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Journal Club
Krebsprävention
HPV-Impfung: optimal vor dem 17. Lebensjahr impfen
Der optimale Schutz vor der Entwicklung eines invasiven Zervixkarzinoms wird erreicht, wenn vor dem 17. Lebensjahr die HPV-Impfung erfolgt. Das ist ein wichtiges Ergebnis einer jetzt publizierten kontrollierten Bevölkerungsstudie in Schweden mit fast 1,7 Millionen junge Frauen, die im Zeitraum von 2006 bis 2017 zwischen 10 und 30 Jahre alt waren.
Die Wirksamkeit und die Nützlichkeit des quadrivalenten Impfstoffs gegen humane Papillomavirus (HPV) zur Prävention von induzierten, prämalignen, zervikalen Läsionen (v.a. zervikalen intraepithelialen Neoplasien, CIN-2 und höhergradigen) ist erwiesen. Die Assoziation zwischen Impfung und Risiko für ein invasives Zervixkarzinom sollte nun im ausgeweiteten Rahmen in einer landesweiten Bevölkerungsstudie auf der Basis des Gesundheitsregisters überprüft werden. Eine randomisierte, kontrollierte Studie zur Prüfung der Wirkung einer Impfung gegen Zervixkarzinom ist nicht geeignet (u.a. wegen der langen Zeitspanne bis zur Entwicklung eines invasiven Karzinoms, ethischen Gründen usw.).
Derzeit haben 124 Staaten und Regionen nationale HPV-Impfprogramme. In Schweden wurde die Impfung 2006 zugelassen, der quadrivalente Impfstoff, der gegen die HPV-Typen 6, 11, 16 und 18 wirkt, wurde meist verwendet.
Nationales HPVImpfprogramm ab 2006
Basis der schwedischen Studie waren Bevölkerungs- und Gesundheitsregister, aus denen Daten von 1 672 983 Mädchen und Frauen herangezogen wurden, welche im Zeitraum von 2006 bis 2017 zwischen 10 und 30 Jahre alt waren. Untersucht wurde die Assoziation zwischen der HPV-Impfung und der Diagnose eines invasiven Zervixkarzinoms vor allem im
HPV-Impstatus:
Nicht geimpft Geimpft im Alter 17–30 Jahre Geimpft im Alter unter 17 Jahren
Hinblick auf das aktuelle Alter der Probandinnen, das Kalenderjahr der Impfung, die Wohnregion, den Bildungsund Einkommensstatus sowie die Anamnesedaten der Mütter.
19 versus 538 Fälle
Die Frauen und Mädchen wurden im Stu-
dienzeitraum bezüglich Zervixkarzinom
bis zu ihrem 31. Geburtstag beobachtet:
Der Krebs wurde bei 538 nicht geimpften
Frauen diagnostiziert und bei 19 mit dem
quadrivalenten Impfstoff geimpften
Frauen. Die errechnete kumultative Inzi-
denzrate betrug 47 pro 100 000 Personen
unter den geimpften Frauen versus 94
pro 100 000 der nicht geimpften. Nach
Adjustierung bezüglich Lebensalter im
Follow-up betrug die Ratio für den Ver-
gleich geimpfte versus nicht geimpfte
Bevölkerung 0,51 (95%-KI: 0,32–0,82).
Nach Adjustierung für alle Kovarianten
betrug die Ratio der Inzidenzrate 0,12
(95%-KI: 0,00–0,34) bei den Frauen, die
vor dem 17. Lebensjahr geimpft wurden.
Bei Frauen, die zwischen dem 17. und
dem 30. Lebensjahr geimpft wurden, be-
trug die Ratio 0,47 (95%-KI: 0,27–0,75).
Aufgrund der insgesamt geringen Fall-
zahl kann nicht sicher geschlossen wer-
den, ob die Zahl der Impfdosen (2- oder
3-malige Impfung) Einfluss auf den
Präventionseffekt hat.
Die Resultate stimmen mit Untersuchun-
gen in anderen Ländern überein, darunter
Finnland, bei denen unter den geimpften
Frauen gar keine HPV-induzierten Karzi-
nome gefunden wurden.
I
Kumulative Inzidenz für Zervixkarzinom pro 100 000 Personen
Alter im Beobachtungszeitraum (Jahre)
Bärbel Hirrle
Quelle: 1. Lei J et al.: HPV vaccination and the risk of invasive
cervical cancer. N Engl J Med 2020; 383: 1340–1348.
Abbildung: Kumultative Inzidenz für ein invasives Zervixkarzinom entsprechend dem HPVImpfstatus (adaptiert nach [1]).
26 GYNÄKOLOGIE 5/2020