Transkript
SCHWERPUNKT
Polypen und Präkanzerosen des Endometriums
Diagnostik und Therapie
Endometriumpolypen können asymptomatisch oder aber für eine Vielzahl von Symptomen verantwortlich sein. Da die Entartungsraten sehr klein sind, sollten interventionelle Therapien hinsichtlich des zu erwartenden Therapieerfolgs abgewogen werden. Bei Präkanzerosen sind die internationalen Guidelines und insbesondere die Richtlinien hinsichtlich der transvaginalen Sonografie bei asymptomatischen Patientinnen zu beachten, um eine nicht notwendige Intervention zu vermeiden. «Nur weil man es gut meint, tut man nicht immer Gutes».
ROBERT GRABOLUS
Robert Grabolus
Endometriumpolypen
Polypen (altgriechisch: Vielfüssler [1]) können aus jedem mukösen Epithel entstehen. Die Prävalenz der Endometriumpolypen beträgt zwischen 7,8 und 34,9% (2). 79,8% der Patientinnen mit diagnostizierten Endometriumpolypen waren in einer neueren Studie (2014) von Ricciardi unter 60 Jahren (3). 82% der Endometriumpolypen sind asymptomatisch (4) und bis zu 25% spontan regredient (5). Insbesondere Endometriumpolypen unter 10 mm sind innerhalb eines Jahres regredient und haben ein sehr kleines Entartungsrisiko (6). Bei bis zu 68% der Patientinnen mit abnormen uterinen Blutungen können Endometriumpolypen diagnostiziert werden.
Assoziierte Symptome und Risikofaktoren Durch das Vorhandensein von Endometriumpolypen kommt es zu abnormen uterinen Blutungen, meist zu postmenopausalen Blutungen (2). Insbesondere Unterbauchschmerzen oder Spotting ohne andere dia-
Merkpunkte
I Symptomatische Endometriumpolypen sollten operativ entfernt werden, da die postinterventionellen Vorteile hinsichtlich der assoziierten Symptome und der Fertilität dem konservativen Management überwiegen.
I Die gefürchteten intrakavitären Adhäsionen korrelieren nicht mit der angewandten Methode (bipolare Resektion mit Endometriumläsionen/einfache Kürettage), sondern mit der Art der entfernten Struktur (Polypen 3,6%/Myome 37%.
I Eine transvaginalsonografische Untersuchung von asymptomatischen Patientinnen in der Routineuntersuchung soll nicht durchgeführt werden, um unnötige Interventionen der zufällig diagnostizierten Befunde zu verhindern.
I Eine Hyperplasie ohne Atypien bedarf (wie ein asymptomatischer prämenopausaler Endometriumpolyp) aufgrund der spontanen Regressionsrate keiner operativen Intervention.
gnostizierbare Ursache sind bei prämenopausalen Patientinnen auf Endometriumpolypen zurückzuführen. In mehreren Studien besteht auch ein direkter Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein von Endometriumpolypen in der transvaginalen Sonografie und Infertilität (7). Zu den Risikofaktoren gehören Alter, Adipositas, Diabetes mellitus, Hypertonie und die Einnahme eines selektiven Östrogen-Rezeptor-Modulators (Tamoxifen). Protektiv wirken orale Kontrazeptiva und Levonorgestrel-haltige IUD (intrauterine device).
Pathogenese Endometriumpolypen entstehen durch hyperplastisches Wachstum von Stromazellen und endometrialen Drüsen. Das basiert auf einem Wachstumsvorteil durch Östrogen-Rezeptor-Persistenz, welche durch eine vermehrte Reaktion der Basalis auf Steroide begünstigt wird. Diese Reaktion verstärkt den oxidativen Stress über COX-2 und die Angiogenese, welche den Östrogen-Betarezeptor und Wachstumsfaktoren in der späten Sekretionsphase unterstützen. Der Apoptosemarker Bcl 2 (Hemmung der Apoptose) ist in den Endometriumpolypen hoch exprimiert und führt in der späten Sekretionsphase zu einer Hemmung der Apoptose. Einzelne «Inseln» von Endometrium werden von der Menstruationsblutung isoliert. Um die initial umschriebene Hyperplasie mit einer breiten Basis werden durch das regelmässig abgezogene umgebene Endometrium ein «Polypenstiel» und ein «Polypenkopf» gebildet. Im Spätstadium kommt es durch eine zystische Transformation zu glandulär zystischen Polypen und bei fortgeschrittener Atrophie zu fibrös zystischen Polypen. Endometriumpolypen sind meist an der fundalen Hinterwand zu finden. Die Mukosa ist rötlich glatt und glänzend.
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SCHWERPUNKT
Die COX-2-Überexpression ist in malignen Polypen grösser als in benignen Endomtriumpolypen (7). Endometriumpolypen sind mit einer grossen Anzahl von inhibierenden Faktoren assoziiert. Das Glycodelin vermindert die Perfusion im Endometrium, führt zu einer gestörten Implantation und dadurch zu einer höheren Rate an Aborten (7). Die chronische endometriale Entzündung führt zur Ausbildung von oberflächlichen Erosionen an den endometrialen Gefässen und konsekutiv zu Blutungsanomalien.
Diagnosestellung Postmenopausale Patientinnen Asymptomatische postmenopausale Patientinnen Das atrophe postmenopausale Endometrium sollte ohne exogene Hormonersatztherapie oder Tamoxifen-Einnahme keine Endometriumpolypen entwickeln. Das Risiko für eine atypische Hyperplasie oder Malignität beträgt 0 bis 12,9% (8). Die alleinige Tamoxifen-Einnahme erhöht die Inzidenz für Endometriumpolypen auf 8 bis 36%. Die postmenopausal diagnostizierten Endometriumpolypen sollten immer histologisch abgeklärt werden, da das Risiko für prämaligne oder maligne Veränderungen postmenopausal um das 10-Fache erhöht ist.
Exspektatives Vorgehen Ein exspektatives Vorgehen unter transvaginalsonografischen Kontrollen muss mit der Patientin individuell diskutiert werden. Endometriumpolypen unter 18 mm können unter Beachtung der Risikofaktoren (Adipositas, Hormonersatztherapie, Diabetes, Hypertonie, Tamoxifen-Einnahme) in regelmässigen transvaginalsonografischen Untersuchungen kontrolliert werden.
Patientinnen mit postmenopausalen Blutungen Vaginale Blutungen, die Grösse des Endometriumpolypen und das Alter erhöhen die Wahrscheinlichkeit für eine Malignität. Atypische Hyperplasien treten vermehrt in Anwesenheit von Endometriumpolypen auf. Es sollte eine hysteroskopische Resektion bzw. eine Hysteroskopie mit Kürettage zur Entfernung der Endometriumpolypen durchgeführt werden, um atypische oder maligne Zellen im Bereich der Basis des Polypen nicht zu verpassen.
Prämenopausale Patientinnen Die transvaginale Sonografie sollte am 10. Tag des Menstruationszyklus durchgeführt werden, da das zu einer höheren Anzahl diagnostizierter Endometriumpolypen führt. Die Detektion kann mit einer Hydrosonografie noch verbessert werden (4).
Exspektatives Vorgehen Bei jungen asymptomatischen Patientinnen ist ein exspektatives Vorgehen mit regelmässigen transvaginalsonografischen Nachkontrollen zu empfehlen. Die Inzidenz von atypischen Hyperplasien bzw. einer malignen Entartung liegt unter 1,5% und ist bei Endometriumpolypen unter 10 mm noch tiefer. Die spontane Regressionsrate liegt bei 25% (2) und ist bei Endometriumpolypen von einer Grösse um 10,7 mm innerhalb eines Jahres zu erwarten. Ab einer Grösse von 15,1 mm ist das innerhalb eines Jahres sehr unwahrscheinlich (9). Symptomatische Endometriumpolypen mit Unterbauchschmerzen, abnormen uterinen Blutungen oder Dysmenorrhö sollten durch eine operative Intervention entfernt werden.
Spezialfall Infertilität Die Endometriumpolypen können nicht nur ein mechanisches Problem darstellen. Die Entfernung der tubokornualen Endometriumpolypen ist mit den höchsten postinterventionellen Schwangerschaftsraten assoziiert. Durch die chronische endometriale Entzündung, das Glycodelin, welches die SpermienOozyten-Bindung reduziert, die verminderten Werte an TNF-α und Insulin-Growth-Factor-Binding-Protein 1 (IGFBP-1), welche eine mittzyklische Implantation verhindern, entsteht ein negativer Einfluss auf die Fertilität (10). Diese Werte normalisieren sich nach einer operativen Polypektomie (11). Insbesondere die transvaginalsonografische Untersuchung bei infertilen Patientinnen zeigt eine direkte Korrelation zwischen reduzierter Fertilität und den diagnostizierten Endometriumpolypen. Bei 32% der infertilen Patientinnen, welche eine transvaginalsonografische Untersuchung erhielten, fanden sich Endometriumpolypen. Bei Patientinnen mit Infertilität ohne abnorme uterine Blutungen können in 6 bis 15% der Fälle Endometriumpolypen diagnostiziert werden. Während einer zur Infertilitätsabklärung durchgeführten Hysteroskopie konnten in 16,5 bis 26,5% der Fälle Endometriumpolypen diagnostiziert werden (12). Bei infertilen Patientinnen mit einer diagnostizierten Endometriose fanden sich bei 46,7% (13) Endometriumpolypen. Bei Patientinnen mit habituellen Aborten konnten in 0,6 bis 5% der Fälle Endometriumpolypen diagnostiziert werden. Die Schwangerschaftsraten erhöhten sich nach der Entfernung der Polypen. Die Resektion von Endometriumpolypen über 16 mm erhöht die Schwangerschaftsraten signifikant (14). Eine vor der ersten IVF/ICSI-Behandlung durchgeführte Hysteroskopie und Therapie der intrakavitären Strukturen führt allerdings nicht zu einer Verbesserung des reproduktiven Outcomes.
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SCHWERPUNKT
monopolaren Schlingen mehr verwendet werden (Abbildungen 1 und 2).
Abbildung 1: Hysteroskopische Diagnose eines Endometriumpolypen
Abbildung 2: Hysteroskopische bipolare Resektion eines Endometriumpolypen
Therapie Chirurgisches Vorgehen Die hysteroskopische bipolare Resektion stellt die Standardtherapie für die Entfernung von Endometriumpolypen dar. Ebenso können aber auch eine Hysteroskopie und die Abtragung des Polypen durch Kürettage erfolgen. Bei der bipolaren Resektion sollte immer auch eine Kürettage des umgebenden Endometriums durchgeführt werden, um atypische Hyperplasien respektive Endometriumkarzinome, welche vermehrt um den Polypenstiel auftreten, nicht zu verpassen. Durch die Hysteroskopie können insbesondere bei postmenopausalen Patientinnen die perioperativen Komplikationen (Via falsa, zervikale Läsionen, Uterusperforationen) reduziert werden. Durch eine bipolare hysteroskopische Resektion können Rezidive der Endometriumpolypen im Vergleich zur Kürettage um 15% reduziert werden. Die Methoden (bipolare Schere, bipolare Schlinge, Zange, Morcellator) sind hinsichtlich der Rezidivrate und der Entfernung der Endometriumpolypen gleichwertig. Bei Endometriumpolypen über 20 mm ist die Resektion mit der bipolaren Schlinge den anderen Methoden überlegen. Die bipolare Resektion weist wegen des isotonen Distensionsmediums verringerte perioperative Komplikationsraten auf. Ein Flüssigkeitsdefizit von über 1500 ml sollte zur Prävention der «Wasserintoxikation» nicht überschritten werden. Die Schädigung des Endometriums ist durch die bipolare Resektion gerade bei prämenopausalen Patientinnen bezüglich der Schwangerschaftsraten nicht signifikant (15). Trotz der reduzierten Endometriumsdicke von 10,7 mm auf 9,5 mm durch die bipolare Resektion eines Endometriumpolypen konnten die Schwangerschaftsraten nach IVF/ICSI von 19,5% auf 24,4% erhöht werden. Aufgrund des benötigten Distensionsmediums und der konsekutiv vermehrten perioperativen Komplikationen durch das «Hysteroskopie- oder Einschwemmsyndrom» mit Lungenödem, Hyponatriämie, Hirnödem, Azidose und Koagulopathien sollten keine
Konservative Therapie Die Verwendung von Levonorgestrel-haltigen IUD reduziert beziehungsweise verhindert die Entwicklung von Endometriumpolypen und atypischen Hyperplasien aufgrund des antiinflammatorischen Effekts des Progesterons (16). Ebenso konnte gezeigt werden, dass die orale kombinierte Kontrazeptiva die Entstehung von Endometriumpolypen durch die gleichbleibenden Östrogenund Progesteronwerte reduzieren oder sogar verhindern (17).
Nachkontrollen
Die Wahrscheinlichkeit für Rezidive von Endometriumpolypen liegt in Studien zwischen 3 und 11%. Bei der hysteroskopischen Verwendung der bipolaren Schlinge wurden teilweise keine Rezidive beobachtet (18). 75% der symptomatischen Patientinnen sind nach der Resektion des Endometriumpolypen beschwerdefrei. Die Schwangerschaftsraten konnten durch die Resektion von Endometriumpolypen im Bereich der Tubenostien um 50 bis 60% erhöht werden (19). Intrakavitäre Adhäsionen nach Resektion eines Endometriumpolypen korrelieren nicht mit der angewendeten Methode, sondern vielmehr mit der entfernten Struktur (20). So treten intrakavitäre Adhäsionen nach Resektion eines Polypen in 3,6% der Fälle, in 37% der Fälle bei singulären Myomektomien und in 45% der Fälle bei multiplen Myomektomien auf.
Präkanzerosen
Diagnose durch Früherkennungsuntersuchungen Asymptomatische Frauen ohne erhöhtes Risiko Früherkennungsuntersuchungen mit transvaginaler Sonografie von asymptomatischen Frauen ohne erhöhtes Risiko für ein Endometriumkarzinom (LynchSyndrom, Adipositas, Diabetes mellitus, Hormontherapie, metabolisches Syndrom, PCO-Syndrom) senken nicht die Mortalität (21, 22). Eine transvaginalsonografische Untersuchung sollte bei diesen Frauen nicht durchgeführt werden.
Asymptomatische Frauen mit erhöhtem Risiko Früherkennungsuntersuchungen mit transvaginaler Sonografie von asymptomatischen Frauen mit erhöhtem Risiko für ein Endometriumkarzinom (Lynch-Syndrom, Adipositas, Diabetes mellitus, Hormontherapie, metabolisches Syndrom, PCO-Syndrom) senken nicht die endometriumkarzinomspezifische Mortalität. Eine transvaginalsonografische Routineuntersuchung zur Früherkennung eines Endometriumkarzinoms soll nicht durchgeführt werden (21–24).
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SCHWERPUNKT
Ebenso senken interventionelle Früherkennungsuntersuchungen mit Endometriumbiopsie, Pipelle, Tao Brush, Tumormarkern, Kürettage oder Hysteroskopie bei asymptomatischen Frauen mit erhöhtem Risiko für ein Endometriumkarzinom (Lynch-Syndrom, Adipositas, Diabetes mellitus, Hormontherapie, metabolisches Syndrom, PCO-Syndrom) nicht die endometriumkarzinomspezifische Mortalität (25). Diese Untersuchungen sollen nicht durchgeführt werden.
Asymptomatische Frauen unter Tamoxifen-Therapie* Bei asymptomatischen Patientinnen, welche Tamoxifen einnehmen, soll die transvaginalsonografische Routineuntersuchung ohne weitere Gründe nicht durchgeführt werden (26).
Interventionelle Untersuchungen bei prämenopausalen Frauen mit abnormen uterinen Blutungen Bei prämenopausalen Patientinnen mit abnormen uterinen Blutungen (AUB) liegt das relative Risiko für eine atypische Hyperplasie beziehungsweise für ein Endometriumkarzinom unter 1,5%. Bei Menorrhagien beträgt das Endometriumkarzinomrisiko 0,11%, bei Menometrorrhagien 0,52% (27). Bei prämenopausalen Patientinnen mit abnormen hämodynamisch nicht relevanten AUB ohne Risikofaktoren (suspekte Zytologie, Adipositas, Lynch-Syndrom, Diabetes, Polypen u. a.) soll primär ein konservativer Therapieversuch durchgeführt werden. Bei persistierenden AUB sollte eine interventionelle Untersuchung mit diagnostischer Hysteroskopie und Kürettage erfolgen. Bei prämenopausalen Patientinnen mit abnormen hämodynamisch nicht relevanten AUB mit Risikofaktoren (s.o.) sollte eine histologische Diagnose vor einer medikamentösen Therapie stattfinden.
Abbildung 3: Endometriumhyperplasie ohne Atypien (EH)
Risikofaktoren für ein Endometriumkarzinom (endometrioides Adenokarzinom Typ I) Die permanente Stimulation des Endometriums mit Östrogen durch frühe Menarche, späte Menopause, Adipositas, Nulliparität, Syndrom der polyzystischen Ovarien, Diabetes mellitus Typ II (Insulinresistenz), Östrogen-produzierende Tumoren oder die exogene Stimulation durch Hormonersatztherapie, Tibolon und Tamoxifen sind wie die hereditären Lynch- und Cowden-Syndrome ebenso wie eine positive Familienanamnese Risikofaktoren für ein Endometriumkarzinom. Die Einnahme von Tamoxifen erhöht nur postmenopausal und abhängig von der Anwendungsdauer das Risiko für ein Endometriumkarzinom (29).
Protektive Faktoren Vorbeugend wirken orale Kontrazeptiva und Hormon-IUD. Ebenso erhöht die Einnahme von Metformin die Regression von Endometriumkarzinomen und verbessert das Überleben. Diät und sportliche Betätigung, Rauchen, Kaffeekonsum (4 Tassen über 26 Jahre reduzieren das Risiko um 25%) und Teekonsum haben ebenso einen protektiven Effekt.
Patientinnen mit postmenopausalen Blutungen Bei erstmaliger postmenopausaler Blutung und einer transvaginalsonografisch durchgeführten Beurteilung des Endometriums unter 3 mm kann primär eine erneute transvaginalsonografische und klinische Verlaufskontrolle nach 3 Monaten erfolgen. Ein Endometrium unter 3 mm schliesst eine Pathologie mit einer Sensitivität von 98% aus (28). Bei persistierenden oder erneuten postmenopausalen Blutungen sollen eine diagnostische Hysteroskopie und eine Kürettage zur histologischen Diagnose durchgeführt werden.
* Gao W.L., Zhang L.P., Feng L.M.: Comparative study of transvaginal ultrasonographic and diagnostic hysteroscopic findings in postmenopausal breast cancer patients treated with tamoxifen. Chin Med J (Engl), 2011. 124(15): p. 2335–9.
Histologische Diagnosen Endometriumhyperplasie ohne Atypien Die Endometriumhyperplasie ohne Atypien (EH) ist eine gutartige Veränderung, die beobachtet oder auch konservativ mit systemischen Gestagenen, oralen Kontrazeptiva, Levonorgestrel-haltigen IUD und Gewichtsreduktion therapiert werden kann. Eine Hysterektomie ist nicht notwendig. Das Risiko für ein Endometriumkarzinom beträgt etwa 1%, und die spontane Remissionrate liegt bei über 80% (30) (Abbildung 3).
Atypische Endometriumhyperplasie (AEH)
Bei der AEH (auch endometrioide intraepitheliale Hyperplasie [EIN] genannt) liegt das Risiko für ein Endometriumkarzinom bei 30%. Eine EH entwickelt sich unter andauernder Östrogen-Exposition ohne das mitoseinhibierende Progesteron zur AEH und
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SCHWERPUNKT
weiter zum Endometriumkarzinom Typ I. Das Durchschnittsalter der Betroffenen liegt bei 53 Jahren. In Hysterektomiepräparaten kann bei Vorliegen einer AEH in 25 bis 60% der Fälle bereits ein Endometriumkarzinom diagnostiziert werden. Das Risiko ist mit einer AEH um das 45-Fache erhöht (Abbildung 4).
Endometriumkarzinom
Das Endometriumkarzinom ist das fünfthäufigste gynäkologische Karzinom weltweit. 5% der betroffenen Patientinnen sind unter 40 Jahren. 10% haben eine hereditäre Prädisposition (Lynch- oder Cowden-Syndrom). Das frühe hormonsensitive Endometriumkarzinom Typ I (pT1a G1) und die AEH können mit der totalen Hysterektomie und Adnexektomie beidseits mit einem 5-Jahres-Überleben von 93,5% therapiert werden. Eine suprazervikale Hysterektomie respektive eine Endometriumresektion wird nicht empfohlen, da Endometrium im Uterus (bzw. in der Zervix) persistiert.
Therapieoptionen bei Präkanzerosen
Prämenopausale Patientinnen mit Kinderwunsch Eine medikamentöse Therapie der AEH kann bei Kinderwunsch und nach ausführlicher Aufklärung, dass die eigentliche Therapie die Hysterektomie ist, dass engmaschige interventionelle Kontrolluntersuchungen (Hysteroskopie und Kürettage) notwendig sind und dass nach Erfüllung des Kinderwunsches eine Hysterektomie empfohlen wird, diskutiert werden. Wichtig ist die prätherapeutische Abklärung zum Ausschluss eines ovariellen Befalls (2 bis 5%) (31, 32) durch eine diagnostische Laparoskopie, zur Beurteilung der myometranen Infiltration durch eine Magnetresonanztomografie (Sensitivität 89%) oder durch eine transvaginalsonografische Untersuchung (Sensitivität 79%). Die Beurteilung der Fertilität durch einen Reproduktionsmediziner sollte empfohlen werden. Eine anschliessende reproduktionsmedizinische Unterstützung führt zu früheren und erfolgreicheren Konzeptionen.
Therapie Die Gestagentherapie (endometriales Stroma wird dezidualisiert und die Estradioldehydrogenase deaktiviert) mit Medroxyprogesteronacetat (500 bis 1000 mg täglich), Megestrolacetat (80 bis 160 mg täglich), Hydroxyprogesteron (500 mg täglich), natürlichem Progesteron (200 mg täglich vom 14. bis zum 25. Zyklustag) oder mit Levonorgestrel-haltigen IUD ist hinsichtlich der Regredienz der AEH von 83 bis 94% und einer Rezidivrate von 13% die empfohlene Therapie mit einem durchschnittlichen Ansprechen innerhalb von 6 Monaten. Die Hormon-IUD allein bewirkt bei einer AEH eine Regression von 94,2%, das bei einer Rezidivrate von nur 3,9% gegenüber Medroxyprogesteronacetat, jedoch führt diese Therapie
Abbildung 4: Atypische Endometriumhyperplasie (AEH)
nur zu einer reduzierten Geburtenrate von 18% (33). Die GnRH-Analoga führen zu einer Regredienz der AEH von 77% mit einer zu erwartenden Rezidivrate von 15% und den konsekutiv menopausalen Nebenwirkungen. Bei Progression respektive Persistenz der AEH, welche bis zu maximal 24 Monate toleriert werden kann, sollte eine Hysterektomie erfolgen (34).
Nachkontrollen Unter der medikamentösen Therapie sollte nach 6 Monaten histologisch eine Komplettremission diagnostiziert werden können. Bei nur prospektivem Kinderwunsch soll eine Erhaltungstherapie mit 6-monatlicher Hysteroskopie und Kürettage sowie magnetoresonanztomografischen Kontrollen durchgeführt werden.
Postmenopausale Patientinnen Bei diesen sowie bei prämenopausalen Patientinnen mit abgeschlossener Familienplanung ist die totale Hysterektomie und gegebenenfalls eine beidseitige Adnexektomie die empfohlene Therapie. Bei Vorliegen einer AEH können bei einer Hysterektomie und beidseitiger Salpingektomie die Ovarien belassen werden, wenn eine hereditäre Disposition für ein Ovarialkarzinom (BRCA-Mutation oder LynchSyndrom) ausgeschlossen wurde.
Synchrones Endometrium- und Ovarialkarzinom
Das Surveillance, Epidemiology and End Results Pro-
gram (SEER) zeigte, dass junge Frauen mit Endome-
triumkarzinom ein deutlich höheres Risiko für ein syn-
chrones Endometrium- und Ovarialkarzinom (SEOC)
haben, welches in der Literatur mit 11 bis 36% ange-
geben wird (35).
I
Dr. med. Robert Grabolus Klinik für Gynäkologie Universitätsspital Zürich 8091 Zürich E-Mail: robert.grabolus@usz.ch
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SCHWERPUNKT
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