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Im Fokus: Prostatakarzinom
Die Systemtherapie des Prostatakarzinoms
Aktuelle Optionen von der Adjuvanz bis zur Palliation
Aktuell gibt es eine Vielzahl wirksamer Substanzen, Kombinationen und Konzepte, die nicht nur in fortgeschrittenen Krankheitsstadien, sondern auch in neoadjuvanten und adjuvanten Stadien exploriert werden. Während bis vor einiger Zeit die palliative Behandlung beim metastasierten Prostatakarzinom vorwiegend aus hormonellen Massnahmen bestand, steht heute mit Docetaxel zusätzlich ein Zytostatikum zur Verfügung, das eine Verlängerung des Überlebens bewirken kann. Zudem ist der Nutzen von Bisphosphonaten, speziell von Zoledronat, in der Vermeidung von Frakturen, der Verringerung von Schmerzen und zum Erhalt der Knochenmasse unter antiandrogener Behandlung erkannt worden. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit hat sich als überaus vorteilhaft erwiesen.
RUDOLF MORANT
Die Mortalität des Prostatakarzinoms in Europa nimmt aktuell leicht ab und beträgt 14,1/100 000/ Jahr (1, 2). In der Schweiz ist die Mortalität mit 20,1/ 100 000 (2) allerdings höher als in den meisten anderen Ländern. Hierzulande sterben weiterhin jährlich zirka 1300 Männer an metastasiertem Prostatakarzinom. In den letzten Jahren sind bedeutende Veränderungen erfolgt, sei es beim noch lokalisierten Prostatakarzinom in der Hormontherapie mit intermittierenden Therapien und LHRH-Antagonisten, sei es beim androgenrefraktären und metastasierenden Karzinom in der zytostatischen Therapie, sei es in der klinischen Prüfung von Substanzen mit neuem Wirkungsmechanismus. Auch der Einsatz von Bisphosphonaten, speziell Zoledronat (Zometa®), hat sich zunehmend durchgesetzt, wie auch eine differenzierte supportive Therapie, die sich mit verschiedenen Aspekten, darunter erektiler Dysfunktion, Wallungen, Osteoporose, Anämie, Müdigkeit und Schmerztherapie auseinander setzt. Die Untersuchung molekularer Faktoren im Prostatakarzinomgewebe wird genaueres prognostisches und prädiktives Wissen ermöglichen und damit zusätzliche
Möglichkeiten für eine individuelle Behandlung schaffen.
Hormonelle Therapien
Prostatakarzinomzellen sind für ihr Überleben und Wachstum auf die kontinuierliche Testosteronwirkung über die Androgenrezeptoren im Zytoplasma der Tumorzellen angewiesen. Durch einen Androgenentzug kann bei den meisten Patienten eine Apoptose von Tumorzellen erreicht werden, welche sich klinisch in einer Remission mit Verschwinden von tumorbedingten Symptomen äussert. Dies lässt sich messen durch fallende PSA-Werte, günstige Knochenszintigramme wie auch eine verbesserte Lebensqualität bei weniger Schmerzen. Ein solches Ansprechen dauert bei Patienten mit fortgeschrittenen metastasierten Prostatakarzinomen im Mittel 12 bis 18 Monate, in frühen Stadien jedoch bedeutend länger.
Testosteronentzug Ein Testosteronentzug kann entweder chirurgisch durch eine Orchiektomie oder medikamentös erfolgen. Die ersten hormonellen Therapien durch eine Androgenablation mittels Diethystilbestrol wurden
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von Clarence V. Hodges und Charles B. Huggins in den Vierzigerjahren eingeführt. Die hormonelle Behandlung mit LHRHAgonisten, wie Goserelin, Leuprorelin oder Buserelin, führt verzögert zu niedrigen Testosteronspiegeln im Kastrationsbereich. Zumindest initial während eines Monats müssen diese Medikamente mit einem Antiandrogen kombiniert werden. Damit kann der so genannte Flare-up vermieden werden, das heisst die Stimulation des Tumorwachstums (da LHRHAgonisten anfänglich kurzfristig einen Testosteronanstieg bewirken). Speziell in klinisch kritischen Situationen wie bei einer vorbestehenden Tumorkompression des Rückenmarks im Anfangsstadium kann sich ein solcher Flare-up sehr gefährlich auswirken. Die LHRH-Antagonisten hingegen führen zu einem schnellen Testosteronabfall und sind diesbezüglich vorteilhaft. In Zukunft könnten diese Substanzen deshalb zur Standardbehandlung werden. Die Nebenwirkungen des Androgenentzugs (3) müssen berücksichtigt und mit den Patienten besprochen werden. Sie werden individuell als unterschiedlich belastend empfunden, sind jedoch keineswegs zu banalisieren, speziell bei längerer Behandlungszeit. So können Wallungen (4), Adynamie, Muskelschwäche, Gewichtszunahme, Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Anämie und Osteoporose auftreten. Immer kommt es zu Impotenz und Verschwinden der Libido. In Bezug auf die Tumorwirkung sind die chirurgische und die medikamentöse Kastration prinzipiell gleichwertig (wobei das chirurgische Vorgehen kostengünstiger ist). Eine Kombination von LHRHAgonisten mit Orchiektomie ist sinnlos. Die meisten Männer ziehen eine medikamentöse Behandlung vor, vor allem aus psychologischen Gründen. Ein Vorteil des medikamentösen Androgenentzugs ist die Möglichkeit einer intermittierenden Behandlung, da mit den regelmässigen Injektionen auch Unterbrechungen möglich sind. Solche Therapien mit Perioden wieder ansteigender Testosteronspiegel scheinen die Entwicklung einer Hormonresistenz zu verzögern (5) und ermöglichen dem Patienten wiederholte therapiefreie Perioden mit verbesserter Lebensqualität. Dieses interessante in-
Tabelle: Publizierte randomisierte Phase-III-Studien mit Zytostatika
Autor Tannock 1996 Hudes 1999 Kantoff 1999 Tannock 2004
Petrylak 2004
Verglichene Therapien Mitoxantron + Prednison (P) vs. P Vinblastin + Estramustin vs. Vinblastin Mitoxantron + Hydrocortison (H) vs. H Mitoxantron + P vs. Docetaxel wöchentl. oder dreiwöchent. +P Docetaxel + Estramustin vs. Mitoxantron + P
Anzahl Patienten 161 193 242 1006
770
PSA-Remissionen (Abfall > 50%) 33% vs. 22%
Überleben (n.s.)
25,2% vs. 3,2% 11,9 vs. 9,2 Mte. (n.s.)
18,7% vs. 14,3% 12,3 vs. 12,6 Mte. (n.s.)
32% vs. 45% vs 48% 16,5 vs. 17,4 Mte. vs. 18,9 Mte. (signifikant)
50% vs. 27%
17,5 vs. 15,6% p = 0,02
termittierende Vorgehen ist allerdings bis zum Vorliegen von Resultaten aus randomisierten Studien noch kein etabliertes Vorgehen (6). Auch sind die Kriterien für die Unterbrechung und Weiterführung der Hormonbehandlung uneinheitlich.
Androgeninhibitoren (Antiandrogene) Neben dem Testosteronentzug ist es möglich, mit Medikamenten die Testosteronwirkung zu blockieren. Diese oral anwendbaren Antiandrogene binden sich an den Androgenrezeptor und blockieren die Wirkung von Testosteron. Es gibt steroidale und nichtsteroidale Antiandrogene. Eine alleinige Antiandrogentherapie mit dem nichtsteroidalen Bicalutamid (Casodex®) ist weniger wirksam als eine Behandlung mit LHRHAgonisten in der metastatischen Situation. Trotzdem kann es Situationen geben, bei denen ein Patient eine antiandrogene Therapie einer ablativen Behandlung vorzieht, im Wissen darum, dass bezüglich Wirksamkeit damit nicht die beste Möglichkeit gewählt wurde. Ein Vorteil einer antiandrogenen Therapie ist das positive Nebenwirkungsspektrum mit möglichem Erhalt von Potenz und Libido. Eine belastende Nebenwirkung einer antiandrogenen Therapie ist dagegen eine schmerzhafte Gynäkomastie, welche sich mit prophylaktischer Bestrahlung oft verhindern lässt (7). Unter totaler Androgenblockade wird die fortgesetzte Kombination von ablativer Hormontherapie (LHRH-Agonisten oder Orchiektomie) als antiandrogene
Therapie bezeichnet. Die Therapieresultate sind in metastatischen Situationen gemäss einer Metaanalyse leichtgradig besser, wobei diese Unterschiede aber nur von fraglicher klinischer Relevanz sind. Die kombinierte Behandlung eines LHRH-Agonisten mit einem Antiandrogen (also eine totale Androgenblockade) ist somit keine Standardtherapie.
Problem Androgenresistenz Leider entwickelt sich bei praktisch allen Männern eine zunehmende Resistenz des Prostatakarzinoms auf die ablative hormonelle Therapie. Die dabei zugrunde liegenden molekularbiologischen Veränderungen (8) sind in den letzten Jahren zunehmend aufgeklärt worden. Man unterscheidet zwischen Veränderungen, deren Wirkungsmechanismus einen Zusammenhang mit dem Androgenrezeptor hat (Amplifikation, Überexpression, Mutation) von anderen Ursachen wie einer Überexpression des antiapoptotischen Bcl-2-Gens. Durch solche Veränderungen können Karzinomzellen auch ohne Aktivierung des Androgenrezeptors durch Testosteron überleben. Verschiedene molekularbiologische Vorgänge schliessen sich dabei nicht gegenseitig aus, sondern können durchaus auch additiv wirken. Die generelle klinische Empfehlung ist, auch nach Auftreten einer Androgenresistenz die hormonelle Therapie auf unbeschränkte Zeit fortzusetzen. Eine hormonale Zweitlinientherapie mit Prednison, Antiandrogenen, Östrogen oder auch Gestagenen kann oft zu einem erneuten Ansprechen, wenn auch meist
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nur für die Dauer von wenigen Monaten, führen. Interessant ist, dass eine Mutation des Androgenrezeptors dazu führen kann, dass Antiandrogene eine stimulierende Wirkung entfalten können. Dies ist auch eine der Erklärungsmöglichkeiten für den in etwa 30 Prozent beobachteten Antiandrogen-Withdrawal-Effekt (einem erneuten Ansprechen nach dem Absetzen dieser Medikation [9]).
Einsatz in der Adjuvanz Hormonelle Therapien können auch in adjuvanter oder neoadjuvanter Absicht durchgeführt werden. Eine adjuvante Therapie mit LHRH-Agonisten kann die Ergebnisse einer Radiotherapie (10) wie auch einer Chirurgie in Bezug auf das rezidivfreie Überleben verbessern (11). Die Ergebnisse einzelner Studien sind allerdings nicht immer übereinstimmend (12). Ebenfalls verbessern adjuvante antiandrogene Therapien das rezidivfreie Überleben nach Operation und Radiotherapie (13, 14, 15).
Alleinige Hormontherapie Ein interessanter Ansatzpunkt ist ferner eine rein medikamentöse Behandlung von noch lokalisierten Stadien mit LHRHAgonisten (16) oder mit der so genannten Tripeltherapie (Dreifachbehandlung mit LHRH-Agonist, einem Antiandrogen sowie Finasterid). Damit wurden von Leibowitz (17) sehr provokative Ergebnisse vorgestellt, die nach seinen Angaben im Internet auch im weiteren Follow-up fortbestehen (www.prostatepointers.org/ prostate/leibowitz/THB-up-date.html). Die entsprechenden Medikamente sind in der Schweiz allerdings nicht für diese Indikation registriert.
Zytostatische Therapien
Der Einsatz zytostatischer Therapien beim hormonrefraktären Prostatakarzinom galt längere Zeit als wenig effektiv bis unwirksam. So wurden in einer Übersichtsarbeit 1985 bei 3184 zytostatisch behandelten Patienten nur 7 Prozent messbare Remissionen beschrieben (18). Seit einiger Zeit konnte allerdings durch den Einsatz von Zytostatika eine zunehmende Wirksamkeit gezeigt werden, die sich in fallenden PSA-Werten, verbesserten Szintigrammen und der Verkleinerung von messbaren Tumorherden äus-
serte. Von den untersuchten Substanzen weisen neben anderen die folgenden eine gewisse Wirksamkeit beim Prostatakarzinom auf: Estramustin, Cyclophosphamid, Etoposid (VP-16), Cisplatin, Doxorubicin, Epirubicin, Mitoxantron, 5Fluorouracil (5-FU, als i.v.-Bolus oder zirkadian verabreicht). Unter den neueren Substanzen wurden unter anderem Vinorelbin, die Taxane, Topoisomerase-1Hemmer, das dem Methotrexat verwandte Trimetrexat, Oxaliplatin (19) und liposomales Doxorubicin (20, 21) geprüft. Wichtig für die Ansprechraten sind neben der Dosierung die Dosierungsintervalle und die Applikationsdauer. So zeigte Paclitaxel (Taxol®) kaum Aktivität, wenn es alle drei Wochen infundiert wurde, wohl jedoch bei einer wöchentlichen Applikation. Cyclophosphamid peroral während 14 Tagen zeigt Effektivität im Gegensatz zu einer intravenösen Anwendung alle drei Wochen. In der Schweizerischen Arbeitsgruppe für Klinische Krebsforschung (SAKK) wurden zudem verschiedene Phase-II-Studien durchgeführt, darunter mit Carboplatin (22), Idarubicin (23), Gemcitabin (24), Vinorelbin (25) und Capecitabin (26).
Verbesserte Lebensqualität als Meilenstein In den SAKK-Studien wurde stets auf die begleitende Untersuchung der Lebensqualität Wert gelegt. Eine Verbesserung der Beschwerden konnte bei verschiedenen Einzelsubstanzen festgestellt werden, so in der erwähnten Phase-II-Studie mit Gemcitabin (Gemzar®), das eine Reduktion der Schmerzen respektive der Schmerzmedikation bei 14 von 43 Patienten zeigte (32%). Auch Docetaxel (Taxotere®) zeigte in Phase-II-Studien eine eindrückliche Aktivität nicht nur bezüglich PSA-Abfälle und Rückgang von Weichteilmetastasen, sondern auch bezüglich Symptomlinderung. Ein wichtiger Meilenstein für zytostatische Therapien war der Nachweis einer verbesserten Lebensqualität in einer randomisierten Studie. Tannock et al. (27) konnten zeigen, dass Patienten durch eine Behandlung mit Mitoxantron/Prednison im Vergleich zu Prednison allein eine bessere Lebensqualität hatten, bedingt vor allem durch eine Schmerzlinderung. Ein Überlebensvorteil konnte aller-
dings nicht gezeigt werden. Diese Studie war die Grundlage für die Registrierung von Mitoxantron (Novantron®) für die Indikation Prostatakarzinom in vielen Ländern, so auch in der Schweiz. In unserem Land ist Mitoxantron im Herbst 2004 weiterhin die einzige zytostatische Substanz, die speziell für die Indikation Prostatakarzinom registriert ist.
Verlängertes Überleben durch Docetaxel-haltige Kombinationen Der Vergleich verschiedener oft kleiner Phase-II-Studien gestaltet sich schwierig, da unterschiedliche Patientenpopulationen und Remissionskriterien verwendet werden. Estramustin (Estracyt®) hat als Einzelsubstanz nur eine geringe Wirksamkeit und ist manchmal auch schlecht verträglich. Interessante Ergebnisse fanden sich jedoch in verschiedenen Kombinationstherapien. Estramustin ist nicht primär eine alkylierende Substanz; die antitumoröse Wirkung erfolgt über eine Bindung an Tubulin und die nukleäre Matrix. Bedeutsam ist eine zusätzliche Bindung an das antiapoptotische Protein bcl-2. Wichtig erscheinen Beobachtungen, dass die Kombination von Docetaxel und Estramustin in verschiedenen Phase-II-Studien deutlich häufigere PSARemissionen (z.T. in mehr als 50% der Patienten) als die bisher geprüften Substanzen erzielt hat. Folgerichtig wurden daraufhin randomisierte Studien mit Docetaxel im Vergleich zu einem möglichen bisherigen Standard bestehend aus Novantron/Prednison durchgeführt. In einer vor wenigen Wochen publizierten Studie hatten Tannock et al. (28) 1006 Männer mit hormonrefraktärem Prostatakarzinom entweder mit einer üblichen Behandlung mit Mitoxantron/Prednison oder mit Docetaxel/Prednison behandelt. Docetaxel, alle drei Wochen, zeigte ein besseres Ansprechen (48% vs. 35% PSA-Ansprechen), eine bessere Schmerzkontrolle und sogar ein längeres Überleben (18,9 vs. 16,5 Monate). In dieser Studie war eine Anwendung von Docetaxel, alle drei Wochen, einer wöchentlichen Therapie überlegen. Eine weitere randomisierte Studie mit 770 Patienten verglich eine Behandlung mit Docetaxel/Estramustin und Novantron/Estramustin (29). Auch in dieser Studie fanden sich mit Docetaxel eine PSA-Remission
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in der Hälfte der Fälle, eine Verlängerung des krankheitsfreien Intervalls um drei Monate und der Überlebenszeit um zwei Monate (17,5 vs. 15,6 Monate). Diese Studien werden die Grundlage für die Registrierung von Docetaxel in der Indikation des androgenrefraktären Prostatakarzinoms in der Schweiz sein. Obwohl Docetaxel seit einiger Zeit als Referenzzytostatikum gilt, gilt dessen Verschreibung heute, im Herbst 2004, in der Schweiz immer noch als Off-Label-Indikation (nicht mehr in der EU!) und wird infolgedessen von der Grundversicherung leider immer noch oft nicht bezahlt. Docetaxel wird in verschiedenen Kombinationen untersucht, neben Estramustin und Prednison auch mit Calcitriol (30). In der Schweiz wurde neulich die Rekrutierung einer multizentrischen Phase-II-Studie abgeschlossen, welche die Kombination von Docetaxel und Gefitinib (Iressa®) untersuchte. Am Kantonsspital St. Gallen wird aktuell die Kombination von Docetaxel und Thalidomid genauer untersucht (31). Nach Sistieren einer Chemotherapie tritt oft nach relativer kurzer Zeit ein Rezidiv auf. Eine Wiederaufnahme einer Chemotherapie mit derselben Substanz oder auch mit anderen Zytostatika kann ein erneutes Ansprechen bewirken (32). Das optimale Vorgehen dabei ist noch offen. Der Erfolg von Zytostatika in der Behandlung des hormonrefraktären Prostatakarzinoms führt dazu, dass auch der Einsatz in der präoperativen Situation (33), bei PSA-Rezidiven und in der adjuvanten Situation geprüft wird. Diese Indikationen sind in der aktuellen Situation als Forschungsgegenstand zu bezeichnen.
Neue Substanzen
Die bessere Kenntnis molekularer Ereignisse beim Auftreten einer Androgenresistenz wird in Zukunft auch neue Therapien mit sich bringen, wie Antisenseoligonukleotide gegen bcl-2 oder Therapien, die gegen die Familie der EGFR (Epidermis Growth Factor Receptors) gerichtet sind. Derartige Ansätze ermöglichen viele neuartige Kombinationen mit hormonaler und zytostatischer Therapie. Viele Substanzen und Therapieansätze, die in die Signaltransduktion eingreifen, darunter der Endothelin-
rezeptorantagonist Atrasentan (34), der Proteasominhibitor Bortezomib (35), antiangiogenetische Substanzen, ein RAFKinase-Inhibitor (36), unterschiedliche Vakzinationsstrategien (37, 38) und vieles mehr werden aktuell geprüft. In verschiedenen Forschungsinstitutionen werden neue Substanzen auf ihre Wirksamkeit auf Zelllinien oder transplantierte Tumoren im Tierexperiment untersucht werden. Ein Beispiel sind die Wirksamkeitsuntersuchungen verschiedener Zytostatika auf humane Tumoren im Modell der Nacktmaus von Fiebig in Freiburg (39). Auch in der Schweiz wird die Genexpression von Tumorproben im Labor mit Microarrays (40), durch quantitative PCR von extrahierter mRNA oder auf Proteinebene untersucht werden (41). Damit können neue prognostische und prädiktive Aussagen erfolgen. Auch Untersuchungen im Serum mit neuen Methoden können prognostischen Wert haben (42).
Supportive Therapien
Speziell bei bestehenden Knochenmetastasen kann das Prostatakarzinom mit starken Schmerzen assoziiert sein. Eine sorgfältige, dem Krankheitsverlauf wiederholt angepasste Schmerztherapie ist somit sehr wichtig. In dieses Konzept muss auch eine palliative Strahlentherapie integriert werden, die oft sehr effizient sein kann. Eine nuklearmedizinische Behandlung mit den Betastrahlern Strontium-89, Samarium-153 (43) oder weiteren Isotopen kann eine gut schmerzlindernde Massnahme bei generalisierter ossärer Metastasierung bedeuten. Die Dauer der analgetischen Wirkung ist allerdings sehr unterschiedlich. Einen neueren medikamentösen Ansatz zur Schmerzlinderung und Verminderung von Knochenkomplikationen ermöglichen die Bisphosphonate (44). Durch Hemmung der Osteoklastentätigkeit kann der Abbau von Knochensubstanz verhindert werden. Schon vor einigen Jahren konnte durch den Einsatz von Pamidronat eine Verringerung von ossären Komplikationen beim fortgeschrittenen Mammakarzinom wie auch beim Myelom (45) gezeigt werden. Der Einsatz von Bisphosphonaten bei vorwiegend osteoplastischen Knochen-
metastasen galt hingegen als umstritten. Erst in jüngerer Zeit konnte in einer randomisierten Studie eindeutig gezeigt werden, dass Zoledronat (Zometa®) im Vergleich zu einer Plazebogruppe die Häufigkeit von Knochenfrakturen und die Notwendigkeit von Bestrahlungen deutlich reduzieren konnte (46, 47). Eine Verbesserung der Lebensqualität mit weniger Schmerzen (in dieser Studie aus methodischen Gründen indirekt) wurde ebenfalls erreicht. Zoledronat kann darüber hinaus den Verlust von Knochensubstanz bei Patienten nach Androgenablation signifikant reduzieren (48). Zoledronat ist in der Schweiz bei Tumoren mit Knochenmetastasen eine registrierte Indikation. Es ist aktuell das einzige Bisphosphonat, dessen Nutzen beim ossär metastasierten Prostatakarzinom in einer randomisierten Studie belegt ist und das von der Grundversicherung auch bezahlt wird. Ibandronat zeigte in einer Phase-II-Studie auch beim Prostatakarzinom eine gute Wirkung (49). Randomisierte Studien mit Pamidronat (50) und mit Clodronat zusammen mit Novantrone/Prednison scheinen nahe zu legen, dass nicht alle Bisphosphonate einen signifikanten Einfluss auf palliative Endpunkte haben (51). Es gibt aber auch kritische Stimmen gegenüber einem generellen Einsatz von Zoledronat, darunter aus finanziellen Überlegungen.
Schlussfolgerungen
In der Behandlung des Prostatakarzinoms sind in den letzten Jahren grosse Fortschritte erzielt worden, was viele Veränderungen im klinischen Vorgehen nach sich gezogen hat. Der Einsatz von Zytostatika ist ein anerkanntes Vorgehen geworden. Die supportive Behandlung ist mit dem Einsatz von Zoledronat um ein wichtiges Element bereichert worden. Mit Hilfe von Laboruntersuchungen und Grundlagenwissenschaften werden neue Erkenntnisse ebenso erwartet wie die Entwicklung einer auf den einzelnen Patienten zugeschnittenen Behandlung. Sehr wichtig ist die gute interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Urologen, medizinischen Onkologen, Strahlentherapeuten und Hausärzten. Dies muss sich
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auch in institutionellen Einrichtungen und
Patientenwegen widerspiegeln. Der zu-
nehmende Einsatz von Zweitmeinungen
oder Beratungen durch verschiedene
Fachleute ist zu unterstützen. Daneben
bleiben interdisziplinäre Besprechungen
und Fortbildungstagungen im Hinblick
auf qualitativ hoch stehende Behandlun-
gen im klinischen Alltag wichtig.
▲
Dr. med. Rudolf Morant Zentrum für Tumordiagnostik und Prävention
(ZeTuP) Rorschacherstrasse 150
9006 St. Gallen E-Mail: rmorant@sg.zetup.ch
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Pharma News
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Solidarität gegen Brustkrebs
Die Diagnose Brustkrebs ist ein Schock für jährlich etwa 4500 betroffene Frauen in der Schweiz. Die Grundfesten ihres bisherigen Lebens werden gewaltig erschüttert. Die Angst vor dem Verlust der Brust, vor Haarausfall und weiteren Nebenwirkungen der Chemotherapie wird ständiger Begleiter. Dabei fürchten die Frauen um die Beziehung, die Familie, ihr Überleben und fühlen sich mit ihren Ängsten meist allein gelassen. Der Arzt kann psychologisch oft zu wenig helfen, die Familie, die Freunde und der Partner sind überfordert. Hier setzt der neue psychoonkologische Dienst der Krebsliga Zentralschweiz an: Ab Januar 2005 wird die Psycho-Onkologin Carmen Schürer betroffenen Frauen mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Um dem neuen Projekt eine kleine Starthilfe zu geben, organisierte die
«Luzerner Solidaritätswanderung» einen geselligen Abend mit Schifffahrt auf dem Vierwaldstättersee, Kurzspielfilm und Benefizkonzert. Der Reinerlös wird dem psycho-onkologischen Dienst der Krebsliga Zentralschweiz zugute kommen. Fast 170 Personen nahmen teil und unterstützten die gute Sache. Nicht zuletzt dank des Hauptsponsors Essex Chemie können der Krebsliga Zentralschweiz 12 000 Franken zur Verfügung gestellt werden. Wie gross die psychische Belastung von Brustkrebspatientinnen ist, zeigte der Kurzspielfilm «Busenfreundinnen» von Gabriele Schärer. Einfühlsam und eindringlich thematisiert der Film die Sprachlosigkeit und Ängste von Brustkrebspatientinnen und mündet in betroffenes Schweigen. Dabei gibt es, wie Professor Dr. Rudolf A. Joss, Chefarzt Onkologie am Kantonsspital Luzern, betonte, medizinische Entwicklungen, die nicht nur die Heilungschancen er-
höhen, sondern auch weniger belastend als ältere Methoden sind. Dazu gehören brusterhaltende Tumoroperationen und nebenwirkungsärmere Chemotherapien. Chemotherapien mit modernsten Brustkrebsmedikamenten, etwa dem eingekapselten Doxorubicin Caelyx, verursachen heute bei maximaler Wirksamkeit deutlich weniger Nebenwirkungen als herkömmliche Behandlungen. Studien belegen, dass Haarausfall, Übelkeit und Erbrechen wesentlich seltener auftreten. Dennoch brauchen Brustkrebspatientinnen dringend die Hilfe, die ihnen der neue psycho-onkologische Dienst in Luzern geben kann.
Die elektronische Version dieser Pressemitteilung finden Sie unter: www.schlegelpharma.ch/brustkrebs/ (Benutzer: presse, Passwort: presse)
20 ONKOLOGIE 4/2004