Transkript
KOLUMNE
Pause im Denken?
von Karl Kunz, Mitglied des Redaktionellen Beirats der Zeitschrift «Managed Care»
Karl Kunz
In der Dezembersession des letzten Jahres, in welcher die 2. KVG-Revision beerdigt wurde, forderte ein Nationalrat und Arzt in einer persönlichen Erklärung den Mut zu einer «konstruktiven Denkpause», weil die bisherigen «Nachbesserungen» nur Kostensteigerung und Unzufriedenheit gebracht hätten. Zum Thema Managed Care meinte er: «Wenn Sie integrierte Versorgungsnetze fordern, dann tun Sie dies bitte in der Absicht, die Zusammenarbeit und damit die Versorgungsqualität auf allen Stufen sicherzustellen, und nicht in der – pardon – naiven Vorstellung, dass bei gleich bleibender Qualität irgendetwas billiger wird.» Solche Aufforderungen zu Denkpausen tönen für mich immer nach der Forderung, im Denken eine Pause einzulegen, damit sich nichts verändert. Denn so lange können die Profiteure des aktuellen Systems ihren Besitzstand wahren. Ich orte demgegenüber viele engagierte Ärzte und andere Leistungserbringer, Versicherer und Versicherte, die im Denken keine Pause machen, weiterdenken und auch handeln. In einem kürzlich im «Tages-Anzeiger» erschienen Ar-
tikel fasst Fiona Fröhlich, WintiMed-Ärztin, die Effekte im Hausarztsystem mit folgenden Worten zusammen: mehr Qualität und weniger Kosten. Vorstellungen sind das eine, erfolgreiche Taten und Erfahrungen das Überzeugendere. In den nunmehr bald 14 Jahren mit alternativen Versicherungsmodellen in der Schweiz konnten viele Widerstände abgebaut werden. Viele Erfahrungen – erfolgreiche und weniger erfolgreiche – konnten gesammelt werden. Immer mehr Versicherte und Patienten können sich unter dem Hausarztsystem oder anderen Managed-Care-Angeboten etwas vorstellen. Gute Voraussetzungen, um den alternativen Versicherungsmodellen zum Durchbruch zu verhelfen. Noch ist er nicht geschafft, obschon die Nachfrage der Versicherten deutlich zunimmt. Das Negativ-Image durch den Begriff der «eingeschränkten Wahl» ist hartnäckig. Hier gibt es noch viel Informationsbedarf. Zudem bremsen die Systemmängel im KVG (Risikoausgleichsregelung, Spitalfinanzierung) die Ausschöpfung der Vorteile von integrierten Versorgungsnetzen. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Managed-Care-Modelle wäre eine konkrete und dringende Massnahme, die einen wirksamen Beitrag zur Versorgungsqualität und Wirtschaftlichkeit für die Zukunft leisten würde. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Die im Februar vom Bundesrat vorgestellte Reformplanung besticht vielleicht durch ihre politische Taktik. Bezüglich der Förderung von Managed-Care-Modellen droht sie aber inhaltlich zu versagen und die Chancen ungenutzt zu lassen. Es gibt immer mehr Versicherte und Patienten, die genug von den «Denk-
pausen» der Politiker haben. Für sie ist die Zeit zum Handeln schon lange reif. Und es gibt immer mehr verantwortungsbewusste und engagierte Ärzte, welche die Vorteile von Netzwerken erkennen und im Interesse einer qualitativ guten und wirtschaftlichen Gesundheitsversorgung auch realisieren wollen. Und last but not least wollen auch viele Versicherer ihr Angebot weiterentwickeln und die Chancen von Managed Care nutzen.
Die Zeit ist reif zu handeln.
Karl Kunz Geschäftsführer UNIMEDES Mitglied des Redaktionellen Beirats der Zeitschrift «Managed Care»
22 Managed Care 3 q 2004