CongressSelection 10/2022
«Das Pingpong zwischen Hausarzt und Kardiologe hat sich gut bewährt»
Interview mit Prof. Franz Eberli
Am Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC) in Barcelona wurden viele Studien vorgestellt, unter anderem zur Therapie der Hypertonie, der Herzinsuffizienz und zur Lipidsenkung. Deren Resultate werden im Heftinnern weiter ausgeführt. Wie die Ergebnisse allerdings eingeschätzt werden müssen und welche Implikationen sie für die Praxis haben, haben wir am Kongress Prof. Franz Eberli, Stadtspital Triemli, Zürich, gefragt. Seine Einschätzung lesen Sie hier im Interview.
Neue Guidelines – Operationen und Krebstherapien besser antizipieren
Die European Society of Cardiology (ESC) hat an ihrem Jahreskongress 4 Guidelines vorgestellt, 2 davon sind neu. Zum einen bietet die neue Guideline für Kardioonkologie Empfehlungen und Handlungsanleitungen für Herzpatienten, die unter oder vor einer Tumorbehandlung stehen. Ziel dabei ist es, die kardialen Schäden einer solchen Therapie möglichst klein zu halten. Zum anderen enthält die 2. neue Guideline Empfehlungen zu Patienten mit oder ohne kardiale Vorerkrankungen, die vor einer grösseren, nicht kardialen Operation stehen. Auch diese Guideline hat das Ziel, die kardialen Komplikationen nach solchen Eingriffen zu reduzieren. Ein Update hat die Guideline zur pulmonalen Hypertonie erfahren, die Frühdiagnostik erhält dabei noch mehr Gewicht. Ebenfalls revidiert wurde die Guideline zur Prävention eines plötzlichen Herztodes. Hier soll die Öffentlichkeit noch mehr eingebunden werden.
Herzinsuffizienztherapie – Wird die Auswurffraktion für SGLT2-Hemmer obsolet?
Nachdem der SGLT2-Hemmer Empagliflozin im letzten Jahr mit der EMPEROR-PRESERVE-Studie bei der bis dahin als nicht behandelbar geltenden Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) eine gute Wirkung gezeigt hatte, konnte nun Dapagliflozin mit der am diesjährigen ESC-Kongress präsentierten DELIVER-Studie diesen Beweis ebenfalls erbingen, auch für Patienten mit einer leicht reduzierten Auswurffraktion. Somit sind beide SGLT2-Hemmer bei mehreren Formen der Herzinsuffizienz einsetzbar.
Hypertonie, Lipidwertmessung, Muskelschmerzen … – «Was die Patienten wahrnehmen, müssen wir auch wahrnehmen»
Interview mit Prof. Isabella Sudano, Universitätsspital Zürich
Aktuelle Studienergebnisse sind das eine, ihre Einordnung für den ärztlichen Alltag das andere. Wir baten Prof. Isabella Sudano, Universitätsspital Zürich, um eine Einschätzung, welche Aspekte einiger am Jahreskongress der European Society of Cardiology präsentierter Daten für die hausärztliche Praxis besonders interessant sind.
Lipidsenkung durch PCSK9-Hemmung – Weitere Reduktion kardialer Ereignisse unter Langzeittherapie
Am Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC) wurden die Ergebnisse der Verlängerung der FOURIER-Studie vorgestellt, in der die Sicherheit und die Wirksamkeit einer Langzeittherapie mit dem PCSK9-Hemmer Evolocumab untersucht wurde. Durch die weitere Lipidsenkung erfolgte eine anhaltende Reduktion von kardiovaskulären Ereignissen bei guter Verträglichkeit.
Freispruch für Statine – Muskelschmerzen meist nicht von Statinen
Muskelbeschwerden während einer Statintherapie sind ein häufiger Grund für einen Therapiestopp. Diese Nebenwirkung figuriert in den grossen, randomisierten, kontrollierten Studien allerdings meist auf Plazeboniveau. In nicht randomisierten und offenen Studien sowie in Fallberichten werde sie dagegen häufig gemeldet, berichtete Prof. Colin Baigent, University of Oxford (UK), an einer HotlineSession am Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC). Was ist richtig?
DANFLU-Studie – Hochdosis-Vierfachgrippeimpfung für Ältere vielversprechend
Eine Grippeimpfung schützt nicht nur vor Infektion, sondern reduziert auch das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse. Bei älteren Personen scheint dabei eine hoch dosierte Vierfachinfluenzaimpfung von Vorteil und ohne vermehrte Nebenwirkungen zu sein, wie die am Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC) in Barcelona vorgestellte DANFLU-Studie zeigte.
Herzinsuffizienztherapie – Geschlecht entscheidet über Wirkung mit
Nach derzeitiger Auffassung definiert die Auswurffraktion die Art der Herzinsuffizienz. Liegt sie > 45 Prozent, spricht man von einer Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF), liegt sie < 40 Prozent, handelt es sich um eine Herzinsuffizienz mit reduzierter Pumpfunktion (HFrEF). Nicht alle Herzinsuffizienztherapien wirkten bei beiden Entitäten gleich gut, führte Dr. Milton Packer, Baylor University Medical Center, Dallas (USA), und Imperial College, London (UK), am Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC) in Barcelona aus. Wo die Unterschiede liegen.
ESC-Kongressnews
– Kardiovaskuläres Screening für Männer < 70
– COVID-mRNA-Impfstoffe sicher für Herzinsuffiziente
– SECURE: Starkes Plädoyer für die Polypill
– TIME: Blutdruckmedikation morgens wie abends möglich
Gewicht-und-Komorbiditaeten-im-Zentrum-der-Therapie
In den neuen Konsensus-Empfehlungen der American Diabetes Association (ADA) und der European Association for the Study of Diabetes (EASD) hat das Adipositasmanagement mehr Gewicht erhalten. Denn einerseits ist bekannt, dass Adipositas einer Diabetesentwicklung Vorschub leistet und andererseits dass die Diabeteserkrankung durch Gewichtsabnahme zur Remission gebracht werden kann. Wichtig ist ausserdem eine patientenzentrierte Therapie, die sich an den Komorbiditäten orientiert.
Aufbruchstimmung in der Adipositastherapie – Medikamente langsam gleich gut wie Bariatrie
Für die Behandlung der Adipositas als schwere chronische Erkrankung gibt es mittlerweile immer mehr pharmakologische Methoden, deren Effizienz die bariatrische Operation langsam einholt. Wie diese Entwicklung einzuschätzen ist, ordnete Prof. Luc Van Gaal, Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Metabolismus, Antwerp University Hospital (B), am Jahreskongress der European Association for the Study of Diabetes (EASD) ein.
Diabetes bei älteren Patienten – Antidiabetische Therapie auf Gesundheitszustand abstimmen
Mit zunehmendem Alter, insbesondere in höherem Alter, wird die Blutzuckerkontrolle bei Patienten mit Typ-2-Diabetes schwieriger. Einsetzende Komorbiditäten, Frailty und eine allfällig beginnende Demenz erschweren das Management. Welche Möglichkeiten bestehen, erklärte Prof. Alain Sinclair, Foundation for Diabetes Research in Older People (fDROP) und King’s College, London (UK), am Jahreskongress der European Association for the Study of Diabetes (EASD).
Kontinuierliche Glukosemessung bei Typ-2-Diabetes – Weniger Spitaleinweisungen wegen akuter Entgleisung
Ein kontinuierliches Glukosemonitoring bei Patienten mit Diabetes hat, verglichen mit einer konventionellen Blutzuckermessung, nicht nur den Vorteil von weniger Einstichen und mehr Komfort. Mit dieser Messmethode ist es möglich, die diabetesbedingte Hospitalisierungsrate bei Patienten sowohl mit Typ-1- als auch mit Typ-2-Diabetes zu senken, wie am Jahreskongress der European Association for the Study of Diabetes (EASD) in Stockholm zu erfahren war.
SGLT2-Hemmer bei Diabetes und chronischer Nierenerkrankung – Nierenwerte können sich sogar verbessern
Die chronische Nierenerkrankung ist eine häufige Komplikation von Typ-2-Diabetes. Zeichen dafür ist der kontinuierliche Abfall der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR), was bis zu einer terminalen Niereninsuffizienz und zur Notwendigkeit einer Nierentransplantation führen kann. Eine chronische Nierenerkrankung erhöht ausserdem das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankung und Mortalität. Unter SGLT2-Hemmern können sich die Nierenwerte verbessern, wie Prof. Silvio Inzucchi, Yale School of Medicine, New Haven (USA), am EASD-Kongress darlegte.
Diabetische Fussulzera – Bestechend einfache Ideen zur schnelleren Fussulkusheilung
Gemäss einer Schätzung der NICE-Guidance entwickeln etwa 10 Prozent der Patienten mit Diabetes irgendwann ein Fussulkus (1). Ein solches kann zu Komplikationen wie beispielsweise Sepsis, Amputation und zum Tod führen. Am Jahreskongress der European Association for the Study of Diabetes (EASD) in Stockholm wurden eine einfache chirurgische Methode und eine vielversprechende konservative Methode vorgestellt, wie man in Zukunft die Ulkusheilung beschleunigen könnte.
Insulintherapie bei Typ-1- und Typ-2-Diabetes – Grössere Auswahl und einfachere Therapie
Am Jahreskongress der European Association for the Study of Diabetes (EASD) in Stockholm wurden 2 Studien zur Insulintherapie bei Patienten mit Diabetes präsentiert. Die eine Studie verglich die Basalinsuline Insulin glargin 300 und Insulin degludec 100 bei Typ-1-Diabetes, die andere den Nutzen einer Fixkombination aus Insulin und Liraglutid im Vergleich zu multiplen Insulininjektionen bei Typ-2-Diabetes.
EASD-Kongressnews
– Beim Teetrinken Diabetesrisiko reduzieren
– Coronainfektion erhöht Typ-1-Diabetes-Risiko bei Kindern
– Gründe für Spitaleinweisungen verändern sich
In diesem Heft
Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC) 26. bis 29. August 2022 in Barcelona
- «Das Pingpong zwischen Hausarzt und Kardiologe hat sich gut bewährt»
- Neue Guidelines - Operationen und Krebstherapien besser antizipieren
- Herzinsuffizienztherapie - Wird die Auswurffraktion für SGLT2-Hemmer obsolet?
- Hypertonie, Lipidwertmessung, Muskelschmerzen ... - «Was die Patienten wahrnehmen, müssen wir auch wahrnehmen»
- Lipidsenkung durch PCSK9-Hemmung - Weitere Reduktion kardialer Ereignisse unter Langzeittherapie
- Freispruch für Statine - Muskelschmerzen meist nicht von Statinen
- DANFLU-Studie - Hochdosis-Vierfachgrippeimpfung für Ältere vielversprechend
- Herzinsuffizienztherapie - Geschlecht entscheidet über Wirkung mit
- ESC-Kongressnews
Jahreskongress der European Association for the Study of Diabetes (EASD) 19. bis 23. September 2022 in Stockholm
- Gewicht-und-Komorbiditaeten-im-Zentrum-der-Therapie
- Aufbruchstimmung in der Adipositastherapie - Medikamente langsam gleich gut wie Bariatrie
- Diabetes bei älteren Patienten - Antidiabetische Therapie auf Gesundheitszustand abstimmen
- Kontinuierliche Glukosemessung bei Typ-2-Diabetes - Weniger Spitaleinweisungen wegen akuter Entgleisung
- SGLT2-Hemmer bei Diabetes und chronischer Nierenerkrankung - Nierenwerte können sich sogar verbessern
- Diabetische Fussulzera - Bestechend einfache Ideen zur schnelleren Fussulkusheilung
- Insulintherapie bei Typ-1- und Typ-2-Diabetes - Grössere Auswahl und einfachere Therapie
- EASD-Kongressnews