Schweizer Zeitschrift für Onkologie 01/2015
Radioonkologische Behandlungsoptionen und -techniken
«Radioonkologischer Alltag»
Ein kurz gefasster Überblick über das breite Aufgabenspektrum im Klinikbetrieb
Die moderne Radioonkologie ist ein wichtiger Bestandteil in der multimodalen Therapie maligner Erkrankungen. Auch bei benignen Tumoren zeigt die Radiotherapie einen grossen Nutzen; seit einigen Jahren erlebt sie zudem bei chronisch entzündlichen Erkrankungen aufgrund der durch Studien generierten Evidenz eine Renaissance. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die zahlreichen Themen des Alltags in der Radioonkologie.
Die Entwicklungen in der Radioonkologie in den vergangenen 50 Jahren
Teil 1: Gründung der Gesellschaften und Klinik der Radioonkologie
Internationale fachliche Entwicklungen in der Radioonkologie wurden in der Schweiz in den vergangenen 50 Jahren nicht nur übernommen, sondern auch angestossen und klinisch umgesetzt*. Stimulierend für eine rege internationale Kooperation war 1980 die Gründung der ESTRO, der European Society for Radiotherapy & Oncology. Hilfreich für das «fachliche Selbstbewusstsein» der Radioonkologie in der Schweiz wurde 1996 ihre Abspaltung von der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Radiologie (SGMR).
Die Protonentherapie
Anwendungsspektrum und Indikationen
Die am Paul Scherrer Institut (PSI) entwickelte Spot-Scanning-Technik (PBS) wird seit 1996 erfolgreich bei tief liegenden Tumoren angewendet. Mit dieser Radiotherapietechnik kann einerseits lokal eine höhere Dosis auf den Tumor appliziert, andererseits können eine unnötige Strahlung und dadurch Nebenwirkungen im umliegenden Gewebe vermieden werden. Dieser Artikel beleuchtet das Anwendungsspektrum der Protonentherapie und die Indikationen, welche am PSI behandelt werden.
Stereotaktische Strahlentherapie und Radiochirurgie
Innovationen und Perspektiven
Aufgrund von fundamentalen technischen Entwicklungen in der Radioonkologie und Erkenntnissen in der Radiobiologie von Tumoren und Normalgewebe haben sich die stereotaktische Strahlentherapie (SBRT) und die Radiochirurgie als fokussierte und hochpräzise Formen der Strahlentherapie auch zur Behandlung von extrakraniellen Tumoren etabliert. Im Folgenden wird ein Überblick über etablierte Indikationen sowie mögliche Perspektiven dieser Spezialtherapie gegeben.
Interventionelle Radioonkologie
Indikationen und Techniken
Die interstitielle Brachytherapie ist eine effektive Methode zur Verabreichung hoher Strahlendosen bei Patienten mit Malignomen. Im Gegensatz zur perkutanen Implantation von Applikatoren in superfizielle Tumoren oder zur Insertion von Applikatoren in Körperhöhlen zielt die interventionelle minimalinvasive Brachytherapie auf innere Organe. Durch die Platzierung multipler Katheder in die Läsion kann eine wirksame Dosierung unter Aussparung des umgebenden Gewebes erreicht werden.
Die Wirkung der Radiotherapie auf molekularer Ebene
Wie wirken ionisierende Strahlen auf Tumorzellen? Die moderne molekularbiologische Forschung hat wesentlich zum Verständnis der Strahlenwirkung auf molekularer, zellbiologischer und tumorphysiologischer Ebene beigetragen. Die Klärung multipler intra- und interzellulärer Prozesse durch die Strahlung ist relevant, um Strahlenresistenzen zu verstehen und darüber hinaus neue kombinierte Radiochemotherapien zu entwickeln. Angela Broggini-Tenzer, Martin Pruschy
SAKK-aktuell
Mit Tyrosinkinasehemmer auf lange Remission setzen
Chronisch myeloische Leukämie (CML)
Mit der zunehmend verbesserten Lebenserwartung von CML-Patienten seit Einführung der Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) haben sich die Therapieziele verlagert. Heute wird eine Erhöhung des Anteils der Patienten mit therapiefreier Remission und unter Umständen die Heilung der CML mit alleiniger medikamentöser Therapie angestrebt. Beim ASH-Jahresmeeting wurden wegweisende Studien zur Langzeitwirkung, -sicherheit und zum möglichen Absetzen der TKI präsentiert.
Aktuelle Fortschritte bei der Immuncheckpoint-Blockade
Therapie des fortgeschrittenen Melanoms/Nivolumab
Ipilimumab hat die moderne Tumorimmuntherapie mit gezielter ImmuncheckpointBlockade beim fortgeschrittenen Melanom etabliert. Jetzt liegen auch für einen anderen Immuncheckpoint-Inhibitor, den Anti-PD-1-Antikörper Nivolumab, Resultate von Phase-III-Studien vor.
Dreifachkombination hilft – wenn sie umgesetzt wird
Antiemese in der gynäkologischen Onkologie
Nausea und Emesis sind für Krebspatienten nach wie vor ein Hauptproblem der Therapie. Befragungen der behandelnden Ärzte haben gezeigt, dass die bereits 2011 publizierten ASCO-Leitlinien zur Antiemesis in der Praxis noch zu wenig umgesetzt werden. Das liegt auch daran, dass die Problematik seitens des medizinischen Personals unterschätzt wird.
Signifikant verlängertes Gesamtüberleben unter Dabrafenib plus Trametinib
BRAF-V600-mutiertes Melanom
Patienten mit fortgeschrittenem/metastasiertem BRAF-mutiertem Melanom profitieren in der Erstlinie von der Kombination aus BRAF-Hemmung mit Dabrafenib (Tafinlar®) und MEK-Hemmung mit Trametinib. Dies ergaben jetzt zwei randomisierte Phase-IIIStudien mit unterschiedlichem Design (1, 2). Gegenüber der alleinigen BRAF-Hemmung (mit Vemurafenib) zeigte die Dabrafenib/Trametinib-Kombination ein signifikant verlängertes Gesamtüberleben (2).
Vemurafenib plus MEK-Hemmer Cobimetinib verzögert signifikant den Krankheitsprozess
BRAF-V600-mutiertes fortgeschrittenes Melanom
Bei nicht vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem BRAF-mutiertem Melanom bewirkt die Zugabe des MEK-Hemmers Cobimetinib zur Standardtherapie mit Vemurafenib (Zelboraf®) ein signifikant verbessertes Ansprechen und progressionsfreies Überleben verglichen mit der alleinigen Gabe des BRAF-Hemmers. Dies ergab die internationale randomisierte Phase-III-Studie coBRIM, deren Resultate zum primären Endpunkt kürzlich publiziert wurden.
Kombinierte BRAF-MEK-Blockade – und künftige Therapieausrichtungen
Kommentar
Die Resultate der kürzlich publizierten Studien von Larkin, Long und Roberts (1–3) verdeutlichen, wie sehr das Verständnis der wichtigsten Signalwege des inoperablen, fortgeschrittenen Melanoms die Therapie optimieren kann. Dies betont B.D. Curti, Portland/Oregon, im Kommentar (4) der Studien von Larkin und Long. Ziel der Forschungsbestrebungen werde es sein, eine Rationale für Therapiesequenzen aufzustellen, so Curti.
Inhalt/Impressum
Im Brennpunkt: Wir führen in der Schweiz eine Scheindebatte – Prof. Thürlimann zum Mammografiescreening
In Replik auf die neuere Empfehlung des Swiss Medical Boards, das flächendeckende Screeningprogramm in der Schweiz nicht einzuführen und bestehende Programme abzuschaffen, formulierte Prof. Beat Thürlimann, Leiter des Brustzentrums St. Gallen, sein Statement hierzu vor Gynäkologinnen und Gynäkologen auf dem Women’s Health Congress 2015 in Bern. Er plädiert vehement für das qualitätskontrollierte Screeningprogramm.
EDITORIAL
Im Fokus: Radioonkologische Behandlungsoptionen und -techniken
- «Radioonkologischer Alltag»
- Die Entwicklungen in der Radioonkologie in den vergangenen 50 Jahren
- Die Protonentherapie
- Stereotaktische Strahlentherapie und Radiochirurgie
- Interventionelle Radioonkologie
Serie: «News of the Lab»
SAKK aktuell - Offene Studien
KONGRESSBERICHTE/NEUE THERAPIEN
- Mit Tyrosinkinasehemmer auf lange Remission setzen
- Aktuelle Fortschritte bei der Immuncheckpoint-Blockade
- Dreifachkombination hilft - wenn sie umgesetzt wird
JOURNAL CLUB
- Signifikant verlängertes Gesamtüberleben unter Dabrafenib plus Trametinib
- Vemurafenib plus MEK-Hemmer Cobimetinib verzögert signifikant den Krankheitsprozess
- Kombinierte BRAF-MEK-Blockade - und künftige Therapieausrichtungen