Transkript
FIRST-TO-DISCUSS-Newsletter «Gynäkologische Endokrinologie»
3/2014: Postmenopausale Hormonersatztherapie (HRT)
Der Verzicht auf Östrogene erhöht das Sterberisiko
Hintergrund: In den USA sorgt eine weitere Auswertung der Women’s Health Initiative (WHI) – diesmal des Plazeboarms der WHI-Teilstudie*: konjugierte equine Östrogene (CEE) versus Plazebo bei hysterektomierten Frauen – für Aufregung.
Wie ist die Studie von Sarrel und Kollegen zu bewerten?
Die Studie im Resümee
Die Autoren gehen der Frage nach, inwiefern der Verzicht auf Östrogene in der Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen die Sterbewahrscheinlichkeit über einen Beobachtungszeitraum von 10 Jahren beeinflusst. Hierzu wurden hysterektomierte Frauen, die in einer Teilstudie der WHI mit Plazebo behandelt wurden, mit der entsprechenden Gesamtpopulation der US-amerikanischen Frauen verglichen, und die zusätzlichen Sterbefälle wurden errechnet, wobei die abnehmende Prävalenz der Östrogenanwendung mitberücksichtigt wurde. Es wurde gezeigt, dass seit 2002 zwischen 18 601 und 91 610 postmenopausale Frauen vorzeitig aufgrund des Verzichts auf Östrogene verstorben sind. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Gabe von Östrogenen bei jüngeren, hysterektomierten, postmenopausalen Frauen mit einer reduzierten Gesamtmortalität verbunden ist. Die entsprechende Aufklärungsarbeit der behandelnden ÄrztInnen sollte intensiviert werden.
Kommentar
Die Assoziation zwischen einer Östrogen-
therapie bei jüngeren postmenopausa-
len Frauen (bei Therapiestart Alter < 60 Jahre bzw. innerhalb von 10 Jahren nach der Menopause) und einer reduzierten Gesamtmortalität ist nicht neu. Bisherige Annahmen einer Mortalitätssenkung mithilfe einer Hormontherapie reichen von 28% (1) über 30% (2) und 39% (3) bis zu 43% (4). Dieser Effekt scheint, zumin- dest für CEE bei hysterektomierten Frauen, sogar nachhaltig zu sein (5). Al- lerdings beruhen die genannten Zahlen auf komplexen mathematischen Model- lierungen und unter anderem auf der Annahme, dass das koronare günstige Zeitfenster für Hormone (6) tatsächlich existiert, was zum Beispiel durch die KEEPS-Studie (präsentiert bei der NAMS-Jahrestagung 2012) bisher nicht belegt werden konnte. Somit gilt trotz dieser vielversprechenden Daten weiter- hin die Empfehlung einer individualisier- ten Beratung und nicht die Verteilung von Östrogenen nach dem «Giesskan- nenprinzip». I PD Dr. med. Petra Stute, leitende Ärztin Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Inselspital Bern, resümiert und kommentiert kürzlich publizierte Studien zu wichtigen und vielfach kontrovers diskutierten Themen. Kommentierte Studie: *Sarrel PM, Njike VY, Vinante V, Katz DL.: The Mortality Toll of Estrogen Avoidance: An Analysis of Excess Deaths Among Hysterectomized Women Aged 50 to 59 Years. Am J Public Health. 2013 Jul. (Epub ahead of print) LoE: II–3. Referenzen: 1. Salpeter SR, Walsh JM, Greyber E, et al.: Mortality associated with hormone replacement therapy in younger and older women: a metaanalysis. J Gen Intern Med. 2004; 19(7): 791–804. 2. Rossouw JE, Prentice RL, Manson JE, et al.: Postmenopausal hormone therapy and risk of cardiovascular disease by age and years since menopause. JAMA. 2007; 297(13): 1465–1477. 3. Salpeter SR, Cheng J, Thabane L, et al.: Bayesian meta-analysis of hormone therapy and mortality in younger postmenopausal women. Am J Med. 2009; 122(11): 1016–1022. 4. Schierbeck LL, Rejnmark L, Tofteng CK, et al.: Effect of hormone replacement treatment on cardiovascular events in recently postmenopausal women: randomized trials. BMJ. 2012; 345: e6409. 5. LaCroix AZ, Chlebowski RT, Manson JE, et al.: Health outcomes after stopping conjugated equine estrogens among postmenopausal women with hysterectomy: a randomized controlled trial. JAMA. 2011; 305(13): 1305–1314. 6. Clarkson TB, Meléndez GC, Appt SE.: Timing hypothesis for postmenopausal hormone therapy: its origin, current status, and future. Menopause. 2013; 20(3): 342–53. PD Dr. med. Petra Stute Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin Universitätsklinik für Frauenheilkunde Inselspital 3010 Bern E-Mail: petra.stute@insel.ch Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel: keine. 34 GYNÄKOLOGIE 2/2014