Schweizer Zeitschrift für Psychiatrie & Neurologie 04/2023
Frauen sind vulnerabler
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser Ich freue mich sehr, Ihnen die neue Ausgabe der «Psychiatrie + Neurologie» vorstellen zu dürfen. In dieser Ausgabe widmen wir uns frauenspezifischen Themen in der Psychiatrie und Psychotherapie. Allgemein weisen Frauen einige Risikofaktoren für die psychische Gesundheit auf, die Männer nicht aufweisen.
Essen ist etwas Wunderbares, aber nicht immer
Essstörungen: Frauen in Krisen helfen
Im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichen Schlankheitsidealen und überwältigenden, allseits verfügbaren Essensangeboten haben sich Essstörungen zu einem häufigen psychischen Krankheitsfeld entwickelt. Die zu geringe oder zu hohe Nahrungsaufnahme ist für Betroffene wie für ihr soziales Umfeld meist mit einem erheblichen Leidensdruck verbunden. Zeitnahes Erkennen und eine spezifische Behandlung sind für Verlauf und Prognose entscheidend.
Elternschaft bei Patientinnen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung
Borderline-Persönlichkeitsstörungen sind schwerwiegende Störungen im Selbsterleben und in interpersonellen Beziehungen. Die typischen Schwierigkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen führen im Übergang zur Mutterschaft zu besonderen Problemen und können sich auf die Entwicklung des Kindes schädlich auswirken. Eine Sensibilisierung des Gesundheitspersonals und frühzeitige Unterstützung der Mütter sind für die weitere Entwicklung von Mutter und Kind wesentlich.
Psychische Störungen bei Frauen im Kontext der Elternschaft
Die meisten Menschen in der Schweiz werden Eltern (1, 2). Für viele gehört Elternwerden zur Erfüllung eines grossen Lebenstraums, und sie verbinden die Geburt eines Kindes mit Glück und Erfüllung. Die Realität widerspricht diesem Ideal allerdings. Schwangerschaft, Geburt und Elternschaft sind auch mit unerwartet grossen Herausforderungen, Konflikten, Stress und einem erhöhten Risiko für psychische Störungen verbunden. Aufgrund der idealisierten Vorstellung der Mutterschaft leiden viele Mütter besonders unter den häufig unerwarteten und tabuisierten Herausforderungen (3). In diesem Artikel werden psychische Belastungen im Kontext der Mutterschaft dargestellt sowie deren Folgen und Möglichkeiten, wie Ärzte und Ärztinnen betroffene Frauen unterstützen können.
Trauma und Traumafolgestörungen bei Frauen
Frauen weisen in repräsentativen Untersuchungen zwei- bis dreimal höhere Prävalenzraten von Traumata und Traumafolgestörungen auf. Die posttraumatische Belastungsstörung ist dabei die spezifischste, wenngleich nicht die einzige Folge traumatischer Ereignisse. In diesem Artikel wird zunächst ein kurzer Überblick über die Häufigkeit und Arten von Traumatisierungen referiert. Anschliessend wird auf die verschiedenen Traumafolgestörungen vor dem Hintergrund der aktualisierten Nomenklatur Trauma- und Stressassoziierter Störungen in der 11. Version der Internationalen Klassifikation von Krankheiten (ICD-11) eingegangen. Der letzte Abschnitt widmet sich der Behandlung von Traumafolgestörungen und den dabei zu überwindenden Herausforderungen zur Umsetzung der aktuellen Leitlinienempfehlungen.
Fachliche Ziele und die etwas andere Karriereplanung junger Neurologinnen und Neurologen
Liebe Kollegeninnen und Kollegen Mit grosser Freude laden wir Sie in dieser Ausgabe ein, wichtige Themen der Neurologie aus dem Blickwinkel junger Kolleginnen und Kollegen in der Weiterbildung zu erfahren. Neben aktuell relevanten Aspekten der Aus- und Weiterbildung war es ebenfalls das Ziel, fachliche Beiträge zu diagnostischen und therapeutischen Weiterentwicklungen in ausgewählten Teilbereichen der Neurologie zu beleuchten.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Sicht einer Assistenzärztin an einem universitären Neurozentrum
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für junge Ärzte auch im Jahr 2023 weiterhin eine Herausforderung. Mentoringprogramme und Leitlinien bieten dabei sowohl Ärzten als auch den Arbeitgebern Unterstützung bei dieser Aufgabe, die mit den richtigen Rahmenbedingungen durchaus umsetzbar ist.
Diversity – Augenblick im Regenbogen
Es werde Sexualität. Und es wurde Sexualität. Und Sexualität wurde bunt. Ist es nicht wunderbar, dass Sexualität auf der Erde existiert, dieses im unendlichen und kalten Raum verlorenes winziges Steinchen? Ist es auch nicht wunderbar, dass wir Menschen das zelluläre Netzwerk haben, um die Sexualität zu geniessen? Jenseits vom Geschlechtsverkehr beinhaltet Sexualität eine riesige Palette von Wahrnehmungen, Emotionen und Erfahrungen. Schon seit der Antike wurde diese Vielfalt konzeptualisiert, kategorisiert und organisiert. Seit dem 19. Jahrhundert involviert sich die Ärzteschaft und dies nicht immer mit den besten Ideen. In den letzten Dekaden erlebt unsere europäische Gesellschaft eine regenbogenfarbige Entwicklung von neuen Konzepten, die das Verständnis über Sexualität erweitern. Mit diesem Artikel dürfen Sie einige von diesen Kernkonzepten entdecken und hoffentlich die Sexualität noch mehr geniessen.
Ursachenabklärung nach einem ischämischen Schlaganfall mithilfe von Biomarkern
Dem Vorhofflimmern auf der Spur
Die aktuellen Vorgehensweisen hinsichtlich Art und Dauer der Suche nach einem Vorhofflimmern infolge eines Embolic Stroke of Unkonwn Source (ESUS) sind unterschiedlich. (Atriale) natriuretische Peptide können als Biomarker die Entscheidung zur Dauer des prolongierten Monitorings nach Hirnschlag erleichtern und gegebenenfalls auch therapeutische Implikationen haben. Der folgende Artikel bietet eine Übersicht über den aktuellen Stellenwert und Perspektiven von Biomarkern bei der Suche nach Vorhofflimmern.
Leitfaden für Neurologen und Psychiater – Arbeiten oder Forschen im Ausland in der Weiter- oder Fortbildung
Für viele forschende Ärztinnen und Ärzte in der Weiter- oder Fortbildung stellt sich früher oder später die Frage, ob sie ihr Ausbildungscurriculum durch einen Auslandaufenthalt ergänzen möchten. In diesem Artikel werden die Vor- und Nachteile eines solchen Aufenthalts, die Anforderungen, die Finanzierungsmöglichkeiten und die Herausforderungen beleuchtet.
Wenn Muskeln zucken – Das Faszikulations-Krampus-Syndrom und die Angst vor ALS
Faszikulationen können im Rahmen verschiedener neuromuskulärer Erkrankungen und auch bei gesunden Menschen auftreten. Findet sich keine zugrundeliegende Erkrankung, spricht man vom benignen Faszikulationssyndrom. Teils verspüren Betroffene Muskelkrämpfe, teils auch eine Leistungsintoleranz. Bei manchen Patienten entwickelt sich eine begleitende, im Alltag einschränkende Angst vor einer schweren Erkrankung. In der Behandlung dieser Patienten steht eine gründliche, multimodale Abklärung hinsichtlich einer möglichen zugrundeliegenden Erkrankung an erster Stelle. Bei unauffälliger Abklärung erfolgt eine umfassende Aufklärung und Beruhigung des Betroffenen, bei persistierenden schweren Angstsymptomen können medikamentöse und psychotherapeutische Optionen erwogen werden.
Multiple Sklerose – Neue therapeutische Strategien und der Durchbruch von B-Zell-zielgerichteten Therapien zur Progressionsvermeidung
Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems mit komplexer und noch nicht vollständig verstandener Pathophysiologie. Obwohl verschiedene Behandlungsansätze existieren, bleibt der genaue Einfluss auf den Krankheitsverlauf unklar. Dieser Artikel diskutiert die aktuellen therapeutischen Strategien, insbesondere B-Zell-depletierende monoklonale Antikörper, und zeigt zukünftige Herausforderungen bei der Behandlung von MS auf. Eine optimale Anwendung, die Erforschung von Biomarkern und die Exploration von Kombinationstherapien sind entscheidend, um die Behandlungsergebnisse zu verbessern und das Management von MS voranzutreiben.
EAN-Kongress 2023 – Aktuelle Studiendaten zur Multiplen Sklerose
Angesichts des sehr variablen Verlaufs der Multiplen Sklerose werden prognostische Biomarker dringend benötigt. Mehrere im Rahmen des Jahreskongresses der European Academy of Neurology (EAN) in Budapest vorgestellte Studien beschäftigten sich mit der Validität neuer prognostischer Marker. Ebenfalls präsentiert wurden Langzeitdaten zum Vergleich der autologen hämatopoetischen Stammzelltransplantation mit Natalizumab.
EAN-Kongress 2023 – CGRP-Antagonisten auch bei älteren Migränepatienten wirksam und verträglich
Im Rahmen des Kongresses der European Academy of Neurology (EAN) war die Rolle der CGRP-Antagonisten in der Anfallsprophylaxe der Migräne ein wichtiges Thema. In einer spanischen Studie konnte gezeigt werden, dass auch ältere Patienten, die aus den meisten klinischen Studien ausgeschlossen waren, von diesen Therapien profitieren. Und in einer Pro-und-Kontra-Debatte kamen die hohen Kosten dieser Medikamente zur Sprache.
Jahreskongress der American Association of Neurology (AAN) – OPERA-OLE: Weniger Rückfälle und Behinderung
Patienten mit Multipler Sklerose (MS) unter einer Therapie mit Ocrelizumab haben nach 8,5 Jahren eine geringere Behinderung als jene, die erst mit Interferon (IFN) beta-1a begonnen haben und später zu Ocrelizumab wechseln. Das zeigte die offene Verlängerungsstudie der OPERA-I- und -II-Zulassungsstudien, die am AAN-Kongress in Boston präsentiert wurde. Eine weitere, am Kongress präsentierte Studie wies auf einen starken Zusammenhang zwischen mediterraner Ernährung und besserer Kognition bei MS-Patienten hin.
Botox bei chronischer Migräne
Weitere Meldungen:
– Ginkgo verbessert Kognition nach ischämischem Hirnschlag
– Donanemab: neue Hoffnung für Alzheimerpatienten?
In diesem Heft
Psychiatrie: Gender
Editorial
Fortbildung
- Essen ist etwas Wunderbares, aber nicht immer
- Elternschaft bei Patientinnen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung
- Psychische Störungen bei Frauen im Kontext der Elternschaft
- Trauma und Traumafolgestörungen bei Frauen
Neurologie: Junge Neurologen
Editorial
Fortbildung
- Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
- Diversity - Augenblick im Regenbogen
- Ursachenabklärung nach einem ischämischen Schlaganfall mithilfe von Biomarkern
- Leitfaden für Neurologen und Psychiater - Arbeiten oder Forschen im Ausland in der Weiter- oder Fortbildung
- Wenn Muskeln zucken - Das Faszikulations-Krampus-Syndrom und die Angst vor ALS
- Multiple Sklerose - Neue therapeutische Strategien und der Durchbruch von B-Zell-zielgerichteten Therapien zur Progressionsvermeidung
Kongress aktuell
- EAN-Kongress 2023 - Aktuelle Studiendaten zur Multiplen Sklerose
- EAN-Kongress 2023 - CGRP-Antagonisten auch bei älteren Migränepatienten wirksam und verträglich
- Jahreskongress der American Association of Neurology (AAN) - OPERA-OLE: Weniger Rückfälle und Behinderung