CongressSelection 04/2020
Starke kardiovaskuläre Protektion
Diabetestherapie mit GLP-1-Rezeptor-Agonisten
Viele Typ-2-Diabetiker haben zusätzlich kardiovaskuläre Risikofaktoren oder sind bereits kardiovaskulär erkrankt. Grosse kardiovaskuläre Outcome-Studien haben für die humanen GLP-1-RezeptorAgonisten eine Senkung der Rate an schweren kardiovaskulären Ereignissen belegt. Mit der Blutzucker-, Blutdruck- und Gewichtssenkung allein lässt sich dieser Effekt nicht erklären. Antiatherosklerotische pleiotrope Effekte werden diskutiert.
Erektile Dysfunktion bei Diabetespatienten: Remission möglich
Nahezu jeder zweite männliche Diabetespatient leidet unter einer erektilen Dysfunktion. Die Klagen darüber sind häufig, und der Einfluss auf die Lebensqualität ist gross. Mit frühzeitiger Kontrolle des Blutzuckers und des Blutdrucks ist eine Remission möglich. Dies und mit welchen Therapien bei fortgeschrittener erektiler Dysfunktion eine Chance auf Erfolg besteht, war am Jahreskongress der American Diabetes Association (ADA) zu erfahren.
Glukagon durch die Nase
Therapie der Hypoglykämie
Tritt bei Diabetespatienten eine Hypoglykämie auf, sind Essen ohne Spritz-Ess-Abstand oder die Einnahme von Traubenzucker in der Regel genügend. Bei schweren Hypoglykämien ist dagegen die parenterale Verabreichung von Glukose oder Glukagon indiziert. Letzteres kann jetzt auch als Nasenspray appliziert werden.
Neue Insuline: Ultraschnell und ultralangsam
Insuline stehen als kurz wirksame Sofortintervention und als lang wirksame Basalinsuline zur Verfügung. Bei beiden Formen geht die Entwicklung in Richtung Steigerung der vorhandenen Eigenschaften: einerseits zur noch schnelleren Reaktion auf den Glukosespiegel, andererseits zur Verlängerung der Wirkung bis zu einer Woche. Am ADA-Kongress wurden ein ultrakurz wirksames Insulin und ein ultralang wirksames Basalinsulin vorgestellt.
SGLT2-Hemmer und Diuretika kein Problem
Therapie bei Herzinsuffizienzpatienten
Im letzten Jahr zeigte der SGLT2-Hemmer Dapagliflozin bei der Präsentation der DAPA-HF-Studie eine Risikoreduktion bei der Verschlechterung der Herzinsuffizienz oder beim kardiovaskulären Tod bei Patienten mit Herzinsuffizienz mit und ohne Typ-2-Diabetes. Am Jahreskongress der American Diabetes Association (ADA) und am Kongress der Heart Failure Association (HFA) wurden nun Subanalysen präsentiert, die einerseits ein diabetespräventives Potenzial für Dapagliflozin nahelegen und andererseits zeigen, dass eine gleichzeitige Diuretikatherapie bei Herzinsuffizienzpatienten kein Problem darstellt.
Früher kardiovaskulärer Effekt und verzögerte Insulinpflichtigkeit
Neue Erkenntnisse aus der EMPA-REG-OUTCOME-Studie
In zwei Substudien der EMPA-REG-OUTCOME, die am Jahreskongress der American Diabetes Association (ADA) präsentiert wurden, zeigte sich, dass der in der Hauptstudie gefundene kardioprotektive Effekt bereits nach wenigen Wochen einsetzt. Überdies hatten die Studienteilnehmer unter Empagliflozin auch hinsichtlich ihrer Diabeteserkrankung einen zusätzlichen Nutzen: die Notwendigkeit, Insulin zu spritzen oder dessen Dosis zu erhöhen, trat wesentlich später ein.
Kardiovaskuläre Sicherheit und Vorteil bei Herzinsuffizienz
Resultate der VERTIS-CV-Studie mit Ertugliflozin
SGLT2-Hemmer sind dafür bekannt, dass sie neben einer Senkung des HbA1c-Werts bei Typ-2-Diabetikern auch einen kardiovaskulären Nutzen haben. In der mit Spannung erwarteten kardiovaskulären Outcome-Studie VERTIS-CV, die am Jahreskongress der American Diabetes Association (ADA) präsentiert wurde, zeigte Ertugliflozin eine Reduktion der Hospitalisierungsrate infolge Verschlechterung der Herzinsuffizienz und eine gewahrte kardiovaskuläre Sicherheit.
Renoprotektion mit den neuen Antidiabetika
Diabetische Nierenerkrankungen
Bislang waren ACE-Hemmer und Sartane der Goldstandard in der Therapie der diabetischen Nierenerkrankung. Mit der Entwicklung der SGLT2-Hemmer und der GLP-1-Rezeptor-Agonisten haben sich in dieser Hinsicht neue Möglichkeiten ergeben. Mit diesen Antidiabetika können die Albuminurie und die Verschlechterung der Nierenfunktion effizient gebremst werden.
Kurzmeldungen
Kurzmeldungen vom ADA Kongress 2020
DOAK für Thromboembolietherapie bei Tumorpatienten
CARAVAGGIO-Studie
Patienten mit Krebserkrankungen haben ein erhöhtes Risiko für rezidivierende venöse Thromboembolien (VTE). Diese sind auch häufig ursächlich für Tod oder Komplikationen bei Tumorpatienten. Eine Antikoagulation mit niedermolekularem Heparin (LMWH) oder direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) ist daher sinnvoll. Zur Therapie mit Apixaban stellte Prof. Giancarlo Agnelli, Stroke Unit, Universität Perugia (I), am ACC-Kongress eine neue Studie vor, die für Apixaban eine vergleichbare Wirkung und Blutungsrate wie Dalteparin zeigte.
Neuigkeiten in der Therapie der Herzinsuffizienz
Late-Break-Studien PARAGON-HF und VICTORIA
Für Patienten mit Herzinsuffizienz gibt es je nach Ausprägung ihrer Erkrankung unterschiedliche Optionen. In der Behandlung der Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion reduziert Sacubitril/ Valsartan den kardialen Marker NT-proBNP, der seinerseits prognostisch für ein Ereignis ist. Das zeigte eine Analyse der PARAGON-HF-Studie. In der Therapie der Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion gibt es mit Vericiguat bald eine neue Option, wie die am ACC-Kongress präsentierte VICTORIAStudie nahelegte.
PCSK9-Hemmer auch bei Aortenstenose
Lipidsenkung in der Sekundärprävention
PCSK9-Hemmer sind potente Lipidsenker, die das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse weiter senken. In den Guidelines haben sie auch entsprechend Eingang gefunden. Evolocumab scheint sich jetzt auch bei Patienten mit Aortenstenose zu empfehlen. Das zeigte eine Post-hoc-Analyse der FOURIER-Studie, die am Kongress des American College of Cardiology präsentiert wurde.
Ab viertem Monat Ticagrelormonotherapie
TICO- und TWILIGHT-Studien
Bei Patienten nach Stentimplantation aufgrund eines akuten Koronarsyndroms (ACS) bedarf es einer thrombolytischen Langzeittherapie von 12 Monaten. Dass dabei die Weiterführung der während der ersten 3 Monate eingerichteten dualen Plättchenhemmung (DAPT) mit Acetylsalicylsäure (ASS) plus Ticagrelor nicht besser ist als eine Therapie nur mit Ticagrelor in den Monaten 4 bis 12, bestätigte auch die TICO-Studie erneut.
pAVK-Patienten profitieren von Kombination DOAK plus ASS
VOYAGER-PAD-Studie
Die Kombination Rivaroxaban/Acetylsalicylsäure (ASS) schützt gemäss der COMPASS-Studie Patienten mit stabiler atherosklerotischer Gefässerkrankung besser vor kardiovaskulären Ereignissen als ASS allein (1). Die Kombination bewahrt auch Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit nach Gefässrevaskularisierung vor neuerlichen kardiovaskulären Ereignissen oder Beinischämien, wie die am ACC-Kongress vorgestellte VOYAGER-PAD-Studie zeigte.
In diesem Heft
Jahreskongress der American Diabetes Association (ADA) 12. bis 16. Juni 2020, virtuell
- Starke kardiovaskuläre Protektion
- Erektile Dysfunktion bei Diabetespatienten: Remission möglich
- Glukagon durch die Nase
- Neue Insuline: Ultraschnell und ultralangsam
- SGLT2-Hemmer und Diuretika kein Problem
- Früher kardiovaskulärer Effekt und verzögerte Insulinpflichtigkeit
- Kardiovaskuläre Sicherheit und Vorteil bei Herzinsuffizienz
- Renoprotektion mit den neuen Antidiabetika
- Kurzmeldungen