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FIRST-TO-DISCUSS-Newsletter Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Menopause (SGEM)
Metformin mit/ohne Inositol bei Frauen mit PCOS
Hintergrund: Das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) ist die häufigste hormonelle Erkrankung bei Frauen im reproduktiven Alter. Es ist oft mit metabolischen Veränderungen wie Insulinresistenz und/oder Übergewicht/Adipositas assoziiert. In dieser Situation empfiehlt die ESHRE die Gabe von Metformin. Daneben wird die alternative oder additive Gabe von Inositol diskutiert. Myo-Inositol (MI) und D-ChiroInositol (DCI) sind Inositol-Stereoisomere. MI ist Teil der Phospholipiddoppelmembran von Zellen und ein natürlicher Insulinsensitizer. DCI ist das Hauptinositol der Leber und des Fett- und Muskelgewebes. DCI ist verantwortlich für die Glykogensynthese. Auf der ovariellen Ebene sind MI und DCI u. a. an der Regulation der Androgensynthese beteiligt.
Prof. Dr. med. Petra Stute, Präsidentin der SGEM, Leitende Ärztin Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Inselspital Bern, resümiert und kommentiert kürzlich publizierte Studien zu wichtigen und vielfach kontrovers diskutierten Themen.
Zusammenfassung der Studie von Bahadur
In einer prospektiven, randomisierten, kontrollierten Studie erhielten 72 Frauen mit PCOS (mittleres Alter 23 Jahre, BMI 24) während 6 Monaten entweder Metformin (MET; 2 × 500 mg/Tag) allein oder kombiniert mit MI (2 × 550 mg/Tag plus DCI 2 × 150 mg/Tag) (MET + INO). Ziel war es, klinische, metabolische und hormonelle Parameter zum Zeitpunkt der Baseline und nach 6 Monaten miteinander zu vergleichen. Bei Baseline hatten > 90% der Teilnehmerinnen eine Oligomenorrhö, 20% (MET + INO) bzw. 25% (MET) eine Akne und 17% (MET + INO) bzw. 31% (MET) einen Hirsutismus. Es gab keine Gruppenunterschiede bezüglich hormoneller Parameter (luteinisierendes Hormon [LH], follikelstimulierendes Hormon [FSH], LH/ FSH-Ratio, Dehydroepiandrosteronsulfat [DHEAS], Gesamttestosteron [T]) und Stoffwechselparameter (Lipide, Nüchternglukose, Nüchterninsulin, postprandiale Glukose und Insulin, Homeostatic Model Assessment of Insulin Resistance [HOMA-IR]). Nach 6-monatiger Therapie hatten sich in beiden Gruppen die gemessenen Parameter mehrheitlich verbessert. Es wurde jedoch innerhalb der Gruppen
kein statistischer Vergleich zwischen Baseline und nach 6-monatiger Therapie durchgeführt. Im Intergruppenvergleich zeigte sich nach 6 Monaten für die MET + INO-Gruppe eine signifikante Überlegenheit gegenüber der MET-Gruppe hinsichtlich der Verbesserung von Akne, des Zyklusprofils sowie einiger hormoneller (LH, LH/FSH Ratio) und metabolischer Parameter (Gesamtcholesterol [CH], HDL-und LDL-Cholesterol sowie postprandiales Insulin).
Kommentar
MET hat bekannterweise einen günsti-
gen Einfluss auf klinische, hormonelle
und metabolische Parameter bei Frauen
mit PCOS. Die in der Studie gewählte
MET-Dosis ist mit 1000 mg/Tag moderat,
häufig werden Dosierungen bis zu
3000 mg/Tag gewählt. Allerdings ist
MET oft mit gastrointestinalen Neben-
wirkungen verbunden. Die additive
Gabe von Inositol beispielsweise zur Ein-
sparung der MET-Dosis erscheint allein
schon deswegen attraktiv, ferner die
stärkere Wirksamkeit der Kombination
auf die gewählten Endpunkte. Grössere
Studien mit homogeneren Gruppen und
einem Doppelblindansatz sind hier wün-
schenswert.
n
Kommentierte Studie: Bahadur A et al.: Comparison of Clinical, Metabolic and Hormonal Effects of Metformin Versus Combined Therapy of Metformin With Myoinositol Plus D-Chiro-Inositol in Women With Polycystic Ovary Syndrome (PCOS): A Randomized Controlled Trial. Cureus 2021; Jun 7; 13 (6): e15510. doi: 10.7759/cureus.15510
Prof. Dr. med. Petra Stute Präsidentin der SGEM Abteilung Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Universitätsklinik für Frauenheilkunde Inselspital 3010 Bern E-Mail: petra.stute@insel.ch Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel: keine. Referenzen: 1. Teede HJ, Misso ML, Costelloo MF, Dokras A et al.: International PCOS Network Recommendations from the international evidence-based guideline for the assessment and management of polycystic ovary syndrome. Hum Reprod 2018; 33(9): 16021618. 2. Larner J, Brautigan DL, Thorner MO.: D-chiro-inositol glycans in insulin signaling and insulin resistance. Mol Med 2010; 16(11-12): 543-552. 3. Randeva HS, Tan BK, Weickert MO, Lois K et al.: Cardiometabolic aspects of the polycystic ovary syndrome. Endocr Rev 2012; 33(5): 812-841.
20 GYNÄKOLOGIE 4/2021