Transkript
EDITORIAL
Schwerpunkt: Vulvasprechstunde
V ulvabeschwerden prägen den Alltag in der Frauenarztpraxis. Die Ursachen sind umfangreich und nicht selten in der gynäkologischen Dermatologie zu suchen, so wie etwa bei den Ekzemen oder beim Lichen. Täglich befassen wir uns auch mit der Diagnostik, Therapie und Prävention infektiöser Erkrankungen wie Candida und Herpes genitalis sowie weiterer Pathologien wie Präkanzerosen und Vulvodynie. Im Universitätsspital Zürich führen wir – wie in anderen grossen Frauenkliniken – eine Spezialsprechstunde für Vulvaerkrankungen. In dieser GYNÄKOLOGIEAusgabe widmen wir uns vier Themen aus der Vulvasprechstunde als Schwerpunkt.
Evergreens in der Praxis – neu besprochen
Rezidivierende Infektionen und Lichen Cornelia Betschart bespricht in ihrem Artikel rezidivierende Vulvovaginalinfektionen mit Fokus auf Pilzinfekte, Herpes genitalis und bakterielle Vaginose. Sie beschreibt das aktuelle Prozedere in Differenzialdiagnostik, Behandlung und Prävention und weist explizit darauf hin, dass bei rezidivierenden Infekten Langzeittherapien wichtig sind. Zudem macht sie darauf aufmerksam, dass die Suszeptibilität für sexuell übertragene Infektionen hoch und eine Paartherapie oftmals erforderlich ist. Dem Lichen sclerosus und dem Lichen planus – immunvermittelte chronische Dermatosen – widmet sich Ioannis Dedes. Beide Hauterkrankungen treten überwiegend bei älteren Patientinnen auf, wobei der Lichen sclerosus (der auch in der Präpubertät vorkommt) recht häufig ist und etwa 1 von 60 Patientinnen einer gynäkologischen Allgemeinpraxis betrifft. Der Autor erklärt Erkenntnisse zur Pathogenese sowie zur klassischen Behandlung und neuere Ansätze mit topischen Calcineurin-Inhibitoren. Betont wird die Wichtigkeit der Anbindung an eine spezialisierte Sprechstunde, in welcher auch die Betreuung auf emotional supportiver Ebene nicht zu kurz kommt.
Vulvodynie – eine idiopathische Erkrankung Auf multimodaler Ebene muss auch die Vulvodynie, eine oft mit starken Schmerzen einhergehende chronifizierte Vulvapathologie, medizinisch angegangen werden. Die interdisziplinäre Begleitung dieser Ausschlussdiagnose schliesst neben topischen Behandlungen auch Antidepressiva- oder Neuroleptikagaben ein; das Finden und Kombinieren von individuell bestgeeigneten Therapiemodulen kann sehr anspruchsvoll sein, wie GianPiero Ghisu beschreibt.
Female Genital Mutilation/Cutting Bedingt durch Migration und Flucht sind geschätzt 15 000 in der Schweiz lebende Frauen und Mädchen von Genitalbeschneidung (FGM/C) betroffen oder bedroht. Wie Denise Vorburger erklärt, sind Kenntnisse über die kulturellen Hintergründe im Heimatland und gesundheitlichen Folgen dieser Praxis wichtig, um der Patientin Behandlungsmöglichkeiten nahe zu legen. Dabei muss allen bekannt sein, dass FGM/C bei uns strafbar ist und ein nationales Netzwerk zur Prävention besteht.
Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen
Ihr Prof. Dr. Daniel Fink Direktor Klinik für Gynäkologie Universitätsspital Zürich
GYNÄKOLOGIE 1/2019
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