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KONGRESSBERICHT
San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS), 4. bis 8. Dezember 2018
Frühes Mammakarzinom
Neue Optionen mit post-neoadjuvantem T-DM1, Trastuzumab und endokriner Therapie in der Adjuvanz
Ein Highlight beim 41. SABCS waren die Ergebnisse der KATHERINE-Studie zum frühen HER2-positiven Mammakarzinom, da sie eine Änderung der klinischen Praxis versprechen. Diese Studie prüfte zum ersten Mal eine post-neoadjuvante Therapie mit T-DM1 bei Hochrisikopatientinnen ohne pathologische Remission nach neoadjuvanter Chemo- plus Anti-HER2-Therapie. Gemäss einer anderen Studie wird die 12-monatige (statt halbjährige) adjuvante Trastuzumab-Gabe bei «normalem Risiko» Standard bleiben. Die adjuvante endokrine Therapie sollte bei Hochrisiko verlängert werden.
T-DM1 verbessert iDFS gegenüber Trastuzumab
Ein positives Ergebnis unter der postneoadjuvanten Therapie mit Trastuzumab-Emtansin (T-DM1) bei Patientinnen, die mit einer neoadjuvanten Chemo- plus Anti-HER2-Therapie keine pathologische Komplettremission erreicht hatten, wurde zwar erwartet, dennoch waren Studienärzte und Kongressteilnehmer vom Ausmass der Verbesserung überrascht. Beim frühen HER2-positiven (HR-negativen) Mammakarzinom ist das Nichterreichen eines pathologisch kompletten Ansprechens (PCR) mit einer schlechteren Prognose assoziiert (1). Aus diesem Grund wird bei diesen Patientinnen die Therapie mit dem Anti-HER2-Antikörper Trastuzumab für ein Jahr nach der Operation fortgesetzt. In der Post-Neoadjuvanz-Studie KATHERINE wurde nun die Umstellung (Switch) auf T-DM1 gegenüber dem bisherigen Standard Trastuzumab verglichen. Die Ergebnisse wurden von Charles E. Geyer aus den USA präsentiert (2): Eingeschlossen waren 1486 Patientinnen, die nach der Operation innerhalb von 12 Wochen zu T-DM1 (3,6 mg/kg i.v. alle 3 Wochen, n = 743) oder Trastuzumab (6 mg/kg i.v. alle drei Wochen, n = 743) für 14 Zyklen randomisiert wurden. Eine Bestrahlung und/oder eine endokrine Therapie erfolgten in Abhängigkeit vom Hormonrezeptorstatus und entsprechend den Präferenzen der Studienzentren. Nur etwa 20% der Frauen hatten in der Neoadjuvanz eine duale HER2-
Blockade (Trastuzumab/Pertuzumab) erhalten, und 72% waren HR-positiv.
Resultate Im Ergebnis war nach drei Jahren der primäre Studienendpunkt, das invasivkrankheitsfreie Überleben (iDFS), im T-DM1-Arm signifikant um 50% verbessert gegenüber dem TrastuzumabArm (88,3% vs. 77,0%; HR: 0,50; p < 0,0001). Von T-DM1 profitierten alle untersuchten Subgruppen konsistent, unabhängig von Alter, HR-Status, Nodalstatus nach neoadjuvanter Therapie und Art der neoadjuvanten HER2-Blockade (einfache Blockade mit Trastuzumab oder gemäss heutigem Standard duale Blockade mit Trastuzumab plus Pertuzumab). Zu einem iDFS-Ereignis kam es bei 165 Patientinnen (22,2%) im Trastuzumab-Arm und nur bei 91 Patientinnen (12,2%) im T-DM1-Arm. Der Unterschied beruhte zu einem grossen Teil auf der Reduktion der Fernmetastasierung (10,5% vs. 15,9%; fernrezidivfreies 3-Jahres-Überleben: 89,7% vs. 83,0%; HR: 0,60), aber auch die lokoregionären Rückfälle wurden deutlich reduziert (1,1% vs. 4,6%). Die Inzidenz von Hirnmetastasen als erstes iDFS-Ereignis stellt aber auch weiterhin ein Problem dar, wobei die Rate im T-DM1-Arm sogar etwas höher lag (5,9% vs. 4,3%). T-DM1 zeigte im post-neoadjuvanten Setting ein ähnliches Nebenwirkungsprofil wie im metastasierten Setting. Es wurden keine neuen relevanten Sicherheitssignale beobachtet. Für die Beurteilung des Gesamtüberlebens ist es noch zu früh, es zeigte sich aber be-
reits ein positiver Trend (42 vs. 56 Todesfälle; HR: 0,70; p = 0,08).
Unselektierter Einsatz von Capecitabin bringt beim frühen TNBC nichts
Miguel Martín aus Madrid präsentierte die Ergebnisse der CIBOMA-GEICAMStudie, die den Stellenwert einer Therapieeskalation mit adjuvantem Capecitabin beim triple-negativen Brustkrebs (TNBC) untersuchte (3). Bisherige randomisierte Studien mit adjuvantem Capecitabin waren negativ; einzig die japanische CREATE-X-Studie konnte bei Patientinnen mit pathologischer Resterkrankung nach neoadjuvanter Chemotherapie einen Überlebensvorteil durch Capecitabin zeigen (4). Die aktuelle Phase-III-Studie CIBOMA/ 2004-01_GEICAM/2003-11 schloss 876 unselektierte TNBC-Patientinnen ein, die nach einer (neo-)adjuvanten Standardchemotherapie (6 Zyklen mit Anthracyclinen mit oder ohne Taxan respektive 4 Zyklen Doxorubicin plus Cyclophosphamid bei nodal-negativem Status) randomisiert entweder 8 Zyklen Capecitabin erhielten (1000 mg/m2 oral 2 × täglich für 14 Tage alle 3 Wochen, n = 448) oder lediglich nachbeobachtet wurden (n = 428). Hingewiesen sei darauf, dass die Studie 2004 konzipiert wurde und deshalb nur knapp 20% der Frauen eine neoadjuvante Chemotherapie erhalten hatten.
Resultate Nach median 7,3 Jahren zeigte sich in der Gesamtpopulation kein signifikanter Unterschied, weder im 5-Jahres-DFS (79,6% vs. 76,8%; HR: 0,82; p = 0,135, primärer Endpunkt) noch im 5-Jahres-OS (86,2% vs. 85,9%; HR: 0,92; p = 0,62). In der Subgruppe mit nonbasalem Phänotyp (n = 248) wurde jedoch ein signifikanter Überlebensvorteil mit Capecitabin erreicht (5-Jahres-DFS: 82,6% vs. 72,9%; HR: 0,53; p = 0,02); 5-Jahres-OS: 89,5% vs. 79,6%; HR: 0,42; p = 0,007). Zusammenfassend führte die post-neoadjuvante oder erweiterte adjuvante
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Therapie mit Capecitabin zu keinem Überlebensvorteil in der Gesamtgruppe der TNBC-Patientinnen. Der nonbasale Phänotyp profitierte jedoch signifikant. Damit wirft die Studie die Frage auf, inwiefern beim TNBC eine Subklassifikation notwendig wäre, da dies in der heutigen klinischen Praxis nicht erfolgt. Leider wurden keine Daten für die Subgruppe mit non-PCR präsentiert, sodass die Ergebnisse der CREATE-X-Studie nicht bestätigt oder auch widerlegt sind. Somit wird sich am derzeitigen klinischen Vorgehen – TNBC-Patientinnen mit nonPCR Capecitabin als eine adjuvante Therapieoption anzubieten – vorläufig nichts ändern.
12 Monate adjuvantes Trastuzumab bleibt Standard
Nach der negativen 3½-Jahres-Analyse der PHARE-Studie (5) konnte auch mit der von Xavier Pivot aus Frankreich präsentierten finalen Auswertung der Studie nach median 7½ Jahren die Nichtunterlegenheit der 6-monatigen adjuvanten Trastuzumab-Therapie gegenüber der 12-monatigen Behandlung beim HER2positiven frühen Brustkrebs nicht gezeigt werden (6). Insgesamt wurden 3380 Patientinnen eingeschlossen, die zu gleichen Teilen in den 12-Monate-Arm (n = 1690) und in den 6-Monate-Arm (n = 1690) randomisiert wurden. Für eine Nichtunterlegenheit durfte sich das krankheitsfreie Überleben (DFS) um nicht mehr als 5% verschlechtern und das 95%-Konfidenzintervall einen Wert von 1,15 nicht über-
schreiten. Bei 704 aufgetretenen DFSEreignissen betrug das DFS 20,4% im 12Monate-Arm versus 21,4% im 6-MonateArm. Mit einer Hazard Ratio von 1,08 (95%-KI: 0,93–1,25) und einem p-Wert von 0,39 wurden die präspezifizierten Kriterien für Nichtunterlegenheit somit nicht erfüllt. Dieses Ergebnis unterscheidet sich von der PERSEPHONE-Studie, die als erste Studie eine Nichtunterlegenheit der verkürzten Therapie mit statistischer Signifikanz nachweisen konnte, wobei die Nichtunterlegenheitsgrenze bei 3% lag (7). Auch wenn sich am derzeitigen Standard mit 12 Monaten Trastuzumab nichts ändert, zeigen diese Studien, dass in besonderen Situationen auch eine kürzere Therapie ohne wesentliche Einbussen des Benefits möglich ist.
Neue Metaanalyse zur verlängerten endokrinen Therapie
Zur altbekannten Frage des Nutzens einer erweiterten adjuvanten Therapie mit Aromatasehemmern (AI) für bis zu 10 Jahre Gesamtdauer präsentierte Richard Gray aus Oxford (UK) eine grosse EBCTCG-Metaanalyse von 12 randomisierten Studien mit insgesamt 22 192 postmenopausalen Patientinnen (8). Betrachtet wurden drei Therapiesettings in Abhängigkeit der endokrinen Therapie in den ersten 5 Jahren: 5 Jahre Tamoxifen, dann 3 bis 5 Jahre AI (n = 7500); Sequenz aus 2 bis 3 Jahren Tamoxifen und 2 bis 3 Jahren AI, dann 3 bis 5 Jahre AI (n = 12 500); 5 Jahre AI, dann weitere 3 bis 5 Jahre AI (n = 4800).
Auf einen Blick
I In der KATHERINE-Studie erreichten Patientinnen ohne pathologische Komplettremission nach neoadjuvanter Standardtherapie mit T-DM1 ein längeres invasiv-krankheitsfreies Überleben als mit Trastuzumab. Der Vorteil war unabhängig davon, ob die neoadjuvante Therapie mit Chemotherapie plus Trastuzumab oder gemäss heutigem Standard mit Chemotherapie plus dualer Blockade (Trastuzumab/Pertuzumab) erfolgte.
I Die CIBOMA-GEICAM-Studie zeigte keinen Vorteil durch eine zusätzliche post-neoadjuvante respektive erweiterte adjuvante Therapie mit Capecitabin bei unselektierten triple-negativen Patientinnen.
I Die finale Analyse der PHARE-Studie konnte für 6 Monate Trastuzumab gegenüber 12 Monaten keine Nichtunterlegenheit beim HER2-positiven frühen Brustkrebs zeigen. Damit bleibt 1 Jahr adjuvantes Trastuzumab der Standard.
I Eine EBCTCG-Metaanalyse von 12 Studien mit über 22 000 Patientinnen zeigte, dass eine verlängerte adjuvante endokrine Therapie das Rezidivrisiko bei postmenopausalen Frauen mit HR-positivem Brustkrebs verbessern kann. Am stärksten profitieren Patientinnen, die vorher nur Tamoxifen erhalten haben. Der Benefit war stark vom Nodalstatus abhängig.
Resultate: bei Hochrisiko grösster Benefit Im Ergebnis war der Effekt einer erweiterten AI-Therapie hinsichtlich des DFS am stärksten bei Patientinnen, die vorher nur Tamoxifen erhalten hatten (35% geringeres Rezidivrisiko), und deutlich schwächer bei jenen, die bereits mit AI in der Sequenz oder upfront vorbehandelt waren (ca. 20% geringeres Rezidivrisiko). Am meisten profitierten Hochrisikopatientinnen (Nodalstatus bei Therapiebeginn). Das Risiko für pathologische Frakturen erhöhte sich um etwa 25%. Die Empfehlung zur erweiterten adjuvanten AI-Therapie sollte auch weiterhin auf Basis einer individuellen Nutzen-RisikoAbwägung erfolgen, unter Berücksichtigung des Rezidivrisikos, der Verträglichkeit und der Knochengesundheit. I
Gerhard Emrich
Referenzen: 1. Cortazar P et al.: Pathological complete response
and long-term clinical benefit in breast cancer: the CTNeoBC pooled analysis. Lancet. 2014 Jul 12; 384(9938): 164–172. 2. Geyer Jr. CE et al.: Phase III study of trastuzumab emtansine (T-DM1) vs trastuzumab as adjuvant therapy in patients with HER2-positive early breast cancer with residual invasive disease after neoadjuvant chemotherapy and HER2-targeted therapy including trastuzumab – Primary results from KATHERINE. SABCS 2018, oral presentation & abstract GS1–10. 3. Martín M et al.: Efficacy results from CIBOMA/200401_GEICAM/2003-11 study – A randomized phase III trial assessing adjuvant capecitabine after standard chemotherapy for patients with early triple negative breast cancer. SABCS 2018, oral presentation & abstract GS2–04. 4. Masuda N et al.: Adjuvant Capecitabine for Breast Cancer after Preoperative Chemotherapy. N Engl J Med. 2017 Jun 1; 376(22): 2147–2159. 5. Pivot X et al.: 6 months versus 12 months of adjuvant trastuzumab for patients with HER2-positive early breast cancer (PHARE): a randomised phase 3 trial. Lancet Oncol. 2013 Jul; 14(8): 741–748. 6. Pivot X et al.: PHARE randomized trial final results comparing 6 to 12 months of trastuzumab in adjuvant early breast cancer. SABCS 2018, oral presentation & abstract GS2–07. 7. Earl HM et al.: PERSEPHONE: 6 versus 12 months (m) of adjuvant trastuzumab in patients (pts) with HER2 positive (+) early breast cancer (EBC): Randomised phase 3 non-inferiority trial with definitive 4-year (yr) disease-free survival (DFS) results. ASCO 2018, abstract & oral presentation 506. 8. Gray R et al.: Effects of prolonging adjuvant aromatase inhibitor therapy beyond five years on recurrence and cause-specific mortality – An EBCTCG metaanalysis of individual patient data from 12 randomised trials including 24 912 women. SABCS 2018, oral presentation & abstract GS3–03.
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