Transkript
FIRST-TO-DISCUSS-Newsletter Gynäkologische Endokrinologie
Postmenopause
ELITE-Studie: Finale Resultate zu vaskulären Wirkungen der HRT
Hintergrund: Auf 2 Studien ruhten nach der WHI alle Hoffnungen, dass sie das günstige Zeitfenster für eine Hormontherapie am Herzen bestätigen. Die erste heisst KEEPS* (1), 2014 publiziert, die zweite ELITE (= Early versus Late Intervention Trial with Estradiol). Im «New England Journal of Medicine» wurden kürzlich die finalen Ergebnisse publiziert.
Wie ist die oben genannte Studie von Hodis und Kollegen zu bewerten?
Die Studie im Resümee
ELITE ist eine plazebokontrollierte, randomisierte, klinische Studie, in der 643 gesunde Frauen in der frühen (< 6 Jahre seit der Menopause) respektive späten (≥ 10 Jahre seit der Menopause) Postmenopause während 5 Jahren entweder orales Östradiol (E2; 1 mg/Tag) oder Plazebo erhielten. Frauen mit intaktem Uterus im Östrogen-Arm erhielten zusätzlich an 10 Tagen pro Zyklus 4% Progesteronvaginalgel (45 mg/Tag), Frauen im Plazeboarm ein Plazebogel. Primärer Endpunkt war die Intima-Media-Dicke der rechten A. carotis communis (CIMT), welche bei Baseline und dann alle 6 Monate gemessen wurde. Zu den sekundären Endpunkten zählte der Grad der koronaren Atherosklerose (Koronarplaques), gemessen mit Herz-CT. Bei Baseline waren 2 bis 4% der Teilnehmerinnen Raucherinnen, der mittlere BMI lag bei 26 bis 27. 16 bis 29% der Frauen nahmen Antihypertensiva. Die mittlere CIMT zu Studienbeginn betrug bei Frauen in der frühen Postmenopause 0,75 mm und bei denjenigen in der späten Postmenopause 0,79 mm.
Resultate Während des 5-jährigen Follow-ups nahm bei den Frauen in der frühen Postmenopause die CIMT im Östrogen-Arm (n = 125) signifikant geringer zu als im Plazeboarm (n = 123) (CIMT-Progression: E2-Arm 0,0044 mm/Jahr vs. Plazeboarm 0,0078 mm/Jahr; p = 0,008), wohingegen
* siehe hierzu First-to-Discuss-Newsletter in GYNÄKOLOGIE 2015; https://www.rosenfluh.ch/media/gynaekologie/2014/05/Die_KEEPStudie_ist_da.pdf
die CIMT-Progression bei den Frauen in der späten Postmenopause keinen Unterschied zwischen dem Östrogen- (n = 172) und dem Plazeboarm (n = 176) aufwies (p = 0,29). Zudem war nach 5 Jahren die absolute CIMT bei Östrogen-Anwenderinnen in der frühen Postmenopause (0,77 mm) signifikant geringer als bei denjenigen in der späten Postmenopause (0,831 mm; p = 0,03 für Interaktion). Eine Post-hoc-Analyse zeigte keinen Unterschied zwischen der Gruppe mit «Östradiol allein»-Einnahme und der Gruppe, die Östradiol plus Progesteron einnahm. Es gab ferner keinen Unterschied bei Frauen mit/ohne Antihypertensiva. Der Grad der Atherosklerose ergab keine Gruppenunterschiede. Hormonund Plazeboarme unterschieden sich nicht im Hinblick auf schwere unerwünschte Ereignisse wie Herzinfarkt, venöse Thromboembolien und Mammakarzinom. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass eine 5-jährige Behandlung mit Östradiol mit/ohne Progesteron einen Benefit für die Koronargefässe besitzt, sofern die Therapie innerhalb von 6 Jahren nach der Menopause begonnen wird.
Kommentar
Die Studie ELITE bestätigt die Ergebnisse tierexperimenteller Studien (2) sowie die von WHI (3) und DOPS (4), dass der Zeitpunkt des Beginns der Hormongabe nach der Menopause entscheidend für das Herz ist. Während Frauen in der frühen Postmenopause profitieren, besitzen Östrogene bei Frauen in der späten Postmenopause einen neutralen koronaren Effekt. Lediglich die Studie KEEPS konnte das günstige Zeitfenster
Prof. Dr. med. Petra Stute, Leitende Ärztin Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Inselspital Bern, resümiert und kommentiert kürzlich publizierte Studien zu wichtigen und vielfach kontrovers diskutierten Themen.
Kommentierte Studie: Hodis HN et al.: Vascular Effects of Early versus Late Postmenopausal Treatment with Estradiol. N Engl J Med. 2016, 31; 374(13): 1221–1231.
am Herzen, ebenfalls gemessen mit CIMT, nicht bestätigen (1). Einschränkend für die Studien ELITE und KEEPS gilt, dass beide Surrogatmarker als Endpunkt nutzten. Eine Verbesserung der CIMT-Progression bedeutet nicht automatisch eine Reduktion koronarer Ereignisse. Positiv ist, dass die Inzidenz kardiovaskulärer und thromboembolischer Ereignisse im Hormonarm auch nach 5 Jahren nicht höher als im Plazeboarm war, und dies auch bei Frauen, die bei Start einer oralen, niedrig dosierten Östrogen-Therapie bereits zirka 65 Jahre alt waren. I
Prof. Dr. med. Petra Stute Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Universitätsklinik für Frauenheilkunde Inselspital 3010 Bern E-Mail: petra.stute@insel.ch
Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel: keine.
Referenzen: 1. Harman SM, Black DM, Naftolin F, Brinton EA, et al.: Arterial imaging outcomes and cardiovascular risk factors in recently menopausal women: a randomized trial. Ann Intern Med. 2014; 161(4): 249–260. 2. Clarkson TB.: Estrogen effects on arteries vary with stage of reproductive life and extent of subclinical atherosclerosis progression. Menopause. 2007; 14(3 Pt 1): 373–384. 3. Manson JE, Chlebowski RT, Stefanick ML, Aragaki AK, et al.: Menopausal hormone therapy and health outcomes during the intervention and extended poststopping phases of the Women’s Health Initiative randomized trials. JAMA. 2013; 310(13): 1353–1368. 4. Schierbeck LL, Rejnmark L, Tofteng CL, Stilgren L, et al.: Effect of hormone replacement therapy on cardiovascular events in recently postmenopausal women: randomised trial. BMJ. 2012; 345: e6409.
GYNÄKOLOGIE 3/2016
41