Transkript
Journal Club
HPV-Impfung
Quadrivalenter HPV-Impfstoff in der Schwangerschaft schadet dem Ungeborenen nicht
Die Impfung gegen das humane Papillomavirus (HPV) ist für Mädchen und junge Frauen zwischen 9 und 26 Jahren indiziert; dabei ist nicht auszuschliessen, dass die Impfung auch in eine unbemerkte frühe Schwangerschaft trifft. Eine grosse, dänische Studie fand jetzt, dass der Impfstoff für das Ungeborene ungefährlich ist.
New England Journal of Medicine
Mehr als 72 Millionen Mädchen und junge Frauen weltweit haben die HPV-Impfung bisher erhalten, aber immer noch blieb ungeklärt, ob die Impfung in einer (unbemerkten) Schwangerschaft schadet, da Schwangere in klinischen Studien ausgeschlossen wurden respektive da sie in dieser Zeit kontraindiziert ist. Analysen zur Sicherheit beziehen sich auf Untersuchungen zur Toxizität vor Schwangerschaftsbeginn sowie auf eine Studie, welche (unter Einschluss einer Metaanalyse) das Risiko der bivalenten Impfung weniger als 90 Tage vor einer Konzeption untersuchte. Dabei ergab sich, dass eine Frühgeburtlichkeit bei Impfung in der Schwangerschaft nicht häufiger auftrat.
Nationale Kohortenstudie über 7 Jahre
Zur weiteren Prüfung wurde eine geburtenregisterbasierte Kohortenstudie aller schwangerer Frauen in Dänemark durchgeführt (1). Untersucht wurde die Assoziation zwischen der Impfung mit dem quadrivalenten HPV-Impfstoff (Gardasil®) während der Schwangerschaft und dem Risiko für Geburtsschäden, Spontanabort, Todgeburt, Frühgeburtlichkeit, geringeres Geburtsgewicht sowie ein SGA («small size for gestational age»). Einbezogen wurden alle Frauen, deren Schwangerschaft zwischen 1. Oktober
2006 und 30. November 2013 endete. Damit wurden in dem Studienzeitraum 581 550 Schwangerschaften mit den Einschlusskriterien der Studie eingeschlossen (Ausschlusskriterium Impfung mit dem bivalenten Impfstoff). Über nationale Register wurden Informationen zur Impfung, negative Schwangerschaftsereignisse (outcomes) sowie potenzielle Einflussfaktoren im Kollektiv gesammelt.
Resultate
In den Analysen zeigte sich, dass die Exposition des quadrivalenten HPV-Impfstoffs nicht mit signifikanten Schäden für das Kind verbunden war: Es kam zu 65 Fällen von «major birth defects» unter den 1665 exponierten Schwangeren (vs. 220 Fälle unter den 6660 nicht exponierten Schwangeren), was einer Prävalenz-Odds-Ratio von 1,19 (95%-KI: 0,90–1,58) entsprach. Auch die weiteren Analysen zeigten insgesamt keine wesentlich erhöhten Risiken für das Kind: I Spontanabort: 20 Fälle bei 463 HPV-
Vakzin-exponierten Schwangerschaften (vs. 131 Fälle bei 1852 nicht exponierten S.) – Hazard Ratio (HR): 0,71; 95%-KI: 0,45–1,14 I Frühgeburten: 116 Fälle bei 1774 exponierten Schwangerschaften (vs. 407 Fällen bei 7096 nicht exponierten S.) – Prävalenz-Odds-Ratio (OR): 1,15; 95%KI: 0,93–1,42
I Niedriges Geburtsgewicht: 76 Fälle
bei 1768 exponierten Schwanger-
schaften (vs. 277 Fälle bei 7072 nicht
exponierten S.) – Prävalenz-OR: 1,10;
95%-KI: 0,85–1,43
I SGA: 171 Fälle bei 1768 exponierten
Schwangerschaften (vs. 783 Fälle bei
7072 nicht exponierten S.) – Prävalenz-
OR: 0,86; 95%-KI: 0,72–1,02
I Todgeburt: 2 Fälle bei 501 exponier-
ten Schwangerschaften (vs. 4 Fälle bei
2004 nicht exponierten S.) – Hazard
Ratio: 2,43; 95%-KI: 0,45–13,21.
Die Autoren folgerten aus der Analyse,
dass eine Impfung mit dem quadrivalen-
ten HPV-Impfstoff nicht mit einem grös-
seren Risiko für Schäden des Ungebore-
nen und für Geburtsdefekte verbunden
ist. Die beiden Todgeburten im relativ
kleinen Kollektiv der exponierten
Schwangeren lassen, so die Studienlei-
ter, nicht auf ein höheres Risiko schlies-
sen. Die Ergebnisse seien konsistent mit
dem Risiko durch Impfungen mit inakti-
vierten Virus-, Bakterien- und Toxoid-
Impfstoffen in der Schwangerschaft.
Im Kommentar (2) betonte die Autorin,
dass die gewonnenen Resultate sehr be-
ruhigend seien und die Sicherheit der
Impfung bestätigten, zumal die Impfun-
gen im ersten Schwangerschaftstrime-
ster erfolgt seien, in dem die Organoge-
nese der Kinder erfolgt.
I
Bärbel Hirrle
Quellen: 1. Nikolai M. Scheller NM et al.: Quadrivalent HPV Vac-
cination and the Risk of Adverse Pregnancy Outcomes. N Engl J Med 2017; 376: 1223–1233. DOI: 10.1056/NEJMoa1612296. 2. Edwards KM: Ensuring Vaccine Safety in Pregnant Women. N Engl J Med 2017; 376: 1280–1282.
38 GYNÄKOLOGIE 3/2017