CongressSelection 08/2016
HAUSARZTMEDIZIN
«Choosing wisely»- Welche Massnahmen sollten weiter eruiert werden?
Vorschläge aus der hausärztlichen Praxis
Seit 2011 beschäftigen sich ausgehend von den USA weltweit Ärzte verschiedenster Fachrichtungen mit dem Thema der potenziellen Überversorgung in der Medizin. Kampagnen wie «Choosing wisely» oder «Less is more» stellen Massnahmen in Frage, die weiter verbreitet sind, als ihr Nutzen belegt ist. So sollen im Dialog mit den Patienten potenziell schädliche oder teure Prozeduren zukünftig besser hinterfragt werden, um nach Möglichkeit darauf zu verzichten.
Tipps, wie Sie Ihre Informationen erfolgreich an Patienten übermitteln können …
… und was Sie dabei beachten sollten
Obwohl nach «critical incidents» im Bereich Kommunikation befragte Kollegen nur in jedem 50. Fall antworteten, dass es Probleme beim Informieren des Patienten gab, scheinen Patienten wesentlich häufiger nicht alles verstanden zu haben, was der Arzt ihnen mitteilen wollte. Laut Prof. Wolf Langewitz, Universitätsspital Basel, kann diese Diskrepanz in der Wahrnehmung ein Problem darstellen, für welches er verschiedene Lösungsansätze vorstellte.
Chronische Nierenerkrankung – Verzögerung der Progression ist machbar
Möglichst früh und interdisziplinär behandeln
Wenn es um die chronische Nierenerkrankung geht, liegen Prof. Stephan Segerer aus Zürich zwei Botschaften besonders am Herzen: Die Prävention der Progression einer chronischen Nierenerkrankung kann dem Patienten Jahre der Dialyse ersparen, und sollte eine Dialyse erforderlich sein, entscheidet der Patient über Form und Zeitpunkt des Beginns. Wichtige Aspekte der Behandlung schilderte er in seinem Vortrag.
Riesenzellarteriitis – Rasche Diagnostik und Therapie notwendig
Hemmung von Interleukin-6 als neue Therapieoption
Die Riesenzellarteriitis ist zwar meist gekennzeichnet durch typische kranielle Symptome im Rahmen eines akuten Fiebersyndroms, das Entzündungsgeschehen kann aber auch ohne diese ablaufen und gefährliche Komplikationen hervorrufen. Therapeutisch stehen bis heute Glukokortikoide im Vordergrund. Als neue Alternative diskutierte Prof. Peter Villiger vom Inselspital Bern die Blockade von Interleukin-6 mit Tocilizumab bei dieser Vaskulitis.
Leishmaniose – ein Steckbrief
Eine tropische Krankheit, die auch in Europa relevanter wird
Anhand eines aktuellen Falles erinnerte Prof. Stefano Bassetti, Universitätsspital Basel, im Rahmen der Frühjahrstagung der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM) an die Leishmaniose. Welche Symptome und vor allem anamnestische Faktoren sollten zu einer diesbezüglichen Abklärung führen – und welche diagnostischen Mittel stehen zur Verfügung?
Kongressnotizen
Mehr adäquat behandelte Hypertoniker bei Berücksichtigung der Risikokonstellation
Verschiedene frühere Studien legen nahe, dass bis zu 60 Prozent der Patientinnen und Patienten mit Hypertonie (BD ≥ 140/90 mmHg) keine adäquate medikamentöse Therapie erhalten, also in eine Lücke zwischen wissenschaftlicher Evidenz und tatsächlicher Betreuung geraten. Die derzeit gültigen Guidelines der European Society of Cardiology (ESC) halten zwar auch an der Schwelle von 140/90 mmHg fest, raten aber auch zur Berücksichtigung weiterer kardiovaskulärer Risikofaktoren, das heisst des individuellen Risikoprofils.
Diabetes «Modern Times»
Ein Überblick über die jüngsten Entwicklungen in Diagnostik und Therapie
Für die Behandlung eines Diabetes mellitus stehen heute viel mehr Möglichkeiten zur Verfügung, als dies noch vor wenigen Jahrzehnten der Fall war. Dementsprechend ist es für Patienten wie Therapeuten dankbarer, aber auch spannender geworden. «Modern Times» – nach Charlie Chaplin – sind laut Prof. Christoph Stettler, Universitätsspital Bern, in der Diabetologie angebrochen, und genau diese Entwicklung behandelte er in seinem Vortrag.
Argumente für Basalinsulintherapie beim Typ-2-Diabetiker
Gute Blutzuckerkontrolle und geringes Risiko für Hypoglykämien
Nach wie vor bestehen gewisse Vorurteile gegenüber dem Insulineinsatz bei Typ-2Diabetikern. Wie der Diabetologe Dr. Stefan Fischli, Luzern, zeigen konnte, bringen jedoch moderne Basalinsuline Vorteile, indem sie eine gute Blutzuckerkontrolle bei einem niedrigen Risiko für Hypoglykämien gewährleisten.
Hepatitis C- Früherkennung kann den Langzeitverlauf verbessern
Plädoyer für ein Screening von Risikogruppen
Die Hepatitis C weist in der Schweiz eine hohe Dunkelziffer auf. Deshalb sollte bei Risikopersonen auch in der Hausarztpraxis an diese Erkrankung gedacht werden. Unbehandelt kann eine Hepatitis C über Jahre bis zu einer Zirrhose beziehungsweise einem Karzinom voranschreiten. Die Behandlungsoptionen haben sich in den vergangenen Jahren jedoch enorm verbessert.
Kongressnotizen
Palliativbetreuung ist mehr als Schmerz- und Symptombehandlung
Der von Mepha Pharma AG mit 30 000 Franken dotierte «Forschungspreis Hausarztmedizin» des Kollegiums für Hausarztmedizin (KHM) geht in diesem Jahr an ein Forscherteam um PD Dr. Klaus Bally vom Universitären Zentrum für Hausarztmedizin beider Basel (uniham-bb). Das Forscherteam befasste sich im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Lebensende» (NFP 67) mit der Betreuung von Palliativpatienten aus der Perspektive der Hausärzte.
Update Multiple Sklerose
«Time is brain»: Frühe Diagnose und frühe Therapie
Die Multiple Sklerose muss aus dem klinischen Bild und unter Ausschluss alternativer Diagnosen diagnostiziert werden, wobei MRI-Befund und -Verlauf hilfreich sind. Mit den heutigen Möglichkeiten der Pharmakotherapie sind wesentlich ambitioniertere Therapieziele und günstigere Verläufe realistisch. Med. pract. Stefanie Müller, Klinik für Neurologie, Kantonsspital St. Gallen, gab einen Überblick zum aktuellen Stand.
Neuere Antipsychotika- Was muss man beachten?
Oft entscheidet somatische Risikokonstellation über die Medikamentenwahl
Richtig neu sind die heute verfügbaren Antipsychotika alle nicht mehr, dennoch wird zwischen neueren und älteren unterschieden. Was es bei der Verwendung der unterschiedlichen Antipsychotika zu beachten gilt, erläuterte Dr. Alexander Zimmer, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, Solothurn.
Muss Alter schmerzhaft sein?
Bei chronischen Schmerzen gemeinsam realistisches Therapieziel setzen
Welche Aspekte für die Schmerztherapie im Alter von Bedeutung sind, wann Opioide indiziert sind und welche Alternativen und Zusatzmassnahmen im Rahmen einer multimodalen Therapie infrage kommen, erläuterte Dr. Dieter Breil, Universitäres Zentrum für Altersmedizin und Rehabilitation, Felix-Platter-Spital, Basel.
IN DIESEM HEFT
1. FRÜHJAHRSVERSAMMLUNG DER SCHWEIZERISCHEN GESELLSCHAFT FÜR ALLGEMEINE INNERE MEDIZIN (SGAIM)
- «Choosing wisely»- Welche Massnahmen sollten weiter eruiert werden?
- Tipps, wie Sie Ihre Informationen erfolgreich an Patienten übermitteln können …
- Chronische Nierenerkrankung – Verzögerung der Progression ist machbar
- Riesenzellarteriitis – Rasche Diagnostik und Therapie notwendig
- Leishmaniose – ein Steckbrief
- Kongressnotizen
- Diabetes «Modern Times»