Schweizer Zeitschrift für Psychiatrie & Neurologie 01/2021
Trends im Auftreten und in der Behandlung von Depressionen
Die Coronakrise nimmt einen fulminanten Verlauf auf die psychische Gesundheit. Eine internationale Metaanalyse zeigt, dass psychische Probleme wie Angst, Depression, Stress und Schlaflosigkeit während der COVID-19-Pandemie bei etwa einem Drittel der Bevölkerung auftraten (1). Auch in der Schweiz findet sich eine zu der internationalen Studienlage identische Situation (2)
Resilienz in der Coronakrise
Isolation, Einsamkeit, Unvorhersehbarkeit, Unsicherheit, Arbeitsplatzverlust, physische Distanzierung, Reduktion des Einkommens, unklare Zukunftsaussichten, ein erhöhter Alkoholkonsum, Inaktivität, weniger Unterstützung durch die Familie und Freunde sowie auch eine Permanenz dieser Krise haben einen Einfluss auf die Psyche. Um Krisen zu bewältigen, spielt es eine Rolle, ob Menschen auf soziale und mentale Ressourcen zurückgreifen können, um aus einer Krisensituation neue Entwicklungspotenziale zu schöpfen. Diese Fähigkeit wird auch als Resilienz (Widerstandsfähigkeit) bezeichnet. Tatsächlich enthält das chinesische Schriftzeichen für Krise zwei Silben, die, einzeln gelesen, die Worte Gefahr und Chance bedeuten. Das Thema Resilienz gewinnt in Zeiten der Coronakrise eine neue Bedeutung und birgt ein grosses Potenzial.
Schwer behandelbare Depressionen – Konzept und Behandlungsplanung
Depressionen sind schwere psychische Erkrankungen, die jedes Jahr über 600 000 Personen in der Schweiz betreffen: 2017 waren 7,8 Prozent der Männer und 9,5 Prozent der Frauen an einer Majoren Depression erkrankt (1). In internationalen Studien beträgt die Lebenszeitprävalenz mindestens 20 Prozent (2) und bis 32 Prozent in der Zürich-Studie (3). Depressive Erkrankungen sind belastend für die Betroffenen selbst, sei es, weil die Lebenserwartung um 5 bis 10 Jahre reduziert ist (4), die Einschränkungen durch unipolare Depressionen und bipolare Erkrankungen deutlich höher sind als durch körperliche Erkrankungen wie Diabetes, Tumorerkrankungen und kardiovaskuläre Erkrankungen (5) oder das Risiko für verschiedene chronische Erkrankungen deutlich erhöht ist.
Sport als Therapie bei Depressionen
Die Akutbehandlung von depressiven Episoden sieht je nach Schweregrad der Depression und individueller Präferenzen der Patienten vier verschiedene Behandlungsformen vor: aktiv abwartende (watchful waiting) Begleitung, Einsatz von Psychopharmaka, Behandlungen durch Psychotherapie und die Kombination der Therapien. Aufgrund der teilweise limitierten Wirksamkeit von Psychopharmaka sowie der unangenehmen Nebenwirkungen und der mangelnden Compliance bei der Einnahme sind ergänzende Therapieformen gefragt (1). Eine effektive Therapieform stellt dabei regelmässige körperliche Aktivität dar. Die Bewegungs- und Sporttherapie zur Förderung der körperlichen Aktivität wird dabei schon von verschiedensten Organisationen sowie den Behandlungsleitlinien empfohlen (2). Bewegung und Sport gelten als wichtige Faktoren in der Prävention depressiver Erkrankungen (3), helfen, psychische und physische Erkrankungssymptome zu lindern (4), verbessern die körperliche Leistungsfähigkeit und ermöglichen die Aufnahme eines gesunden und körperlich aktiven Lebensstils (5, 6).
Darm und Depression
Die therapeutische Wirksamkeit gegenwärtiger antidepressiver Medikation ist limitiert. Aus diesem Grund wird intensiv nach alternativen Therapieansätzen gesucht. Präklinische und erste klinische Versuche weisen auf das Potenzial von Darmmanipulationen für die Behandlung von Depressionen hin. Dieser Übersichtsartikel stellt das Konzept der Darm-Hirn-Achse vor, wie diese mittels Interventionen manipuliert werden kann, und die Ergebnisse erster klinischer Studien sowie was noch nötig ist, um mikrobielle Therapieformen in der Klinik anbieten zu können.
Prof. Annette Brühl – Chefärztin im Zentrum für Affektive-, Stress- und Schlafstörungen (ZASS), Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel
In den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel ist seit dem letzten Sommer mit Frau Prof. Annette Brühl eine neue Chefärztin für das Zentrum für Affektive, Stress- und Schlafstörungen sowie für das Zentrum der Alterspsychiatrie tätig. Vom Medizinstudium hatte man ihr damals abgeraten, wie sie im Interview zu ihrer Person verriet.
Die europäische Neurologie arbeitet mit internationalen Partnern zusammen, um ein globales Neuro-COVID-Register zu entwickeln
Globales Neuro-COVID-Register ENERGY
Die European Academy of Neurology (EAN) hat in Kooperation und Partnerschaft mit nationalen und internationalen neurologischen Gesellschaften ein Patientenregister zu Neuro-COVID mit weltweiter Reichweite geschaffen und entwickelt.
«Immuntherapien sollten weitergeführt werden»
Interview mit Prof. Hans Jung - Klinik für Neurologie, Universitätsspital Zürich
Vor rund einem Jahr hat die Coronapandemie die Schweiz erreicht. Seither wurden Tausende Fälle behandelt, und es zeigte sich, dass COVID-19 auch neurologische Folgeerscheinungen hat. Der Präsident der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft, Prof. Hans Jung, Klinik für Neurologie, Universitätsspital Zürich, erläutert im Interview, welche Folgen seither bei den Patienten aufgetreten sind, welche Patienten besonders gefährdet sind und wie mit bestehenden Therapien verfahren werden soll.
Prof. Stefan Engelter – Chefarzt Rehabilitation Universitäre Altersmedizin Felix Platter Leitender Arzt Behandlungskette Schlaganfall, Stroke Center, Klinik für Neurologie, Universitätsspital Basel
Mit einem Bein im Stroke Center und dem anderen in der Rehabilitation forscht Prof. Stefan Engelter an der Optimierung der motorischen Regeneration. In die Schweiz kam er aber nicht wegen der Medizin.
SNS 2020
– Management nicht infektiöser Enzephalitis
– Medikationsliste kontrollieren
– Epilepsietherapie: Der Genotyp wird wichtiger
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ESO WSO 2020
Vorgehen nach Schlaganfall
Auf der virtuellen ESO-WSO 2020 Conference, die gemeinsam von der Europäischen Schlaganfallorganisation (ESO) und der Weltschlaganfallorganisation (WSO) ausge- richtet wurde, wurden aktuelle Daten aus der Schlaganfallforschung vorgestellt. Hier eine Auswahl der im Rahmen der Eröffnungsplenarsitzung vorgestellten Studien von der Akutintervention bis zur Sekundärprävention.
kurz&bündig
– Schizophrenietherapie: Fortschritte in der psychosozialen Funktionsfähigkeit mit atypischem Antipsychotikum
– Clusterkopfschmerzen: CGRP-Antikörper auch für chronische Clusterkopfschmerzen
– Migränetherapie: Reversion von chronischer zu episodischer Migräne unter Erenumab
– Multiple Sklerose: Einschneidende Lebensereignisse begünstigen MS
News
Neue Spezialstation im REHAB Basel
– Buchrezension – «Religionssensible Psychothera- pie und Psychiatrie – Basiswissen und Praxiserfahrungen»
– Buchtipp – «Einfach sprechen über Gesund- heit und Krankheit – Medizinische Aufklärungsbögen in Leichter Sprache»
In diesem Heft
Psychiatrie
Editorial
Fortbildung
- Resilienz in der Coronakrise
- Schwer behandelbare Depressionen – Konzept und Behandlungsplanung
- Sport als Therapie bei Depressionen
- Darm und Depression
Portrait
Neurologie
Fortbildung
- Die europäische Neurologie arbeitet mit internationalen Partnern zusammen, um ein globales Neuro-COVID-Register zu entwickeln
- «Immuntherapien sollten weitergeführt werden»