Transkript
SCHWERPUNKT
Aktuelle Diagnostik des Mammakarzinoms
Die wichtigsten Verfahren in der Übersicht
Die Diagnostik des Mammakarzinoms beruht auf der Kombination von klinischer Untersuchung, bildgebender Diagnostik und bildgestützter Biopsie. Das gilt sowohl für die Abklärung von Malignomen, die im Screening detektiert wurden, als auch für die Abklärung von Tumoren, welche primär als Tastbefund auffallen. Diese Zusammenstellung gibt eine Übersicht über die wichtigsten bildgebenden diagnostischen Verfahren, die bildgestützten minimalinvasiven Biopsien sowie über das klinisch anatomische Staging des Mammakarzinoms.
SOPHIE DELLAS
Sophie Dellas
Bildgebende Methoden
Mammografie Die digitale 2-D-Mammografie ist eine wichtige Methode zur Abklärung pathologischer Befunde der Brust. Indikationen einer diagnostischen Mammografie sind suspekte Screeningbefunde und klinische Symptome wie Tastbefunde, Retraktion von Haut oder Mamille, fokale Schmerzen und pathologische Mamillensekretion. Die folgenden mammografischen Befunde können Zeichen eines zugrundeliegenden Malignoms sein: n Mikrokalk n nicht umschriebene, mikrolobulierte und spiku-
lierte Raumforderungen n Architekturstörungen und n Asymmetrien. Die meisten malignen Raumforderungen sind mammografisch dicht und haben eine unscharfe, mikrolobulierte oder spikulierte Kontur. Annähernd ein Drittel aller invasiven Karzinome der Brust und zirka drei Viertel der In-situ-Karzinome weisen mammografisch erkennbare Mikroverkalkungen auf (1). Die Grösse eines Tumors ist ein wichtiges prognostisches Kriterium und wird durch die grösste Ausdehnung des in-
Merkpunkte
n Stereotaxie- und Tomosynthese-assistierte Biopsie sind zur Abklärung von ausschliesslich mammografisch sichtbaren suspekten Befunden indiziert und zur Abklärung von Befunden mit unsicherer sonografischer Korrelation.
n Mit Ultraschall, Mammografie und Tomosynthese nachgewiesene suspekte Befunde der Kategorie BI-RADS 4 und 5 bedürfen in der Regel auch bei negativem MRT-Befund der bioptischen Abklärung.
n Das präoperative bildgebende Staging der Axilla und die Biopsie suspekter axillärer Lymphknoten sind essenzielle Bestandteile des präoperativen klinischen Stagings.
vasiven Tumors angegeben. Da Mikroverkalkungen in einem hohen Grad mit In-situ-Komponenten assoziiert sind, muss deren Ausmass und Verteilung für die Planung der Therapie aus dem Befund ebenso wie die Tumorgrösse hervorgehen. Das Vorhandensein multipler Cluster von Mikroverkalkungen kann ein Hinweis auf Multifokalität oder Multizentrizität sein. Die Anfertigung mammografischer Vergrösserungsaufnahmen ist deshalb ein essenzieller Bestandteil der Abklärung von Mikroverkalkungen. Die Wahrscheinlichkeit für eine Malignität bei einer mammografisch neuen Asymmetrie liegt bei 12,8% und ist somit ebenfalls ein abklärungsbedürftiger Mammografiebefund (2). Architekturstörungen sind das dritthäufigste Zeichen für ein invasives Karzinom. Wichtige Differenzialdiagnosen der Architekturstörung sind Narben, radiäre Narben, sklerosierende Adenose und DCIS. Ursache einer falsch negativen Mammografie bei Abklärung eines suspekten Tastbefunds können beispielsweise die Maskierung des Befunds durch umgebendes dichtes Gewebe sein und die unvollständige oder fehlende Abbildung eines Befundes aufgrund seiner brustwandnahen Lage. Da eine negative Mammografie bei einem pathologischen Tastbefund ein zugrunde liegendes Malignom nicht ausschliessen kann, ist die komplementäre Ultraschallabklärung zwingend. Der negativ prädiktive Wert der kombinierten Abklärung eines Tastbefunds mit Mammografie und Sonografie liegt bei fast 100% (3).
Tomosynthese Seit der Markteinführung des ersten digitalen Tomosynthesegeräts vor 10 Jahren ist die Tomosynthese ein wichtiger Bestandteil der multimodalen bildgebenden Diagnostik der Brust. Bei der Tomosynthese
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handelt es sich um ein digitales mammografisches Schichtbildverfahren, bei welchem multiple Projektionsbilder mit geringer Strahlendosis in einem Winkel zwischen 15 und 40 Grad aufgenommen werden. Aus diesem Bilddatensatz werden 1 mm dünne Schichtbilder rekonstruiert. Das Verfahren minimiert die bei der digitalen 2-D-Mammografie störende Gewebeüberlagerung. Falsch positive Befunde durch Summationseffekte sowie die Maskierung relevanter Befunde werden hierdurch reduziert (4). Die Tomosynthese weist im Vergleich zur zweidimensionalen Spotkompression eine höhere Genauigkeit bei der Abklärung nicht verkalkter Befunde auf. Eine besonders hohe Sensitivität hat die Tomosynthese für die Detektion von Architekturstörungen (5). Architekturstörungen ohne Vorgeschichte eines chirurgischen Eingriffs oder eines Traumas sind mit einer hohen Malignitätswahrscheinlichkeit assoziiert. Architekturstörungen mit einem sonografischen Korrelat haben eine Malignitätswahrscheinlichkeit von bis zu 66,5%. Aber auch Architekturstörungen ohne Korrelat im Ultraschall haben mit 29,2% eine nicht zu vernachlässigende Malignitätswahrscheinlichkeit und bedürfen der bioptischen Abklärung (6). Hierfür ist die Tomosynthese-assistierte Biopsie die Methode der Wahl. Die hohe Sensitivität der Tomosynthese für den Nachweis von Architekturstörungen verbessert die Karzinomnachweisrate. Das gilt insbesondere für den Nachweis invasiv lobulärer Karzinome, die sich häufig mit einer Architekturstörung manifestieren. Die Tomosynthese visualisiert die Tumorränder im Vergleich zur digitalen 2-D-Mammografie besser und hat eine höhere Genauigkeit bei der Bestimmung der Tumorausdehnung (7).
Ultraschall Die wichtigsten diagnostischen Indikationen des Ultraschalls sind die Abklärung von n auffälligen klinischen Befunden einschliesslich
entzündlicher Veränderungen n Palpationsbefunden der Brust n pathologischer Mamillensekretion und n einer axillären Lymphadenopathie. Weitere etablierte Indikationen sind n die fokussierte Sonografie zur Abklärung unklarer
und suspekter Befunde in Mammografie n Tomosynthese und n Magnetresonanztomografie (MRT). Für Frauen unter 40 Jahren und für schwangere sowie laktierende Frauen ist der Ultraschall die Methode der ersten Wahl. Der fokussierte Ultraschall ist eine komplementäre Methode zur Evaluation mammografischer Anomalien wie Raumforderung oder Asymmetrie. Der Ultraschall ermöglicht die Differenzierung zwischen zystischen und soliden Läsionen. Ausserdem kann mit
Ultraschall eine Raumforderung als Ursache einer mammografischen Asymmetrie nachgewiesen werden. Da 23,8% der Asymmetrien mit maligner Ursache kein Korrelat im Ultraschall aufweisen, muss die Abklärung dieser Befunde mittels Stereotaxie- oder Tomosynthese-assistierter Biopsie erfolgen (8). Für die Abklärung von Mikroverkalkungen spielt der Ultraschall keine Rolle. Die Mammografie ist dem Ultraschall hinsichtlich des Nachweises und der Charakterisierung von Mikroverkalkungen klar überlegen. Bei suspekten Mikrokalkgruppen mit mehr als 10 mm Durchmesser ist es möglich, assoziierte Raumforderungen, duktale Anomalien, intrazystische Raumforderungen, Zysten oder gruppierte Mikrozysten mit Ultraschall nachzuweisen und mit Ultraschallführung zu biopsieren. Beim Vorliegen suspekter Mikroverkalkungen ohne sonografisches Korrelat ist eine Malignität nicht ausgeschlossen. Diese bedürfen der Abklärung mit Stereotaxie- oder Tomosynthese-assistierter Biopsie. Der fokussierte Ultraschall ist essenziell für die Abklärung suspekter MRT-Befunde. Auch wenn die primäre Ultraschallabklärung unauffällig war, lassen sich bis zu zwei Drittel der auffälligen MRT-Befunde mit einem Second-Look-Ultraschall nachweisen. Eine Biopsie unter Ultraschallführung ist deutlich komfortabler für die Patientin, rascher durchzuführen, weniger traumatisch und kostengünstiger als eine MRT-Biopsie. Kann die Läsion im Ultraschall biopsiert werden, muss ein Clip an der Entnahmestelle platziert werden. Ein anschliessendes MRT ohne Kontrastmittelapplikation ist erforderlich, um die korrekte Lage des Clips in Lokalisation des suspekten MRT-Befunds zu bestätigen (9, 10). Der Ultraschall wird ausserdem für das lokoregionäre Staging des Mammakarzinoms eingesetzt, sofern das Staging nicht mit MRT erfolgt. Bei Frauen mit einem Mammakarzinom ist die Untersuchung der ipsilateralen Brust und Axilla sowie die Untersuchung der kontralateralen Brust Bestandteil der Abklärung. Der Ultraschall ist eine etablierte und genaue Methode zur Bestimmung der Tumorgrösse. Ausserdem weist der Ultraschall bei hoher Brustdichte eine höhere Sensitivität als die Mammografie für die Detektion von multifokalen oder multizentrischen Tumoren und die Detektion kontralateraler Zweitmalignome auf.
Magnetresonanztomografie (MRT) Die MRT ist die diagnostische Methode mit der höchsten Sensitivität für den Nachweis eines Mammakarzinoms und die bildgebende Methode mit der höchsten Genauigkeit für die Bestimmung der Tumorausdehnung inklusive der Multifokalität oder der Multizentrizität. Die Tumorausdehnung wird in der MRT für 75% aller Malignome mit einer Abweichung von maximal 10 mm von der pathologisch ermittelten
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Grösse bestimmt, wobei der Anteil der Abweichungen nach oben und nach unten gleich gross ist. Besonders für das invasiv lobuläre Karzinom ist eine im Vergleich zu den anderen bildgebenden Methoden höhere Genauigkeit in der Bestimmung der Tumorgrösse nachgewiesen. Das präoperative lokale Staging eines bekannten Malignoms der Brust ist eine häufige, aber kontrovers diskutierte Indikation, weil der Nachweis eines besseren Outcomes nach präoperativem Staging mit MRT bisher nicht erbracht werden konnte. Die Empfehlungen der verschiedenen Fachgesellschaften unterscheiden sich deshalb erheblich. Weil das Risiko für postoperative Intervallkarziome bei Frauen mit dichtem Drüsengewebe, bei jungen Frauen und bei Frauen mit rezeptornegativen Malignomen besonders hoch ist, kann das präoperative Staging in dieser Patientengruppe von Vorteil sein. Ausserdem empfehlen die meisten internationalen Guidelines ein Staging des invasiv lobulären Mammakarzinoms mit MRT (11). Der Nachweis von DCIS-Komponenten in Assoziation mit einem invasiven Malignom gelingt mit MRT im Vergleich zur Mammografie besser. Annähernd 50% der DCIS-Komponenten bleiben mit Mammografie unentdeckt. Im Gegensatz hierzu weist die MRT eine Sensitivität von nahezu 100% insbesondere für grosse DCIS-Komponenten auf. Für den Nachweis reiner High-Grade-DCIS hat die MRT ebenfalls eine höhere Genauigkeit als die Mammografie (12, 13). Dagegen können kleine DCIS und insbesondere Low-Grade-DCIS im MRT okkult sein. Die Wahrscheinlichkeit für ein Vorhandensein mammografisch okkulter Befunde im präoperativen MRT der erkrankten Brust ist hoch. Annähernd zwei Drittel dieser Zusatzbefunde sind maligne. Deshalb bedürfen alle Läsionen, welche Einfluss auf die Operationsplanung haben, der präoperativen bioptischen Abklärung. Mehr als die Hälfte dieser Befunde kann mit einem fokussierten Ultraschall detektiert und sonografisch assistiert biopsiert werden. Befunde ohne sonografisches Korrelat müssen mit MRT-Führung biopsiert werden, da ein unauffälliger Ultraschallbefund das Vorhandensein eines Malignoms nicht ausschliesst (9). Die MRT ist zwar die Methode mit der höchsten Sensitivität für den Nachweis des Mammakarzinoms, ein negatives MRT kann aber Ultraschall, Mammografie und Tomosynthese nicht ersetzen. Mit diesen Methoden nachgewiesene suspekte Befunde der Kategorie BI-RADS 4 und 5 bedürfen der bioptischen Abklärung, da eine geringe Anzahl von Karzinomen im MRT okkult ist.
Perkutane Biopsie
Die perkutane bildgestützte Biopsie ist Standard der Abklärung von palpablen und nicht palpablen suspekten Befunden der Brust. Minimalinvasive perkutane Biopsien haben eine hohe diagnostische Ge-
nauigkeit. Zudem sind perkutane Biopsien wenig invasiv, haben geringe Komplikationsraten und sind mit einem geringen Zeit- und Kostenaufwand verbunden. Die häufigsten Komplikationsursachen sind Infektion und Blutungen. Ob die Antikoagulation vor einer minimalinvasiven Biopsie sistiert werden muss, hängt vom gewählten Biopsiesystem ab. Vor einer Core-Biopsie ist ein Sistieren der Antikoagulation nicht erforderlich. Die Inzidenz von Blutungen und Hämatomen bei Patienten unter Aspirin oder einer vollen Antikoagulation unterscheidet sich nicht von derjenigen bei unbehandelten Patienten. Vor einer vakuumassistierten Biopsie muss die Antikoagulation sistiert werden. Das Risiko für eine Blutung ist aufgrund der Verwendung von Nadeln mit grossem Durchmesser hoch. Eine Medikation mit Aspirin kann in jedem Fall fortgeführt werden. Die radiologisch pathologische Korrelation ist essenzieller Bestandteil jeder bioptischen Abklärung eines Brustbefunds. Es muss sichergestellt werden, dass die histologische Diagnose den Befund der Bildgebung erklärt. Insbesondere wenn die Biopsie eines Befunds der Kategorie BI-RADS 5 einen gutartigen Histologiebefund ergibt, besteht der Verdacht einer fehlenden Korrelation von Radiologie und Pathologie. In diesen Fällen ist zu entscheiden, ob eine erneute minimalinvasive Biopsie oder eine offene chirurgische Biopsie erfolgen soll oder ob eine Verlaufskontrolle mit bildgebenden Methoden genügt.
Ultraschallassistierte Biopsie Bei Befunden, welche in verschiedenen bildgebenden Verfahren sichtbar sind, ist die Abklärung mit einer Biopsie unter Ultraschallführung die Methode der Wahl. Die Gründe hierfür sind die breite Verfügbarkeit der Methode, die fehlende Strahlenbelastung, die günstige Kostenstruktur und der gute Patientinnenkomfort. Der Zeitaufwand für die Gewinnung multipler Proben ist vergleichsweise gering. Ausserdem kann im Gegensatz zu anderen Methoden bei der Biopsie unter Ultraschallführung die Lage der Nadel permanent visuell kontrolliert werden. Ultraschallgestützte Biopsien werden meist als Stanzbiopsien (Core-Biopsien) durchgeführt. Diese Biopsiesysteme sind in verschiedenen Nadelstärken verfügbar. Am häufigsten verwendet werden sie mit einer Nadelstärke von 14 G in Kombination mit einem 13-G-Trokar. Die Verwendung eines Trokars sollte Standard sein, um einerseits das Gewebetrauma und andererseits das Risiko für eine Verschleppung von Tumorzellen im Stichkanal zu minimieren. Für die Biopsie von Befunden, welche dicht unter der Haut, nahe an der Brustwand oder nahe der Oberfläche eines Implantats liegen, kann es von Vorteil sein, während der Lokalanästhesie ein Depot zu setzen. Auf diese Weise wird die Distanz zwischen der zu schonenden Struktur und der zu biopsierenden Lä-
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sion vergrössert. Auch die Biopsie axillärer Lymphknoten kann problemlos mit einer 14-G-Core-Nadel erfolgen. Die Verwendung von vakuumassistierten Biopsiesystemen zu rein diagnostischen Zwecken ist Ausnahmefällen vorbehalten. Dazu zählen beispielsweise Befunde mit einem Durchmesser kleiner als 5 mm, die mit einer Stanzbiopsie verfehlt werden könnten, und die Abklärung sonografisch sichtbarer Mikroverkalkungen. Die Dokumentation der Nadellage mit einem Bild «pre-fire» und «post-fire» ist Bestandteil der Qualitätskontrolle jeder sonografisch assistierten Biopsie. Wird Mikrokalk abgeklärt, ist ausserdem die Anfertigung einer Präparateradiografie erforderlich. Feinnadelpunktionen werden nur noch selten durchgeführt. Gründe hierfür sind die im Vergleich zur Core-Biopsie hohe Rate falsch negativer Befunde und die Tatsache, dass zytologisch ein DCIS nicht von einem invasiven Karzinom unterschieden werden kann (14). Indikationen für eine Feinnadelpunktion sind die Entlastungspunktion symptomatischer Zysten, die Punktion von Abszessen und von Befunden, welche lagebedingt einer Core-Biopsie nicht zugänglich sind.
Stereotaxie- und Tomosynthese-assistierte Biopsie Stereotaxie- und Tomosynthese-assistierte Biopsie sind zur Abklärung von Befunden indiziert, welche ausschliesslich mammografisch sichtbar sind. Ausserdem dienen sie der Abklärung von Befunden mit unsicherer sonografischer Korrelation. Häufig handelt es sich hierbei um Mikroverkalkungen und um suspekte Raumforderungen ohne sonografisches Korrelat. Da Architekturstörungen gut mit Tomosynthese sichtbar sind, ist die Tomosynthese-assistierte Biopsie zur Abklärung dieser Befunde besonders geeignet. Für Stereotaxie- und Tomosynthese-assistierte Biopsien werden meist Vakuumbiopsiesysteme mit einem grossen Lumen verwendet, und es wird eine grössere Anzahl Proben entnommen, um die Fehlerrate möglichst klein zu halten. In Abhängigkeit vom Kaliber der Nadel beträgt die Anzahl der entnommenen Proben 6 bis 12 oder auch mehr. Zur Abklärung von Mikroverkalkungen gehört in jedem Fall eine Präparateradiografie, um die Entnahme einer repräsentativen Gewebeprobe zu dokumentieren. Die Entnahmestelle muss nach der Biopsie mit einer Clipmarkierung versehen werden. Es ist wichtig, die Lage der Clipmarkierung nach der Intervention mit einer Mammografie in zwei Ebenen zu dokumentieren, da die Lage des Clips um mehr als 20 mm von der Biopsiestelle abweichen kann (15).
MRT-assistierte Biopsie Eine Vielzahl von initial im MRT detektierten Befunden kann mit einem gezielten Second-Look-Ultra-
schall gefunden und mit Ultraschallführung biopsiert werden. Nur Befunde ohne Korrelat im SecondLook-Ultraschall und ohne Korrelat in der Mammografie werden im MRT biopsiert. Die Wahrscheinlichkeit, einen soliden Befund im Second-Look-Ultraschall zu finden, ist sehr hoch. Wird die Biopsie im Ultraschall durchgeführt, ist die Applikation einer Clipmarkierung essenziell. Die korrekte Lage des Clips muss im MRT mit einer T1-gewichteten Sequenz ohne Fettsättigung und ohne Kontrastmittelapplikation bestätigt werden. Korreliert die Lage des Clips nicht mit der Lage des MRT-Befunds, ist eine MRT-assistierte Biopsie erforderlich. Ein suspekter MRT-Befund ohne sonografisches Korrelat hat eine Malignitätswahrscheinlichkeit von 12,2% und bedarf zwingend der MRT-assistierten Biopsie (9). Etwa 12% der suspekten MRT-Befunde sind zum Zeitpunkt der Biopsie nicht sichtbar, und die Biopsie wird deshalb abgesagt. Der Grund hierfür kann die für die Biopsie notwendige Kompression der Brust mit infolgedessen verminderter Durchblutung und Kontrastierung des Befunds sein. In diesen Fällen wird generell eine Verlaufskontrolle mit MRT nach 6 Monaten empfohlen, um das Risiko für eine verzögerte Malignomdiagnose zu minimieren (16).
Klinisch anatomisches Staging
Die Bildgebung ist wesentlicher Bestandteil der klinisch anatomischen Stadieneinteilung des Mammakarzinoms. Das klinisch anatomische Stadium wird bestimmt n von der Grösse des Primärtumors (Tis bis T4) n vom Vorhandensein und Ausmass einer axillären
Lymphknotenmetastasierung (N0 bis N3) und n vom Vorhandensein einer Fernmetastasierung
(M0 oder M1). Es resultieren die klinisch anatomischen Stadien 0 bis IV, wobei das Stadium 0 die günstigste Prognose aufweist (17).
Staging des Primärtumors Die klinisch anatomischen Tumorstadien des Primärtumors der Brust sind von der Tumorgrösse abhängig und werden analog zum pathologisch anatomischen Staging mit Tis bis T4 bezeichnet. Zumindest die grösste Ausdehnung des Tumors in der Bildgebung muss exakt ausgemessen und millimetergenau im Befund angegeben werden. Sofern die Tumorgrösse zwischen den verschiedenen bildgebenden Modalitäten Ultraschall und Mammografie sowie MRT differiert, sollte die Messung im MRT als genaueste Angabe bevorzugt werden. Falls die Abweichung der Messwerte zwischen den einzelnen Modalitäten so gross ist, dass sie das T-Stadium beeinflusst, muss man die Bestimmung der genauen Tumorausdehnung mit einer bildgestützten Biopsie in Erwägung ziehen. Ausser der Tumorgrösse beinhaltet das kli-
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nisch anatomische Staging die Angabe der Entfernung zur Mamille, zur Haut, zum Musculus pectoralis und zur Brustwand.
Lymphknotenstaging Das letzte Jahrzehnt ist von einer Entwicklung zu weniger invasiven Verfahren der Chirurgie der Axilla gekennzeichnet. Voraussetzung hierfür ist das präoperative bildgebende Staging der axillären Lymphknoten und die präoperative Abklärung suspekter Lymphknoten mittels bildgestützter Biopsie. Methode der Wahl ist der Ultraschall, wobei dessen Wertigkeit für das Routinestaging der axillären Lymphknoten noch nicht abschliessend feststeht. Beim Nachweis metastatisch befallener Lymphknoten im Level 1 oder Level 2 der Axilla ist zumindest die bildgebende Abklärung der Lymphknoten im Level 3, der supraklavikulären Lymphknoten und der Mammaria-interna-Lymhknoten anzuschliessen.
Staging der Fernmetastasierung
Patientinnen mit nodal negativen Tumoren < 20 mm und ohne klinische Zeichen einer Fernmetastasie- rung bedürfen keiner bildgebenden Diagnostik zum Ausschluss einer Fernmetastasierung. Bei Nachweis einer axillären Lymphknotenmetastasierung und bei klinischen Zeichen einer Fernmetastasierung ist eine Umgebungsabklärung mit bildgebenden Methoden indiziert. Akzeptierte Methoden sind die Computer- tomografie von Thorax und Abdomen, die MRT bei Verdacht auf eine zerebrale Metastasierung und die Skelettszintigrafie zum Ausschluss einer Knochenme- tastasierung. Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren ab einem Tumorstadien IIB ist das Staging mit PET-CT optional. Die NCCN-Guideline von 2019 stellt fest, dass ein Staging mit PET-CT hilfreich sein kann beim Nachweis eines nicht vermuteten axillären Lymph- knotenbefalls und/oder bei der Identifikation von Fernmetastasen (18). n Dr. med. Sophie Dellas Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin Universitätsspital Basel 4031 Basel E-Mail: sophie.dellas@usb.ch Quellen: 1. Tot T, Gere M, et al.: The clinical value of detecting microcalcifications on a mammogram. Semin Cancer Biol 2019 Nov 14;19:30356-30356. 2. D’Orsi CJ, Sickles EA, et al.: ACR BI-RADS® Atlas, Breast Imaging Reporting and Data System. 5th ed; 2013. 3. Soo MS, Rosen EL, et al.: Negative predictive value of sonography with mammography in patients with palpable breast lesions. American Journal of Roentgenology 2001 Nov;177(5):1167-1170. 4. Tirada N, Li G, et al.: Digital Breast Tomosynthesis: Physics, Artifacts, and Quality Control Considerations. Radiographics 2019 Mar-Apr;39(2):413-426. 5. Chong A, Weinstein SP, et al.: Digital Breast Tomosynthesis: Concepts and Clinical Practice. Radiology 2019 Jul;292(1):1-14. 6. Bahl M, Baker JA, et al.: Architectural Distortion on Mammography: Correlation With Pathologic Outcomes and Predictors of Malignancy. AJR Am J Roentgenol 2015 Dec;205(6):1339-1345. 7. Luparia A, Mariscotti G, et al.: Accuracy of tumour size assessment in the preoperative staging of breast cancer: comparison of digital mammography, tomosynthesis, ultrasound and MRI. Radiol Med 2013 Oct;118(7):1119-1136. 8. Leung JW, Sickles EA.: Developing asymmetry identified on mammography: correlation with imaging outcome and pathologic findings. AJR Am J Roentgenol 2007 Mar;188(3):667-675. 9. Spick C, Baltzer PA.: Diagnostic utility of second-look US for breast lesions identified at MR imaging: systematic review and meta-analysis. Radiology 2014 Nov;273(2):401-409. 10. Song SE, Cho N, et al.: Post-clip placement MRI following second-look USguided core biopsy for suspicious lesions identified on breast MRI. Eur Radiol 2017 Dec;27(12):5196-5203. 11. Mann RM, Cho N, et al.: Breast MRI: State of the Art. Radiology 2019 Sep;292(3):520-536. 12. Sung JS, Stamler S, et al.: Breast Cancers Detected at Screening MR Imaging and Mammography in Patients at High Risk: Method of Detection Reflects Tumor Histopathologic Results. Radiology 2016 Sep;280(3):716-722. 13. Kuhl CK, Schrading S, et al.: MRI for diagnosis of pure ductal carcinoma in situ: a prospective observational study. Lancet 2007 Aug 11;370(9586):485-492. 14. Willems SM, van Deurzen CH, et al.: Diagnosis of breast lesions: fine-needle aspiration cytology or core needle biopsy? A review. J Clin Pathol 2012 Apr;65(4):287292. 15. Wang J, Chien N, et al.: Clip migration after stereotactic vacuum-assisted breast biopsy with the patient in the decubitus position. Eur Radiol 2020 Nov;30(11):6080-6088. 16. Mayo RC, 3rd, Kalambo MJ, et al.: Preoperative localization of breast lesions: Current techniques. Clin Imaging 2019 Jul/Aug;56:1-8. 17. Brierley JG, Gospodarowicz MK, et al.: TNM Classification of Malignant Tumours. 8th ed. Oxford: WILEY Blackwell; 2017. 18. Gradishar WJ, Anderson BO, et al.: Breast Cancer, Version 3.2020, NCCN Clinical Practice Guidelines in Oncology. J Natl Compr Canc Netw 2020 Apr;18(4):452478. Interessenkonflikte: keine. GYNÄKOLOGIE 2/2021 15