Transkript
EDITORIAL
I n dieser Ausgabe der Zeitschrift «Gynäkologie» möchten wir zentrale Aspekte der Perimenopause beleuchten und wichtige praktische Hilfestellungen zur Betreuung der Frauen geben. Wesentlich zu beachten ist, dass die Begriffe Klimakterium, Perimenopause und Menopause oft verschieden verwendet werden, was immer wieder zu Verwirrungen führt. Der «Stages of Reproductive Aging»Workshop in den USA hat im Jahr 2001 versucht, die Nomenklatur des menopausalen Übergangs zu vereinheitlichen. Halten wir demnach fest: ■ Der menopausale Übergang beginnt mit einer
zunehmenden Variation in der Länge der Menstruationszyklen und ist gekennzeichnet durch einen Anstieg des FSH. Die Phase endet mit der letzen Periodenblutung (die erst nach 12monatiger Amenorrhö als solche erkannt werden kann). Das Stadium -2 (= Frühstadium) ist durch
Merkmale des menopausalen Übergangs
eine variable Zykluslänge (> 7 Tage Differenz zur normalen Zykluslänge, die 21 bis 35 Tage beträgt) gekennzeichnet. In diesem Stadium beginnen bei vielen Frauen die Hitzewallungen. Das Stadium –1 (= Spätstadium) ist durch ein Überspringen von 2 und mehr Zyklen respektive eine Amenorrhö von ≥ 60 Tagen charakterisiert. Auch in diesem Stadium leiden viele Frauen unter Hitzewallungen. ■ Die Perimenopause beginnt im Stadium -2 des menopausalen Übergangs und endet 12 Monate nach der letzten Menstruation.
■ Die Menopause ist definiert als die 12-monatige Phase der Amenorrhö nach der letzten Periode. Diese Zeitspanne entspricht dem kompletten oder teilweise kompletten Verlust der ovariellen Follikel und signalisiert das Fehlen der ovariellen Östrogenproduktion.
■ Die Postmenopause wird im Stadium +1 (Frühstadium) als die ersten 5 Jahre nach der letzten Menstruation definiert. Diese Phase ist gekennzeichnet durch die weitere Abnahme eventuell noch vorhandener ovarieller Aktivität und eine akzellerierte Abnahme der Knochendichte. Auch in diesem Stadium haben viele Frauen noch Hitzewallungen. Stadium +2 beginnt 5 Jahre nach der letzten Mens und endet mit dem Tod.
Einige Aspekte zur Betreuung der Frauen in der Praxis möchten wir beleuchten:
Stadien: Terminologie:
Phasendauer:
-5 -4 -3 fertil
früh Spitzenwert spät
variabel
Letzte Monatsblutung
-2
-1 0
+1
+2
menopausaler Übergang
früh spät Perimenopause
Postmenopause früh spät
variabel
4 Jahre
bis Tod
Zyklen:
variabel bis regelmässig
regelmässig
variabel (> 7 Tage Unterschied
vom Normalen)
> 2 übersprungene
Zyklen/ > 60 Tage Amenorrhö
kein
Hormonstatus: normales FSH
FSH
FSH
FSH
Amenorrhö = 12 Monate 1 Jahr
Quelle: adaptiert nach «Stages of Reproductive Aging»-Workshop, USA, 2001
GYNÄKOLOGIE 1/2010
1
EDITORIAL
Kontrazeption: neues Risikoprofil In dieser Phase ist zwar die ovarielle Reserve erschöpft, das ungeplante Eintreten einer Schwangerschaft kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Schwangerschaftsverhütung tut also weiterhin not. Gleichzeitig verändert sich bei vielen Frauen das Risikoprofil für die in jüngeren Jahren meist benutzten Kontrazeptionsmethoden. Es bedarf ein dieser Lebensphase entsprechendes Abwägen von Nutzen und Risiken kontrazeptiver Methoden, wie Dr. Brigitte Frey-Tirri praxisnah darstellt.
Verändertes sexuelles Erleben Mit den hormonellen und psychosozialen Veränderungen in der Perimenopause gehen auch Veränderungen des sexuellen Erlebens und der sexuellen Funktion einher. Häufig bemerken die Frauen eine Abnahme der Libido, Veränderungen in der sexuellen Rezeptivität und Erregbarkeit oder auch neu aufgetretene Schmerzen beim Verkehr. Diese Frauen benötigen eine einfühlsame Klärung der Beschwerden, eine Sexualberatung und eventuell auch biome-
dizinische Massnahmen. Ein solches biopsychosoziales Verständnis der weiblichen Sexualität in der Perimenopause wird von Frau PD Dr. Judith Alder aufgezeigt.
Physiologische Abnahme der Androgene Wie aus den vorgenannten Definitionen ersichtlich, wird bei den hormonellen Veränderungen in der Perimenopause stark auf die Östrogenfluktuationen fokussiert. Vergessen wird dabei oft, dass bereits im dritten Lebensjahrzehnt das Testosteron, ein auch für die Frauen wichtiges Hormon, abnimmt. Zur klinischen Bedeutung dieser Abnahme und zur Frage einer eventuellen Substitutition von Androgenen gibt es sehr kontroverse Ansichten. Prof. Christian De Geyter fasst die wichtigsten Erkenntnisse in seinem Beitrag zusammen.
Prof. Dr. med. Johannes Bitzer Chefarzt/Vorsteher a.i.
Universitäts-Frauenklinik Basel