Transkript
Prisma
Genderaspekte
Frauen mit Diabetes erkranken stärker als Männer
In Deutschland leben mehr Menschen mit Übergewicht als in jedem anderen Land in Europa: Drei Viertel der Männer und mehr als die Hälfte der Frauen sind übergewichtig oder fettleibig. Überschüssiges Bauchfett erhöht das Risiko, an einer Glukoseintoleranz oder einem manifesten Typ-2-Diabetes zu erkranken. Auch wenn Frauen etwas seltener von diesen Störungen betroffen sind – die Folgen sind für sie oft drastischer.
«Übergewicht ist mehr als nur ein kosmetisches Problem», betonte Prof. PetraMaria Schumm-Draeger, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), im Rahmen des DGIM-Jahreskongresses Ende April im Mannheim. Denn: Übergewicht und Diabetes sind bekannte Risikofaktoren für andere Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Störungen des Fettstoffwechsels. «Diese Risiken manifestieren sich bei Frauen deutlich häufiger als bei Männern», sagte Schumm-Draeger und verwies auf aktuelle Studien. Diese belegen, dass Diabetes bei Frauen mit einem
4- bis 6-fach erhöhten Risiko einhergeht, eine kardiovaskuläre Erkrankung zu entwickeln. Bei Männern steigt das Risiko nur etwa auf das 2- bis 3-Fache. Auch der Fettstoffwechsel entwickelt sich bei Frauen oft ungünstiger als bei Männern: Bei ihnen lassen Diabetes und Übergewicht das ungünstige LDL-Cholesterin und die Triglyzeride eher in die Höhe schnellen, das günstige HDL-Cholesterin dagegen nimmt stärker ab. Letztlich liegt auch das Risiko, an einem Herzinfarkt oder anderen Herz-Kreislauf-Komplikationen zu sterben, bei diabetischen Frauen deutlich höher als bei Männern mit derselben Grunderkrankung.
Erklärungsmodelle Noch ist nicht geklärt, warum Frauen stärker unter den Folgen eines Diabetes leiden als Männer. «Als Erklärung kommen einerseits die weiblichen Hormone infrage. Andererseits aber auch geschlechtsspezifische Ernährungs- und Verhaltensmuster», sagte die Internistin. Für beide Erklärungsmodelle gebe es Hinweise aus Studien. Auch psychische
Faktoren könnten eine Rolle spielen: So entwickeln Frauen mit Übergewicht häufiger eine Depression und sind anfälliger für Essstörungen. Gesichert ist auch, dass Frauen mit bereits bestehenden HerzKreislauf-Erkrankungen weniger konsequent mit Medikamenten behandelt werden als Männer. Auch das kann den weiteren Verlauf der Erkrankung negativ beeinflussen. Mit Sorge erfüllt es Schumm-Draeger daher, dass die seit Jahren anhaltende Zunahme des metabolischen Syndroms und von Adipositas gerade bei jungen Frauen im gebärfähigen Alter besonders stark ausgeprägt ist. In dieser Altersgruppe wären Aufklärung, Prävention und Behandlung besonders wichtig, denn Kinder übergewichtiger Mütter neigen später selbst dazu, Übergewicht und Stoffwechselstörungen zu entwickeln.
Janina Wetzstein (Medienstelle; Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin)
GYNÄKOLOGIE 3/2017
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