Transkript
FIRST-TO-DISCUSS-Newsletter Schweizerische Menopausengesellschaft*
Steigerung der Lebensqualität durch eine Hormonersatztherapie
Hintergrund: Die Lebensqualität nach der Menopause wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, etwa durch den allgemeinen Gesundheitszustand, Lebensstil, körperliche «Funktionstüchtigkeit» und Integrität, mentale Gesundheit, psychische und emotionale Stabilität, positiv erlebte frühere und aktuelle Partnerschaft inklusive einer befriedigenden Sexualität, Bildung und Beruf, Religion, kulturelle Umgebung und soziale Integration (1). Inwiefern eine Hormonersatztherapie (HRT) einen positiven Einfluss auf die Lebensqualität hat, wird kontrovers diskutiert.
Wie ist die oben genannte Untersuchung von Simon und Kollegen zu bewerten?
Bei symptomatischen peri- und postmenopausalen Frauen verbessert eine HRT signifikant die gesundheitsbezogene Lebensqualität (allgemein und in Subdomänen), bei asymptomatischen Frauen jedoch hat sie keinen signifikanten Einfluss (1). Allerdings scheint der Effekt auch dosisabhängig zu sein (2). Die aktuelle Studie geht der Frage nach, inwiefern eine ultraniedrig dosierte HRT die Lebensqualität bei postmenopausalen Frauen mit vasomotorischen Symptomen (VMS) beeinflussen respektive steigern kann.
Review und Metaanalyse im Resümee
Die REPLENISH-Studie ist eine randomisierte, plazebokontrollierte Phase-III-Studie an 1833 postmenopausalen Frauen, von denen 726 (mittleres Alter 55 Jahre, mittlerer Body-Mass-Index 27 kg/m2) an der VMS-Substudie teilnahmen. Bei Studienstart hatten die Teilnehmerinnen 72 bis 77 Hitzewallungen pro Woche. Die Lebensqualität wurde mit dem validierten Fragebogen MENQOL erfasst. Dieser besteht aus 27 Items, die auf einer 7-Punkte-Likert-Skala beurteilt werden, dann 4 Domänen (vasomotorisch, psychosozial, physisch, sexuell) zugeordnet und in 8 Beeinträchtigungsgrad-Gruppen (Score 1 = keine Beeinträchtigung, 8 = extreme Beeinträchtigung) konvertiert werden. Bei Studienstart betrug der MENQOL-Score 4,3 bis 4,7.
Die Teilnehmerinnen wurden in 5 Behandlungsarme randomisiert und ein Jahr behandelt (4 Arme mit kontinuierlich kombinierter HRT, bestehend aus niedrig oder ultraniedrig dosiertem oralem Estradiol [oE2] und oralem mikronisiertem Progesteron [oMP], 1 Arm mit Plazebo): I Arm 1:
oE2 1 mg/Tag + oMP 100 mg/Tag I Arm 2:
oE2 0,5 mg/Tag + oMP 100 mg/Tag I Arm 3:
oE2 0,5 mg/Tag + oMP 50 mg/Tag I Arm 4:
oE2 0,25 mg/Tag + oMP 50 mg/Tag I Arm 5: Plazebo. Erwartungsgemäss nahmen die vasomotorischen Störungen in allen aktiven Behandlungsarmen während der einjährigen Therapie signifikant ab. Der MENQOL-Gesamtscore verbesserte sich unter HRT ebenfalls signifikant innerhalb der ersten 3 Behandlungsmonate. Nach 6 und 12 Monaten war die Lebensqualität jedoch nur in den HRT-Gruppen 1, 2 und 3 signifikant besser als bei Baseline.
Kommentar
Die Studie bestätigt frühere Beobachtungen, dass symptomatische menopausale Frauen von einer HRT nicht nur hinsichtlich einzelner Symptome, sondern auch bezüglich Lebensqualität profitieren. Im Gegensatz zur Studie von K. Yaffe und Kollegen (2), die keinen Effekt einer
Prof. Dr. med. Petra Stute, Präsidentin Schweizerische Menopausengesellschaft, Leitende Ärztin Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Inselspital Bern, resümiert und kommentiert kürzlich publizierte Studien zu wichtigen und vielfach kontrovers diskutierten Themen.
Kommentierte Studie: Simon JA et al.: Oral 17β-estradiol/ progesterone (TX-001HR) and quality of life in postmenopausal women with vasomotor symptoms. Menopause. 2019 May; 26(5): 506–512. LoE 1.
ultraniedrig dosierten Östrogentherapie
auf die Lebensqualität fand, zeigt die ak-
tuelle Studie eine Zunahme an Lebens-
qualität auch für die niedrig und ultra-
niedrig dosierte HRT. Die in einer
Tablette kombinierte, bioidentische HRT
wäre eine Bereicherung für das thera-
peutische Portfolio in der Menopausen-
medizin und würde hoffentlich den weit-
verbreiteten Einsatz von bioidentischen
«compounded hormones» vermindern
können.
I
Prof. Dr. med. Petra Stute Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Universitätsklinik für Frauenheilkunde Inselspital 3010 Bern E-Mail: petra.stute@insel.ch Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel: keine.
Referenzen: 1. Schneider HPG, Birkhäuser M: Quality of life in climacteric women. Climacteric. 2017; 20(3): 187–194. 2. Yaffe K, Vittinghoff E, Ensrud KE, Johnson KC, Diem S, Hanes V, Grady D: Effects of ultra-low-dose transdermal estradiol on cognition and health-related quality of life. Arch Neurol. 2006; 63(7): 945–950.
32 GYNÄKOLOGIE 3/2019