CongressSelection 13/2017
«Barcelona brachte eine unglaubliche Bereicherung unseres Wissens»
Interview mit Prof. Thomas F. Lüscher, London
Wieder einmal hielt der ESC-Jahreskongress ein ausserordentlich umfangreiches Programm parat: Insgesamt wurden mehr als 10 800 Abstracts eingereicht, und fast 32 000 Teilnehmer kamen nach Barcelona, um sich kardiologisch auf den neuesten Stand zu bringen. Wir baten Prof. Dr. Thomas F. Lüscher, seit Kurzem Director of Research, Education & Development und Consultant of Cardiology am Royal Brompton & Harefield Hospital Trust und Imperial College in London, um eine Einordnung der präsentierten Daten.
Umdenken erlaubt
Ibuprofen erhöht den Blutdruck stärker als Celocoxib
Nicht steroidale Antirheumatika, ob selektiv oder nicht, lassen den Blutdruck ansteigen und führen damit zu Erhöhungen des Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse. So weit, so bekannt. Doch nicht alle tun dies gleichermassen und auch nicht so, wie man es bis anhin dachte.
Drastische Senkung der Cholesterinwerte ist gut fürs Herz
FOURIER-Subanalyse demonstriert Tiefgang
LDL-Cholesterin lässt sich ohne kardiovaskuläre Nachteile bis auf 0,2 mmol/l senken, wie eine sekundäre Analyse der FOURIER-Studie ergeben hat. Befürchtete Kognitionseinbussen traten unter so tiefem LDL nicht auf, wie am ESC-Kongress in Barcelona zu erfahren war.
«Die koronare Herzkrankheit ist die wahre Pandemie»
Durch Lipidsenkung das Risiko reduzieren
Die Entwicklung von kardiovaskulären Ereignissen steht in Zusammenhang mit der Höhe des Cholesterinwertes sowie der Dauer der Erhöhung. Worauf zu achten und wie vorzugehen ist, resümierte Prof. François Mach, Kardiologie, Hôpitaux Universitaires Genève, am ESC-Kongress in einem State-of-the-Art-Referat.
«Best Posters» aus der Schweiz
Am ESC-Kongress wurden gute Arbeiten ausgezeichnet
Am ESC-Kongress wurden 10 800 Abstracts aus 110 Ländern eingereicht und 4500 davon angenommen. In der Kategorie «Best Poster Sessions» durften sich auch sechs Arbeiten aus der Schweiz präsentieren, die wir Ihnen hier vorstellen. Die Themen könnten unterschiedlicher nicht sein. Arbeiten zur Brauchbarkeit von HypertonieApps, der Abklärung von kardialen Synkopen, dem Nutzen von Sartanen bis hin zur Infarktabklärung auf dem Notfall geben einen kleinen Einblick in die Forschungstätigkeit an unseren Spitälern.
Dilemma bei Hirnschlaggefahr und Blutungsrisiko
Hochrisikopatienten mit Vorhofflimmern trotzdem antikoagulieren
Bei Hochrisikopatienten mit Vorhofflimmern kann ein Behandlungsdilemma entstehen. Denn diese entwickeln unter Antikoagulation eine hohe Blutungsgefahr; dies allein sollte jedoch kein Grund sein, grundsätzlich auf eine Blutverdünnung zu verzichten. PD Dr. Jan Steffel, Kardiologie, Universitätsspital Zürich, diskutierte am ESC-Kongress in Barcelona dieses Problem.
Neue Rolle für niedrig dosiertes Rivaroxaban bei Patienten mit stabiler arterieller Erkrankung?
COMPASS-Studie verändert möglicherweise die Guidelines
Patienten mit stabiler atherosklerotischer Gefässerkrankung profitierten in der COMPASS-Studie von der kombinierten Gabe von niedrig dosiertem Rivaroxaban und ASS. Was bedeuten diese Erkenntnisse für die Praxis?
Kaliumwerte im Auge behalten
RAAS-Hemmertherapie könnte optimiert werden
Wenn der Kaliumspiegel steigt, wirds gefährlich. Damit RAAS-Hemmer-Therapien bei Herzpatienten deswegen nicht abgesetzt werden müssen, steht bald eine neue Option zur Verfügung. Mit der Zugabe eines Kaliumbinders bleibt der Kaliumspiegel in normalen Bahnen.
Wie kann die Behandlung optimiert werden?
Auftitrierung und Fernüberwachung hilft Herzinsuffizienten
Optimales Aufdosieren der Medikamente bis zu den empfohlenen Dosierungen ist eine komplexe und zeitraubende Aufgabe bei der Betreuung von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz. Weil der Nutzen für die Patienten gross ist, sollte diese Optimierung der Behandlung nicht vernachlässigt werden. Implantierbare Systeme, die bei Patienten mit Herzinsuffizienz ein Telemonitoring ermöglichen, könnten in Zukunft eine grosse Rolle spielen, weil damit kardiale Veränderungen frühzeitig erfasst und Hospitalisationen wegen dekompensierter Herzinsuffizienz vermieden werden können.
Kombinationstherapie bei Bluthochdruck frühzeitig beginnen
Fixkombinationen bewähren sich im auch Praxisalltag
Bei Bluthochdruck bewirkt eine Monotherapie nur bei wenigen Patienten eine effektive Senkung. Die meisten Hypertoniker benötigen dafür zwei oder mehrere Antihypertensiva.
Nützlich oder Ressourcenverschwendung?
Vor- und Nachteile eines generellen Herz-Kreislauf-Screenings
Ist ein generelles kardiovaskuläres Risikoscreening in der Allgemeinbevölkerung wirklich nützlich, gemessen an harten Outcome-Ergebnissen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Mortalität? Wie steht es mit der Kosteneffizienz? Was ist von einem generellen Screening auf Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion zu halten, handelt es sich dabei um eine unterdiagnostizierte Form von Herzinsuffizienz?
Blutdruckmessung ohne Weisskitteleffekt
Wie ist das möglich in der Praxis?
Die SPRINT-Studie hat nicht nur die Diskussion um Zielblutdruckwerte neu lanciert, sondern auch die Bedeutung der Blutdruckmessmethode in den Fokus gerückt. Prof. Patrick Rossignol, Nancy (F), diskutierte die Kernfrage, ob der Blutdruck in der Praxis mit oder ohne Beaufsichtigung des Patienten gemessen werden soll.
Alternative für Antikoagulation vor Kardioversion
Faktor-Xa-Inhibitor bei Vorhofflimmern eine gute Option
version und Antikoagulation bei Patienten mit Vorhofflimmern. Das gelingt mit dem Faktor-Xa-Inhibitor Apixaban besser als unter der Standardthera- pie mit Heparin oder dem Vitamin-K-Antagonisten, wie die EMANATE- Studie zeigte, die am ESC-Kongress präsentiert wurde.
Sport fürs Herz
Implementierung eines täglichen Übungsprogramms
Die Daten bezüglich des Nutzens sportlicher Aktivität zeichneten ein eindeutiges Bild, sowohl für gesunde Menschen als auch für solche mit kardiovaskulären Erkrankungen, berichten Experten am ESC-Kongress 2017 in Barcelona. Doch wie verschreibt man das tägliche Medikament «Sport» in der Praxis?
Impressionen
Tour de Cœur 2017 – Actions speak louder than words!
Neuer Teilnehmerrekord zur siebten Ausgabe der Multietappen-Radfahrt an den europäischen Kardiologiekongress
Seit nunmehr sieben Jahren fahren einige der Schweizer Kardiologen mit dem Velo zum Jahreskongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie. Bis die Ankommenden am Arc de Triomf von der Stadt Barcelona und dem Kongresspräsidenten offiziell willkommen geheissen werden konnten, galt es auch diesmal wieder, einige Höhen und Tiefen zu meistern. Aber lesen Sie selbst ..
Entzündungshemmung ist auch bei Typ-2-Diabetes ein heisses Thema
Interview mit Prof. Marc Donath, Universitätsspital Basel
Am diesjährigen EASD-Kongress waren bei den präsentierten klinischen Studien zwei Schwerpunkte auszumachen: kardiovaskuläre Effekte von bereits eingesetzten Antidiabetika und der Einsatz von SGLT-2-Hemmern bei Typ-1-Diabetikern. Über diese und andere Kongressthemen sprachen wir mit Prof. Marc Donath vom Universitätsspital Basel.
Mit Diabetestherapie die Herzinsuffizienz verbessern?
Die Komorbidität zu behandeln, ist empfohlen
Verschiedene SGLT-2-Hemmer und GLP-1-Analoga können gemäss Datenlage kardiovaskuläre Outcomes verbessern. Ob dies auch für die Herzinsuffizienz gilt, kann trotz Hinweisen in diese Richtung nur vermutet werden. Warum dies so ist und was zu tun ist, erklärte Prof. Stefan Anker, Kardiologie, Charité Berlin, am EASD-Kongress in Lissabon.
Schwere Hypoglykämien auch langfristig gefährlich
Mangelnde Wahrnehmung der Unterzuckerung kann Langzeitkomplikationen auslösen
Hypoglykämie ist eine häufige, aber keineswegs harmlose Nebenwirkung, wenn Diabetiker Insulin oder Sulfonylharnstoffe zur Blutzuckersenkung erhalten. Denn schwere Hypoglykämien, bei denen die Patienten auf fremde Hilfe angewiesen sind, können lebensbedrohlich sein. Zudem sind diese Episoden mit Langzeitkomplikationen verbunden.
Kontinuierliche Blutzuckermessung schützt das Kind
Schwangere Typ-1-Diabetikerinnen profitieren vom Glukosesensor
Wenn Frauen mit Typ-1-Diabetes schwanger werden möchten, besteht immer ein Komplikationsrisiko für das Kind. Gemäss Prof. Denice Feig, University of Toronto, und Prof. Helen Murphy, Women’s Health Kings College, London, haben Typ-1-Diabetikerinnen das doppelte Risiko, ein Kind mit Geburtsgebrechen auf die Welt zu bringen. Mit einer kontinuierlichen Blutzuckermessung liesse sich dieses Risiko reduzieren, wie sie in ihrer CONCEPTT-Studie am EASD zeigten.
Neue Daten zu Inkretin-Antidiabetika bei Typ-2-Diabetes
Verzögerung der Insulintherapie und deutliche Gewichtsabnahme
Inkretinmimetika und DPP-4-Hemmer senken bei Patienten mit Typ-2-Diabetes den Blutzucker, das HbA1c und führen zu einer Abnahme des Körpergewichts. Derzeit prüfen Studien weitere Eigenschaften sowie die Sicherheit dieser Substanzgruppe. Am EASD wurden dazu neue Studiendaten vorgestellt.
Realitäts-Check für SGLT-2-Hemmer
CVD-REAL-Studien zeigen kardiovaskulären Nutzen auch ohne Herz-Kreislauf-Erkrankung
In doppelblind randomisierten Studien haben SGLT-2-Hemmer neben ihren blutzuckersenkenden Eigenschaften auch kardiovaskuläre Vorteile bei Patienten mit manifester Herz-Kreislauf-Erkrankung belegt. Ob das in der Praxis bei unselektierten Patienten auch funktioniert, untersuchte die in fünf Ländern laufende Beobachtungsstudie CVD-REAL bei Patienten mit und ohne etablierte kardiovaskuläre Erkrankung.
Kongressnotizen
Mütterlicher Typ-1-Diabetes Biomarker für Präeklampsiebeeinträchtigt Neugeborene Voraussage
Schwangere Frauen mit Typ-1-Diabetes (T1D) seit ihrer Kindheit haben häufig eine schwerere Schwangerschaft, insbesondere wenn ihr Blutzucker schlecht kontrolliert ist. Das geht aus einer Analyse der britischen Brecon Cohort hervor, einem Register mit Personen mit Typ-1-Diabetes-Diagnose vor ihrem 15. Lebensjahr. Im Vergleich zur übrigen Population entbinden Mütter mit T1D häufiger mittels Kaiserschnitt (66 vs. 18%) und vier Wochen früher. Sie haben ein dreimal höheres Risiko für Präeklampsie, ein zehnfaches Risiko für eine Totgeburt und ein elffaches Risiko für eine vorzeitige Entbindung.
Kongressnotizen
Ehegatten von adipösen Frauen haben ein erhöhtes Diabetesrisiko
Bei der Diabetesabklärung eine Familienanamnese zu machen, gehört zum Standard. Doch auch Ehepartner haben einen erheblichen gegenseitigen Einfluss. Ehemänner haben ein höheres Diabetesrisiko, wenn ihre Angetraute übergewichtig ist, wie eine Analyse aus Longitudinalstudiendaten nach Geschlechteraspekten zeigt.
Kongressnotizen
Ungewöhnliche Strategien zur Gewichtsreduktion bei übergewichtigen Diabetikern
Gemäss einer Schätzung der International Diabetes Federation (IDF) sind 80 Prozent der Typ-2-Diabetiker übergewichtig oder adipös. Gewichtsreduktionsprogramme waren in der Vergangenheit wenig erfolgreich. Dabei macht die nun getestete kognitive Verhaltenstherapie (CBGT) bei Adipösen, die zwar bei Angststörungen und Depression ihren Platz hat, keine Ausnahme, wie am diesjährigen EASD zu erfahren war.
Reduzierte Mortalität durch SGLT-2-Inhibitoren
Bessere glykämische Kontrolle und positiver Einfluss auf andere Parameter
Wenn bei Typ-2-Diabetikern die glykämische Kontrolle mit HbA1c-Zielwerten von 6,5 bis 7,0 Prozent nicht erreicht wird, empfiehlt sich eine graduelle Intensivierung der Therapie mit antihyperglykämischen Substanzen, wie beispielsweise SGLT-2Hemmern. Für diese Substanzen konnte gezeigt werden, dass sie gegenüber Plazebo das Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen senken und auch nierenprotektive Eigenschaften aufweisen. In einer EASD-Session über den therapeutischen Nutzen der «Gliflozine» wurden dazu neue Daten vorgestellt.
Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC) 26. bis 30. August 2017 in Barcelona
- «Barcelona brachte eine unglaubliche Bereicherung unseres Wissens»
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53. Jahreskongress der European Association for the Study of Diabetes (EASD) 11. bis 15. September 2017 in Lissabon
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- Mit Diabetestherapie die Herzinsuffizienz verbessern?
- Schwere Hypoglykämien auch langfristig gefährlich
- Kontinuierliche Blutzuckermessung schützt das Kind
- Neue Daten zu Inkretin-Antidiabetika bei Typ-2-Diabetes
- Realitäts-Check für SGLT-2-Hemmer
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- Kongressnotizen
- Kongressnotizen
- Reduzierte Mortalität durch SGLT-2-Inhibitoren