Transkript
FIRST-TO-DISCUSS-Newsletter Gynäkologische Endokrinologie
Perimenopause
Auf der Suche nach der Wunderpille zur Gewichtsabnahme ...
Hintergrund: Das Körpergewicht von Frauen im mittleren Lebensalter steigt etwa um 0,5 kg/Jahr an (1). Viele Frauen in der Peri- und Postmenopause möchten dies verhindern oder rückgängig machen. Neben den üblichen Ratschlägen zu Ernährung und Bewegung stellt sich die Frage, inwiefern medikamentös «nachgeholfen» werden kann.
Wie ist die Studie von Worsley und Kollegen zu interpretieren?
Die Studie im Resümee
Adipöse, euglykäme Frauen im Alter von 35 bis 65 Jahren, mit einem BMI ≥ 30 und < 40 kg/m2 und/oder Bauchumfang > 88 cm, erhielten während 26 Wochen in einer 1:1 randomisierten, plazebokontrollierten Studie zweimal täglich 850 mg Metformin oder Plazebo. Primärer Endpunkt war die Veränderung der Insulinresistenz (HOMA-IR), sekundäre Endpunkte waren Nüchterninsulinwert, Nüchternglukosewert, Gewicht, Bauchumfang und BMI. Von den 117 in die Studie eingeschlossenen Frauen (mittleres Alter 53 Jahre) wurden die Datensätze von 100 Frauen für die Intention-to-treat-Analyse verwendet.
Resultat Die mit Metformin behandelten Frauen hatten bei Therapieende eine signifikant niedrigere Insulinresistenz (Medianveränderung: -0,04 vs. Plazebo +0,1; p = 0,018) und signifikant niedrigeren BMI (Medianveränderung: –1,00 kg/m2; 95%-KI: 1,37 bis –0,62 vs. Plazebo (Medianveränderung: 0,00; 95%-KI: –0,29– 0,28, p < 0,001) im Vergleich zu mit Plazebo behandelten Frauen. Dies entsprach einer Gewichtsreduktion um 2,54 kg (95%-KI: –3,76–0,38; p < 0,001) unter Metformin. Daneben zeigte sich unter Metformin eine signifikante Reduktion der Werte von HbA1c (p = 0,008) und Nüchterninsulin (p = 0,03), aber kein signifikanter Einfluss auf Nüchternglukose, Lipidprofil oder Bauchumfang. Die Autoren kommen zum Schluss, dass Metformin (1700 mg/Tag) bei adipösen
Nichtdiabetikerinnen die Insulinresistenz und das Körpergewicht senkt.
Kommentar
Metformin ist ein Biguanid und für die Therapie des Diabetes mellitus Typ II zugelassen. Sein Einsatz zur Gewichtsreduktion unterliegt dem Off-Label-Use. Bisherige randomisierte Studien bei adipösen Nichtdiabetikern zeigten vergleichsweise eine signifikante Gewichtsreduktion um 1 bis 2 kg im Vergleich zu Plazebo nach 1 (2) beziehungsweise 2,8 (3) Jahren. Allerdings war im Diabetes Prevention Program (3) die Lebensstilintervention (d.h. mindestens 150 Minuten Bewegung pro Woche) mit einer mittleren Gewichtsreduktion von 5,6 kg erfolgreicher als die Gabe von Metformin (Gewichtsreduktion von 2,1 kg) oder Plazebo (0,1 kg)! Ebenso war das Risiko für die Entwicklung eines Diabetes mellitus Typ II in der Lebensstilinterventionsgruppe (NNT 6,9) signifikant gegenüber der Metformingruppe (NNT 13,9) erniedrigt. Limitationen der aktuellen Studie sind die mangelhafte Compliancemessung und im Mittel normwertige HOMA-IR bei Studienstart, sodass mögliche Subgruppen, die besonders oder gar nicht profitieren, nicht ausgewertet werden konnten. Ausserdem erfolgte keine Erfassung anderer Einflussfaktoren auf das Gewicht wie Ernährung und Bewegung, sodass die Bedeutung des Lebensstils respektive dessen Modifikation unberücksichtigt blieben.
PD Dr. med. Petra Stute, Leitende Ärztin Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Inselspital Bern, resümiert und kommentiert kürzlich publizierte Studien zu wichtigen und vielfach kontrovers diskutierten Themen.
Kommentierte Studie: Worsley RI, Jane F, Robinson PJ, Bell RJ, Davis SR: Metformin for overweight women at midlife: a doubleblind, randomized, controlled trial. Climacteric. 2015; 18(2): 270–7. LoE I
Was bedeutet das für die Praxis?
Wenn man eine Gewichtsreduktion errei-
chen will, führt kein Weg an Ernährungs-
anpassung und Bewegung vorbei. Mög-
licherweise kann eine zeitlich begrenzte
Gabe von Metformin während beispiels-
weise 6 Monaten diesen Prozess unter-
stützen und die Compliance beziehungs-
weise die Motivation verbessern.
I
PD Dr. med. Petra Stute Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Universitätsklinik für Frauenheilkunde Inselspital 3010 Bern E-Mail: petra.stute@insel.ch Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel: keine.
Referenzen: 1. Davis SR, Castelo-Branco C, Chedraui P, Lumsden MA, Nappi RE, Shah D, et al.: Understanding weight gain at menopause. Climacteric. 2012; 15(5): 419–429. 2. Fontbonne A, Charles MA, Juhan-Vague I, Bard JM, Andre P, Isnard F et al.: The effect of metformin on the metabolic abnormalities associated with upper-body fat distribution. BIGPRO Study Group. Diabetes Care. 1996; 19(9): 920–926. 3. Knowler WC, Barrett-Connor E, Fowler SE, Hamman RF, Lachin JM, Walker EA et al.: Reduction in the incidence of type 2 diabetes with lifestyle intervention or metformin. N Engl J Med. 2002; 346(6): 393–403.
GYNÄKOLOGIE 5/2015
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