Transkript
INTERNATIONALE LEITLINIE Geburtshilfe
Vorgehen bei Terminüberschreitung und Übertragung einer Schwangerschaft
Leitlinie der AWMF* und der DGGG – von der SGGG übernommen und ratifiziert
Eine Terminüberschreitung einer vormals risikoarmen Einlingsschwangerschaft um mehr als 7 Tage nach errechnetem Geburtstermin ist häufig. Aufgrund des ansteigenden Risikos der perinatalen Mortalität ist eine Geburtseinleitung ab 41 0/7 Schwangerschaftswochen (SSW) anzubieten und ab SSW 41 3/7 zu empfehlen. Bei zusätzlichen Faktoren (fortgeschrittenes mütterliches Alter, insbesondere > 40jährig, Adipositas, Nikotinabusus) sollte bereits ab Termin eine Einleitung angeboten werden. Diese Leitlinie wurde als eine evidenzbasierte Entscheidungsgrundlage für die geburtshilfliche Beratung und Betreuung der Schwangeren erstellt.
Erich Weiss und Kollegen**
Geltungsbereich und Zweck der Leitlinie
Problembeschreibung Die normale Schwangerschaft dauert, berechnet nach dem 1. Tag der letzten Regelblutung, im Mittel 280 Tage oder 40+0 Schwangerschaftswochen (SSW). Ab einer Verlängerung um 14 Tage, also ab 294 Tagen oder 42+0 SSW, spricht man gemäss WHO und FIGO von einer zeitlichen Übertragung. Im deutschen Sprachraum ist für die Zeit von 40+0 bis 41+6 SSW der Begriff Terminüberschreitung üblich.
*unter Mitwirkung von Prof. Dr. med. Daniel Surbek, Inselspital Bern. AWMF = Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. Kurzfassung – AWMF-Register-Nummer: 015/065, Februar 2014. Die Langversion einschliesslich des kompletten Literaturverzeichnisses und des Leitlinienreports kann auf der Homepage der AWMF (www.awmf.org) oder die Kurz-Originalversion auf der Homepage der Rosenfluh Publikationen unter GYNÄKOLOGIE 1.2015 (www.ch-gynaekologie.ch) eingesehen werden.
**Autoren der Leitlinie: PD Dr. med. Harald Abele, Dr. med. Clemens Bartz, Dr. med. Maximilian Franz, Prof. Dr. med. Thorsten Fischer, Prof. Dr. med. Ulrich Gembruch, PD Dr. med. Markus Gonser, Prof. Dr. med. Kurt Heim, Prof. Dr. med. Franz Kainer, Dr. med. Annegret Kiefer, Dr. med. Klaus König, Dr. med. Babette Ramsauer, PD Dr. med. Frank Reister, Prof. Dr. med. Karl-Theo Schneider, Prof. Dr. med. Daniel Surbek, Prof. Dr. med. Klaus Vetter, Prof. Dr. med. Friedrich Wolff, PD Dr. med. Erich Weiss (Schriftleitung).
Mehr als 40% aller Schwangeren gebären nach dem errechneten Geburtstermin. Das Management im Fall eines Ausbleibens des Geburtsbeginns bewegt sich zwischen einem exspektativen Vorgehen mit intensiver Überwachung von Mutter und Kind und der Indizierung einer Geburtseinleitung.
Patientenzielgruppe Diese Leitlinie bezieht sich auf die grosse Gruppe risikoarmer Einlingsschwangerschaften ohne spezifische Schwangerschaftsrisiken (z.B. Gestationsdiabetes, Präeklampsie oder IUGR).
Anwenderzielgruppe und Versorgungsbereich Ziel dieser Leitlinie ist es, bei Überschreitung des errechneten und verifizierten Geburtstermins sowohl den niedergelassenen FachärztInnen als auch den in der Geburtsklinik tätigen ÄrztInnen eine evidenzbasierte Entscheidungsgrundlage für die Beratung und Betreuung der Schwangeren an die Hand zu geben. In dieser Leitlinie wird zwischen Terminüberschreitung (40+0 SSW bis 41+6 SSW) und der Übertragung (ab 42+0 SSW) differenziert.
Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
Inzidenz Die Häufigkeit der Übertragung beträgt in den nach 1995 publizierten Arbeiten
aus England und den USA 4,4 bis 5,3%. Daten aus Schweden zeigen trotz Ultraschallscreening vor 20 SSW eine Häufigkeit von 6,5%. In Deutschland, Österreich und der Schweiz existiert ein flächendeckendes Angebot einer Untersuchung mittels Sonografie im ersten Trimester seit Jahren. Damit wird eine genauere Terminbestimmung erreicht (im Vergleich zur Berechnung nach der letzten Menstruation), sodass die dann noch zu verzeichnenden Schwangerschaften ≥ 42+0 Wochen «echte zeitliche Übertragungen» darstellen. Die Daten des Instituts für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen in Deutschland (AQUA) im Jahr 2011 zeigen ein Schwangerschaftsalter bei Entbindung von 42+0 Wochen und darüber nur in 0,61% der Fälle (3965 von 650 597 Geborenen). Eine Überschreitung des errechneten Geburtstermins wird in 37,1% dokumentiert.
Ätiologie und Pathogenese Die Ätiologie der Übertragung ist bis heute nicht weitreichend erforscht. Als Einflussfaktoren werden Primigravidität, niedriger sozioökonomischer Status, BMI > 35 und männliches Geschlecht des Feten diskutiert.
Pathophysiologische Aspekte Bei einer Überschreitung des errechneten Geburtstermins spielt die verbleibende Plazentafunktion respektive deren Reservekapazität eine bedeutende Rolle. Die Plazenta vermag trotz abnehmender Wachstumsgeschwindigkeit im dritten Trimenon ihre funktionelle Kapazität durch verschiedene Anpassungsmechanismen beträchtlich zu steigern. Bleibt die Plazentafunktion über den Geburtstermin hinaus unbeeinträchtigt, so resultiert daraus eine fortschreitende fetale Gewichtszunahme. Daraus erklärt sich die höhere Rate Neugeborener über 4000 g ab 42+0 SSW von 20 bis 25% im Vergleich zur Geburt mit 40+0 SSW. Das
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Risiko für ein Geburtsgewicht über 4499 g beträgt bereits ab 41+0 SSW das 3,5-Fache der Geburt am errechneten Termin (Odds Ratio, OR = 3,5; 95%-KI: 3,4–3,7). Dies birgt sowohl für die Mutter als auch für den Feten geburtshilfliche Risiken (protrahierter Geburtsverlauf, vaginaloperative Entbindung, ausgedehntere mütterliche Weichteilverletzungen, Schulterdystokie, kindliche Klavikulafraktur, Plexusparese). Ausreichend belegt ist, dass eine verminderte Fruchtwassermenge ein Hinweiszeichen für eine Plazentainsuffizienz darstellt und mit einer erhöhten perinatalen Morbidität assoziiert ist (Nabelschnurkompression bei Oligohydramnie, pathologisches CTG sup partu, Mekoniumaspiration).
Perinatale Mortalität und Morbidität bei Terminüberschreitung und Übertragung Die Reservekapazität der Plazenta ist bezüglich der perinatalen Mortalität und Morbidität des Neonaten ein entscheidender Faktor bei der Überschreitung des errechneten Geburtstermins. Sowohl weiteres Wachstum des Feten bei ausreichender Reserve als auch verminderte plazentare Versorgung können die kindliche Morbidität und Mortalität erhöhen. Diese Risiken treten aber nicht erst mit Erreichen eines Gestationsalters von 42+0 SSW auf. Vielmehr handelt es sich um ein kontinuierlich ansteigendes Risiko des intrauterinen Fruchttodes, des subpartalen oder neonatalen Todes und der neonatalen Morbidität (Aspiration, Nabelschnurkomplikation, Asphyxie prä-, subund postnatal, Pneumonie, Sepsis, neurologische Geburtstraumata, periphere Nervenschädigungen und Frakturen).
Aktuelle Daten aus Baden-Württemberg zeigen allerdings einen deutlich flacheren Anstieg der Rate an Totgeburten, insbesondere zwischen 41+0 und 41+6 SSW. Ab 42+0 ist auch hier das Risiko deutlich ansteigend (Abbildung 1).
Einfluss anderer mütterlicher Risikokonstellationen auf die fetale Mortalität Von den nicht schwangerschaftsbedingten Risikofaktoren – Adipositas, mütterliches Alter, Parität und Nikotinabusus – ist die Adipositas der Mutter (BMI zu Beginn der Schwangerschaft ≥ 30 kg/m2) in 8 bis 18% signifikant mit einem IUFT assoziiert, das mütterliche Alter über 35 Jahre ist in 7 bis 11%, der Nikotinabusus in 4 bis 7% und die Erstparität in bis zu 15% mit einem IUFT in Zusammenhang zu bringen.
Kindliche Morbidität Ein Anstieg schwerer kindlicher Azidosen (Nabelarterien pH < 7,0 und Base Excess ≥12) wird bereits ab 40+0 SSW beschrieben, ebenso eine erhöhte Rate an Mekoniumaspiration und ein Anstieg der Schulterdystokierate. Damit gilt für die Morbidität des Neugeborenen ebenso wie für die Mortalität, dass diese nicht mit Erreichen eines Gestationsalters von 42+0 SSW plötzlich auftritt. Die meisten Morbiditätsrisiken steigen kontinuierlich an. Prinzipiell sind diese mit der Plazentafunktion korreliert, und zwar derart, dass eine verminderte plazentare Reserve das Risiko für hypoxieinduzierte Komplikatio-
nen erhöht, während bei ungestörter plazentarer Reserve ein fortschreitendes fetales Wachstum sich auch bei Überschreitung des Geburtstermins zeigt, und mit Komplikationen, bedingt durch die zunehmende fetale Grösse, zu rechnen ist. Aus Deutschland und Österreich stehen uns zu dieser Fragestellung Daten der Perinatalerhebungen zur Verfügung: Sie zeigen eine Verdoppelung der Azidosen zwischen 37+0 und 42+6 SSW. Die Häufigkeit der fetalen Makrosomie zeigt einen Anstieg der Neugeborenen über 4000 g von 7% mit 39+0 bis 39+6 SSW auf über 22% mit 42+0 bis 42+6 SSW.
Mütterliche Morbidität Zwischen 40+0 SSW und 41+6 SSW steigen die Sectiorate von 20 auf 34% und die Rate vaginaloperativer Entbindungen von 8,5 auf 15,5% fast kontinuierlich an. Der ansteigende Anteil makrosomer Feten dürfte dabei eine wichtige Rolle spielen. Auch die höhere Anzahl von Dammrissen 3. oder 4. Grades, postpartalen Nachblutungen und protrahierten Geburtsverläufen müssen als eine Folge der ansteigenden Rate an Neugeborenen über 4000 g interpretiert werden.
Empfehlungen
Allgemeine Grundsätze Vorgeschlagen wird ein risikoadaptiertes und individualisiertes Vorgehen in Absprache mit der Schwangeren.
Perinatale Mortalität In mehreren grossen retrospektiven Untersuchungen aus Skandinavien, England und den USA konnte – bei Analyse des Risikos der fortgesetzten Schwangerschaften – gezeigt werden, dass das fetale Risiko, intrauterin zu versterben, mit 38 SSW am niedrigsten ist und danach mit zunehmendem Gestationsalter immer steiler ansteigt. Feten von Schwangeren mit einem Alter von über 35 Jahren und Erstparität scheinen am stärksten durch einen IUFT ab 40 SSW gefährdet.
Abbildung 1: Zunehmendes Risiko für intrauterinen Fruchttod (IUFT) in Abhängigkeit vom mütterlichen Alter.
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Aufklärung der Schwangeren Eine Aufklärung der Schwangeren soll die individuelle Risikosituation berücksichtigen. Das Vorliegen eines BMI über 30 kg/m2 erhöht das Risiko für einen IUFT unabhängig von einer Terminüberschreitung um den Faktor 1,6 und soll bei der Beratung neben anderen Risikofaktoren der Schwangeren für einen IUFT (Alter, Parität, Nikotinabusus) in die Aufklärung einbezogen werden. Die Morbiditätsrisiken von Mutter und Kind durch das in Abhängigkeit des Grads der Terminüberschreitung fortschreitende Wachstum des Feten sollten ebenfalls besprochen werden. Für den Fall einer Einleitungsindikation ist eine Aufklärung über den zu erwartenden Zeitrahmen (im Einzelfall nicht vorhersehbar) und die geplante respektive empfohlene Einleitungsprozedur notwendig. Die durch eine Einleitung nicht erhöhte Rate an Kaiserschnitten sollte zur
Beruhigung der Schwangeren ebenfalls erwähnt werden.
Empfehlungen zur Diagnostik Eine frühzeitige und möglichst exakte Feststellung des Gestationsalters ist entscheidend. Bei der Diagnostik einer möglichen relativen Plazentainsuffizenz bei der Terminüberschreitung ist bis anhin keine Methode evidenzbasiert einsetzbar. Das CTG lässt auf den aktuellen Zustand des Feten rückschliessen und erfolgt ohne Wehenbelastung (Ruhe-CTG = nonstress-test). Mittels Ultraschall kann relativ schnell und einfach die Fruchtwassermenge bestimmt werden. Ziel ist es, Fälle mit einer Oligohydramnie zu selektionieren. Die zwei am häufigsten verwendeten Methoden sind der Fruchtwasserindex und das grösste Fruchtwasserdepot. Nach dem Termin definiert sich die Oligohydramnie
im Ultraschall entweder als Fruchtwasserindex < 5 cm oder als grösstes vertikales Fruchtwasserdepot < 3 cm. Diskutiert wird der Einsatz der Dopplersonografie zur Überwachung von Schwangerschaften nach dem errechneten Termin. Eine endgültige Beurteilung der Wertigkeit der Dopplerindizes bei risikoarmen Terminüberschreitungen ist zurzeit noch nicht möglich, sodass diese Methode ohne andere Indikationen nicht in der Routine eingesetzt werden sollte.
Empfehlungen zum klinischen Management für risikoarme Schwangerschaften 37+0 bis 39+6 Schwangerschaftswochen: Bei komplikationslosen Schwangerschaften besteht während dieser Periode kein Anlass zur Empfehlung einer Geburtseinleitung. Die Überwachung sollte den Vorgaben der Mutterschaftsrichtlinien entsprechen. Bei einem mütterlichen Alter von über 40 Jahren kann ab 39+0 SSW in Übereinstimmung mit der Empfehlung der RCOG (RCOG 2013) eine Geburtseinleitung angeboten werden (EL IV).
Abbildung 2: Grafisches Schema des empfohlenen Vorgehens bei Terminüberschreitung und risikoarmer Einlingsschwangerschaft. Bei neu aufgetretenen Risiken oder pathologischen Untersuchungsbefunden (z.B. Oligohydramnion) ist individuell nach klinischen Gesichtspunkten zu entscheiden (Einleitung/ Sectio/intensivierte biophysikalische Überwachung/stationäre Überwachung etc.).
40+0 bis 40+6 Schwangerschaftswochen: Mit Erreichen des errechneten Geburtstermins sollte noch einmal überprüft werden, ob tatsächlich eine risikoarme Schwangerschaft vorliegt. Hierzu ist eine Ultraschallkontrolle mit fetaler Gewichtsschätzung und Fruchtwassermengenbestimmung zum Ausschluss einer Oligohydramnie oder einer bisher nicht erkannten IUGR geeignet (EL IV). Ergeben sich aus der aktuellen Untersuchung und Anamnese keine Gründe für eine Schwangerschaftsbeendigung, so kann unter Berücksichtigung der oben aufgeführten Empfehlungen bis 40+6 SSW zugewartet werden.
§ Unabhängig davon ist eine Schwan-
gerschaftsbeendigung dann indiziert, wenn aktuelle Ergebnisse der Überwachung von Mutter und Kind eine Gefährdung anzeigen.
Für den Fall, dass sich die Schwangere für ein Abwarten über den errechneten Termin hinaus entscheidet, ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz die Überwachung des Feten mittels CTG ab 40+0 SSW auch bei risikoarmen Schwangerschaften Versorgungs-
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realität, obwohl für einen Benefit keine durch prospektiv randomisierte Studien belegbare Evidenz besteht. Die aktuelle AWMF-Leitlinie CTG sieht eine Indikation für ein CTG bei Terminüberschreitung ohne zusätzliche Risiken erst ab 41+0 SSW. Die Autoren sind jedoch der Meinung, dass auf Basis der realen Situation das CTG auch bei risikoarmen Schwangerschaften ab dem errechneten Termin durchgeführt werden sollte («GCP good clinical practice»).
41+0 bis 41+6 Schwangerschaftswochen: Der aktuelle Cochrane Review aus dem Jahr 2012 zeigt, dass sich mit einer Einleitung ab 41+0 SSW: I die perinatale Mortalität signifikant
verringert (RR 0,31; 95%-KI: 0,12–0,81) I das Risiko für ein Mekoniumaspirati-
onssyndrom signifikant verringert (RR 0,50; 95%-KI: 0,34–0,73) I das Risiko für ein Geburtsgewicht über 4000 g signifikant vermindert (RR 0,73; 95%-KI: 0,64–0,84) I die Sectiorate signifikant vermindern lässt (RR 0,89; 95%-KI: 0,81–0,97).
§ Die Autoren dieser Leitlinie emp-
fehlen deshalb, ab 41+0 SSW eine Geburtseinleitung anzubieten, spätestens ab 41+3 SSW eine solche zu empfehlen (EL I).
Tritt eines oder mehrere der moderaten Risiken hinzu, so wird im Einzelfall diese Empfehlung zur Geburtseinleitung eher mit 41+0 SSW ausgesprochen werden. Für den Fall, dass sich die Schwangere nach Aufklärung und Beratung für ein Zuwarten bis 41+6 SSW entscheidet, kann bei fehlenden Risiken und normaler Fruchtwassermenge unter zweitägigen Kontrollen (NST + Fruchtwassermenge) bis 41+6 SSW zugewartet werden, ohne dass das Risiko für einen IUFT gegenüber der Vorwoche ansteigt. Im Einzelfall können – bei Wunsch nach intensiverer Überwachung im Rahmen eines individualisierten Vorgehens – auch kürzere Intervalle festgelegt werden. Die Beratung soll auch die Information für die Schwangere enthalten, dass eine Überschreitung von 42+0 SSW vermieden werden soll und deshalb spätestens dann die Beendigung der Schwangerschaft durch Einleitung oder Sectio caesarea indiziert ist.
Ab 42+0 SSW: Ab ≥ 42+0 SSW ist eine Einleitung oder Beendigung der Schwangerschaft per Sectio caesarea auch ohne das Vorliegen anderer Risikofaktoren indiziert (EL Ia). Das Risiko für einen IUFT steigt deutlich an. Ebenso ist die neonatale Morbidität
durch Schulterdystokie, Mekoniumspirationssyndrom, peripartale Asphyxie und Pneumonie signifikant erhöht. Als Folge der perinatalen Morbidität ist auch die neonatale Mortalität erhöht (EL IIa). Diese Risiken sollen bei der Aufklärung der Schwangeren erwähnt werden. Das empfohlene Vorgehen bei Terminüberschreitung und risikoarmer Einlingsschwangerschaft ist in Abbildung 2 dargestellt.
Prävention
Regelmässiger Koitus um den Termin
hatte in einer Studie eine Reduktion der
Schwangerschaftsdauer > 41+0 Wochen
und eine geringere Rate an Geburtsein-
leitungen zur Folge (EL IIa). Der Cochra-
ne Review sieht hingegen keinen gesi-
cherten Effekt.
Eine prophylaktische wöchentliche Ei-
pollösung ab 38 SSW («stripping») ist
möglich. Obgleich in einigen Studien ein
Nutzen ohne Risiken gezeigt werden
konnte, sollte diese Massnahme wegen
der möglichen Schmerzhaftigkeit spezi-
ellen Fällen vorbehalten bleiben.
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Korrespondenzadresse Schweiz: Prof. Dr. med. Daniel Surbek Geburtshilfe und Feto-maternale Medizin Universitätsklinik für Frauenheilkunde Inselspital 3010 Bern E-Mail: daniel.surbek@insel.ch
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