Transkript
FIRST-TO-DISCUSS-Newsletter Gynäkologische Endokrinologie
Peri-/Postmenopause
HRT zur Primärprävention chronischer, nicht übertragbarer Erkrankungen im Review
Hintergrund: Die US Preventive Services Task Force (USPSTF) publiziert Empfehlungen zu verschiedenen Aspekten der Prävention. 2013 sprach sie sich gegen den Einsatz einer Hormonsubstitution (HRT) zur Primärprävention chronischer, nicht übertragbarer Erkrankungen aus. Die Empfehlungen wurden 2017 aktualisiert (1). Das Fazit ist unverändert. Nun wurde das systematische Review der die USPSTF beratenden Expertengruppe veröffentlicht.
Wie ist die oben genannte Untersuchung von Gartlehner und Kollegen zu bewerten?
Prof. Dr. med. Petra Stute, Leitende Ärztin Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Inselspital Bern, resümiert und kommentiert kürzlich publizierte Studien zu wichtigen und vielfach kontrovers diskutierten Themen.
Das Review im Resümee
Es wurden 18 Studien in das systematische Review aufgenommen (n = 40 058 peri- und postmenopausale Frauen im Alter von 53 bis 79 Jahren; mittleres Follow-up 3,5 Jahre). Die Vor- und Nachteile einer reinen Östrogen-Therapie beziehungsweise Östrogen-Gestagen-Therapie sind in der Tabelle dargestellt. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass eine HRT mit dem Ziel der Primärprävention chronischer, nicht übertragbarer Erkrankungen mit einigen Vorteilen, aber auch mit Risiken verbunden ist. Die Relevanz einer früh initiierten HRT kann mangels konklusiver Daten nicht abschliessend beurteilt werden.
Kommentar
Das systematische Review weist einige Mängel auf: 1. Obwohl offiziell 18 Studien einbezo-
gen wurden, wurde bei der Berechnung der absoluten Risiken meist nur eine Studie (WHI) berücksichtigt. 2. Die Intention des Reviews war die Beurteilung der Relevanz der HRT in der Primärprävention chronischer, nicht übertragbarer Erkrankungen. Dennoch wurden diverse Studien in der Sekundärprävention berücksichtigt. 3. Die meisten Studien schlossen postmenopausale Frauen ein, was einen Rückschluss auf perimenopausale Frauen verunmöglicht. 4. Bis auf eine Studie setzten alle anderen orale Östrogene und synthetische
Endpunkt
Invasives Mammakarzinom Zervixkarzinom Kolonkarzinom Endometriumkarzinom Bronchialkarzinom Ovarialkarzinom Koronare Herzerkrankung Demenz (wahrscheinlich) Diabetes mellitus Osteoporotische Frakturen Gallenblasenerkrankung Apoplex Harninkontinenz (Eigenangaben) Venöse Thromboembolie Gesamtmortalität
Unterschied in absoluten Zahlen
pro 10 000 Personenjahre (95%-Konfidenzintervall)
Östrogen-Monotherapie
Östrogen+Gestagen-Therapie
–7 Fälle (–14 bis 0,4)
9 (1 bis 19)
Keine Angaben
+1 Fall (–1 bis 4)
+2 Fälle (–3 bis 10)
–6 Fälle (–9 bis –1)
Keine Angaben
–1 Fälle (–3 bis 3)
+1 Fall (–4 bis 8)
+1 Fall (–4 bis 7)
Keine Daten
+2 Fälle (–1 bis 6)
–3 Fälle (–12 bis 8)
+8 Fälle (0 bis 18)
+12 Fälle (–4 bis 41)
+22 Fälle (4 bis 53)
–19 Fälle (–34 bis –3)
–14 Fälle (–24 bis –3)
–53 Fälle (–69 bis –39)
–44 Fälle (–71 bis –13)
+30 Fälle (16 bis 48)
+21 Fälle (10 bis 34)
+11 Fälle (2 bis 23)
+9 Fälle (2 bis 19)
+1261 Fälle (880 bis 1689)
+876 Fälle (606 bis 1168)
+11 Fälle (3 bis 22)
+21 Fälle (12 bis 33)
+1 Fall (–10 bis 14)
+1 Fall (–9 bis 12)
Kommentierte Studie: Gartlehner G et al.: Hormone therapy for primary prevention of chronic conditions in postmenopausal women. Evidence report and systematic review for the US Preventive Services Task Force. JAMA. 2017; 318(22): 2234–2249. LoE1
Gestagene ein. Ein Rückschluss auf eine transdermale HRT und/oder stoffwechselneutrale Gestagene ist nicht möglich. 5. Einschlusskriterium war eine mindestens über ein Jahr angewandte HRT. Dieser Zeitraum ist im Hinblick des präventiven Potenzials eines jeden Medikaments mitunter zu kurz. Fazit: Die dargestellten Daten widerspiegeln im Wesentlichen die bekannten WHI-Daten und liefern keine neuen Erkenntnisse. Eine Aussage über das mögliche Potenzial einer HRT hinsichtlich Primärprävention chronischer, nicht übertragbarer Erkrankungen ist nicht möglich. I
Prof. Dr. med. Petra Stute Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Universitätsklinik für Frauenheilkunde Inselspital 3010 Bern E-Mail: petra.stute@insel.ch
Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel: keine.
Referenz: US Preventive Services Task Force: Hormone Therapy for the Primary Prevention of Chronic Conditions in Postmenopausal Women US Preventive Task Force Recommendation Statement. JAMA. 2017; 318(22): 2224–2233.
GYNÄKOLOGIE 2/2018
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