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Journal Club
Schwangerschaftsmedizin
Supplementiertes Fischöl bei Schwangeren beugt kindlichem Asthma vor
Der ausreichenden Zufuhr von n-3-langkettigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren (n-3-LC-PUFA; Fischöl) mit der Nahrung wird antiarteriosklerotische und antientzündliche Wirkung zugeschrieben. Eine plazebokontrollierte Studie zeigte jetzt eine deutliche Verringerung der Asthmaprävalenz bei Kleinkindern nach Einnahme von n-3-LC-PUFA (Fischöl) der Mütter im letzten Schwangerschaftsdrittel.
New England Journal of Medicine
Asthma und Atemwegserkrankungen mit keuchendem Atem haben sich in den westlichen entwickelten Staaten in den letzten Jahrzehnten mehr als verdoppelt. Häufig treten diese Erkrankungen in der frühen Kindheit auf, heute ist 1 von 5 Kleinkindern betroffen. Durch den Verzehr von meist pflanzlichen Ölen mit der Nahrung werden vor allem n-6-mehrfach ungesättigte Fettsäuren (Omega-6-Fettsäuren) und weniger n-3mehrfach ungesättigte Fettsäuren (n-3LC-PUFA; Omega-3-Fettsäuren) aufgenommen. Bei vielen Personen wurde ein Mangel an n-3-LC-PUFA nachgewiesen (bzw. Fischöl), insbesondere Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA), welche in Kaltwasserfischen vorkommen. Beobachtungsstudien weisen auf eine Verbindung zwischen der Einnahme der n-3-LC-PUFA von Müttern während der Schwangerschaft und der Häufigkeit von Asthma und Atemwegserkrankungen mit keuchender Atmung ihrer Kinder hin. Vor diesem Hintergrund führten die Autoren aus Dänemark eine plazebokontrollierte Studie durch, die die Supplementierung von n-3-LC-PUFA-Kapseln bei Schwangeren im letzten Schwangerschaftsdrittel hinsichtlich des Risikos für Asthma und persistierende keuchende Atmung der Nachkommen im Kleinkindesalter untersuchte.
Doppelblinde, randomisierte, plazebokontrollierte Studie
In dieser doppelblinden, kontrollierten Studie erhielten 736 schwangere Frauen ab der 24. Schwangerschaftswoche täglich Kapseln, welche 2,4 g Fischöl (n-3-LCPUFA) enthielten, oder ein Plazebo in
Form von Olivenöl enthaltenden Kapseln (n-6-LC-PUFA). Die Kinder wurden im Rahmen der Copenhagen Prospective Studies on Asthma in Childhood 2010 während der ersten 3 Lebensjahre beobachtet. Weder die Prüfärzte noch die TeilnehmerInnen kannten den Inhalt der eingenommen Kapseln während der ersten 3 Lebensjahre der Kinder; danach schloss sich eine weitere, zweijährige Beobachtungsphase an, in der nur die Ärzte die Zuordnung der Gruppen zu einer der Supplementierungen nicht kannten. Primärer Endpunkt war dauerhafte Keuchatmung oder Asthma der Kleinkinder, sekundäre Endpunkte schlossen untere Atemwegserkrankungen, Ekzeme und allergische Sensibilisierung ein.
Ergebnisse: über 30%ige Verringerung der Atemwegssymptomatik
Gesamthaft konnten 695 Kinder in die Studie eingeschlossen werden, 95,5% davon konnten über die doppelblinde 3Jahres-Periode beobachtet werden. Das Risiko für persistierende Keuchatmung oder Asthma betrug in der Studiengruppe 16,9% gegenüber 23,7% in der Kontrollgruppe. Dies entsprach einer Hazard Ratio von 0,69 (95%-KI: 0,49–0,97; p = 0,035) und damit einer relativen Verringerung um 30,7%. Die vorgesehenen Subgruppenanalysen zeigten, dass der Effekt am stärksten war bei den Kindern von Müttern mit den niedrigsten Blutspiegeln von Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) bei der Randomisierung (niedrigstes Drittel): Die Schutzwirkung war nahezu verdoppelt mit 17,5% versus 34,1% (HR: 0,46).
Die Analyse der sekundären Endpunkte ergab, dass die mütterliche Supplementierung von n-3-LC-PUFA im letzten Schwangerschaftsdrittel ein reduziertes Risiko für untere Atemwegsinfekte der Kleinkinder zur Folge hatte (31,7% vs. 39,1%; HR: 0,75). Dabei gab es keine signifikante Assoziation zwischen der Supplementierung und dem Ausbruch von Asthma, Ekzemen und allergischer Sensibilisierung bis zum 18. Monat der Kleinkinder. Die Schutzwirkung zugunsten der Studiengruppe blieb im gesamten 5-jährigen Beobachtungszeitraum bestehen.
Folgerung der Autoren
Die Studienärzte betonen, dass die Stu-
die grosse Aussagestärke besitzt durch
das zentralisierte Längsschnitt-Follow-
up, die tägliche Erfassung der Sym-
ptome in einem Tagebuch und häufige
Kontakte der Teilnehmer im klinischen
Forschungszentrum zur regelmässigen
ärztlichen Betreuung.
Wesentlich für das Ergebnis sei auch,
dass eine hohe Dosis an n-3-LC-PUFA
eingenommen wurde (welche etwa 20-
mal höher sei als in den meisten west-
lichen Ländern, einschliesslich Kanada
und der USA). Möglicherweise könnte
aber eine niedrigere Dosis den gleichen
Effekt haben.
Die Supplementierung im dritten Schwan-
gerschaftstrimester bewirkte eine Ver-
ringerung des absoluten Risikos für per-
sistierendes Asthma und untere Atem-
wegsinfekte der Nachkommen um ein
Drittel.
I
Bärbel Hirrle
Quelle: Bisgaard H et al.: Fish Oil – Derived Fatty Acids in Pregnancy and Wheeze and Asthma in Offspring. N Engl J Med 2016; 375: 2530–2539.
GYNÄKOLOGIE 1/2017
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