwächeren Schichten und oft auch Immigrantinnen aus Osteuropa, die von allen Rauchergruppen heute häufiger als vor zehn und mehr Jahren zur Zigarette greifen. Frauen werden als neue Risikotypen für tabakbedingte Krebs-, Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen erkannt. Dies wird in der Medizin wie auch in der Gesundheitspolitik relevant, auch wenn, gesamthaft gesehen, immer noch mehr Männer als Frauen rauchen (vgl. Kasten 1).
Entwöhnung in jungen Jahren entscheidend
Junge Frauen (und Männer), die rauchen, brauchen Aufklärung, Motivation und therapeutische Unter-
Kasten 1: Am meisten legen die Mädchen zu
Beispiel USA: ▲ 20,9% der Erwachsenen rauchen – und 23% der High-School-Schüler (alle Ethnien
berücksichtigt). ▲ Von den High-School-Schülerinnen rauchen 27% der weissen Mädchen (nicht hispanischer
Abstammung) in den Erhebungen 2003 und 2005 (1995 und 2001 waren es 40 und 31%). Bei den Jungen gleicher Ethnie rauchen 23 bis 25% (Erhebungen 2003 und 2005) (1995: 37 und 33%). Die Gleichaltrigen afrikanischer und hispanischer Abstammung rauchen seltener. ▲ Erwachsene: In den Neunzigerjahren ist der Tabakkonsum bei Männern dank öffentlicher Massnahmen (Werbeverbot, Steuererhöhung auf Zigaretten, Aufklärungsarbeit usw.) deutlich zurückgegangen, seitdem stagniert die Prävalenz mit leicht sinkender Tendenz. Insgesamt rauchen aber mehr Männer als Frauen (Unterschied zirka 5%).
Quelle: Youth Risk Behavior Surveillance System 1991 bis 2005. Centers of Disease Control 2006.
stützung für einen Rauchstopp, wenn er auf Dauer gelingen soll. Dabei hat sich gezeigt, dass durch die medikamentöse und verhaltenstherapeutische Begleitung während der Nikotin-Entwöhnungs-Phase deutlich höhere Erfolgsraten entstehen – im Vergleich zu solchen, die entstehen, wenn die Frauen (und Männer) mit ihrem Versuch, nicht mehr zu rauchen, alleingelassen werden. Ärztinnen und Ärzte haben folglich eine bedeutende Aufgabe beim Gelingen der Tabakentwöhnung. Einige Zahlen hierzu: Vor ihrem Tod schafft es gerade die Hälfte der Raucherinnen und Raucher, den «Glimmstängel» dauerhaft wegzulassen. Trotzdem ist es in sehr vielen Fällen zu spät. Ist das 40. Lebensjahr nämlich erreicht, verkürzt jedes Jahr, in dem immer noch geraucht wird, die Lebenserwartung statistisch um drei Monate, so die Ergebnisse und Berechnungen der British doctor’s study aus dem Jahr 2004. Der dauerhafte Tabakverzicht muss also, wenn irgend möglich, vor dem 40. Lebensjahr einsetzen. Evidenzbasierte Empfehlungen und neue Therapieoptionen zur Nikotin-Entwöhnung wurden kürzlich in einem Review im «British Medical Journal» zusammengefasst (1). Der folgende Beitrag resümiert die wesentlichen Erkenntnisse und Studienresultate, welche aufgrund einer Recherche der Cochrane Library zur Tabakabhängigkeit zusammengetragen wurden. Weitere Aspekte zur NikotinAbhängigkeit und Epidemiologie aus aktuellen Erhebungen sind ergänzt.
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Abbildung 1: Zitat des ehemaligen CEO F. Ross Johnson, R.J. Reynolds Tobacco Company, als «Wandmalerei»: Als 1988 der US-amerikanische Surgeon general’s report (1) erstmals feststellte, dass Nikotin abhängig macht, war diese Erkenntnis in der Tabakindustrie längst bekannt – trotz damals öffentlicher Verneinung von dieser Seite. Interne Mitteilungen zeigen, dass die Wahrheit dort schon 1963 bekannt war (2).
Quellen: 1. US Department of Health and Human Services. The health consequences of smoking. Nicotine addic-
tion. A report of the Surgeon General. Washington, DC: US Government Printing Office; 1988. 2. Addison Yeaman, counsel/vice-president of Brown & Williamson. Document 1802-05, Internal report
dated July 17, 1963.
Bildquelle: J. Henningfield.
Abbildung und Information wurden zur Verfügung gestellt von Prof. Dr. med. Scott Leischow, Arizona Cancer Center/USA, im Rahmen des European Journalist Trip zum ASCO 2007, Chicago, 3. bis 6. Juni 2007.
Rauchen: warum Aufhören so schwer ist
Querschnittsuntersuchungen zeigen, dass die meisten Raucherinnen und Raucher in Ländern Westeuropas und Nordamerikas zu einem bestimmten Zeitpunkt das Rauchen aufgeben möchten. Eine britische Studie aus dem letzten Jahr fand, dass 78 von 100 Rauchern mindestens einen solchen Versuch im Jahr machen. Die Hälfte der Raucher glaubt zu Beginn, nach zwölf Monaten nicht mehr zur Zigarette greifen zu müssen. Tatsächlich schaffen es aber nur 2 bis 3%, so das Resultat. Als Gründe für den Griff zur Zigarettenschachtel werden meist «Stresslinderung», «Entspannung» und «Vergnügen» angegeben, der Hauptgrund ist aber die Nikotin-Abhängigkeit, welche schon kurze Zeit nach dem ersten Zigarettenrauchen einsetzt: Nikotin erzeugt massive Veränderungen im Hirnstoffwechsel und bewirkt sogenannten «Nikotin-Hunger», sobald der Raucher eine Zeit lang ohne Tabak bleibt. Ausgeprägte Impulse zu rauchen entstehen durch typische Stimuli, welche bereits Befriedigung durch Vorfreude auf das Rauchen schaffen. Ein weiterer Mechanismus wird deutlich beim plötzlichen, nicht begleiteten Tabakentzug: Psychisches Leiden von schlechter Laune bis zu depressiver Verstimmung und körperliche Symptome (Schlafstörungen, Kopfschmerzen u.v.m.) beeinträchtigen meist so sehr, dass schon spätestens
nach einer Woche erneut – unter Versagensgefühlen und dranghaft – zur Zigarette gegriffen wird, welche dann grosse Erleichterung bringt (vgl. Kasten 2).
Therapiebausteine zur Nikotin-Entwöhnung
Wie sollte ärztlicherseits das Thema Rauchen, seine Risiken und Wege zur Entwöhnung am besten angeschnitten werden? Als wenig hilfreich und eher kontraproduktiv hat es sich erwiesen, wenn ärztliche Ratschläge als Belehrungen über Gesundheitsrisiken empfunden werden, welche möglicherweise im Ansatz schon bekannt sind und wegen deren vielleicht schon Rauchstoppversuche unternommen wurden. Wenn aber konsequente ärztliche Begleitung angeboten und die heutigen Therapiemöglichkeiten besprochen werden, sind viele RaucherInnen, auch solche mit missglückten Verzichtversuchen, motiviert, eine Nikotin-Entwöhnung durchzuhalten, so die Erfahrungen. Englischsprachige Guidelines schlagen ein Vorgehen nach den fünf «A» vor: ▲ ask: Fragen nach Rauchgewohnhei-
ten und Rauchstoppversuchen ▲ advise: Rauchstopp empfehlen ▲ assess: Motivation und Notwendig-
keit einer Pharmakotherapie erfragen ▲ assist: mit der Medikamentenver-
schreibung und Überweisung an ein Verhaltenssupportprogramm begleiten
▲ arrange: eine Nachkontrollbesprechung vereinbaren.
Nikotin-Ersatz-Therapie (NRT) Eine Metaanalyse von mehr als 100 randomisierten kontrollierten Studien zeigte, dass alle Formen der Nikotin-Ersatz-Therapie (NRT) ungefähr gleich effektiv sind, was den Langzeiterfolg betrifft (Odds Ratio 1,77, 95%-KI 1,66–1,88), allerdings sind die vorliegenden Daten ungenügend, um Wirkunterschiede der verschiedenen Applikationsformen (Kaugummi, Pflaster, Nasenspray oder Dragee, z.B. Nicorette®, Nicotinell®) auszuschliessen. Daher gilt: RaucherInnen, die mit einer Form versagten, sollten beim zweiten Rauchstoppversuch (zusätzlich) eine andere Anwendung wählen (z.B. Kaugummi bei Durchbruchdrang). Eine Metaanalyse von sechs Studien zeigte, dass das Pflaster plus eine schnell wirksame NRT-Form die Wahrscheinlichkeit des Langzeiterfolgs erhöht. Die NRT ist in vielen Ländern im Übrigen zugelassen zur Verringerung der Zigarettenmenge, also bevor der eigentliche Rauchstopp begonnen hat.
Antidepressiva Eine systematische Untersuchung ergab, dass Menschen während der Nikotinentwöhnung in depressive Stimmung verfallen. Daher ist die therapeutische Begleitung mit Antidepressiva logisch begründet. Ein Substanzvertreter, Bupropion (Zyban®), ist zugelassen «zur Behandlung der Nikotinabhängigkeit als Unterstützung während der Rauchentwöhnung» (vgl. «Arzneimittel-Kompendium der Schweiz»). Eine Metaanalyse aus 31 Studien zeigt, dass Bupropion die Erfolgsrate fast verdoppelt (Odds Ratio: 1,94; 95%-KI 1,72–2,19). Für Nortriptylin, obwohl für die Indikation Nikotin-Entwöhnung nicht zugelassen, zeigt eine Metaanalyse aus sechs Studien einen ebenfalls guten Effekt. Bezüglich der selektiven Serotonin-Reuptake-Hemmer (SSRI), die in Grossbritannien als Therapie der ersten Wahl zugelassen sind, ergibt eine Metaanalyse dagegen keine Erhöhung der Abstinenzrate. Noch ist die Überlegenheit einer dieser Substanzen, auch bei Kombination mit einer NRT, aber nicht ganz schlüssig.
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Kasten 2: Wie entsteht Nikotin-Abhängigkeit?
▲ Nikotin, eine toxische Substanz in der Tabakpflanze, die vor Insektenfrass schützt, besitzt eine ähnliche chemische Struktur wie der natürliche Neurotransmitter Acetylcholin und bindet an den gleichen Rezeptoren im ZNS, und zwar schon wenige Sekunden nach den ersten Zigarettenzügen. In der Folge wird vermehrt Dopamin ausgeschüttet, welches Genuss und Wohlbefinden, einen sogenannten «Belohnungseffekt», erzeugt. Es entsteht ein Kreislauf, der «Tu es wieder» fordert, denn: Zwischen Rauchpausen fällt der Dopaminspiegel sehr schnell ab; der/die Betreffende empfindet Entzugssymptome wie starkes Verlangen und Reizbarkeit bei Nichtbefriedigung. Dieser Drang fordert erneutes Rauchen, damit der Dopaminspiegel wieder auf ein Niveau steigt, wo sich Wohlbefinden einstellt.
▲ Umgebungs- und soziale Stimuli, verbunden mit Rauchen, spielen eine wichtige Rolle. Bereits das Öffnen der Zigarettenschachtel, das Anzünden der Zigarette, der Geruch und das Erkennen dieser erzeugen eine Befriedigung durch Vorfreude.
Aus diesem Grund bringen Pharmakotherapie plus Verhaltenstherapie die höchsten Langzeit-Abstinenz-Raten (30%), verglichen mit keinen (5%) oder weniger (5 bis 20%) Interventionen. (Hughes, J.R. CA Cancer J. Clin. 2000; 50: 143–151).
Quelle: Dokumentation «European Journalist Visit» (organisiert von Pfizer), anlässlich des ASCO 2007 Chicago, 3. bis 6. Juni 2007.
Nikotin bindet vor allem an die Nikotin-Acetylcholin-Rezeptoren im ZNS; primär an den ␣42-Nikotin-Rezeptoren in der Ventral tegmental area (VTA). In der Folge wird Dopamin im Nucleus accumbens (nAcc) ausgeschüttet. Dieses erzeugt den «Belohnungseffekt», d.h. Wohlbefinden.
Die neue Substanz Vareniclin Vareniclin (Champix®) ist ein neu zugelassener partieller Agonist gegen den ␣42Nikotin-Rezeptor. Metaanalysen randomisierter kontrollierter Studien zeigen, dass die Substanz sowohl Plazebo als auch Bupropion und zudem der NRT überlegen ist. Die Vareniclin-Studien schlossen aber alle eine häufige kurze Unterstützung bei Rauchdranggefühlen ein. Die Anwendung in Kombination mit Verhaltenstherapie verspricht beste Erfolgschancen für die Rauchentwöhnung, auch wenn die Pharmakologie und Therapiestudien darauf schliessen lassen, dass der neue Nikotin-Rezeptoragonist auch allein wirksam ist.
Therapiewahl und spezielle Gruppenunterstützung
Zu den Behandlungsoptionen der ersten Wahl bei Nikotin-Entwöhnung gehören folglich die Nikotin-Ersatz-Therapie, Bupropion und Vareniclin. Sind bereits mehrere Rauchstoppversuche unternommen worden, sollte bei dem neuen Versuch grundsätzlich auf die Substanz zurückgegriffen werden, die bereits spürbar Dranggefühle unterdrücken konnte. Medikamente, die mit ausgeprägten Nebenwirkungen verbunden waren oder von denen die Patientin nicht überzeugt
war, sollten weiterhin abgelehnt werden. Die Besprechung von Pro und Kontra der jeweiligen Behandlungen mit der Patientin ist wesentlich.
«GesellschaftsraucherInnen» In fast allen Studien, die die Begleitmedikation zur Raucherentwöhnung untersuchen, sind die Teilnehmer starke Raucher. Wie sind aber Raucherinnen, die nur in geselligen Runden, weniger als zehn Zigaretten pro Tag oder gelegentlich rauchen, zu beraten? Diese Gruppen machen laut einer britischen Untersuchung bis zu einem Viertel der RaucherInnen aus. Dabei ist es unzulässig, von der Zahl der Zigaretten pro Tag auf die Nikotin-Sucht zu schliessen. Viel stärker ausschlaggebend hierfür sind die Inhalationshäufigkeit und -tiefe sowie die Nikotin-Menge über längere Zeiträume. Mehrere Beobachtungsstudien zeigen, dass die meisten leichten RaucherInnen bei Rauchstoppversuchen Nikotin-Drang empfinden und schon mehrere Versuche unternommen haben, das Rauchen ganz aufzugeben. Daher wird es für sinnvoll gehalten, auch solchen Raucherinnen und Rauchern eine unterstützende Behandlung anzubieten. Eine Subgruppenanalyse einer randomisierten Vergleichsstudie mit Nikotin-Dragees zeigte, dass durch die Einnahme die Entwöhnungsrate
verdoppelt wurde und ebenso wirksam wie bei starken Rauchern war. Eine Kurzzeitanwendung einer NRT und Beratung so häufig wie notwendig zur Verringerung der Drang- und Entzugssymptome wird für diese Gruppe empfohlen.
Schwangere Während der Schwangerenvorsorge sollte die unterstützte Nikotinentwöhnung mit der Patientin besprochen werden. Eine Metaanalyse wies nach, dass Rauchstoppprogramme für schwangere Frauen deutlich dazu beitragen, Frühgeburten und niedriges Geburtsgewicht der Kinder zu verringern. In Grossbritannien gelingt es der Hälfte der Frauen, während der Schwangerschaft nicht zu rauchen, den meisten ohne ärztliche Unterstützung. Die Frage, ob respektive inwieweit die NRT in der Schwangerschaft ohne negative Wirkungen auf das Ungeborene ist (Nikotin ist ein Vasokonstriktor!), lässt sich mit der derzeitigen Datenlage nicht eindeutig beantworten. Drei kleinere NRT-Studien mit schwangeren Frauen wiesen keinen Schaden für den Schwangerschaftsverlauf und das Kind nach, konnten aber auch den Nutzen nicht eindeutig belegen. Zu beachten ist, dass der Nikotinmetabolismus in der Gravidität um etwa 30% beschleunigt ist, was die Wirksamkeit der NRT
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Abbildung 2: Gesundheitseffekte nach dem Rauchstopp
Zeit nach dem Rauchstopp
20 Minuten Herzfrequenz fällt
12 Stunden CO-Spiegel im Blut normalisiert sich
22 Wochen bis 3 Monate Herzinfarktrisiko beginnt zu sinken, Lungenfunktion steigt
1 bis 9 Monate Husten und Kurzatmigkeit
verringern sich
15 Jahre Das KHK-Risiko entspricht dem eines Nichtrauchers
10 Jahre
Mortalitätsrisiko für
Lungenkrebs ist halbiert,
die Risiken für Hals-Kopf-,
Ösophagus-, Blasen-,
Nierenzell- und Pankreas-
karzinome sind
1 Jahr
gesunken
Erhöhtes KHK-
Risiko ist halbiert
Quelle: Centers for Disease Control and Prevention. 2004. Dokumentation zum «European Journalist Visit», Pfizer St. Louis, 5. Juni 2007.
Verhaltenstherapie oder Beratung?
Sofern für die Nikotin-Entwöhnung speziell geschulte Ärzte oder Gesundheitsberater verfügbar sind, sollte den Patientinnen in jedem Fall eine unterstützende Verhaltenstherapie angeboten werden. Metaanalysen zeigten, dass ausführliche Therapiekonzepte, insbesondere Gruppenbehandlungen und solche über einen längeren Zeitraum, die Erfolgsrate quasi verdoppeln, verglichen mit Kurzberatungen. Auch regelmässige telefonische Kontakte haben sich als effektiv erwiesen, wenn auch weniger ausgeprägt. Alternative Behandlungen mit Akupunktur und Hypnose zeigten insgesamt wenig Effekt, auch wenn in Einzelfällen Erfolge zu verzeichnen sind.
verschlechtern kann. Schnell wirksame NRT-Applikationen wie Kaugummi, Inhalator und Sublingualtablette sind vorzuziehen. Nikotin-Pflaster sollten nachts entfernt werden, um die Exposition des Ungeborenen zu verringern. Gleiches gilt für die Stillzeit.
Jugendliche Für Jugendliche über zwölf Jahre ist zur Raucherentwöhnung von allen Pharmaka
allein die NRT zugelassen. Systematische Untersuchungen randomisierter kontrollierter Studien zeigten aber keine Wirksamkeitsevidenz, wobei die Interpretation wegen schlechter Compliance und kleiner Teilnehmerzahl schwierig ist. Die NRT ist für adoleszente RaucherInnen dennoch eine Option zur Unterstützung der Tabakentwöhnung. Wenn Lehrer orale Formen nicht akzeptieren, sollten Pflaster appliziert werden.
«Frei von Tabak» – fachärztliche Beratung zum Rauchstopp
Neu wendet sich das seit 2002 laufende Ärzte-Fortbildungsprogramm der Krebsliga Schweiz jetzt auch an Fachärzte, insbesondere Onkologen. Ziel ist es, dass die Patienten, auch von ihren Spezialärzten systematisch auf ihr Rauchverhalten angesprochen werden und einfache, sofortige und niedrigschwellige Unterstützung zum Rauchstopp erhalten. Ein Fortbildungssystem, das die Fachärzte über Tagungen erreicht, soll die nötige Kompetenz vermitteln. Unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Jacques Cornuz, PMU Lausanne, sind seit 2002 über 4500 Grundversorger erreicht worden. Angebote: ▲ Tagungen, Seminare oder Kurse
Weiterbildungsangebote im Rahmen von Ärztetagungen: Das Projekt unterstützt grosszügig die Organisation von Ateliers, Referaten oder Workshops zum Thema «Kurzintervention Rauchstoppberatung». Zudem können Referenten gebucht werden. ▲ kostenlose Materialien für die Arztpraxis (a) Guidelines Rauchstoppberatung (b) Patientenbroschüren (Entwöhnung in 6 Etappen) ▲ Präsentationen oder Fortbildungsmodule für Fachärzte Werden geübten Referenten zur Verfügung gestellt. Ferner werden neue Referenten gesucht.
Wie beim Rückfall geholfen
werden kann
Rückfälle bei Rauchstoppversuchen nach
anfänglicher Zigarettenabstinenz sind als
normal anzusehen – auch bei ärztlicher
Unterstützung. Es scheint keine psycho-
logische Interventionsmassnahme zur
Rückfallprophylaxe zu existieren. Die
Langzeitanwendung von Bupropion
über ein Jahr kann einen Rückfall verzö-
gern, wie eine Studie ergab. Die verlän-
gerte NRT kann effektiv sein wie auch die
Gabe von Vareniclin. Die Vareniclin-
Gabe über zusätzliche zwölf Wochen hat
die Rückfallrate um 30% in den ersten
sechs Monaten nach Behandlungsende
verringert, verglichen mit Plazebo.
Bis anhin erhält nur 1 von 20 Raucherin-
nen und Rauchern, die eine dauerhafte
Tabakabstinenz anstreben, eine opti-
male therapeutische Unterstützung zur
Verringerung der Entzugssymptome.
Ärzte – darunter auch Onkologen –
spielen eine Schlüsselrolle bei der früh-
zeitigen Prävention nikotinbedingter
Krankheiten.
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Bärbel Hirrle (Redaktion)
Kontakt: Anne Katharina Burkhalter (Projektleitung Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention (AT) E-Mail: burkhalter@swissheart.ch Tel. 031-388 80 75 (Herzstiftung) oder 031-389 92 77 (Krebsliga). Internet: http://www.frei-von-tabak.ch
Quellen:
1. Aveyard, P. et al.: Managing smoking cessation. Clinical review. BMJ 2007; 335: 37–41. (Studienliteratur in diesem Artikel).
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