Transkript
FIRST-TO-DISCUSS-Newsletter Gynäkologische Endokrinologie
Postmenopause
Verlängert eine HRT das Überleben bei Ovarialkarzinom
Hintergrund: 2015 sorgte eine umstrittene Metaanalyse zum Zusammenhang einer Hormonersatztherapie (HRT) mit der Erstdiagnose eines Ovarialkarzinoms für Aufregung: Es wurde ein signifikant erhöhtes Risiko für HRT-Anwenderinnen beschrieben, an einem Ovarialkarzinom zu erkranken (1). Doch welchen Einfluss hat eine HRT auf das Überleben von Frauen, die an einem Ovarialkarzinom erkrankt sind?
Wie ist die oben genannte Studie von Bešević und Kollegen zu bewerten?
Prof. Dr. med. Petra Stute, Leitende Ärztin Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Inselspital Bern, resümiert und kommentiert kürzlich publizierte Studien zu wichtigen und vielfach kontrovers diskutierten Themen.
Die Studie im Resümee
Die Studie European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC) ist eine prospektive Kohortenstudie mit über 500 000 Studienteilnehmern aus vor allem westeuropäischen Ländern. Die Rekrutierung und die Erhebung der Baselinedaten wurden 1999 abgeschlossen. Informationen zu Todesursache und -zeitpunkt entstammen entweder (mehrheitlich) nationalen (Krebs-)Registern oder einem aktiven Follow-up. Bis Anfang 2010 wurden 1405 Ovarialkarzinome diagnostiziert, davon 1025 invasive epitheliale Ovarialkarzinome (EOC). Primärer Endpunkt der aktuellen Studie war die EOC(-assoziierte) Mortalität. Mithilfe von Cox-Regressionsmodellen und multivariablen Modellen wurde der Einfluss reproduktiver Faktoren auf die EOC-Mortalität untersucht, die 5,9 (± 3,4) Jahre vor der Erstdiagnose EOC erfasst wurden. 511 Frauen (49,9%) starben innerhalb von 3,6 (± 3,2) Jahren nach der Erstdiagnose EOC an dessen Folgen. Höheres Alter bei Erstdiagnose, kaum oder fehlende Tumordifferenzierung, fortgeschrittenes Tumorstadium und Nikotinabusus bei Baseline waren mit einem kürzeren Überleben verbunden. Die reproduktiven Faktoren Parität, Stillen, Menarchen- und Menopausenalter sowie Anwendung von oralen Kontrazep-
tiva wiesen keinen wesentlichen Zusammenhang mit der EOC-Mortalität auf. Dagegen zeigte sich tendenziell ein präparateunabhängiger Überlebensvorteil für HRT-Anwenderinnen (ever vs. never use: HR = 0,80; 95%-KI: 0,62–1,03), welcher für die Langzeit-HRT signifikant war (≥ 5 Jahre HRT vs. never use, HR = 0,70; 95%-KI: 0,50–0,99, P-Trend: 0,04).
Kommentar
Frühere Studien zeigen mehrheitlich keinen Einfluss einer HRT auf die EOC-Mortalität (2–4) beziehungsweise lediglich einen Benefit für seröse EOC (5). Trotz der grossen EOC-Fallzahl weist die EPICStudie grundsätzliche Schwächen auf. Da nur einmalig bei Baseline Daten unter anderem zur HRT erfasst wurden, bleibt unklar, inwiefern die HRT-Anwendung fortgesetzt, beendet oder neu gestartet wurde. Weiterhin fehlen Informationen zur operativen (R0/R1/R2) und systemischen EOC-Therapie. Da bei Baseline keine gynäkologische Untersuchung durchgeführt wurde, ist nicht auszuschliessen, dass einige Frauen bereits zu diesem Zeitpunkt ein EOC hatten, was wiederum die Frage aufwirft, inwiefern die HRT an der EOC-Entwicklung beteiligt war. Zum jetzigen Zeitpunkt kann demnach keine HRT zur Verlängerung des Überlebens bei EOC empfohlen werden. I
Kommentierte Studie: Bešević J et al.: Reproductive factors and epithelial ovarian cancer survival in the EPIC cohort study. Br J Cancer. 2015; 113(11): 1622–1631.
Prof. Dr. med. Petra Stute Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Universitätsklinik für Frauenheilkunde Inselspital 3010 Bern E-Mail: petra.stute@insel.ch
Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel: keine.
Referenzen: 1. Beral V, Gaitskell K, Hermon C, Moser K, Reeves G, et al. (Collaborative Group On Epidemiological Studies Of Ovarian Cancer): Menopausal hormone use and ovarian cancer risk: individual participant meta-analysis of 52 epidemiological studies. Lancet. 2015; 385(9980): 1835–1842. 2. Nagle CM, Bain CJ, Green AC, Webb PM.: The influence of reproductive and hormonal factors on ovarian cancer survival. Int J Gynecol Cancer. 2008; 18(3): 407–413. 3. Wernli KJ, Newcomb PA, Hampton JM, Trentham-Dietz A, Egan KM.: Hormone therapy and ovarian cancer: incidence and survival. Cancer Causes Control. 2008; 19(6): 605–613. 4. Zhang M, Holman CD.: Tubal ligation and survival of ovarian cancer patients. J Obstet Gynaecol Res. 2012; 38(1): 40–47. 5. Mascarenhas C, Lambe M, Bellocco R, Bergfeldt K, Riman T, Persson I, et al.: Use of hormone replacement therapy before and after ovarian cancer diagnosis and ovarian cancer survival. Int J Cancer. 2006; 119(12): 2907–2915.
GYNÄKOLOGIE 2/2016
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