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BUCHHINWEIS
Vergessene Pubertät bei schwerer chronischer Krankheit?
Ruth Draths: Vergessene Pubertät. Sexualität und Verhütung bei Jugendlichen mit einer chronischen Krankheit oder Behinderung. 154 Seiten, 32 Abbildungen, 8 Tabellen, vierfarbig. Hans Huber Verlag Bern 2012. ISBN: 978-3-456-85123-5. Fr. 24.50.
Sie sind zwischen 11 und 17, haben Wünsche, Bedürfnisse und Nöte rund um ihre Pubertät und die erste Liebe wie ihre gleichaltrigen Kollegen – und doch ist so vieles anders. Denn Lilly, Marita, Aischa und ihre Kollegen haben ihre spezielle Lebensgeschichte, weil sie an einer schweren chronischen Erkrankung oder Behinderung leiden. Spina bifida, zystische Fibrose, Rheuma, eine Anorexie, ein TurnerSyndrom oder eine Krebserkrankung mit all den medizinischen Problemen beherrschen das Leben der jungen Menschen so sehr, dass Pubertät, Se-
xualität und Verhütung in den Hintergrund geraten – von ihrer Umwelt fast vergessen werden.
Intime Fragen und medizinische Antworten Ruth Draths, erfahrene Gynäkologin und Leiterin der «firstlove-Sprechstunde», einer Beratungsstelle für junge Menschen des Luzerner Kantonsspitals, erlebt diese Jugendlichen und ihre speziellen Notlagen in ihrer Praxis. In ihrem Buch stellt sie acht Lebensgeschichten von sieben Mädchen und einem Jungen vor und öffnet damit den Blick auf intime Fragen zu Sexualität, Fruchtbarkeit und Verhütung in diesen speziellen Situationen, die beispielhaft für schwere chronische Leiden und für Behinderungen sind. Mit dem Einblick in ihre jugendgynäkologische Sprechstunde möchte die Autorin betroffene Jugendliche, Eltern und Angehörige, aber auch Betreuer und vielleicht Ärzte sensibilisieren und medizinische Orientierung in die oftmals tabubesetzten Themen geben. Sie schreibt allgemein verständlich für medizinische Laien, gibt aber dabei viele spezifische medizinische Informationen wie beispielsweise Erklärungen zu einer Liste von Antiepileptika, welche die Sicherheit
der hormonellen Kontrazeption nicht beeinflussen, oder auch zu den heutigen Möglichkeiten des Fertilitätserhalts vor einer Chemotherapie. Andere Themen sind beispielsweise Erklärungen zu geeigneten Kontrazeptionsmethoden etwa bei zystischer Fibrose, zu Möglichkeiten und Wirkungen einer Hormontherapie bei Turner-Syndrom oder auch zu ganz banalen Fragen, ob Binden oder Tampons bei Spina bifida sinnvoll sind.
Mut und Information geben Das illustrierte Buch mit farbigen Fotos, für die sich (andere) Jugendliche mit einer Behinderung zur Verfügung stellten, spricht an. Es macht Mut und gibt notwendige medizinische Informationen, um auch bei schwerer körperlicher Beeinträchtigung die immer noch tabubesetzten Themen rund um die Pubertät anzugehen und Lösungen zu finden. Die gute Gliederung, erläuternde Grafiken und Kästen mit Hintergrundinfos erleichtern den Überblick. Ruth Draths stellt den Erlös ihres Buches dem Präventionsprojekt «firstlove» zur Verfügung.
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24 GYNÄKOLOGIE 5/2015