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EDITORIAL
I nnovation, Forschung und Wissenschaft mit randomisiert kontrollierten Studien trieben in den letzten zwanzig Jahren die Urogynäkologie voran: 1995 wurde die Therapie der Belastungsinkontinenz mit der Einführung der minimalinvasiven, midurethralen spannungsfreien Vaginalschlinge – dem Tension-free Vaginal Tape (TVT) – revolutioniert. Seit 2000 ist die intravesikale Injektion von Botulinumneurotoxin ein höchst wirksamer Therapiemodus bei der überaktiven Blase (OAB) – in der Schweiz seit 2013 auch bei der idiopathischen OAB zugelassen – und wird seit Januar 2015 bei der therapierefraktären OAB an einer in Urogynäkologie oder Neurourologie spezialisierten Institution rück-
Urogynäkologie im Wandel
erstattet. Last but not least bereichert ein neues Präparat die Palette der medikamentösen – bisher anticholinergen – Therapien bei OAB: das Beta-3Sympathomimetikum Mirabegron.
Viele Fortschritte und ein Rückschlag Aber auch ein Rückschlag wurde erlitten: 2011 warnte die U.S. Food and Drug Administration (FDA) vor den Komplikationen beim Einsatz transvaginaler Meshes in der Behandlung des Genitaldeszensus. Als dessen Folge und mit der Zunahme von Patientenklagen in den angelsächsischen Ländern haben sich zunehmend Gynäkologen, Spitäler sowie einige Hersteller von den Meshes abgewendet.
Urogynäkologie gewinnt rasant an Bedeutung Die epidemiologischen Daten unterstreichen die Bedeutung der Urogynäkologie. Jede vierte Frau ist inkontinent, doch nur jede dritte Betroffene spricht mit einem Arzt darüber. Die Beckenbodenbeschwerden nehmen im Alter zu. Darüber hinaus
weist die aktuelle demografische Entwicklung auf eine weiter steigende Lebenserwartung und älter werdende Population hin, sodass für urogynäkologische Eingriffe in den nächsten 30 Jahren eine Zunahme um 45% angenommen wird. Es gilt somit, dieser Entwicklung und den steigenden Ansprüchen unserer Patientinnen an Erhalt von Lebensqualität, Mobilität und ganzheitlicher Gesundheit gerecht zu werden. Mit der mit Jahresbeginn 2016 in Kraft getretenen neuen Subspezialisierung zum Schwerpunkt «Urogynäkologie/Urologie der Frau» wurde der Grundstein für eine strukturierte und Qualität sichernde Weiterbildung gelegt. In dieser Ausgabe von GYNÄKOLOGIE bringen wir Ihnen vier grosse Themen aus unserem gynäkologischen Klinikalltag praxisnahe näher: die Belastungsund die Mischinkontinenz, die Senkungsbeschwerden und die rezidivierenden Harnwegsinfekte.
Wir hoffen, Ihnen damit eine Hilfe für Ihren Praxisalltag geleistet zu haben und wünschen Ihnen viel Vergnügen beim Lesen dieser Ausgabe.
Prof. Dr. med. Daniel Fink Direktor Klinik für Gynäkologie
UniversitätsSpital Zürich 8091 Zürich
GYNÄKOLOGIE 3/2016
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