Transkript
FIRST-TO-DISCUSS-Newsletter Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Menopause (SGEM)
Update zur Therapiestudie mit dem NK3R-Antagonisten Fezolinetant
Hintergrund: Hypothalamische KNDy-Neurone (KNDy: Kisspeptin/Neurokinin B/ Dynorphin) projizieren in das thermoregulatorische Zentrum, das ebenfalls im Hypothalamus lokalisiert ist. Sie werden durch Neurokinin B stimuliert und durch (z. B.) Östrogene inhibiert. Diese Hemmung fällt durch den Abfall der Östrogene in der Menopause weg. Daraufhin hypertrophieren die KNDy-Neurone und werden hyperaktiv. Das wiederum führt zu einer gesteigerten Stimulation des thermoregulatorischen Zentrums, das dadurch hypersensitiv gegenüber peripheren Temperatursensoren wird und mit einer vermehrten Aktivierung der «Wärmeabgabe-Mechanismen» reagiert. Die Folge sind vasomotorische Beschwerden (VMS).
In den letzten Jahren wurde eifrig an der Entwicklung von sogenannten Neurokinin-Rezeptor-(NKR-)Antagonisten gearbeitet. Diese sollen den beschriebenen Signalweg unterbrechen und somit das Auftreten von menopausalen VMS reduzieren. Fezolinetant ist ein oraler NK3R-Antagonist. In der plazebokontrollierten VESTA-Studie der Phase IIb wurde gezeigt, dass Fezolinetant (2 × 90 mg/ Tag) bei guter Verträglichkeit bereits innerhalb von 4 Wochen signifikant die Frequenz und die Intensität von VMS reduziert (1). In der aktuellen Publikation wurden die Responderrate und weitere «patient-reported outcome measures» (PROM) unter Fezolinetant ausgewertet.
Zusammenfassung der VESTA-Studie
In der 12-wöchigen VESTA-Studie wurden 352 zirka 55-jährige postmenopausale Frauen, die unter moderaten oder schweren VMS litten, mit verschiedenen Fezolinetant-Dosierungen oder Plazebo behandelt. Als PROM wurden der Menopause-Specific-Quality-of-Life-Questionnaire (MENQoL), die Hot-Flash-Related-Daily-Interference-Scale (HFRDIS) und die Greene-Climacteric-Scale (GCS) eingesetzt. Die PROM wurden bei Baseline sowie nach 4, 8 und 12 Wochen erfasst. Responder waren wie folgt im Vergleich zur Baseline definiert: 1) mindestens 50%, 70%, 90% oder
100% Reduktion der Frequenz moderater oder schwerer VMS oder
2) mindestens 50%, 70%, 90% oder 100% Reduktion der Frequenz leichter, moderater oder schwerer VMS oder
3) absolute Reduktion um 2, 3, 4 oder 5 moderate oder schwere VMS pro 24 Stunden oder
4) absolute Reduktion um 2, 3, 4 oder 5 leichte, moderate oder schwere VMS pro 24 Stunden.
Die Frequenz und die Intensität von VMS wurden täglich über ein elektronisches Tagebuch erfasst. Unabhängig von der Fezolinetant-Dosierung erzielten über 80% der Teilnehmerinnen eine mindestens 50%ige Reduktion der moderaten oder schweren VMS; mehr als 50% der Frauen sogar eine Reduktion um mindestens 90%. Unter Fezolinetant (2 × 90 mg/Tag) brauchte es im Durchschnitt 2,2 Tage, um eine 50%ige Reduktion der moderaten oder schweren VMS zu erreichen (vs. 15 Tage unter Plazebo). Neben der Reduktion der VMS-Frequenz und -Intensität zeigte sich unter Fezolinetant eine signifikante Verbesserung der menopausenbezogenen Lebensqualität (MENQoL), eine signifikante Reduktion der VMS-assoziierten Alltagsbeeinträchtigung (HFRDIS) und eine signifikante Reduktion psychischer und physischer VMS-assoziierter Symptome (GCS).
Kommentar
Die aktuellen Daten ergänzen die bereits vorliegenden, optimistisch stimmenden Ergebnisse zum NK3R-Antagonisten Fezolinetant zur Therapie von menopau-
Prof. Dr. med. Petra Stute, Präsidentin der SGEM, Leitende Ärztin Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Inselspital Bern, resümiert und kommentiert kürzlich publizierte Studien zu wichtigen und vielfach kontrovers diskutierten Themen.
Kommentierte Studie: Santoro N et al.: Effect of the neurokinin 3 receptor antagonist fezolinetant on patient-reported outcomes in postmenopausal women with vasomotor symptoms: results of a randomized, placebo-controlled, doubleblind, dose-ranging study (VESTA). Menopause. 2020 Dec; 27(12): 1350– 1356. LoE 1
salen VMS. Die Geschwindigkeit, mit der
die Wirkung erzielt wird, ist beeindru-
ckend. Natürlich sind noch viele Fragen
zu klären, zum Beispiel
n zum Einfluss auf andere menopausale
Symptome (wie Schlafstörung, Mus-
kel- und Gelenkbeschwerden, sexuel-
le Funktion)
n zur Wirksamkeit und Sicherheit bei
neurologischen Vorerkrankungen
n zur Langzeitsicherheit
n zu Interaktionen mit anderen Medika-
menten (wie Psychopharmaka).
Wait and see ...
n
Prof. Dr. med. Petra Stute Präsidentin der SGEM Abteilung Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Universitätsklinik für Frauenheilkunde Inselspital 3010 Bern E-Mail: petra.stute@insel.ch Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel: keine.
Referenz: 1. Fraser GL, Lederman S, Waldbaum A, Kroll R, Santoro N, Lee M, Skillern L, Ramael S: A phase 2b, randomized, placebo-controlled, double-blind, dose-ranging study of the neurokinin 3 receptor antagonist fezolinetant for vasomotor symptoms associated with menopause. Menopause 2020 Apr, 27(4): 382-392.
GYNÄKOLOGIE 1/2021
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