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Kongressbericht
ASCO 2017 – Annual Meeting of the American Society of Clinical Oncology, Chicago, 2. bis 6. Juni 2017
Fortgeschrittener HR-positiver, HER2-negativer Brustkrebs
CDK4/6-Hemmer zur Verbesserung derTumorkontrolle
Bei vorbehandeltem, metastasiertem, HR-positivem Brustkrebs erweisen sich die CDK4/6-Hemmer in Kombination mit endokriner Therapie als effektive Optionen. Neben Palbociclib/Letrozol wurden dieses Jahr markante Überlebensvorteile mit Abemaciclib/Fulvestrant präsentiert. Palbociclib und Ribociclib scheinen bereits in der Frontline vielversprechend
Die oralen Inhibitoren der zyklinabhängigen Kinasen 4 und 6 (CDK4/6), darunter das in der Schweiz bereits zugelassene Palbociclib (Ibrance®), sind neue Hoffnungsträger bezüglich einer Verstärkung der Wirkung der Hormontherapie und möglicherweise einer Überwindung der endokrinen Resistenz bei fortgeschrittenem Mammakarzinom. Präklinische Daten hatten einen Synergismus von Palbociclib und der Hormonblockade bei der Wachstumshemmung von HR-positivem Brustkrebs nachgewiesen (1); möglicherweise vermag die Substanz sogar die endokrine Resistenz zu durchbrechen (2). Derzeit ist der CDK4/6-Hemmer in der Schweiz bei endokrin vorbehandelten Patientinnen mit fortgeschrittenem HRpositivem, HER2-negativem Brustkrebs in Kombination mit Fulvestrant nach endokriner Vorbehandlung zugelassen.
Palbociclib/Letrozol in der Frontline
Richard S. Finn, Los Angeles/USA, stellte beim diesjährigen ASCO-Jahreskongress die Ergebnisse zum Gesamtüberleben (OS) der Studie PALOMA-1 (1) vor. Die randomisierte, offene Phase-II-Studie PALOMA-1 untersuchte Wirkung und Verträglichkeit von Palbociclib/Letrozol versus Letrozol allein in der Erstlinientherapie und kam zu einen signifikant verlängerten medianen PFS von 20,2 (vs. 10,2) Monaten (HR: 0,488) unter akzeptiertem Toxizitätsprofil. Die Folgestudie, PALOMA-2 in Phase III, bestätigte die PFS-Daten, doch waren die finalen OSDaten infolge der guten Überlebenszeiten noch «unreif». Dabei zeichnete sich nach mittlerem Follow-up von weniger als 30 Monaten bereits ein Trend zugunsten der Palbociclibkombination ab. In zwei Teilen evaluierte die Studie zunächst die Therapie mit Palbociclib/Letrozol bei
165 postmenopausalen Frauen mit HRpositivem/HER2-negativem fortgeschrittenem Brustkrebs (Teil 1; n = 66), dann (Teil 2; n = 99) bei Frauen aus diesem Kollektiv mit einer CCND1-Amplifikation und/oder Verlust von p16, Genveränderungen, die als potenzielle Biomarker gelten. Ergebnisse: Das mediane OS nach dieser letzten Analyse betrug gesamthaft 37,5 Monate unter Palbociclib/Letrozol (vs. 34,5 Monate unter Letrozol) (HR: 0,897). In Teil 1 der Studie betrug das OS 37,5 (vs. 33,3) Monate, in Teil 2 35,1 (vs. 35,7) Monate. Mehr Patientinnen im Letrozol-Arm erhielten ≥ 3 Therapielinien (37% vs. 18%).
Palbociclib als Monotherapie nach Vorbehandlung
Präklinische Daten weisen darauf hin, dass nicht nur die Kombination mit Hormontherapie, sondern auch die Monotherapie mit Palbociclib bei endokrinresistenten Patientinnen wirksam ist. Luca Malorni, Prato/Italien, stellte die multizentrische, offene Phase-II-Studie TREnd vor, in der die Palbociclib-Monotherapie mit der Kombination Palbociclib/Fulvestrant oder Aromatasehemmer verglichen wurde. Postmenopausale Frauen mit metastasiertem Brustkrebs, welche nach ein oder zwei endokrinen Vorbehandlungen progredient wurden, erhielten randomisiert entweder Palbociclib allein oder in Fortführung ihre Aromatasehemmeroder Fulvestrant-Therapie. Primärer Endpunkt war die klinische Benefitrate (CBR), welche gemäss Definition die komplette und partielle Remission sowie die Krankheitsstabilisierung über mehr als 6 Monate einschloss. Von den 115 Patientinnen (ITT-Population) standen 58 unter der Kombinationstherapie und 57 unter der Monotherapie; in beiden Armen erhielten 67% die
Behandlung als Zweitlinien- und 33% die Behandlung als Drittlinientherapie. Die klinische Benefitrate war in beiden Armen etwa gleich: Unter der Kombination Palbociclib/Fulvestrant betrug sie 54% (95%-KI: 42–67%), unter der PalbociclibMonotherapie 60% (48–73%). Die mediane Dauer des klinischen Benefits war allerdings länger unter der Kombination (11,5 vs. 6 Monate; HR: 0,31). Die Gesamtansprechrate betrug 11% (Palbociclib/Fulvestrant) versus 7% (Palbociclib). Auch das PFS war unter der Kombination länger 10,8 (vs. 6,5) Monate. Die Nebenwirkungen entsprachen denjenigen vorheriger Studien. Die Studienärzte folgerten, dass Palbociclib als Monotherapie bei endokrin vorbehandelten Brustkrebspatientinnen klinische Wirksamkeit hat. Das gesteigerte PFS und die erhöhte Dauer des klinischen Nutzens unter der Kombination schreiben sie der Potenz des CDK4/6Hemmers zu, die endokrine Resistenz der Vortherapie zu durchbrechen. Die Rolle von potenziellen Biomarkern wird weiter untersucht.
Firstline und weniger Schmerz unter Ribociclib/Letrozol
Ribociclib ist ein zweiter selektiver CDK4/6-Inhibitor in fortgeschrittener klinischer Entwicklung und in den USA bereits unter dem Namen Kisqali® bei Frauen mit HR-positivem, HER2-negativem fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs in Kombination mit einem Aromatasehemmer zugelassen. Die Zulassung beruhte auf den Resultaten der Phase-III-Studie MONALEESA-2 mit postmenopausalen Frauen, die keine vorherige Therapie für ihre fortgeschrittene Erkrankung erhalten hatten. Unter Ribociclib/Letrozol zeigte sich eine signifikante Verbesserung des PFS gegenüber Letrozol allein. Sunil Verma, Calgary/Kanada, stellte beim ASCO-Jahreskongress Resultate zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität der postmenopausalen Patientinnen in der MONALEESA-2-Studie vor (3). Für die Studie waren 668 Patientinnen im
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Verhältnis 1:1 für eine Therapie mit Ribociclib/Letrozol oder Plazebo/Letrozol randomisiert worden. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität (definiert als «patient-reported outcomes») wurde per Fragebogen während der Behandlung und bei Krankheitsprogression ermittelt. Ergebnisse: Während der Behandlung blieb die Lebensqualität jeweils erhalten und war in beiden Therapiearmen gleich. Bei Krankheitsprogression verschlechterte sie sich in beiden Therapiegruppen deutlich, tendenziell weniger im Ribociclib/Letrozol-Arm. Bezüglich der Hauptnebenwirkungen Fatigue, Nausea und Erbrechen zeigten sich keine klinisch relevanten Veränderungen. Dagegen entstand eine klinisch bedeutsame Verbesserung in der Schmerzsymptomatik während der Therapie mit Ribociclib/ Letrozol. Bei dem signifikant verbesserten PFS unter dieser Therapie ist dieser Effekt eine gute Botschaft.
Abemaciclib – der neueste CDK4/6-Hemmer
George W. Sledge, Stanford/Kanada, präsentierte die doppelblinde Phase-IIIStudie MONARCH-2 (4), die mit dem neuesten und dritten selektiven Hemmer
der CDK4/6, Abemaciclib, ebenfalls für die orale Anwendung, durchgeführt wurde. Die Substanz hatte bereits in Monotherapie Wirksamkeit bei therapierefraktären, HR-positiven Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs gezeigt. Die Studie verglich die Kombination Abemaciclib/Fulvestrant mit Plazebo/ Fulvestrant bei Frauen, deren Krankheit unter (neo)adjuvanter Hormontherapie im ersten Therapiejahr oder nach einer hormonalen Erstlinientherapie fortgeschritten war. Die 669 Patientinnen wurden im Verhältnis 2:1 für Abemaciclib/Fulvestrant (n = 446) oder Plazebo/Fulvestrant (n = 223) randomisiert und nach Metastasenlokalisation und Resistenz auf vorherige Hormontherapie stratifiziert. Nach durchschnittlichem Follow-up von 19,5 Monaten betrug das durch die Studienärzte bestimmte mediane PFS, der primäre Endpunkt, 16,4 Monate unter Abemaciclib/Fulvestrant (vs. 9,3 Monate) mit einer Hazard Ratio von 0,553. Die objektive Ansprechrate unter der Studienmedikation betrug 48,1% (vs. 21,3%), war also mehr als verdoppelt, mit kompletter Remission bei 3,5% (vs. 0%) der Patientinnen. Die PFS- und die objektiven An-
sprechraten waren damit signifikant er-
höht. Häufigste Nebenwirkungen waren
Diarrhö (86,4% vs. 24,7%), Neutropenie
(46,0% vs. 4,0%) und Nausea (45,1% vs.
22,9%). «Die Abemaciclib-Kombination
verringerte das Risiko für Krankheits-
progression um 45% mit tolerierbaren
Nebenwirkungen», resümierte der Stu-
dienleiter.
I
Bärbel Hirrle
Referenzen: 1. Richard S. Finn et al.: Overall survival results from the
randomized phase II study of palbociclib (P) in combination with letrozole (L) vs letrozole alone for frontline treatment of ER+/HER2− advanced breast cancer (PALOMA-1; TRIO-18). ASCO Annual Meeting 2017; #1001. 2. Malorni L et al.: A phase II trial of the CDK4/6 inhibitor palbociclib (P) as single agent or in combination with the same endocrine therapy (ET) received prior to disease progression, in patients (pts) with hormone receptor positive (HR+) HER2 negative (HER2−) metastatic breast cancer (mBC) (TREnd trial). ASCO Annual Meeting 2017; #1002. 3. Verma S et al.: Health-related quality of life (HRQoL) of postmenopausal women with hormone receptorpositive (HR+), human epidermal growth factor receptor 2-negative (HER2−) advanced breast cancer (ABC) treated with ribociclib + letrozole: Results from MONALEESA-2. ASCO Annual Meeting 2017; #1020. 4. Sledge GW et al.: MONARCH 2: Abemaciclib in combination with fulvestrant in patients with HR+/HER2– advanced breast cancer who progressed on endocrine therapy. ASCO Annual Meeting 2017; #1000.
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