Transkript
Kongressbericht
ASCO 2017 – Annual Meeting of the American Society of Clinical Oncology, Chicago, 2. bis 6. Juni 2017
Brustkrebs in der Frühphase
Neues in der adjuvantenTherapie bei HER2-positivenTumoren
In der adjuvanten Therapie bei HER2-positivem, frühem Brustkrebs erweist sich die doppelte HER2-Blockade gegen invasive Karzinome bei Hochrisikopatientinnen als sehr effektiv: Eine randomisierte Phase-III-Studie mit fast 5000 betroffenen Frauen zeigte nun, dass die Zugabe von Pertuzumab zu Trastuzumab/Chemotherapie das krankheitsfreie Intervall signifikant verlängert.
APHINITY: Pertuzumab als zweiter HER2-Blocker
Die APHINITY-Studie wurde beim diesjährigen ASCO-Jahreskongress als eine Highlight-Studie vorgestellt. Zeitgleich wurde sie online im «New England Journal of Medicine» publiziert (1). «Frauen mit HER2-positivem Brustkrebs haben normalerweise eine schlechtere Prognose als diejenigen mit HER2-negativen Tumoren; aber mit der zielgerichteten AntiHER2-Therapie lässt sich die Prognose verbessern», sagte der Studienleiter Prof. Gunter von Minckwitz, Präsident der German Breast Group, Neu-Isenburg/ Deutschland. «Die frühen Ergebnisse unserer Studie lassen vermuten, dass wir bei Hochrisikopatientinnen die Lebenserwartung durch Zugabe eines zweiten HER2-Blockers noch verlängern können – ohne steigendes Risiko für schwere Nebenwirkungen.» Invasiver Brustkrebs beginnt in den Milchgängen und -drüsen und breitet sich von hier in das umgebende Gewebe und von dort in die Lymphknoten aus.
Vergleichsstudie mit 4805 Patientinnen 4805 Patientinnen mit adäquat diagnostiziertem HER2-positivem, frühem Mammakarzinom (Charakteristika: pT1–3) wurden nach Mastektomie oder Lumpektomie zu einer adjuvanten Standardchemotherapie plus ein Jahr entweder Trastuzumab (Herceptin®) plus Pertuzumab (Perjeta®) oder Trastuzumab plus Plazebo randomisiert. Die eingeschlossenen Frauen hatten entweder eine nodal-positive oder eine nodal-negative Erkrankung (pN0) und eine Tumorgrösse von > 1 cm. Es handelte sich um Hochrisikopatientinnen mit pN0-
und T1b-Tumoren. Frauen mit sehr kleinen Tumoren waren ausgeschlossen. Primärer Endpunkt war das invasive krankheitsfreie Überleben (IDFS). Resultate: Die Basischarakteristika in beiden Gruppen (n = 2400 bzw. 2005) waren gleich (63% nodal-positiv; 36% hormonrezeptor-[HR-]negativ), die Therapien wurden in 84,5% respektive in 87,4% der Fälle beendet. Das 3-JahresIDFS betrug 94,1% in der PertuzumabGruppe (vs. 93,2% in der Plazebogruppe). «Dies war deutlich höher als erwartet», sagte von Minckwitz. «Der Therapieeffekt war in allen Subgruppen homogen, aber die Kohorten mit nodalpositiven und HR-negativen Tumoren profitierten am meisten.» Das 3-JahresIDFS betrug in der nodal-positiven Gruppe 92,0% unter der Pertuzumab-Kombination (vs. 90,2% unter der Plazebokombination) mit einer Hazard Ratio für invasiven Tumor von 0,77. Das 3-JahresIDFS betrug in der nodal-negativen Gruppe 97,5% unter der PertuzumabKombination (vs. 98,4%; HR: 1,13). Das Nebenwirkungsprofil in den beiden Gruppen entsprach demjenigen früherer Studien. Die kardiale Toxizität war niedrig und in beiden Gruppen vergleichbar; nur Diarrhö Grad ≥ 3 war häufiger unter der Pertuzumab-Kombination.
ALTTO: Lapatinib- und Trastuzumab-Sequenz
Eine weitere interessante Phase-III-Studie mit neuen Ergebnissen zur adjuvanten Therapie bei HER2-positiven Tumoren präsentierte Prof. Alvaro Moreno-Aspitia, Florida/USA (2). In der ALTTO-Studie wurden die Wirksamkeit und die Verträglichkeit der Anti-HER2-Therapie während eines Jahres untersucht mit:
I Lapatinib (L; Tyverb®) allein I Trastuzumab (T; Herceptin®) allein I ihrer Sequenz (T→L) I ihrer Kombination (T+L). In die aktuelle Analyse flossen neue Daten mit einem Follow-up von inzwischen 6,9 Jahren ein. Der L-Arm war aufgrund ungenügender Wirksamkeit frühzeitig (2011) geschlossen worden, und den krankheitsfreien Patientinnen hatte man die Weiterbehandlung mit Trastuzumab angeboten. Die Randomisierung von 8381 Patientinnen erfolgte weltweit zwischen Juni 2007 und Juli 2011 an 946 Zentren in 44 Ländern.
Auch hier: Doppelte HER2-Blockade
wirkt am besten.
In den drei Therapiegruppen beendeten
alle Patientinnen das Follow-up. Am meis-
ten profitierte die Gruppe mit der Kom-
bination T+L: Gegenüber der Trastuzu-
mab-Monotherapie waren 85% der Frau-
en unter T+L nach 6 Jahren krankheitsfrei
(vs. 82% unter T) (HR für DFS: 0,86). Unter
der Sequenztherapie (T→L) waren 84%
(vs. 82% unter T-Monotherapie) krank-
heitsfrei (HR für DFS: 0,93). Das 6-Jahres-
Gesamtüberleben betrug 93%, 92% und
91% (L+T, T→L und T).
Die Unterschiede waren also am deut-
lichsten unter der doppelten HER2-
Blockade (v.a. bei den hormonrezeptor-
negativen Tumoren. Es bestand hier eine
Hazard Ratio von 0,80 respektive ein
6-Jahres-DFS bei 84% der Frauen unter
der T+L-Therapie. Allerdings waren mehr
Nebenwirkungen unter der Kombination
zu beklagen.
I
hir
Referenzen: 1. Von Minckwitz G et al.: APHINITY trial (BIG 4-11): A
randomized comparison of chemotherapy (C) plus trastuzumab (T) plus placebo (Pla) versus chemotherapy plus trastuzumab (T) plus pertuzumab (P) as adjuvant therapy in patients (pts) with HER2-positive early breast cancer (EBC). ASCO 2017 – Abstract LBA500 sowie ASCO-Medienpräsentation. 2. Moreno-Aspitia A et al.: Updated results from the phase III ALTTO trial (BIG 2-06; NCCTG [Alliance] N063D) comparing one year of anti-HER2 therapy with lapatinib alone (L), trastuzumab alone (T), their sequence (T→L) or their combination (L+T) in the adjuvant treatment of HER2-positive early breast cancer. ASCO 2017 – Abstract 502.
34 GYNÄKOLOGIE 3/2017