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SCHWERPUNKT
Sport bei Kinderwunsch und Kinderwunschtherapie
Faktoren mit Einfluss auf die Fertilität und assistierte Reproduktion
Inwieweit ist die Ausübung typischen Breitensports mit (In-)Fertilität respektive einer Infertilitätstherapie und deren Geburtenrate assoziiert? Der vorliegende selektive Übersichtsartikel ist ein Update eines zuvor publizierten Artikels (1) und diskutiert diese Fragestellungen auch in Zusammenhang mit dem Körpergewicht der Frauen im reproduktiven Alter.
GEORG GRIESINGER
Bewegung und sportliche Aktivität wirken sich positiv auf den Gesundheitszustand und das allgemeine Wohlbefinden des Menschen aus. Die Ausübung von Sport ist als risikosenkend für eine Vielzahl von Krankheiten, besonders im Zusammenhang mit den sogenannten Zivilisationskrankheiten, identifiziert worden. Zusätzlich können durch regelmässiges Training psychischer Stress abgebaut und Lebensfreude sowie -qualität erhöht werden. Der Zusammenhang zwischen wettkampforientiertem Leistungssport, niedrigem Körpergewicht, gestörtem Essverhalten, Anabolikaeinsatz und Störungen der hypothalamisch-hypophysären Achse ist gut untersucht und nicht Gegenstand dieses Artikels.
Relevanz von Sport in der Geburtshilfe und der Reproduktionsmedizin
Der Einfluss physischer Aktivität und körperlicher respektive beruflicher Belastung auf Abortrisiko (2–4), Frühgeburtlichkeit (5, 6), Gestationsdiabetes (7) und Geburtsgewicht (5) war Gegenstand zahlreicher Studien, wobei festzuhalten ist, dass die Datenlage hierzu nicht einheitlich ist. Zu Leistungs- sowie Wett-
Merkpunkte
I Übergewichtige Frauen mit Oligomenorrhö/Amenorrhö sollten ihr Gewicht reduzieren.
I Ein negativer respektive positiver Effekt von Sport auf die Fertilität entsteht im Kontext mit Körpergewicht, Körperfettanteil und kalorischer Gesamtsituation.
I Intensive sportliche Betätigung kann möglicherweise die natürliche Fertilität beeinträchtigen.
I Moderate körperliche Aktivität vor und während einer IVF-Behandlung ist eher mit positiven Behandlungsergebnissen verbunden.
I Bettruhe und körperliche Schonung nach Embryotransfer können die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit nicht steigern.
kampfsport und Kinderwunschtherapie existieren keine Studien, da Wettkampfzielsetzungen und Schwangerschaft aus offensichtlichen Gründen gegenläufige Motive darstellen. Somit bleibt zu eruieren, inwieweit typische Breitensportaktivitäten (in der englischsprachigen Literatur als «moderate physical activity» oder «low-level physical activity» bezeichnet) mit Infertilität respektive den Ergebnissen einer Infertilitätstherapie assoziiert sind. Darüber hinaus soll im vorliegenden Artikel die Datenlage zur Mobilisation nach Embryotransfer dargestellt und diskutiert werden. Der Einfluss von Übergewicht auf die Fertilität, die Zeitdauer bis zum Schwangerschaftseintritt (8) und die Schwangerschaftsrate nach IVF (9) ist gut dokumentiert (Tabelle 1).
Sport im Zusammenhang mit Gewichtsreduktion
Sportliche Aktivität in Kombination mit Kalorienreduktion ist ein bewährtes Mittel zur Gewichtsreduktion. Eine Anleitung zu physischer Aktivität zusätzlich zu einer Ernährungsberatung sollte somit Teil des Managements adipöser Frauen mit Kinderwunsch sein. Interventionsstudien sind allerdings rar. In einer häufig zitierten australischen Studie (10) wurden 87 übergewichtige, infertile Frauen (BMI ≥ 30 kg/m2) in ein sechsmonatiges Programm aufgenommen, in dem körperliche Aktivität mit Diätberatung und verhaltenstherapeutischer Unterstützung kombiniert wurden. Es wurde gezeigt, dass ein bereits relativ geringfügiger Gewichtsverlust (im Mittelwert 6,5 kg Körpergewicht) zu herausragenden Effekten führen kann. 80% der untersuchten Kohorte war initial anovulatorisch. Nach 6 Monaten war bei 90% der anovulatorischen Patientinnen, die das volle Programm absolvierten, eine Spontanovulation wieder aufgetreten.
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Tabelle 1:
Retrospektive Auswertung zum Zusammenhang von BMI und IVF-Ergebnissen
(adaptiert nach [9])
BMI
< 20 20–24 25–29 30–34 35
Alter
Embryonen transferiert
31,6 (4,5) 32,9 (4,7) 33,0 (4,8) 32,8 (4,7) 32,7 (5,1) p = 0,004
2,4 (0,8) 2,4 (0,7) 2,4 (0,8) 2,4 (0,7) 2,4 (0,7)
Anzahl Behandlungszyklen
2,3 (1,5) 2,3 (1,7) 2,2 (1,5) 2,1 (1,4) 2,0 (1,3)
Kumulative Schwangerschaftsrate (%) 45 48 42 40 30 p = 0,001
OR* n = 3586
0,81 (0,65–1,01) 1 0,81 (0,68–0,97) 0,73 (0,57–0,95) 0,50 (0,32–0,77)
441 1910 814 304 117
*Multivariate Regression, abhängige Variable: Schwangerschaft; Prädiktorvariablen: BMI, Alter, Embryonenzahl, Zyklenzahl, Behandlungsart, Infertilitätsursache.
Tabelle 2:
Subfertilität oder ungewollte Kinderlosigkeit
Krude und adjustierte Odds Ratios (OR) nach multivariater logistischer Regression; abhängige Variable (adaptiert nach [12])
Sportausübung Häufigkeit nie < einmal wöchentlich einmal wöchentlich 2- bis 3-mal wöchentlich fast jeden Tag
OR (95%-KI)
1,0 2,2 (1,0–4,8) 2,1 (1,0–4,7) 2,6 (1,2–5,9) 4,3 (1,9–10,1)
#Adjustiert für Alter, Parität, Rauchen und Verehelichung. OR: Odds Ratio; KI: Konfidenz-Intervall.
Adjustierte OR# (95%-KI)
1,0 2,1 (0,9–4,7) 2,0 (0,9–4,5) 2,0 (0,9–4,6) 3,2 (1,3–7,6)
Fertilität und Sport
Nur wenige Studien haben sich allerdings der Inzidenz von Fertilitätsstörungen in der Allgemeinbevölkerung in Abhängigkeit breitensportlicher Aktivitäten gewidmet. Die vorliegenden Studienergebnisse sind darüber hinaus nicht völlig konsistent. In einer Kohortenstudie (Nurses’ Health Study II; 2002) wurde gezeigt, dass – selbst nach Adjustierung für den BMI – jede zusätzliche Stunde intensiver sportlicher Aktivität mit einer 5%igen Risikominderung für eine anovulatorische Infertilität einhergeht. Die Schlussfolgerung lautete, dass intensive sportliche Aktivität unabhängig von Übergewicht die Ovarfunktion positiv beeinflussen kann. Für moderate Sportausübung wurde dieser Effekt jedoch im Gegensatz zur genannten Studie von Clark (10) nicht gezeigt. Eine weitere Untersuchung der gleichen Kohorte der Nurses’ Health Study II zeigte, dass das Risiko einer Ovulationsstörung signifikant geringer ist bei den Frauen, die täglich mindestens 30 Minuten intensiv trainieren (11). Zu gegensätzlichen Ergebnissen hinsichtlich der Sportintensität kommt eine populationsbasierte Kohortenstudie aus Norwegen. Gudmundsdottir (12) untersuchte in den Jahren 1984 bis 1986 das Sportverhalten von 3887 Frauen und in den Jahren 1995 bis 1997 die Inzidenz von Nulliparität und Infertilität in dieser Frauengruppe (Infertilität hier allerdings nicht als Diagnose im medizinischen Sinn). Nach Adjustierung für Störfaktoren (Alter, Parität, Rauchen, Verehelichung und BMI) zeigte sich, dass Frauen, die an der Mehrzahl der Tage einer Woche Sport treiben, 3,2-mal häufiger an (Sub-)Infertilität litten (Tabelle 2).
Die Ausübung von «Sport bis zur Erschöpfung» erhöht ebenso das Risiko von Fertilitätsproblemen im Vergleich zur Ausübung von «moderatem Sport».
Schwellenwert Effekt des Sports?
Der Einfluss sportlicher Aktivität auf die Fertilität ist wahrscheinlich abhängig von Umfang und Art, aber mehr noch von der metabolen Ausgangslage der Sportlerin. Das kann die unterschiedlichen Studienergebnisse wahrscheinlich erklären. So kann moderat betriebener Sport bei übergewichtigen Frauen einen positiven Effekt haben, jedoch bei Normalgewichtigen bereits tendenziell negativ wirken. Ein ähnliches Muster ist beim Knochenstoffwechsel bekannt: Individuen mit moderater sportlicher Aktivität zeigen eine höhere Knochendichte, hingegen treten bei Leistungssport gehäuft Stressfrakturen auf.
Sport und IVF-Behandlung
Der Erfolg einer künstlichen Befruchtung wird im Wesentlichen von der Qualität der zu transferierenden Embryonen sowie vom mütterlichen Alter bestimmt. Die Frage nach dem Einfluss sportlicher Aktivität auf den Erfolg einer assistierten Reproduktion ist nicht abschliessend beantwortet, die wissenschaftliche Datenlage ist teilweise widersprüchlich, und es bedarf weiterer Studien. Morris und Kollegen (13) führten eine prospektive Kohortenstudie an 2232 IVF-Patientinnen durch, in der in einer multivariaten Analyse das Ausmass der sportlichen Aktivität mit den Ergebnissen des ersten IVF-Zyklus untersucht wurde. Zwar wurden mehr Lebendgeburten bei jenen Frauen beobachtet, die angaben, regelmässig Sport zu treiben. Hingegen zeigten Frauen, die berichteten, mehr als 4 Stunden Sport pro Woche seit mindestens einem Jahr zu treiben, eine um 40% geringere Wahrscheinlichkeit einer Lebendgeburt und eine Verdoppelung des Abortrisikos. Inbesonders Ausdauertraining war mit einem negativen Effekt assoziiert.
Moderate Sportausübung wirkt eher positiv
Kucuk und Kollegen (14) untersuchten den Effekt des Energieumsatzes und von körperlicher Aktivität auf die Implantations- und Lebendgeburtenrate nach assistierter Reproduktion. Die prospektive klinische Stu-
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die umfasste 131 Frauen, welche sich einem ersten IVF-Behandlungszyklus unterzogen. Die Patientinnen wurden angewiesen, ihre körperliche Aktivität zur Zeit des Embryotransfers nicht einzuschränken. Mithilfe eines standardisierten Fragebogens (International Physical Activity Questionnaire-short form; IPAQ-sf) wurden Aktivität und Energieumsatz der Teilnehmerinnen vor und während der Behandlung quantifiziert. Die Frauen sollten in Abhängigkeit ihres Aktivitätsniveaus während der IVF-Behandlung in drei Gruppen eingeordnet werden. Keine Frau erfüllte die Kriterien für die Zugehörigkeit zu der Gruppe mit hoher körperlicher Aktivität. Die Gruppe der Frauen mit wenig körperlicher Aktivität umfasste 68 Teilnehmerinnen. 63 Frauen wurden in die Gruppe mit moderater körperlicher Aktivität eingeschlossen. Beide Gruppen unterschieden sich nicht bezüglich des Alters, des BMI, des Stimulationsprotokolls sowie der gewonnenen Eizellen und transferierten Embryonen. Es zeigte sich, dass alle Teilnehmerinnen ihre körperliche Aktivität während der Behandlung, verglichen mit jener vor Behandlungsbeginn, signifikant reduzierten (p < 0,05). Bezogen auf alle Frauen betrug die Lebendgeburtenrate 34,4%. In der Gruppe der Frauen mit moderater körperlicher Aktivität liess sich im Vergleich mit der Gruppe mit wenig körperlicher Aktivität eine statistisch signifikant erhöhte Lebendgeburtenrate (47,6 vs. 22,1%, p = 0,002) nachweisen. Es zeigte sich eine statistisch signifikante Korrelation zwischen der Lebendgeburtenrate und dem Energieumsatz (r = 0,23; p < 0,05) sowie dem körperlichen Aktivitätsniveau (r = 0,27; p < 0,05) während der Behandlung. Eine Korrelation zwischen Lebendgeburtenrate und Energieumsatz respektive Aktivitätsniveau vor der Behandlung fand sich jedoch nicht. Diese Studie zeichnete sich dadurch aus, dass erstmals das Aktivitätsniveau der Teilnehmerinnen mit einem standardisierten, internationalen Fragebogen quantifiziert wurde. Einschränkend ist jedoch zu erwähnen, dass dieser Fragebogen nicht den Goldstandard in der Bestimmung des Energieumsatzes darstellt, die Fallzahl für eine abschliessende Beantwortung der Fragestellung weitaus zu gering ist und dass vor allem Frauen mit hoher körperlicher Aktivität nicht in der Studie vorkamen. Die Ergebnisse dieser Studie decken sich mit den Untersuchungen von Su (15). Diese Arbeitsgruppe untersuchte mithilfe einer prospektiven Befragung das körperliche Aktivitätsverhalten von Frauen nach IVF-Behandlung. Dazu wurden die Studienteilnehmerinnen am Tag des Embryotransfers sowie am Tag des Schwangerschaftstests mithilfe eines strukturierten Fragebogens zu ihrem Aktivitätsverhalten in den dazwischenliegenden zwei Wochen befragt. 56 der 60 Teilnehmerinnen berichteten, nach dem Embryotransfer mehr als 2 Stunden Bettruhe eingehalten zu haben. Während der zweiwöchigen Wartezeit zwi-
schen dem Embryotransfer und dem Schwangerschaftstest schränkte die Mehrzahl der Frauen ihre soziale Aktivität ein, vermied das Treppensteigen und verringerte die allgemeine Arbeitsbelastung, obwohl seitens der behandelnden Ärzte keine körperliche Schonung empfohlen worden war. Die Studie zeigte, dass Bettruhe nicht mit einer Steigerung der Schwangerschaftschance korrelierte. Palomba und Kollegen (16) erfassten 216 übergewichtige Frauen, die über einen längeren Zeitraum stabil übergewichtig waren und die eine IVF-Behandlung durchliefen. Beim Vergleich der Lebendgeburtrate zwischen Frauen mit regelmässigem Sport (n = 41; Lebendgeburtrate = 24,4%) und Frauen ohne sportliche Aktivität (n = 175; Lebendgeburtrate = 7,4%) zeigten sich statistisch signifikante Unterschiede zugunsten der Gruppen mit Sportausübung. Auch nach Berücksichtigung von Störfaktoren (z.B. Alter der Frau etc.) in einer multivariaten Analyse war die Chance auf eine Lebendgeburt im Kollektiv der Frauen mit sportlicher Betätigung um den Faktor 3,7 statistisch signifikant erhöht. In einer weiteren Kohortenstudie (17) wurden 121 IVF-Patientinnen hinsichtlich ihrer Tagesaktivität und sportlichen Aktivität in den 12 Monaten vor Behandlung mittels vier validierter Indizes klassifiziert. Sowohl leichte körperliche Aktivität als auch Sportausübung im eigentlichen Sinn war mit einer Tendenz zu einer höheren Chance auf eine Schwangerschaft verbunden – auch nach Berücksichtigung der relevanten Störgrössen Alter der Frau und Body-Mass-Index.
Bettruhe nach Embryotransfer zeigt keinen Effekt
Sharif und Kollegen (18) untersuchten mithilfe einer historischen Kohortenkontrollstudie den Einfluss von Bettruhe nach Embryotransfer auf den Erfolg einer IVF-Behandlung. Die klinischen Schwangerschaftsund die Implantationsraten von 1091 IVF-Zyklen ohne anschliessende Bettruhe wurde verglichen mit den Ergebnissen von insgesamt 19 697 IVF-Zyklen, die im gleichen Zeitraum in der nationalen Datenbank Grossbritanniens registriert worden waren. Dabei zeigte sich, dass die klinische Schwangerschaftsrate pro Embryotransfer in der Gruppe ohne Bettruhe signifikant höher war als in der nationalen Datenbank (30 vs. 22,9%, p = 0,0001). (Damals galt in Grossbritannien noch der Behandlungsstandard, dass nach Embryotransfer Bettruhe einzuhalten sei.) Die klinische Schwangerschaftsrate pro Zyklus war ebenfalls signifikant höher in der untersuchten Gruppe ohne Bettruhe (23,5 vs. 18,6%, p = 0,0001). Da die Implantation 4 bis 7 Tage nach der Fertilisation stattfindet, ist es also unwahrscheinlich, dass die Einhaltung einer Bettruhe für wenige Stunden nach dem Embryotransfer die einige Tage später stattfindende Implantation beeinflussen kann.
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Bestätigung in neuerer randomisierter Studie ... Purcell und Kollegen (19) führten eine randomisierte, kontrollierte Studie mit 164 IVF-Behandlungszyklen durch. Die Patientinnen wurden in zwei Gruppen randomisiert. 82 Patientinnen verliessen die Klinik sofort nach dem Embryotransfer, 82 Frauen hielten eine 30minütige Bettruhe nach dem Embryotransfer ein. Die klinische Schwangerschaftsrate betrug in beiden Gruppen 50%. Die fortlaufende Schwangerschaftsrate betrug in beiden Gruppen 46,3%. Ein statistisch signifikanter Unterschied in der Schwangerschaftsrate der beiden Gruppen konnte somit nicht nachgewiesen werden. Eine 30-minütige Bettruhe nach Embryotransfer erhöht die Schwangerschaftsrate demnach nicht.
... sowie in Beobachtungs- und prospektiven Studien Botta und Kollegen (20) verglichen den Einfluss einer 24-stündigen Bettruhe nach Embryotransfer auf das Ergebnis einer IVF-Behandlung mit einer 20-minütigen Bettruhe. Dazu wurden 182 infertile Patientinnen in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe von 87 Patientinnen unterzog sich 97 Behandlungszyklen mit insgesamt 87 Embryotransfers und hielt eine 24-stündige Bettruhe nach dem Embryotransfer ein. Die andere Gruppe bestand aus 95 Patientinnen mit insgesamt 102 Behandlungszyklen und 93 Embryotransfers und hielt eine 20-minütige Bettruhe ein. Die Schwangerschaftsrate betrug in der Gruppe mit langer Bettruhe nach Embryotransfer 24,1%, in der Gruppe mit 20-minütiger Bettruhe 23,6% (p > 0,05). Die Einhaltung einer langen Bettruhe nach Embryotransfer war also nicht mit einer erfolgreicheren IVFBehandlung assoziiert. Bar-Hava (21) untersuchte im Rahmen einer prospektiven Studie den Einfluss von Bettruhe versus sofortige Mobilisation nach Embryotransfer auf die Implantations- und Schwangerschaftsraten nach assistierter Reproduktion. 406 Patientinnen wurde es nach dem Embryotransfer freigestellt, sich sofort zu bewegen oder eine Bettruhe einzuhalten. 167 Frauen bevorzugten die sofortige Mobilisation, während 239 Frauen eine einstündige Bettruhe vorzogen. Die Schwangerschaftsraten beider Gruppen unterschieden sich nicht signifikant (24,5% nach sofortiger Mobilisation vs. 21,3% nach Bettruhe).
Zusammenfassung
Moderate Sportausübung als Bestandteil eines Programms zur Gewichtsreduktion kann bei übergewichtigen Frauen mit anovulatorischer Infertilität die Ovarfunktion günstig beeinflussen. Aus einer populationsbasierten, prospektiven Kohortenstudie gibt es Hinweise, dass eine intensive sportliche Aktivität das Risiko für ungewollte Kinderlosigkeit möglicherweise steigert. Ebenso gibt es Hinweise aus einer Studie an IVF-Patientinnen, dass intensives kardio-
vaskuläres Training mit einer Verringerung der
Schwangerschaftswahrscheinlichkeit respektive Er-
höhung der Abortneigung assoziiert sein könnte.
Moderates Training und körperliche Aktivität in Beruf
und Freizeit sind, auch unabhängig von Übergewicht,
hingegen eher mit einem guten Behandlungserfolg
verbunden. Eine Mobilisierung der Patientin unmit-
telbar nach Embryotransfer ist gut untersucht: Kör-
perliche Aktivität nach Embryotransfer hat keinen
Einfluss auf die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit
nach IVF.
I
Prof. Dr. med. G. Griesinger Sektion für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Universitätsklinikum Schleswig-Holstein/Campus Lübeck D-23538 Lübeck E-Mail: griesing@uni-luebeck.de
Interessenkonflikt: Es besteht kein Interessenkonflikt.
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