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EDITORIAL
Schwerpunkt: Benigne Erkrankungen des Uterus
D ie benignen Erkrankungen und Veränderungen des Uterus fristen häufig ein Schattendasein. Obwohl man in der Praxis fast täglich mit solchen Erkrankungen konfrontiert ist, sind viele dieser Pathologien nicht hinreichend wissenschaftlich untersucht und werden deshalb auch ganz unterschiedlich behandelt.
Hysterektomie einst und heute Erste Versuche, eine Hysterektomie durchzuführen, datieren zurück zu Zeiten des Soranos von Ephesos (98 bis 138), damals zur Behandlung eines prolabierenden, gangränösen Uterus. Bis ins 18. Jahrhundert überlebte kaum eine Frau eine Hysterektomie, und selbst vor 100 Jahren stellte die Hysterektomie eine Operation dar, die nur dann durchgeführt wurde, wenn keine Aussicht
Benigne Uteruspathologien – fast täglich in der Praxis
mehr bestand, die Patientin andersweitig zu retten. Der Eingriff war damals mit einer sehr hohen Morbidität und Mortalität verbunden. Das gesamte perioperative Management hat sich zwischenzeitlich stark verbessert, Mortalität und Morbidität konnten dadurch deutlich verringert werden. Mittlerweilen stellt die Hysterektomie einen der häufigsten gynäkologischen Eingriffe dar, auch wenn sich in den letzten Jahren das Spektrum an Alternativen stark weiterentwickelt hat und jede Patientin im Rahmen der Aufklärung bezüglich einer Hysterektomie über weitere Behandlungsmöglichkeiten informiert werden sollte. Bei der Wahl einer Methode sollten die bestehenden Leitlinien und nicht die persönlich vorhandenen chirurgischen Fähigkeiten berücksichtigt werden, wie Dr. Peter Martin Fehr in seinem Übersichtsartikel formuliert. Er zeigt ein mögliches Konzept auf, mit dem die korrekte Hysterektomiemethode bei entsprechender Indikation gefunden wird. Im Rahmen einer Hysterektomie stellt sich häufig auch die Frage nach der gleichzeitigen Salpingektomie. Im Expertenbrief Nr. 64 werden das heutige Wissen zur Indikation der prophylaktischen Entfernung beider Tuben (opportunistische Salpingektomie) zur primären Prävention des Ovarialkarzinoms sowie Empfehlungen zum Vorgehen gemäss internationalen Guidelines zusammengefasst.
Fehlbildungen und Polypen Die Prävalenzrate der urogenitalen Fehlbildungen wird in der Literatur mit 6,4% angegeben. Wie werden sie aber derzeit sinnvoll eingeteilt, und was bedeuten diese Fehlbildungen für die Patientinnen? Die häufigste Form einer Vaginalaplasie und die zweithäufigste Ursache der primären Amenorrhö in der gynäkologischen Praxis stellt das Mayer-von-RokitanskyKüster-Hauser-(MRKH-)Syndrom dar. Dr. Sara Martin und PD Dr. Cornelia Betschart geben einen umfassenden Überblick über diese Erkrankung und beantworten Fragen zu Therapieoptionen. Eine weitere häufige gutartige Pathologie des Uterus sind endometriale Polypen. Sie variieren in der Grösse von wenigen Millimetern bis zu mehreren Zentimetern, können solitär oder multipel auftreten und dabei das gesamte Cavum ausfüllen. Sie können in jedem Alter diagnostiziert werden; die höchste Inzidenz tritt jedoch im Alter von 40 bis 49 Jahren auf. Obwohl diese Polypen als gutartig betrachtet werden, besteht ein geringes Risiko für eine bösartige Transformation. Dr. Robert Grabolus gibt in seiner Arbeit einen umfassenden Überblick zu Diagnose, Therapie und Nachsorge dieser häufigen Veränderungen.
Wir hoffen, dass diese Themen Sie in Ihrem Praxisalltag ein wenig unterstützen, und wünschen Ihnen viel Vergnügen beim Lesen.
PD Dr. med. Patrick Imesch Leitender Arzt/Stv. Klinikdirektor
Klinik für Gynäkologie Universitätsspital Zürich
GYNÄKOLOGIE 4/2020
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