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Kongressbericht
European Cancer Congress (ECC), Wien, 25. bis 29. September 2015
Brustkrebs im Frühstadium
Wer trägt das höchste Risiko für osteoporotische Frakturen?
Bekanntlich ist die Therapie mit Aromatasehemmern bei postmenopausalen Brustkrebspatientinnen mit erhöhtem Risiko für Knochendichteverlust und Frakturen verbunden. Eine spanische Studie evaluierte, welche Patientinnengruppen am meisten gefährdet sind und einer medikamentösen Therapie und Überwachung bedürfen.
Trotz bekannt hohem Risiko für frühe Knochenfrakturen unter adjuvanter Therapie mit Aromatasehemmern – um 5% in den ersten 3 Jahren – ist der Präventionsund Therapiealgorithmus nach wie vor nicht erstellt, und dies obwohl wirksame Medikamente (Denosumab; Bisphosphonate; Vitamin D/Kalzium-Zugabe) verfügbar und Empfehlungen herausgegeben sind. Eine spanische Ärztegruppe in der Osteoporoseabteilung der Universitätsklinik Bilbao (Spanien) evaluierte kürzlich die Knochendichte und Knochenfrakturprävalenz in den Jahren 3 und 5 der adjuvanten endokrinen Therapie bei Frauen mit frühem Brustkrebs und verglich die Resultate mit Kontrollgruppen in klinischen Studien.
Knapp die Hälfte mit Hochrisiko für Frakturen
Die retrospektive Studie schloss 209 Patientinnen mit Brustkrebs im Frühstadium ein, deren Erkrankung am Universitätsspital Basurto in Bilbao zwischen Januar 2006 und Dezember 2010 diagnostiziert worden war und die dort postoperativ mit Aromatasehemmern behandelt wurden. In der Osteoporoseabteilung wurden alle Betroffenen vor Studienbeginn
untersucht, 130 Frauen nahmen an der folgenden Studie teil. Analysiert wurden die klinischen Risiken für osteoporotische Frakturen gemäss der «Rheumatology Spanish Society Classification» von 2011. In dem Kollektiv zeigten sich folgende Konstellationen: I ≥ 1 Hochrisikofaktor für Frakturen hat-
ten 49% (n = 68) der Patientinnen. Von diesen waren 35% (n = 45) mindestens 65 Jahre und 23% (n = 30) hatten schon vorgängig Knochenbrüche. I ≥ 1 Moderatrisikofaktor für Frakturen hatten 47% (n = 61). Von diesen waren 25% Raucherinnen, 25% in vorzeitiger Menopause und 60% (n = 60) unter zusätzlicher adjuvanter Chemotherapie. 69% der Patientinnen erhielten Aromatasehemmer während 5 Jahren, 23% Tamoxifen während 2 Jahren und anschliessend Aromatasehemmer über 3 Jahre, 8% Tamoxifen über 5 Jahre und anschliessend Aromatasehemmer für 5 Jahre. Die mittlere Aromatasehemmertherapie betrug 60 Monate (5 Jahre).
Frakturen meist in den ersten Therapiejahren
Innerhalb der durchschnittlichen Beobachtungszeit von 65 Monaten erlitten 11
Patientinnen (8,5%) eine Fraktur – 5 (4%)
in den ersten 3 Jahren. Bei den meisten
(80%) war die Fraktur asymptomatisch.
Betroffen waren meist die Wirbelsäule
(60%) und die Extremitäten.
In der Gruppe der Patientinnen mit
Hochrisikofaktoren für osteoporotische
Knochenbrüche betrug die Frakturrate
14,8%; bei den übrigen Patientinnen le-
diglich 3% (p = 0,019). Bezüglich der
Therapiedauer unter Aromatasehemmer
(3 vs. 5 J.; sequenziell) zeigte sich keine
statistische Differenz. Knapp 21% hatte
eine Osteoporose-Diagnose vor Thera-
piebeginn, weitere 27% während der
Therapie erhalten.
Die Autoren folgerten in ihrem Studien-
vergleich, dass die Frakturraten in ihrem
Patientenklientel denen publizierter Stu-
dien entsprachen. Sie fanden dabei, dass
die ersten 3 Therapiejahre unter Aroma-
tasehemmer eine kritische Periode mit
hohem Frakturrisiko bedeuten, und zwar
bei Patientinnen mit mehr als einem
Hochrisikofaktor – darunter vor allem Al-
ter über 65 und vorherige Knochen-
brüche. Diese Gruppe sollte ganz beson-
ders engmaschig überwacht und eine
adäquate Prävention erhalten.
I
hir
Quelle: Novas Vidal P et al.: Impact of an osteoporosis unit in the incidence of fractures in early breast cancer patients with aromatase inhibitors. ECC 2015; abstract #1918.
28 GYNÄKOLOGIE 5/2015