Transkript
FIRST-TO-DISCUSS-Newsletter Schweizerische Menopausengesellschaft
Postmenopausale Frauen
Der Einfluss von Light-Getränken auf die Gefässgesundheit
Hintergrund: Viele Frauen greifen zu mit Süssstoffen gesüssten Nahrungsmitteln, um die Kalorienzufuhr zu reduzieren und somit eine Gewichtsstabilisierung oder -abnahme zu erzielen. Süssstoffe können nach verschiedenen Kategorien eingeteilt werden, zum Beispiel nach der Intensität des süssen Geschmacks, dem Kaloriengehalt oder ihrer Herkunft. Zu den nutritiven Süssstoffen zählen Polyalkohole wie Sorbitol (E420), Mannitol (E421) und Xylitol (E967). Zu den kalorienfreien künstlichen Süssstoffen zählen (u.a.) Aspartam (E951), Acesulfam K (E950), Saccharin (E954) und Cyclamat (E952), zu den kalorienfreien natürlichen Süssstoffen (u.a.) Stevia (E960).
Wie ist die Untersuchung von Mossavar-Rahmani und Kollegen zu bewerten?
Prof. Dr. med. Petra Stute, Präsidentin Schweizerische Menopausengesellschaft, Leitende Ärztin Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Inselspital Bern, resümiert und kommentiert kürzlich publizierte Studien zu wichtigen und vielfach kontrovers diskutierten Themen.
Zusammenfassung der Studie
Für die prospektive WHI-OS wurden von 1993 bis 1998 rund 100 000 50- bis 79jährige Frauen in den USA rekrutiert. Nach 3 Jahren wurden diese zu ihrem geschätzten Verzehr von Light-Getränken in den letzten 3 Monaten befragt: I nie/< 1/Woche I 1 bis 4/Woche I 5 bis 7/Woche oder I ≥ 2/Tag. Das mittlere Follow-up betrug 12 (SD 5) Jahre. Endpunkte waren Apoplex gesamt (fatal und nicht fatal), ischämischer Apoplex, hämorrhagischer Apoplex, Subtypen des ischämischen Apoplex, koronare Herzerkrankung (KHK) gesamt (fatal und nicht fatal) und Gesamtmortalität. Die Mehrheit der Teilnehmerinnen (64%) trank unregelmässig (nie/< 1/Woche) Light-Getränke. 5% der Frauen tranken ≥ 2 Light-Getränke täglich. Letztere waren eher jünger beim Screening (50–59 Jahre), Raucherinnen, adipös, bewegungsarm, hatten eine höhere Kalorienzufuhr und schlechtere Ernährung und eher Komorbiditäten wie Diabetes mellitus, Herzinfarkt und sonstige kardiovaskuläre Erkrankungen.
Resultate Die multivariate Analyse zeigte für die letztgenannte Frauengruppe ein signifikant erhöhtes Risiko (Hazard Risk [HR]) für alle Endpunkte (Ausnahme: hämorrhagischer Apoplex): I Apoplex gesamt: HR: 1,23 (95%-KI:
1,02–1,47)
I ischämischer Apoplex: HR: 1,31 (95%KI: 1,06–1,63)
I KHK gesamt: HR: 1,29 (95%-KI: 1,11–1,51) und
I Gesamtmortalität: HR: 1,16 (95%-KI: 1,07–1,26).
Bei adipösen Frauen war ein hoher Verzehr von Light-Getränken mit einer Verdopplung des Risikos für einen ischämische Apoplex assoziiert (HR: 2,03; 95%-KI: 1,38–2,98). Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass ein hoher Verzehr von Light-Getränken unabhängig von weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren mit einem erhöhten Risiko für ischämischen Apoplex, KHK und Gesamtmortalität assoziiert ist.
Kommentar
Offensichtlich ist der Zusatz von Süssstoffen in Nahrungsmitteln nicht so harmlos wie gedacht und vor allem wenig unterstützend bei einer angestrebten Gewichtsabnahme. Im Gegenteil, das Risiko für die Entwicklung eines Diabetes mellitus (DM) Typ II ist signifikant erhöht (1) und damit auch das Risiko potenzieller DM-assoziierter Gefässerkrankungen. Es gibt verschiedene Hypothesen zum Pathomechanismus von Süssstoffen wie beispielsweise eine Veränderung des Darmmikrobioms mit konsekutiver Veränderung der Energiegewinnung aus der Nahrung und Begünstigung der Entwicklung einer Glukoseintoleranz und peripheren Insulinresistenz. Daneben werden Veränderungen des zerebralen Belohnungspfads diskutiert (Glukose-
Kommentierte Studie: Mossavar-Rahmani Y et al.: Artificially Sweetened Beverages and Stroke, Coronary Heart Disease, and AllCause Mortality in the Women’s Health Initiative. Stroke. 2019; 50(3): 555–562.
und Insulinanstieg fehlen ➝ fehlende gastrale GLP-1-Sekretion ➝ Appetitzunahme und höhere Kalorienzufuhr). Zudem sind die Langzeitkonsequenzen für uns und die Umwelt unklar: Nicht nutritive Süssstoffe werden nicht metabolisiert und sind in Gewässern und Atmosphäre global nachweisbar.
Also:
Besser den Verzehr von Süssstoffen redu-
zieren und mit anderen Methoden das
Körpergewicht regulieren!
I
Prof. Dr. med. Petra Stute Präsidentin Schweizerische Menopausengesellschaft (SMG) Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Universitätsklinik für Frauenheilkunde Inselspital 3010 Bern E-Mail: petra.stute@insel.ch Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel: keine.
Referenz: 1. Huang M, Quddus A, Stinson L, Shikany JM, Howard BV, Kutob RM, Lu B, Manson JE, Eaton CB.: Artificially sweetened beverages, sugar-sweetened beverages, plain water, and incident diabetes mellitus in postmenopausal women: the prospective Women’s Health Initiative observational study. Am J Clin Nutr. 2017; Aug; 106(2): 614–622.
38 GYNÄKOLOGIE 1/2020