Transkript
SCHWERPUNKT
Pathogenese der Endometriose
Theorien und Mechanismen der Endometrioseentstehung
Ein grundlegendes Verständnis der Pathogenese der Endometriose ist eine zwingende Voraussetzung zur Etablierung neuer und wirksamer Therapieoptionen. Dabei erscheint die Endometriose als heterogene Gruppe von Krankheitsformen, die sich unterschiedlich manifestieren. Dies erklärt, weshalb die genaue Pathogenese der Endometriose bis heute ein nicht abschliessend erforschtes Gebiet bleibt.
ELEFTHERIOS P. SAMARTZIS, PATRICK IMESCH, DANIEL FINK
Endometriose ist eine östrogenabhängige inflammatorische Erkrankung, die 5 bis 10% der Frauen im reproduktionsfähigen Alter betrifft (1). Sie definiert sich als das extrauterine Vorliegen von endometriumartigem Gewebe. Die Erkrankung geht klinisch häufig mit chronischen und/oder menstruationsassoziierten Bauchschmerzen, Dyspareunie und Infertilität einher (2). Die Ausprägung der Symptomatik kann sehr unterschiedlich sein, wird aber nicht selten als einschränkend empfunden. In einer kürzlich erschienenen internationalen Studie wurden die durchschnittlichen direkten und indirekten Gesundheitskosten (z.B. durch Produktivitätsverlust am Arbeitsplatz) auf zirka 9500 Euro jährlich pro Erkrankungsfall geschätzt. Für die Schweiz extrapoliert ergeben sich in dieser Studie Endometriose-assoziierte Gesundheitskosten von jährlich 1,3 Milliarden Euro bei den betroffenen Frauen (3). Daraus wird klar, dass Endometriose von grosser sozioökonomischer Bedeutung ist und als eine «gesellschaftliche Erkrankung» angesehen werden kann, da sie für die gesamte Gesellschaft gesundheitliche (z.B. durch Sterilitätsfälle, chronische Schmerzen etc.) und ökonomische Auswirkungen zeigt. Die klinische Erstbeschreibung der Endometriose geht wahrscheinlich auf das Jahr 1690 und den deutschen Arzt Schroen zurück (4) und die erste histologische Beschreibung auf den Wiener Pathologen Von Rokitansky im Jahr 1860 (5). Die Bezeichnung «Endometriose» wurde 1921 durch den Amerikaner J.A. Sampson geprägt (6) und hat sich seither etabliert. Letztlich ist die genaue Pathogenese der Endometriose aber bis heute nicht geklärt. Verschiedene Theorien wurden dazu aufgestellt, auf welche in diesem Artikel zusammenfassend eingegangen wird (vgl. auch Tabelle). Zudem wird ein Überblick über einige in der Endometriose wichtige molekulare Mechanismen gegeben.
Implantationstheorie (retrograde Menstruation)
Die Implantationstheorie lässt sich auf Sampson zurückführen. Sie besagt, dass endometriale Schleimhaut im Rahmen der Menstruation durch die Eileiter retrograd transportiert wird und sich anschliessend ins Peritoneum oder in die Organe des kleinen Beckens implantiert (7). Diese Theorie basierte auf den Annahmen, dass eine retrograde Menstruation überhaupt existiert, dass eingespülte eutope Endometriumszellen in der Bauchhöhle überleben können und die Möglichkeit besitzen, sich dort zu implantieren. Bald geriet diese Theorie wieder in den Hintergrund, da man glaubte, dass eine retrograde Menstruation selten sei und keine intakten Endometriumszellen im Menstruationsblut zu finden seien. Seit der Möglichkeit der Laparoskopie weiss man aber, dass es bei 76 bis 90% der Frauen mit durchgängigen Tuben während der Menstruation zum retrograden Austritt von Menstruationsblut kommt (8). Auch konnte im Rahmen diverser Experimente in vitro und in vivo gezeigt werden, dass im Menstruationsblut vorhandene Endometriumszellen vital sind und die Möglichkeit besitzen, sich ektop festzusetzen und in Endometriose zu verwandeln (9). Obwohl diese Theorie zur Pathogenese der Endometriose eine breite Akzeptanz gefunden hat, gibt es einige Aspekte, die dadurch nicht erklärt werden können. Zum einen erklärt die Theorie nicht, weshalb trotz fast generellem Auftreten von retrograder Menstruation nur eine Minderheit der Frauen Endometriose entwickelt. Zum anderen ist damit nicht begründet, weshalb in seltenen Fällen auch bei Frauen vor dem Alter der Menarche (10) oder vereinzelt sogar bei Männern, welche zum Beispiel infolge eines Prostatakarzinoms mit hoch dosierten Östrogenen behandelt wurden (11), Endometriosefälle beschrieben wurden.
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SCHWERPUNKT
Tabelle: Theorien zur Pathogenese der Endometriose
Theorie Implantationstheorie (Retrograde Menstruation)
Coelom-MetaplasieTheorie
Induktionstheorie
Embryonalrest-Theorie
Lymphatische/ vaskuläre benigne Metastasierungstheorie
Mechanismus
Pro
Kontra
Endometriumszellen
– Retrograde Menstruation – Endometriose
gelangen über retro-
bei 76–90% der Frauen
deutlich seltener
grade Menstruation in
mit durchgängigen
als retrograde
die Bauchhöhle und
Tuben nachgewiesen.
Menstruation.
entwickeln sich dort
– Endometriumszellen
– Endometriose auch
zu Endometriose.
im Menstruationsblut
bei fehlender
können sich nachgewie-
Menstruation oder
senermassen zu Endo-
teilweise auch
metriose entwickeln.
vor der Menarche
beschrieben.
Endometriose entwickelt – Könnte erklären, weshalb – Metaplasie sollte mit
sich in situ metaplastisch Endometriose auch bei
dem Alter eher
aus dem ursprünglichen
fehlender Menstruation
zunehmen.
Coelom-Epithel
gefunden werden kann,
– Es würden streng
(Peritoneum, Pleura).
sowie selten auch
gesehen z.B. mehr
intrathorakal.
intrathorakale Fälle
erwartet.
Entwicklung aus
– Tierexperimentelle
– Tierexperimentell
undifferenzierten Zellen, Hinweise in Kaninchen.
nachgewiesenes
ausgelöst durch endogene, – Erklärt Auftreten von
Gewebe zeigte keinen
aus dem Endometrium
Endometriose auch
stromalen Anteil
stammende biochemische bei fehlender
und erfüllte somit
und immunologische
Menstruation.
nicht alle Kriterien
Faktoren.
für Endometriose.
Ursprung der
– Könnte die anatomischen – Erklärt nicht die Fälle
Endometriose liegt in
Prädilektionsstellen
von entfernter
Überresten der
der Endometriose
Endometriose
Müllerschen Gänge.
erklären.
(thorakal, umbilikal,
– Häufung von Endometriose etc.).
bei Frauen mit Müller’schen
Anomalien.
– Embryonalstudien unter-
stützen diese Theorie (21).
Endometriumsgewebe – Nachweis von Endometriose – Erklärt nicht Fälle von
wird lymphatisch oder
in Lymphknoten.
Endometriose bei
vaskulär nach extrauterin – Nachweis von Endometriose Uterusaplasie (20).
verschleppt.
in uterinen Venen.
– Mögliche Erklärung von
extraperitonealen Endo-
metrioselokalisationen.
Erstbeschreiber Sampson 1927 (7)
Meyer 1919 (12)
Levander und Normann 1955 (15)
Von Recklinghausen (17) und Russel (18) um 1890
Halban 1925/ Sampson 1927 (22)
Coelom-Metaplasie-Theorie
Diese Theorie wurde um das Jahr 1919 durch Robert Meyer aufgestellt und besagt, dass sich Endometriose metaplastisch aus Zellen entwickeln kann, welche embryogenetisch die Coelomhöhle auskleiden, das heisst aus der peritonealen Serosa und dem Stratum germinativum des Ovars (12). Auslöser dieser Metaplasie sollen inflammatorische oder hormonelle Stimuli sein. Diese Theorie könnte auch das Auffinden von Endometriose ausserhalb des Beckens erklären, in seltenen Fällen beispielsweise auch intrathorakal (13). Zudem könnte sich daraus erklären, weshalb Endometriose auch bei nicht vorhandener Menstruation zu finden ist (14). Allerdings sprechen auch einige Punkte gegen die Coelom-Metaplasie. So würde man streng nach die-
ser Theorie ein gleichmässigeres Auftreten von Endometriose, über die gesamte Bauchhöhle verteilt, beobachten und nicht, wie tatsächlich bestehend, eine Prädilektion für die Organe des kleinen Beckens. Zudem würde man eine Zunahme im höheren Alter erwarten, wie dies üblicherweise bei Metaplasien der Fall ist. Schliesslich würde man ein häufigeres intrathorakales Auftreten vermuten, da die Pleura ebenfalls vom Coelomepithel hervorgeht, sowie eventuell auch ein häufigeres Auftreten bei Männern.
Induktionstheorie
Diese kann als eine Erweiterung der Coelom-Metaplasie-Theorie angesehen werden. Es wird hierbei vermutet, dass endogene biochemische und immunologische Faktoren undifferenzierte Zellen zur
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Differenzierung in Endometriumsgewebe bewegen können. Die hierfür verantwortlichen Faktoren werden im uterinen Endometrium freigesetzt und hämato- beziehungsweise lymphogen transportiert. Diese Theorie wird auf Beobachtungen in Tierexperimenten bei Kaninchen gestützt, wobei gezeigt werden konnte, dass zellfreie aus dem Endometrium stammende Substanzen in ektopen Geweben innert weniger Tage zu einer endometriosetypischen epithelialen Differenzierung führen können (15). Limitierend ist dazu aufzuführen, dass diese Veränderungen die Kriterien von Endometriose nicht ganz erfüllten, da sie kein endometriales Stroma aufwiesen (16).
Embryonalrest-Theorie
Diese frühe Theorie wurde durch Von Recklinghausen und Russel in den 1890er-Jahren begründet (17, 18). Hierbei wird ein Ursprung der Endometriose aus Überresten der Müllerschen Gänge postuliert. Einige seltene Gegebenheiten, wie das Vorkommen von Endometriose bei Männern, könnten durch diese Theorie erklärt werden. Ebenso würde diese Theorie das häufige Vorkommen der Endometriose im Douglas-Raum, im Bereich der sakrouterinen Bänder und des Ligamentum latum uteri erklären. Zudem konnte eine höhere Inzidenz von Endometriose bei Frauen mit Müllerschen Anomalien nachgewiesen werden (19), wie sogar im Fall einer jungen Frau mit Mayer-RokitanskyKuster-Hauser-Syndrom (20). Untersuchungen in weiblichen Feten zeigten ausserhalb des Uterus Strukturen, welche morphologisch primitivem Endometrium glichen, eine Expression von CA-125 und Östrogenrezeptor aufwiesen und sich an für Endometriose typischen Lokalisationen befanden, was wiederum die Embryonalrest-Theorie unterstützen würde (21).
Lymphatische/vaskuläre benigne Metastasierungstheorie
In den 1920er-Jahren fanden sich Hinweise, dass Endometriumszellen vaskulär und/oder lymphogen verschleppt werden und an entfernten Stellen Endometrioseherde bilden könnten. So konnte bereits Sampson den Nachweis von Endometriumsgewebe in uterinen Venen bei Frauen mit Adenomyose erbringen (22). In Kaninchen konnte durch die intravenöse Injektion von Endometriumsgewebe experimentell pulmonale Endometriose induziert werden (23). Innerhalb von Lymphknoten konnte Endometriose bei Autopsien und Lymphadenektomien nachgewiesen werden (24). Kürzlich fanden sich in inzidenziell entnommenen Lymphknoten von 23 Frauen mit tief infiltrierender Endometriose in einem Drittel der Fälle endometriosetypische Läsionen in den Lymphknoten und in über zwei Dritteln der Fälle vereinzelte Ansammlungen von Östrogen- und Progesteronrezeptor-positiven Zellen (25). Durch die Theorie der lymphogenen und vaskulären Verschleppung würden sich
zumindest seltene, extraperitoneale Endometriosefälle besser erklären lassen (26).
Molekulare Mechanismen
Faktoren, die in der Pathogenese der Endometriose entscheidend sind, sind unter anderem die Migration, die Adhäsion, die Invasion, die Proliferation und die Neoangiogenese (16). Für die Migration werden Faktoren vermutet, die im eutopen und ektopen Endometrium von erkrankten Frauen gefunden werden, nicht aber im eutopen Endometrium von gesunden Frauen. So besagt ein relativ neues Konzept, dass die basale Endometriumsschicht, welche gewisse Stammzellcharakteristiken besitzt, bei erkrankten Frauen ein erhöhtes Potenzial für Dislokation und Proliferation besitzt (27). Entscheidend für die Adhäsion ist eine dafür geeignete Grundlage. So bildet das intakte Peritoneum eine gewisse natürliche Barriere vor der Adhäsion von abgelagerten Endometriumsfragmenten. Eine Exposition der mesothelialen Basalmembran oder extrazellulären Matrix ist zur Adhäsion der Endometriumszellen notwendig (28). Das Mesothel ist allerdings recht empfindlich, und so kann eine solche Exposition leicht durch die Schädigung durch inflammatorische Prozesse, chirurgische Eingriffe oder durch Menstruationsblut erreicht werden (29). Zur Invasion sollten auf molekularer Ebene zumindest zwei wichtige Mechanismen aufgeführt werden, die Cadherine und die Matrix-Metalloproteinasen (MMP) (16). Es ist bekannt, dass E-Cadherine durch Zell-ZellAdhäsion eine wichtige Rolle im Erhalt der Endometriumsarchitektur einnehmen. Der Verlust von E-Cadherinen in Endometriose spielt somit eine wichtige Rolle bei den invasiven Eigenschaften dieser Erkrankung (30). Die MMP ihrerseits bewirken eine Degradation der extrazellulären Matrix. Sie werden auf Gen-Expressions-Ebene durch Wachstumsfaktoren, Hormone und inflammatorische Zytokine, wie Interleukin-1 und -6, Tumor necrosisfactor alpha (TNF-alpha), Epidermal growth factor (EGF) und so weiter induziert (16). MMP kommen auch im normalen Endometrium vor und unterliegen dort einer zyklischen Regulation. In der Endometriose sind sie ein wichtiger Faktor für die Invasion. Ein potenter Repressor der MMP und Induktor ihrer Gegenläufer, der Tissue inhibitors of metalloproteinases (TIMP), ist Progesteron, wobei der genaue Mechanismus hierfür nur ansatzweise bekannt ist (31). Insbesonders grössere endometriotische Herde benötigen zum Überleben eine ausreichende Blutgefässversorgung und bilden zur Neovaskularsation angiogenetische Faktoren. Hier scheint in der Endometriose vor allem der VEGF eine herausragende Rolle zu besitzen und ist im Vergleich zu gesundem Endometrium deutlich stärker exprimiert (32).
Hormonelle Veränderungen
Ein weiterer wichtiger Mechanismus ist die endogene
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Östrogenproduktion in ektopem Endometriumgewebe, welche zu einer Art hormonellem Selbstunterhaltungsmechanismus führt. Die Östrogenproduktion erfolgt durch Konversion aus Androgenen durch die Aromatase P 450, welche in einer Vielzahl von Geweben und in Endometriose, nicht aber in normalem Endometrium vorhanden ist (33). Durch eine zusätzliche Defizienz der 17-beta-Hydroxysteroid-Dehydrogenase Typ 2 kommt es zu einer Akkumulation des hoch potenten 17-beta-Östradiols in endometriotischem Gewebe (34). Dieses stimuliert wiederum die Produktion des Enzyms Zyklooxygenase Typ 2 (COX-2), welches in einer erhöhten Produktion von Prostaglandin-E2 (PGE2) resultiert, einem potenten Stimulator der Aromataseaktivität bei Endometriose (35, 36). Ein weiterer wichtiger hormoneller Mechanismus ist die sogenannte Progesteronresistenz bei Endometriose, die durch eine deutlich verminderte Expression von Progesteronrezeptoren in endometriotischem Gewebe zustande kommt (1). Schliesslich konnte kürzlich immunhistochemisch eine im Vergleich zu normalem Endometrium verstärkte Expression eines neuen, G-protein-gekoppelten Östrogenrezeptors (GPER) bei Endometriose nachgewiesen werden (37).
Genetik und Epigenetik
Die genetische Prädisposition spielt wahrscheinlich eine gewisse Rolle für das Risiko, Endometriose zu entwickeln. So haben erstgradige Verwandte von erkrankten Frauen ein höheres Risiko, selbst Endometriose zu entwickeln (38). Auch bei monozygoten Zwillingen wurde eine hohe Konkordanz für Endometriose gefunden (39). Die Identifikation von Kandidatengenen gestaltete sich trotz grossem Aufwand bisher erfolglos, da wahrscheinlich eine Vielzahl verschiedener Gene in der Endometriose mitwirken (40). Allerdings konnte kürzlich in einer Untergruppe von 31% untersuchten Endometriosepatientinnen ein Polymorphismus in einer Mikro-RNA-Bindungsstelle im KRAS-Gen gezeigt werden, welche zu erhöhter Proliferation und Invasion der Endometriumszellen sowie zu einer Verminderung der Progesteronrezeptor-Expression führte (41). Mikro-RNA werden, nebst DNA-Methylierungs- und Histon-Azetylierungsprozessen, in der Endometriose wie auch in anderen physiologischen und pathologischen Prozessen als wichtiger Faktor der epigenetischen Modulierung angesehen (40). So deutet vieles darauf hin, dass Endometriose als eine epigenetische Erkrankung angesehen werden kann, da diverse pathogenetische Mechanismen der Endometriose epigenetisch reguliert und so auch therapeutisch beeinflussbar zu sein scheinen (40, 42, 43).
merkpunkte
■ Endometriose muss als eine heterogene Gruppe sich unterschiedlich manifestierender Krankheitsformen verstanden werden, mit möglicherweise unterschiedlichen zugrunde liegenden pathogenetischen Mechanismen.
■ Die Pathogenese der Endometriose wird seit über einem Jahrhundert diskutiert und ist trotz kürzlicher Durchbrüche bis heute nicht abschliessend geklärt.
■ Das differenzierte Verständnis der Pathogenese ist Grundvoraussetzung für eine wirksame und gezielte Therapie der Endometriose.
(epi-)genetischen Faktoren zurückzuführen ist. Zudem wird immer wahrscheinlicher, dass die Endometriose als sehr heterogene Gruppe von im Erscheinungsbild und in der Ausprägungsstärke recht unterschiedlichen Erkrankungen angesehen werden muss. Klinisch besteht eine breite Palette an verschiedenen Manifestationsformen zwischen zwei Extremen: ■ die minimal erscheinende, asymptomatische und
meist zufällig oder nicht entdeckte Endometriose als ein transientes Phänomen, welches wahrscheinlich bei einer Vielzahl von Frauen intermittierend während der Reproduktionsphase auftreten kann ■ die Endometriose als eine chronische und teilweise invalidisierende Erkrankung (16). Zusätzlich bestehen in pathogenetischer und molekularbiologischer Hinsicht Unterschiede zwischen ovarieller, peritonealer und tief infiltrierender Endometriose, da diese sich nicht nur in der Lokalisation, sondern auch im Erscheinungsbild, im biologischen Verhalten und im Ansprechen auf hormonelle Therapie unterscheiden, sodass hier von drei verschiedenen Entitäten ausgegangen werden kann (16). Es wird dabei klar, dass ein besseres und differenziertes Verständnis der Pathogenese der Endometriose an Wichtigkeit und Aktualität nicht verloren hat, da es für die Entwicklung von wirksamen Therapieformen nach wie vor von entscheidender Bedeutung ist. ■
Dr. med. Eleftherios P. Samartzis
Dr. med. Patrick Imesch (Korrespondenzadresse) E-Mail: patrick.imesch@usz.ch
Prof. Dr. med. Daniel Fink
Schlussfolgerung
Es bestehen zunehmend Hinweise, dass die Pathogenese der Endometriose auf eine Kombination von hormonellen, immunologischen, anatomischen und
Klinik für Gynäkologie UniversitätsSpital Zürich 8091 Zürich
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