Transkript
EDITORIAL
F ür viele Frauen ist es ein Schock, wenn sie erfahren, dass die Unregelmässigkeit ihrer Periode oder die gelegentlichen Hitzewallungen und schlafreduzierten Nächte auf eine prämature Ovarialinsuffizienz (POI) hindeuten. «Es ist, als würde ich von 39- statt 40- gerade 55-jährig werden!», höre ich oft in der Sprechstunde von Betroffenen. Etwa 1% der Frauen unter 40 Jahren und 0,1% der Frauen unter 30 Jahren – darunter viele, die glauben, dass sie die Realisierung ihres Kinderwunsches noch vor sich haben – begreifen plötzlich, dass sie sich am Ende ihrer Fruchtbarkeit befinden. Sie werden von
«Ich bin doch zu jung dafür!»
heute auf morgen mit Gesundheitsrisiken, die normalerweise ab dem mittleren Alter relevant werden, konfrontiert.
Was ist in der Praxis besonders wichtig? Neben der sorgfältigen Abklärung braucht es eine sensible Beratung, da die POI-Diagnose zu einer Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls oder sogar zu einer emotionalen Notlage führen kann. Die Therapie muss sowohl das körperliche als auch das seelische Befinden berücksichtigen. Oft ist eine psychologische Betreuung zur Bewältigung der Diagnose initial notwendig. Die Hormontherapie kann das körperliche und das psychische Wohlbefinden steigern. Ihr Ziel ist nicht nur die Linderung der Menopausensymptome, sondern auch die langfristige Förderung der Knochen-, kardiovaskulären und sexuellen Gesundheit.
Unsere Übersicht zur POI Ich danke allen Autorinnen für die Beiträge zu dieser Ausgabe. Der Artikel von Susanna Weidlinger liefert die Grundlagen zur Diagnosestellung und Abklärung möglicher Ursachen. Der Artikel von Vera Mitter geht auf den Stand der Forschung zu Risikofaktoren und Ursachen ein. Hilfreich für die Beratung finde ich besonders den Abschnitt zu den Lebensstilfaktoren. Im Beitrag von Christiane Wachter wird die Möglichkeiten der Kinderwunschbehandlung bei POI beleuchtet, ein wichtiges und für mich alltägliches Thema. Angela Vidal und Fabienne Lauber beschreiben innovative Therapieansätze mit Ausblick auf die spannenden Möglichkeiten der Zukunft. Mein besonderer Dank geht an Petra Stute und Ursula Gobrecht-Keller, die in ihrem SGEM-Newsletter das Thema der kardiovaskulären Gesundheit bei POI passend zum Schwerpunkt abrunden.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.
PD Dr. med. Alexandra Kohl Schwartz Leiterin Abteilung für Reproduktionsmedizin und gynäkologische Endokrinologie Luzerner Kantonsspital
Liebe Leserinnen, liebe Leser
Ab 2022 richten wir jede Ausgabe der Schweizer Zeitschrift für GYNÄKOLOGIE nach den Weiter- und Fortbildungsschwerpunkten des Schweizerischen Instituts für ärztliche Weiter- und Fortbildung (SIWF) der FMH – jeweils mit 1 oder 2 Themen – aus. Zu Ihrer raschen Orientierung erscheint der Schwerpunktbereich jeweils markiert auf dem Titelblatt und auf Seite 1 jeder Ausgabe.
Schweizer Zeitschrift für GYNÄKOLOGIE 2.2022:
Gynäkologische Onkologie/gynäkologische Senologie Reproduktionsmedizin und gynäkologische Endokrinologie Operative Gynäkologie und Geburtshilfe Fetomaternale Medizin Urogynäkologie
GYNÄKOLOGIE 2/2022
1