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Newsletter «Gynäkologische Endokrinologie für die Praxis»
1/2014
Hyaluronsäure ebenso gut wie Östriol bei postmenopausaler Scheidentrockenheit!?
Hintergrund: Die Nordamerikanische Menopause-Gesellschaft (NAMS) hat soeben ihre Empfehlungen für die Behandlung der symptomatischen vulvovaginalen Atrophie (VVA) aktualisiert (1). Zur Therapie der ersten Wahl zählen demnach nicht hormonelle Produkte (Lubrikativa, Feuchthaltemittel, Emollienzien) und zur Therapie der zweiten Wahl vaginale Östrogene. Wie ist das zu bewerten?
Die Studie
In einer randomisierten kontrollierten, open-label Parallelstudie wurde die Wirksamkeit eines Hyaluronsäure-haltigen Vaginalgels (Hyalofemme®) mit einer vaginalen Östriolcreme (Ovestin®) bei postmenopausalen Frauen mit Scheidentrockenheit verglichen (n = 144). Pro Studienarm erfolgten 10 Gaben per Applikator im Abstand von jeweils 3 Tagen über insgesamt 30 Tage. Die Wirksamkeit wurde anhand von 4 vaginalen Symptomen per visueller Analogskala (VAS) gemessen. Bei Therapieende wiesen sowohl die mit Hyaluronsäure (HS) als auch die mit Östriol (E3) behandelten Frauen eine Reduktion von Scheidentrockenheit (HS: 84% vs. E3: 89%), Dyspareunie (HS: 24% vs. E3: 27%), vaginalem Juckreiz (HS: 63% vs. E3: 67%) und vaginalem Brennen (HS: 86% vs. E3: 88%) auf. Der Unterschied zwischen den Behandlungsarmen war jeweils nicht signifikant. Der vaginale pH-Wert jedoch war bei mit E3 behandelten Frauen signifikant niedriger als bei mit HS behandelten Frauen. Zu den unerwünschten Ereignissen zählten vulvovaginale Kandidiasis, bakterielle Vaginosis sowie vulvovaginaler Juckreiz. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass das untersuchte Hyaluronsäure-haltige Vaginalgel eine valide und sichere Behandlungsoption für Frauen darstellt, die eine Östrogentherapie ablehnen.
Chen J, Geng L, Song X, Li H, Giordan N, Liao Q.: Evaluation of the efficacy and safety of hyaluronic acid vaginal gel to ease vaginal dryness: a multicenter, randomized, controlled, openlabel, parallel-group, clinical trial. J Sex Med. 2013; 10(6): 1575–1584. LoE I.
Kommentar
Hyaluronsäure (HS) ist als Glykosamino-
glykan Teil der extrazellulären Matrix und
am Gewebereparaturmechanismus be-
teiligt. In der vorliegenden Studie zeigte
vaginale HS eine mit einer vaginalen
Östriolcreme vergleichbare Wirksamkeit
auf verschiedene Symptome der post-
menopausalen vaginalen Atrophie. So-
mit wird die Studie der aktuellen NAMS-
Forderung nach einer First-Line-Therapie
der symptomatischen VVA mit nicht hor-
monellen Produkten gerecht. Vor allem
für Frauen, die eine vaginale Östro-
gentherapie ablehnen oder deren vagi-
nale Symptome auf eine andere Ursache
zurückzuführen sind, stellt ein vaginales
HS-Gel eine gute Therapieoption dar.
Ob allerdings die untersuchte HS
tatsächlich eine äquipotente Alternative
zu vaginalen Östrogenen darstellt, be-
darf weiterer Untersuchungen. So wird
das Studiendesign zum Beispiel nicht
den Anforderungen der FDA gerecht
(u.a. randomisierte, kontrollierte, verblin-
dete klinische Studie über 12 Wochen,
primärer Endpunkt: pH-Wert, Matura-
tion-Index und das störendste Symptom)
(2), und auch die gewählte Dosierung der
vaginalen Östriolcreme entspricht nicht
dem Standard (Rote Liste 2013).
I
In dieser Serie resümiert und kommentiert PD Dr. med. Petra Stute, stv. Abteilungsleiterin Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Inselspital Bern, kürzlich publizierte Studien zu wichtigen und vielfach kontrovers diskutierten Themen gynäkologischer Endokrinologie
PD Dr. med. Petra Stute E-Mail: petra.stute@insel.ch
Referenzen: 1. Position Statement. Management of symptomatic vulvovaginal atrophy: 2013 position statement of The North American Menopause Society. Menopause 2013; 20(9): 888–902. 2. Guidance for Industry Estrogen and Estrogen/Progestin Drug Products to Treat Vasomotor Symptoms and Vulvar and Vaginal Atrophy Symptoms – Recommendations for Clinical Evaluation. http://www.fda.gov/cder/guidance/index.htm
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